Tapeten Trends 2009

Floralien in der dritten Dimension


Im letzten Jahr waren bei der Tapete allgegenwärtig: "Tattoos und Piercings", sprich Applikationen und Sticker. Doch ebenso schnell, wie sich diese Welle aufgebaut hat, ist sie wieder abgeebbt. Zwar präsentierten noch eine Reihe von Ausstellern Produkte dieser Art, aber im Vergleich zum Vorjahr fielen sie damit nicht besonders auf. Das demonstriert, wie kurzfristig Modetrends entstehen und wieder vergehen können...

Der aufmerksame Beobachter registriert in diesem Jahr eine Veränderung in der Designsprache. Zwar hat sich noch nicht die von manchem Trendsetter 2008 prophezeite Hinwendung zu Geometrie und einer reduzierteren, klaren Richtung durchgesetzt, doch lässt sich deutlich erkennen, dass sich der Trend dreht: Nicht mehr so vordergründig auf Effekt bedacht, nicht mehr so laut, nicht mehr so expressiv in der Colorierung. Nachdem es in den letzten Jahren gelungen ist, die Tapete wieder als Gestaltungselement zu positionieren, entfalten die Designer nun in Verbindung mit den technischen Möglichkeiten ihr ganzes Können; die neuen Dessins sind zwar immer noch dekorativ, durchaus auch großformatig und großrapportig, gleichzeitig aber weniger dominant in der Fläche, wozu auch die zumeist tonige Colorierung beiträgt.

Wichtigstes Motiv sind Floralien: Blumen und Blüten ranken sich allover über die Wand, bilden Bänder oder formieren sich zu strengen Streifen, sind orientalisch inspiriert, nur als Kontur gezeichnet und eigentlich immer stilisiert, manchmal sogar abstrahiert - und kultiviert und elegant auch bei den konsumigen Kollektionen. Die naiven Pril-Blumen des Retro-Stils gehören endgültig der Vergangenheit an.

Das zweite wichtige Thema, dass sich unmittelbar daran anschließt, bezeichnete ein Anbieter als "Forest Look"; übersetzt durch Blätter und Gräser, auch diese gern outline dargestellt, Palmwedel und ganze Wälder auf der Wand. Rasch hatte gleich seinen ganzen Stand als Hommage an die Natur gestaltet und man fühlte sich wahrhaftig an einen Urwald erinnert: "Das Grün steht hier als Synonym für die Umwelt und Botschafter für die Hoffnung und den Optimismus", erklärt Marketingleiterin Elke Pfeiffer, "der Frosch als Sinnbild für die Aussicht auf eine bessere Zeit, wenn er sich durch einen Kuss in einen König verwandelt..." Ornamente und Arabesken sind klassische Tapeten-Sujets, die auch künftig ihren Platz behaupten, wobei sie sich weniger verspielt, strenger und geometrisiert präsentieren bis hin zu Diamantformen. Und auch die Krone kann man sich mit einem Entwurf aufsetzen...

Aus dem Rahmen fällt ein reich gezeichneter, aber farblich diskreter Toile de Jouy, erfrischend im Stilbruch inszeniert mit modernen Möbeln. Bemerkenswert ist die Vielfalt an raffinierten neuen Unis. 2009 sind sie kein plattes, monochromes Neutrum mehr, das als Projektionsfläche für die spektakulären Dessins fungiert. Sie entwickeln selbst Tiefe, Originalität und Charakter, weil die Ateliers alle Register der Technik ziehen. Mit Ideenreichtum und technischer Virtuosität beeindruckt hier vor allem die Marburger Tapetenfabrik.

Wiederentdeckt wurden Lederoptiken von Geflecht über Straußenleder bis zu Kroko, häufig sieht man auch Wellen und fließende Zebra-Muster, charmant ein kleines, indisch inspiriertes Krawattenmuster, markant sind Hammerschlag-Effekte und Golfkarton, sehr edel ein zartes, seidenglänzendes Japanvlies.

Darüber gibt es mehrfarbige Fonds, Metallic-, Changeant- und Lackakzente, auch irisierende Farben, in Kombination mit matten Partien, dezente Überdrucke, aufwendiger Handsiebdruck und Digitaldruck. Ein ganz großes Thema ist Flock, der hauchfein aufgebracht werden kann und dann an feinstes Wildleder erinnert, oder auch in höherer Dosierung und dann ein plastisches Relief erzeugt. Generell sind dreidimensionale Optik und kerniger Griff angesagt, deshalb werden die Qualitäten schwerer (bis zu 400 g) und die Prägungen tiefer.

Bei den Farbpaletten fällt zunächst der große Anteil an Eierschale, Vanillle und Champagner, Capuccino, Café latte, Nougat und Mokka-Tönen auf. Dazu finden sich als Spielfarben in jeder Kollektion ein helles Grün, in der Regel frühlingshaftes Maigrün, aber auch Anis oder Absinth, außerdem Aquaramin, das auch mal Türkis schimmert oder sich gar bis Petrol verdunkelt und eine Rot-Skala, die beim einen von Rosa über Himbeerrot, Fuchsia und Karminrot bis zu Beerentönen reicht und beim anderen eher warme Rotschattierungen von gebranntem Orange über Tomate bis Ziegelrot favorisiert. Weitere Akzente setzen Lila, Purpur, Lavendel und ein tiefes Pflaumenblau. Und: Nirgendwo fehlen Gold und Silber.
aus BTH Heimtex 02/09 (Tapeten, Wandbeschichtungen)