Leser fragen - Hanfland antwortet

Prüf- und Hinweispflichten bei alten Klebstoffen und Spachtelmassen

Ernst Dieckmann, Geschäftsführer von Wulff, gibt folgende Anfrage eines Kunden weiter:

Ein Objekteur hat den Auftrag, in einem Verwaltungsgebäude ca. 1.500 m Nadelvliesbelag zu verlegen. Der alte Bodenbelag ist bei der Durchführung von Renovierungsarbeiten bereits zurückgebaut worden. Der Objekteur findet vor Ort im Bauvorhaben eine Zementestrichkonstruktion mit alten Spachtel- und Klebstoffresten vor.


Frage:
Der Objekteur will wissen, ob und welche Prüf- und Hinweispflichten er hinsichtlich der Klebstoff- und Spachtelmaterialien hat?

Rechtsanwalt Hanfland antwortet:
1.)Zunächst einmal muss man sich aus technischer Sicht klarmachen, dass die DIN 18365 VOB/C unter Ziff. 2.9 davon spricht, dass Klebstoffe so beschaffen sein müssen, dass durch sie eine feste und dauerhafte Verbindung erreicht wird. Sie dürfen Bodenbelag, Unterlagen und Untergrund nicht nachteilig beeinflussen und nach der Verarbeitung keine Belästigung durch Geruch hervorrufen.Gem. Ziff. 4.2.4 der vorstehenden DIN ist das Beseitigen alter Beläge und Klebstoffschichten eine besondere, vergütungspflichtige Leistung.

2.)Grundsätzlich hat der Auftraggeber/Bauherr im Rahmen seiner Planungsverpflichtung die Aufgabe, sowohl das Klebstoffsystem, als auch die entsprechende Untergrundvorbereitung zu planen und zur Bauausführung auszuschreiben. Der Objekteur/Auftragnehmer muss hier also nicht in eigener Verantwortung tätig werden, es sei denn, er wird planerisch tätig.

3.)In der Rechtsprechung und Literatur besteht Einigkeit, dass der Objekteur eine Prüfungsverpflichtung hat, die Geeignetheit und Ordnungsgemäßheit des ausgeschriebenen Systems zu überprüfen. Dazu gehört auch zu überprüfen, ob beispielsweise

a.)nach den technischen Vorschriften ein umweltverträgliches Klebstoffsystem (Schlagwort: Dispersion statt lösemittelhaltige Materialien) gewählt wurde,

b.)geprüft wird, ob sich Klebstoff-, Spachtelmassen und Oberbodenbelag miteinander "vertragen" und

c.)ob es - bei optischer Überprüfung - Anlass gibt, darauf hinzuweisen, dass das alte, vorhandene Spachtelmassen- und Klebstoffsystem unter Umständen schadstoffbelastet ist. Hierzu plakativ folgende Problemstellung: alte Flexplatten, CV-Bodenbeläge, alte Magnesiaestriche wegen eventueller Asbesthaltigkeit, sowie alte, schwarze Klebstoffe, wegen ihrer PAK-Problematik. Die vorstehend beschriebenen Problemstellungen sind sämtlich bekannt, vgl. Kommentar zur DIN 18365 des Autorenteams Arbeitskreis Bodenbeläge im BEB, Seiten 30 - 32, 67 und 68, erschienen im Verlag von FussbodenTechnik.

Auf gar keinen Fall hat nach diesseitiger Auffassung der Auftragnehmer/Objekteur eine Prüf- und Hinweispflicht dahingehend, dass er beispielsweise das alte Spachtelmassen- und Klebstoffsystem auf Verunreinigungen durch Laboruntersuchungen überprüfen muss. Dies stellt eine originäre Planungspflicht dar, der Objekteur/Auftragnehmer kann nicht wissen, aus welchen Zeiten die alten Klebstoffsysteme stammen, darüber hinaus hat er keinerlei technische Gerätschaften, derartige Untersuchungen anzustellen.




Der Autor

Andreas Hanfland ist Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht aus Lennestadt.

Rechtsanwälte Hanfland & Partner
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Tel.: 02723/60008
aus FussbodenTechnik 06/09 (Recht)