Malaysia folgt strikten Regeln

"Holzwirtschaft heißt nicht, dass wir den Urwald zerstören"

ParkettMagazin bereiste auf Einladung des Malaysian Timber Council zwei Wochen den südostasiatischen Inselstaat, sprach mit Verantwortlichen und verfolgte den Weg des Holzes vom Urwald in die Verarbeitung.

Malaysia liegt zwischen dem 2. und 7. Breitengrad nördlich des Äquators. Seit 1963 ist das Land eine Föderation aus der Halbinsel Malaysia und den Staaten Sabah und Sarawak, die - getrennt durch das Südchinesische Meer - auf der Insel Borneo liegen. Jedes dieser drei Territorien hat seine eigene Forstverwaltung und auch wenn die ökologischen und wirtschaftlichen Ziele zentral in der Hauptstadt Kuala Lumpur formuliert werden, verfolgen sie durchaus eigene Interessen.
Bei einer Gesamtfläche von 329.758 qkm ist Malaysia nach Zahlen seiner ministeriellen Forstverwaltung zu 59% bewaldet. Das entspricht dem Waldanteil von Brasilien (57%) und liegt weit über westlichen Staaten wie Frankreich (28%) und Deutschland (30%). Gänzlich geschützt und teils als Nationalpark ausgewiesen sind in Malaysia 49.000 qkm tropischer Regenwald. Zur nachhaltigen Nutzung freigegeben bleiben rund 148.600 qkm Forstfläche. Hier wächst eine Fülle tropischer Baumarten. Etwa 500 davon sind wirtschaftlich nutzbar. Zum Vergleich: In Deutschland gibt es insgesamt nur rund 120 heimische Baumarten.

Das gängigste Hartholz aus Malaysias Tropenwald ist Meranti mit dem botanischen Namen Shorea. Es gibt über zehn Unterarten dieser Dipterocarpaceae-Familie. Genutzt wird Meranti vor allem für Möbel, Fenster und Türen. Für Fußböden ist es zu weich. Deshalb importiert Malaysia auch Holz: Teak aus Tansania, Buche aus Dänemark, Esche aus Kroatien sowie Eiche, Ahorn und Nussbaum aus Nordamerika.

Jeder Baum wird aufgezeichnet

Um den dauerhaften Erhalt des Rohstoffes Holz zu sichern, hat Malaysia ein lückenloses Dokumentationssystem entwickelt, das den einzelnen Baumstamm vom Wald bis in die Verarbeitung verfolgt. Bei der Vergabe von Lizenzen erhalten Holz fällende Unternehmen genau ausgewiesene Areale zugeteilt. Nur ein bestimmter Anteil an Holz darf daraus entnommen werden. Forstmitarbeiter kennzeichnen die Stämme mit einer weißen Marke, deren Daten in Listen eingetragen werden und das Rohholz auf seinem Weg in die Verarbeitung begleiten. So genannte "Mutterbäume" erhalten eine gelbe Markierung. Auf 50 x 50 m Fläche muss mindestens einer davon stehen bleiben, um den natürlichen Nachwuchs der Art zu gewährleisten. Wird dieses System von allen Beteiligten eingehalten, bleibt illegaler Holzeinschlag weitgehend ausgeschlossen.

Satellitenüberwachung gehört zu den neuesten Kontrollmechanismen. Trotzdem werden Umweltschützer wie Greenpeace nicht müde, dem Land und seinen Mächtigen rücksichtslose und geldgierige Ausbeutung des Regenwaldes vorzuhalten. Aktueller Kritikpunkt ist ein Staudammbau im Regenwald der Insel Borneo. Auch die riesigen Palmöl-Plantagen sind ein Angriffspunkt: Malaysia teilt sich mit Indonesien nahezu die gesamte Weltproduktion an Palmöl. Für diese Monokulturen, behauptet Greenpeace, würde überall auf der Insel der Urwald gerodet.

Diese Betrachtungsweise klingt in den Ohren einheimischer Forstexperten nach westlicher Bevormundung. Harnarinder Singh, Senior Manager vom Malaysian Timber Certification Council (MTCC), widerspricht: "Erstens werden die Palmöl-Plantagen meist dort angelegt, wo bisher schon anderes Plantagenland war und zweitens benötigen wir dieses Produkt sowohl als Einnahmequelle wie als Grundstoff für die einfache asiatische Küche. Palmöl kann sich jeder leisten. Es ist fünfmal billiger als alle anderen pflanzlichen Öle und hat in der Herstellung auch eine weit bessere Ökobilanz."

Zudem ist die Europäische Union nicht unschuldig an der Ausweitung von Palmöl-Plantagen. Mit ihrem Bekenntnis zu nachwachsenden Kraftstoffen wie Bio-Diesel hat sie in asiatischen Anbauländern die Hoffnung auf künftige Absatzmärkte ausgelöst.

