EU plant Maßnahmen gegen Holzprodukte aus illegaler Forstwirtschaft

Entscheidungen noch vor den EU-Parlamentswahlen am 7. Juni?

In den vergangenen Monaten hat sich der Druck auf den europäischen Gesetzgeber stetig erhöht. Umweltschutzorganisation wie Greenpeace oder WWF kritisierten nachdrücklich und überaus regelmäßig eine zu langsame und wenig restriktive Gesetzgebung des Europa-Parlaments. Die etwas überraschend schnelle Ausweitung des US-amerikanischen Lacey-Acts, der den Import illegal eingeschlagener Hölzer unter Strafe stellt, hat offensichtlich den Druck auf Brüssel zusätzlich erhöht. Die Kommission muss handeln und macht dies nun mit ungeahnter Geschwindigkeit.

Die britische Europa-Parlamentarierin der Grünen Partei, Caroline Lucas, hat vor wenigen Wochen mit einem nahezu einstimmigen Votum des EU-Umwelt Komitees deutliche Präzisierungen und Verschärfungen einer Gesetzesvorlage zur Verhinderung der Importe von Holzprodukten aus illegalem Holzeinschlag durchsetzen können. Im Laufe des März fanden dazu interne Abstimmungen zwischen dem Umwelt Komitee, dem Europäischen Rat und der amtierenden tschechischen Präsidentschaft statt.

Laut bisheriger Planung soll das Europäische Parlament die Gesetzesvorlage in der Sitzungswoche vom 20. - 24. April 2009 behandeln. Hierzu wäre es erforderlich, dass die endgültige Vorlage bis zum 15. April eingebracht wird. Nach der ersten Lesung im Parlament würde das Papier an den Rat und an das Landwirtschaftskommissariat zurückverwiesen. Sollte hier allseitige Einigung erzielt werden können, besteht die Chance, dass die geplanten Änderungen der Gesetzgebung noch vor den Wahlen im Juni abschließend vom derzeitigen Parlament entschieden werden können. Anderenfalls müsste sich das neue Europa-Parlament des Vorganges im Herbst nach seiner Konstituierung in zweiter Lesung annehmen, was eine Verabschiedung erst zum Jahresende 2009 bedeuten würde.

Welche konkreten Änderungen sind geplant?

Bezüglich aller Holzprodukte soll jeder Marktteilnehmer verpflichtet werden, ausschließlich Produkte aus legal eingeschlagenen Hölzern auf dem europäischen Markt in den Verkehr zu bringen. Jeder Importeur, Händler und Verarbeiter ist damit verpflichtet, ein lückenloses System der Nachverfolgung der Produktionskette einzuführen. Auf Anforderung muss es in Zukunft jedem Unternehmen möglich sein, für jedes Produkt die gegebenenfalls verschiedenen Holzlieferanten, Hersteller von Komponenten, Vorlieferanten der Rohstoffe bis hin zum Wald zu nennen. Ferner sind Angaben über das Ernteland, die botanische Bezeichnung der eingesetzten Hölzer und eventuell sogar konkrete Einschlagskonzessionen erforderlich, und müssen auch belegt werden können. Darüberhinaus wird der Marktteilnehmer sogar verpflichtet, seinen Vorlieferanten dahingehend zu überprüfen, dass nur legal eingeschlagenes Holz zur Verarbeitung gekommen ist.

In den Fachdiskussionen der vergangenen Monate wurde diesbezüglich von "due diligence" gesprochen, was frei übersetzt etwa "besondere Sorgfalt" bedeutet.

Die Europäische Kommission wird außerdem eine Liste von Ursprungsländern mit hohem Risikopotential und sogar eine Art von schwarzer Liste einzelner Lieferanten aufstellen. Länder, über die es konkrete Verdachtsmomente hinsichtlich Raubbau in der Forstwirtschaft, unzureichende staatliche Kontrolle des Einschlages oder einen hohen Grad von Korruption gibt, sollen auf diese Weise gebrandmarkt werden. Dies betrifft auch alle Länder, in denen die FAO (Lebensmittel- und Landwirtschaftsorganisation der UNO) in der Vergangenheit eine abnehmende Waldfläche festgestellt hatte. Es dürfte anzunehmen sein, dass wichtige Rohholzlieferanten wie z.B. Brasilien, Indonesien und Russland auf dieser Liste auftauchen werden.

Im Falle des Imports bzw. der Verarbeitung von Hölzern aus solchen Risikoländern werden dem Importeur vom Gesetzgeber noch weitergehende Prüfkriterien auferlegt. Hierbei handelt es sich um weitere, noch nicht näher spezifizierte Dokumente, Daten und Informationen sowie möglicherweise die Verpflichtung zu einem Legalitätsnachweis durch eine akkreditierte und neutrale Prüfstelle.

Der Gesetzentwurf sieht ferner die Implementierung einer "kompetenten Autorität zur Nachverfolgung und Prüfung" vor, wobei noch nicht genau gesagt wird, was darunter zu verstehen ist. Diese Kontrollstelle soll im Rahmen eines Jahresplanes und, was zu Denunziantentum einlädt, auf Grund Meldung Dritter tätig werden. Die Dokumentation des Kontrollsystems der einzelnen Unternehmen soll überprüft werden. Es wird Stichproben bis zu einer Prüfung des gesamten Umfeldes geben. Derartige Prüfungen darf man sich wohl in gewisser Analogie zu Steuerprüfungen vorstellen.

Die Konsequenzen im Falle von Beanstandungen reichen von Ermahnungen, das Kontrollsystem zu verbessern, bis zu einer Beschlagnahme der fraglichen Holzprodukte oder sogar einer Schließung des betroffenen Unternehmens.

Wann ist mit einer Gültigkeit eines derartigen Gesetzes zu rechnen?

Nach der Verabschiedung durch das Europa-Parlament frühestens im Frühsommer 2009 wird sich eine etwa zwei jährige Anpassungsphase anschließen. Die europäische Gesetzgebung wird allerdings nicht automatisch zum nationalen Gesetz des einzelnen Mitgliedsstaates. Es wird sich ein Interpretationsspielraum in den verschiedenen Ländern ergeben. Mit anderen Worten: Es muss befürchtet werden, dass dabei keine einheitliche Landesgesetzgebung herauskommen wird. Es könnte also sein, dass in einem Land der europäischen Gemeinschaft keinerlei illegal eingeschlagenes Holz mehr auf dem Markt auftauchen wird und in einem anderen Land wesentlich weniger restriktiv Einfluss genommen wird. Dies würde zu massiven Wettbewerbsverzerrungen führen.

Es ist zu erwarten, dass es gesetzliche Sanktionen bei Verwendung von illegal eingeschlagenem Holz frühestens in der zweiten Jahreshälfte 2011 geben wird.

Bei der ganzen Diskussion um Nachhaltigkeit darf nicht vergessen werden, dass legal eingeschlagene Hölzer durchaus nicht immer den Ansprüchen nachhaltiger Forstwirtschaft genügen. Andererseits sind bisher keine Fälle bekannt, in denen Hölzer, die nach Nachhaltigkeitsgesichtspunkten von einer neutralen Stelle zertifiziert worden sind, in Verdacht gestanden hätten, illegal eingeschlagen worden zu sein.
aus Parkett Magazin 03/09 (Holz)