Olaf Rützel, Holzring

10 Trends in der Holzbranche

Im Vorfeld des Holzhandelstages als einem der jährlichen Höhepunkte für die Holzbranche, bietet es sich an, neben einer Standortbestimmung auch aktuelle Entwicklungen zu beleuchten, die das unternehmerische Leben des Holzhandels in Deutschland und Mitteleuropa -bestimmen werden. Olaf Rützel, Geschäftsführer des Holzrings-Verbunds, zeigt 10 Trends auf.

Trend Nr. 1: Globalisierung
Es ist schon viel darüber geschrieben worden und man kann es fast täglich in den Medien nachlesen. Der Globalisierungsdruck speziell für mittelständische Unternehmen wird immer spürbarer und nimmt sehr konkrete Formen an. Kaum ein Produkt, das nicht zu wesentlichen Bestandteilen aus im Ausland produzierten Komponenten besteht. Herstellungsprozesse werden auseinander gerissen, produziert wird dort, wo es am preiswertesten ist und Deutschland mutiert immer mehr zum Produktionsstandort für die Endmontage - wenn wenigstens hierfür die Rahmenbedingungen stimmen.

Die großen Konzerne der Holzwirtschaft haben längst nicht mehr Mitteleuropa im Fokus, ganz im Gegenteil: als Beschaffungs-, Absatzmarkt und Produktionsstandort rückt Deutschland immer mehr aus dem Mittelpunkt des Interesses der "Global Player". Neue Märkte wie Osteuropa, Asien und USA erscheinen eindeutig attraktiver als der hiesige Inlandsmarkt, auf dem, auch hervorgerufen durch vielfältige Rabatt-aktionen, das Preisdiktat des Günstigsten vorherrscht. Leidtragende dieser Entwicklung sind im Prinzip alle Beteiligten des Wertschöpfungsprozesses in Deutschland, die für ihre Leistung immer weniger bekommen und somit auch als Konsument immer weniger ausgeben können - ein Teufelskreis.

Der Holzhandel wird sich dem allgemeinen Globalisierungstrend nicht entziehen können, sondern muss diesen auch mit Hilfe von Kooperationen aktiv mitgestalten. Hierbei ist allerdings zu beachten, dass die Attraktivität des Inlandsmarktes auch für ausländische Lieferanten nicht durch zu harten Preiswettbewerb beschädigt werden darf. Eine zu starke Fokussierung auf den Preis verhindert teilweise Innovationen und Erschließung neuer Märkte für die Holzbranche.

Trend Nr. 2: Erhöhte Markttransparenz durch neue Technologien
Die in den letzten Jahren geradezu revolutionäre Erhöhung der Markttransparenz wird sich weiter verstärken und auch das Geschäft in der Holzwirtschaft mehr und mehr beeinflussen. Sowohl der Endkunde, als auch der Verarbeiter hat heute unter anderem über das Internet die Möglichkeit, Informationen zu beschaffen und auszuwerten, die in dieser Komplexität früher nicht vorstellbar gewesen wären. Die Instrumente zur Auswertung relevanter Informationen für die Kaufentscheidung werden immer ausgefeilter und leichter zu handhaben.

Heute ist es bereits möglich, den Bedarf zum dem Einbau von neuen Türen oder eines neuen Fußbodens in einem Eigenheim über das Internet auszuschreiben und die entsprechenden Dienstleister wie Tischlereien, werkstattlose Handwerker oder andere Montagebetriebe darauf (an)bieten zu lassen. Produktbeschreibungen werden aus dem Internet kopiert und dienen somit als einheitliche Grundlage für die Kalkulation. Bewertungen der sich anbietenden Dienstleister, die immer niedrigere Angebotspreise für die nachgefragten Leistungen im Auktionsverfahren über das Internet platzieren, werden nach der geübten e-bay-Methode vergeben.

Der Fantasie und zukünftigen Ausprägung dieses Vertriebs- und Nachfragekanals sind keine Grenzen gesetzt. Der Holzhandel muss diese Entwicklung sehr sensibel beobachten, zumal sich hier neue Kommunikationswege über Verarbeiter, Händler bis hin zum an Direktbelieferung interessierten Industriebetrieb ergeben. Nur wenn der Handel auch in diesem Geschäftsumfeld seine Leistungsfähigkeit unter Beweis stellen kann, wird sich dieser Trend nicht gegen ihn richten.