15% des Holzes gehen nach Europa

Malaysia tut einiges, um seine Holzreserven und den Regenwald zu schützen. Vornweg ist das eigene Zertifizierungssystem MTCS mit der genannten Dokumentation des Holzeinschlags. Die Anerkennung durch PEFC ist gesichert. Malaysische Produkte dürfen bald beide Logos nutzen. Außerdem gibt es Bestrebungen, die Ausfuhr von Rohholz gänzlich zu unterbinden und die Verarbeitung im eigenen Land zu halten. Das schafft Mehrwert, Arbeitsplätze und erlaubt eine bessere Kontrolle.

Wenig hilfreich für ein Land wie Malaysia ist es, wenn westliche Holzabnehmer ihren Verzicht auf Tropenholz erklären. Das mag eine Marketingstrategie sein, um ökologisch besorgte Verbraucher zu ködern - den Regenwald erhält die Maßnahme nicht. Kann sein Holz nicht nachhaltig genutzt werden, wird er für andere landwirtschaftliche Zwecke abgeholzt. Wer arm ist und Hunger hat, den interessiert die weltweite CO2-Bilanz kaum.

300.000 Menschen, 3,5% aller Beschäftigten Malaysias, sind in der Holzwirtschaft tätig. Sie erwirtschaften 4,1% des Bruttoinlandsproduktes. 2008 bezog sich 3,7% des Landesexports auf Holzprodukte, was einer Summe von rund 4 Mrd. EUR entspricht. Aufgeteilt in Bereiche liefert Malaysia 30,4% Möbel, 27,8% Sperrholz, 13,5% Sägeholz, 9% Rundholz, 5,1% MDF, 4,4% Konstruktionsholz, 3,3% Leisten und 1,9% Furnier. Fußboden ist ein kleiner Teil, verborgen in den 4,7% übriger Holzprodukte.

Größter Handelspartner der Malaien bleiben die Länder Asiens. Japan allein importiert 21% der Holzerzeugnisse des Landes. Etwas über 15% landen in der Europäischen Union, der größte Teil davon in Großbritannien. Aber die Exporte in die EU sinken - im Jahr 2008 bereits um 5,2%, im laufenden Jahr aufgrund der Wirtschaftskrise wohl noch stärker.

Verbesserte Effizienz und höheres Niveau

Wie alle Branchen ist Malaysias Holzindustrie von der Wirtschaftsflaute betroffen. Das Land kann nicht so billig produzieren wie China und muss daher auf Qualität setzen. Ausgebildete Arbeiter sind aber immer noch Mangelware. In der industriellen Holzverarbeitung sind überwiegend Fremdarbeiter aus Indonesien und anderen Nachbarländern tätig. Hochwertige Maschinentechnik wird nur zögerlich eingeführt. Immerhin sieht man allenthalben Optimaten von Weinig und Geräte italienischer Maschinenhersteller.

Rohstoffe effizienter nutzen und Holzprodukte auf ein höheres technisches Niveau heben, lauten die Anstrengungen, denen sich das Land verschrieben hat. Schnellwachsende Eukalypten aus Australien, Hevea-Arten und Sperrholz aus dem Reservoir ausgedienter Ölpalmen sollen den Holzbedarf vor allem im Plattenbereich decken und den Regenwald entlasten.

Im internationalen Wettbewerb sieht Malaysia in China, Myanmar und Vietnam die größten Billigkonkurrenten. Um neue Märkte zu erobern und Nischen zu besetzen, will man vor allem die verschärften Einfuhrbestimmungen westlicher Länder erfüllen, hat aber wie alle Holzlieferanten Probleme mit dem Prozedere von Bestimmungen wie dem Lacey Act (USA) und den FLEGT-Vorgaben (EU). Das landeseigene Zertifizierungssystem MTCS wurde bereits von Dänemark, der Stadt Hamburg, von Organisationen in England und den Niederlanden sowie vom PEFC anerkannt. Darauf will Malaysia aufbauen. Osteuropa gilt als vielversprechender neuer Markt. Beachtliche Absatzzuwächse gab es in den vergangenen Jahren schon in Polen und Russland.

Sonderfall Mangrovenholz

Dass Mangrovenholz forstlich genutzt wird, bleibt im weltweiten Vergleich eine Ausnahme. Malaysia ist in der Lage, diese Art der Küstenvegetation nachhaltig zu bewirtschaften. Per Karre über Holzbohlen werden die eingeschnittenen Stämme der hohen, schlanken Mangroven in handlichen Stücken zu kleinen Transportschiffen verfrachtet. Von dort kommen sie in eine nahe gelegene Köhlerei. Mangrovenholz besitzt einen sehr hohen Feuchtegehalt. 50 Tonnen Holz benötigen einen Monat, um zu 10 Tonnen Holzkohle verarbeitet zu werden. Japan ist alleiniger Abnehmer. Dort nutzt man die Holzkohle für die traditionelle Teezeremonie.
aus Parkett Magazin 05/09 (Holz)