Orientalischer Abend in Bad Oeynhausen

Leseratten schnupperten ungewohnte Teppich-Luft

Mit neuen Ideen das Interesse der Verbraucher an handgeknüpften Teppichen zu wecken oder zumindest nicht ganz sterben zu lassen, das ist eine Forderung, die die wenigen Marketingexperten der Orientteppich-Branche seit geraumer Zeit stellen. Der Teppichfachhandel leidet unter einer zu schwachen Kundenfrequenz. Dass die Verbraucher sich durchaus für den Orient und damit auch für Orientteppiche begeistern lassen, zeigte ein "Orientalischer Abend" in Bad Oeynhausen, an dem bewusst kein einziger Teppich verkauft wurde, da die Veranstaltung in den Räumen eines Orientteppich-Großhandels stattfand.

Etwas schüchtern kamen die ersten Besucherinnen und Besucher in die großflächige Lagerhalle des HandelsKonTor in Bad Oeynhausen. Solche Mengen an Teppichen, in Stapeln nach Preisklassen sortiert, hatten die überwiegend weiblichen Interessenten, die der Einladung zu einem "Orientalischen Abend" gefolgt waren, wohl noch nie gesehen. Eingeladen hatte der Förderverein Stadtbücherei Bad Oeynhausen sowohl seine Mitglieder, die kostenlos Eintritt fanden, als auch alle anderen Literaturfreunde, die den Märchen aus 1001 Nacht lauschen wollten und die einen kleinen Obolus zu entrichten hatten. Die Veranstaltung sollte aber nicht nur literarisch ein orientalischer Abend werden, sondern auch das Ambiente sollte stimmen.

So war der Verein, nicht zuletzt durch persönliche Beziehungen und Verbindungen, auf das auf indische Teppiche spezialisierte und gerade erst eröffnete Teppichgroßhandelslager des HandelsKonTor verfallen. Das Familienteam des HKT hatte alles daran gesetzt, wirklich orientalische Atmosphäre zu vermitteln. Drapierte Stoffbahnen gaben dem ansonsten eher nüchternen Lagerraum ein exotisches Flair, orientalische Lampen sorgten für gedämpftes Licht. Frischer Tee und kleine orientalische Leckerbissen stimmten auf die Märchenlesung ein. Räucherstäbchen machten den Orient auch von den Düften her erlebbar. Als zwanglose Sitzgelegenheiten dienten die Teppichstapel und vermittelten so hautnahe Tuchfühlung mit dem Orient. Der Orient war für alle Sinne präsent. Selbst die Vorleserin der blumenreichen orientalischen Märchen passte zu 100 Prozent in dieses Ambiente.

Um die Veranstaltung wirklich zu einem orientalischen Abend zu gestalten, beließ es der Förderverein aber nicht nur bei dem orientalischen Ambiente und der Märchenlesung, sondern präsentierte als einen weiteren Höhepunkt eine ganze Gruppe Bauchtänzerinnen. Die kamen zwar nicht aus dem Orient, sondern aus Bad Oeynhausen und Umgebung, konnten aber durch die orientalische Musik und ihre Tanzdarbietungen wesentlich dazu beitragen, dass der Abend rundum zu einem Erlebnis wurde. Die Mitglieder der Bauchtanzgruppe der Volkshochschule Bad Oeynhausen nutzten diese Gelegenheit ebenso wie der Förderverein Stadtbücherei Bad Oeynhausen, um auf ihre Aktivitäten und ihre Anliegen aufmerksam zu machen. Der Orientteppich profitierte automatisch, da er als wesentliches Stilelement zum Gelingen des Abends beigetragen hatte, einmal mehr Aufmerksamkeit gefunden und vielleicht auch den einen oder anderen Kaufwunsch geweckt hatte.

Für den Teppichfachhandel, der auf der Suche nach neuen Ideen der Kundenansprache ist, dürfte es nicht allzu schwer sein, in Zusammenarbeit mit örtlichen Vereinen und Institutionen ähnliche Events zu organisieren, die auf der einen Seite neue Zielgruppen ansprechen und auf der anderen Seite nur einen geringen Kostenaufwand nach sich ziehen, aber in ihrer Langzeitwirkung sicher nicht zu unterschätzen sind.
aus Heimtex Orient 04/03 (Handel)