Trend Nr. 3: Outsourcing
Gerade vor dem Hintergrund der zunehmenden Komplexität unternehmerischer Aufgaben wird das Thema Outsourcing auch in der Holzbranche eine immer wichtigere Rolle spielen. Alle Tätigkeiten, die nicht zur unmittelbaren Kernkompetenz eines Unternehmens gehören, müssen auf ihre Werthaltigkeit im Bezug auf den Unternehmens-erfolg überprüft werden und ggf. an andere Institutionen ausgelagert werden. Kooperationen können bei der sich hieraus ergebenden Übertragung von Geschäftsprozessen eine wichtige Rolle spielen. Aber auch der Holzhandel kann für seine unterschiedlichen Funktionen sowohl für Industriepartner als auch für Verarbeiter eine zentrale Rolle spielen.

Wichtig erscheint in diesem Zusammenhang, dass die Prozesse aufeinander abgestimmt sind und die einzelnen Wertschöpfungsstufen sich ergänzen. Speziell hier gilt die These, dass der zukünftige Wettbewerb sich nicht zwischen Unternehmen, sondern zwischen komplexen Wertschöpfungsketten entscheidet.

Trend Nr. 4: Kundenansprache und -analyse.
Seinen Kunden besser kennen zu lernen wird eines der Hauptaufgaben auch für den Holzhandel sein. Vielfältige Methoden zur Markt- und Potentialanalyse und daraus resultierend ein gezieltes Reagieren auf Kundenbedürfnisse werden mit über den zukünftigen Erfolg entscheiden.

Neue, datenbankgestützte Analyseinstrumente werden den Kunden transparenter machen und es dem Handel erleichtern, zu planen und Leistungen auf individuelle Bedürfnisse zuzuschneiden. Jeder Vertriebsverantwortliche in der Holzbranche muss sich heute mit diesen Instrumenten auseinandersetzen, um mit einer effiziente Kundenanalyse und über entsprechende Kundenansprache das größtmögliche Potential in seinem Markt abzuschöpfen. Leider führt mangelnde Kenntnis über die Kundenwünsche heute sowohl bei Industrie als auch beim Handel zu verpassten Umsatz- und Ertragschancen.

Trend Nr. 5: Effizienzsteigerung durch Prozess- und Kostenoptimierung
Gerade für den Holzhandel wird es im Wettbewerb mit den großen Ketten enorm wichtig sein, die internen und auch übergreifenden Prozesse so optimal zu steuern, dass hier keine Ressourcen verschwendet werden. Leider finden IT-gestützte Instrumente immer noch viel zu wenig Anwendung in der Geschäftsbeziehung zwischen Holzhandel und Holzindustrie.

Die Vorteile, die gerade von Baumarktketten aus einer IT-gestützten Abwicklung mit den Vorlieferanten generiert werden können, machen den Vorsprung filialisierter Systeme zu individuell aufgestellten Holzhändlern zukünftig schwer einholbar. Hier ist sowohl die Industrie als auch der Handel selbst gefordert, sich deutlich offensiver mit neuen Technologien z. B. in der Bestell-abwicklung auseinander zu setzen und die Prozesse besser aufeinander abzustimmen. Hier besteht gleichermaßen ein großes Risiko, aber auch ein großes Chancenpotential für den Holzfachhandel.

Trend Nr. 6: Kürzere Produkt-Lebenszyklen
Während von der Entwicklung bis zum Verschwinden der Dampflokomotive noch ca. 100 Jahre vergingen, überstehen neue Laptop- oder PC-Modelle heute gerade mal ein halbes Jahr von der Entwicklung über die Produktreife bis zum Verschwinden aus dem Markt. Dieser Trend der deutlich kürzeren Produktlebenszyklen erfasst selbstverständlich auch die Sortimente der Holzwirtschaft. Wie lange sind heute ein Arbeitsplattendekor, eine Verlegetechnik oder eine neue Kantenbearbeitung aktuell, bevor sie durch neuere, bessere Lösungen ersetzt werden.

