Das neue Schuld- und Kaufrecht - praktische Beispiele


Das neue Schuld- und Kaufrecht bringt für den Handel erhebliche, teils auch belastende Veränderungen mit sich, da es strikt nach der Maxime "Verbraucherrecht vor Verkäuferrecht" formuliert wurde. Der FHR gibt in einer Broschüre einen kurzen, stichpunktartigen Überblick über die nun geltenden Vorschriften und deren praktische Anwendung. Einige Punkte daraus griffen Eberhard Schübel und Hartmut Schillung auf der FHR-Tagung heraus:

Verjährung
Die bisherige Gewährleistungsfrist wird nun bezeichnet als Verjährungsfrist für Mängel(beseitigungs)anspruch

- 1 Jahr gilt durch vertragliche Vereinbarung beim Verbrauch von Gebrauchtwaren. Beginn mit Übergabe bzw. Lieferung
- 2 Jahre gelten Mängelansprüche bei Verbrauchsgüterkauf, Beginn ist bei Übergabe der Kaufsache
- 5 Jahre gelten bei Baumaterialien ab Übergabe bzw. Lieferung, nur nach ihrer üblichen Verwendungsweise, unter folgenden Voraussetzungen:
- Verwendung der Kaufsache für die Errichtung eines Bauwerks, dazu zählen die erstmalige Verwendung der Sache für den Neubau oder Erneuerungs/Umbauarbeiten, die für die Konstruktion, Bestand, Erhaltung oder Benutzbarkeit eines Gebäudes von wesentlicher Bedeutung sind
- feste Verbindung der Kaufsache mit dem Bauwerk
- der Sache ist ursächlich für die Mangelhaftigkeit des Bauwerks

Beispiel: Unter welche Verjährungsfrist fällt ein verlegter Laminatboden?
- 5 Jahre, wenn Erstbelag auf Estrich, da feste Verbindung mit dem Bauwerk
- 2 Jahre, wenn auf Altbelag verlegt, da es dann nur als Einbau gilt

Mangel
Ein Mangel an der Kaufsache, der einen Anspruch begründen kann, liegt vor bei
1. Fehlen der vereinbarten Beschaffenheit bei Vereinbarungen der Vertragsparteien über Beschaffenheit und Eignung der Kaufsache
- Beispiel: Bei Teppichboden vereinbarte Farbe, Design, Florhöhe o.ä.
2. Ohne Vereinbarung: Nichteignung für vertraglich vorausgesetzte Verwendung, wobei die Vorstellung des Käufers vom Verwendungszweck der Kaufsache maßgebend ist. Wichtig: Unbedingt im Verkaufsgespräch auf Nichteignung hinweisen
- Beispiel 1: Nichteignung eines Rips-Teppichbodens für den Dauereinsatz im Großraumbüro
- Beispiel 2: Nichteignung einer ungefütterten Seide als Vorhangstoff in 1.200 m Höhe, da nach einem Jahr Lichtschäden drohen
- Beispiel 3: Nichteignung eine Fertigparketts für Stuhlrollen
3. Beschaffenheit weder vereinbart, noch bestimmte Verwendung vom Käufer vorausgesetzt: Gewöhnliche Verwendung, artübliche Beschaffenheit sowie Käufererwartung nach Art der Sache
4. Öffentliche Äußerungen des Hersteller und des Verkäufers: das heißt, der Verkäufer hat für öffentliche Äußerungen auch des Herstellers oder Importeurs in Produktbeschreibungen, Warenbeschriftungen, Verlegeanleitungen und Werbung s einzustehen, wenn sie auf bestimmte Eigenschaften bezogen sind
5. Montagefehler des Verkäufers
6. Fehlerhafte Montageanleitung: Die sogenannte Ikea-Klausel soll vor unverständlichen Gebrauchsanweisungen schützen
7. Falschlieferung: nicht nur einer falschen Ware, sondern auch einer falschen Menge
8. Rechtsmangel: Der Verkäufer muss dem Käufer die Sache frei von Mängeln verschaffen

Beweislast
Tritt ein Mangel beim Verbrauchsgüterkauf auf, muss im Zweifel bewiesen werden, wie er entstanden ist oder wer ihn verursacht hat. Im Rahmen der 2jährigen Gewährleistungsfrist bedeutet das:
- 1. bis 6. Monat: der Verkäufer muss nachweisen, dass die Ware bei der Übergabe mangelfrei war oder der Mangel durch Verschleiß oder unsachgemäße Behandlung des Käufers entstanden ist
- 7. bis 24. Monat: der Käufer wird beweispflichtig dafür, dass die Ware bei der Übergabe fehlerhaft war oder die Ware nicht die vereinbarte Beschaffenheit bzw. Eignung hat

Folgen eines Mangels
Wenn ein Gewährleistungsanspruch entstanden ist, hat der Käufer folgende Rechte:
1. Zuerst kann und muss Nacherfüllung in angemessener Frist verlangt werden. Dabei hat der Käufer Wahlrecht zwischen Mängelbeseitigung (Nachbesserung), wobei zwei Versuche erlaubt sind, und fehlerfreier Ersatzlieferung - aber nur bei ökonomischer Vertretbarkeit, d.h. die Kosten dürfen nicht unverhältnismäßig hoch sein.
2. Wenn die Nachbesserung fehlschlägt, oder der Verkäufer Nacherfüllung verweigert, kann der Käufer vom Kauf zurücktreten oder mindern.
3. Wenn dem Käufer als Folge der mangelhaften Kaufsache ein Schaden entsteht, kann Schadensersatz fällig werden

Regressanspruch an Lieferanten
Dem Handel wurde ebenfalls ein neuer Anspruch gegenüber seinen Lieferanten eingeräumt, um zu verhindern, dass er alleine die Nachteile des verbesserten Verbraucherschutzes tragen muss. Aber: Der Regressanspruch gilt nur beim Verkauf an Verbraucher, nicht an gewerbliche Kunden

Der Verkäufer kann direkt und sofort alle Kosten, die ihm im Rahmen der Gewährleistung gegenüber dem Käufer entstanden sind, seinem Lieferanten in Rechnung stellen. Maximale Frist: 2 Monate nach Erfüllung der Gewährleistungsansprüche.

Der Regressanspruch verjährt grundsätzlich 2, spätestens 5 Jahre ab Lieferdatum, aber nur, wenn der Verkäufer gegenüber dem Verbraucher gewährleisten musste.

Kein Regress bei
- Kulanz des Verkäufers
- gebrauchter Ware
- Verkauf an Nichtverbraucher

Wichtig: Die Prüf- und Rügepflicht des HGB beim Wareneingang bleibt bestehen.
aus BTH Heimtex 12/02 (Handel)