Gerade für den lagerhaltenden Handel resultiert hieraus eine neue Problematik. Sortimentsanalyse, Renner- / Pennerlisten und eine ständige Überprüfung der Gängigkeit und Konsumfreundlichkeit der am Lager bevorrateten Produkte werden angesichts dieses Trends immer wichtiger. Produkte, die den Scheitelpunkt ihrer Produktentwicklung bereits überschritten haben, werden zu einer ernsten Bedrohung für effizientes Lagermanagement.

Hier sind sowohl Industrie als auch Handel aufgefordert, durch eine intelligente Lagerhaltung, durch ausgeklügelte Logistik- und Bevorratungssysteme das gebundene Lagerkapital in der Wertschöpfungskette in einem vertretbaren Rahmen zu halten. Produkte, die "sich nicht mehr drehen", weil sie durch neue ersetzt wurden, blockieren Lagerfläche und somit Möglichkeiten für Neugeschäft. Das kann weder im Sinne des Lieferanten noch des Händlers sein. Ein von allen Beteiligten praktiziertes kooperatives Vorgehen zur Lösung solcher Lager- und Umsatzblockierer erscheint in der Zukunft noch erforderlicher.

Trend Nr. 7: Höhere Wertigkeit von Dienstleistungen
Gerade in Bezug auf den konkurrierenden Vertriebsweg DIY eröffnen sich zukünftig neue Marktchancen für den dienstleistungsorientierten Holzfachhandel mit Beratungskompetenz. Neueren Studienergebnissen zufolge ist eine große Unzufriedenheit mit den Beratungsleistungen der Baumärkte vorhanden. Fast jeder zweite Baumarktkunde fühlt sich vom Fachpersonal in den Märkten schlecht beraten.

Diesen Trend zukünftig verstärkend kommt hinzu, dass die jüngeren Generationen sich nicht mehr ähnlich stark zum Heimwerken hingezogen fühlen wie die heute 35 - 55-jährigen. Für diese Kundengruppe, aber auch für die Zielgruppe der einkommensstarken und vermögenden Senioren, spielt die Dienstleistung und die qualifizierte Beratung in Bezug auf fertig abrufbare Produkte oder Problemlösungen eine deutlich größere Rolle.

Perspektivisch heißt dies, dass für die Baumärkte keine neuen Kunden heranwachsen und die aktuell im Heimwerken aktiven Zielgruppen in die 50+ Generation hineinwachsen, für die dann das Selbermachen einen deutlich geringeren Stellenwert bekommt. Zeit als knappes Gut wird zukünftig vermehrt in eine befriedigende Freizeitgestaltung investiert, als sie für handwerkliches Arbeiten zu Renovierungs- oder Verschönerungszwecken im eigenen Heim einzusetzen.

Der Holzfachhandel sollte diese Chance erkennen und darf nicht nachlassen, die Beratungskompetenz seiner Mitarbeiter ständig zu verbessern.

Trend Nr. 8: Kunden- / wertorientierte Preisfindung
Leider wird auch in der Holzbranche heute noch viel zu viel Energie auf den Verteilungskampf bezüglich der im Wertschöpfungsprozess entstehenden Marge verwandt, anstatt diese Energie und die darauf verwandte Intelligenz auf eine Erhöhung der Gesamtmarge zum Vorteil aller an der Wertschöpfung Beteiligten zu verwenden. Der Endkunde ist jedoch vermehrt bereit, für eine seine Bedürfnisse befriedigende Leistung auch einen adäquaten Preis zu bezahlen - vielfach auch allen Rabattaktionen zum Trotz.

Hier sind sowohl Industrie als auch Handel aufgefordert, über intelligente Preisbildungssysteme individuelle Vertriebs-, Beschaffungs- und Produktleistung zu honorieren. Pauschalisierte Preisbilder, die nach dem Gießkannenprinzip auf teilweise völlig unterschiedliche Kundenstrukturen angewandt werden, Arbeitszeitbudget, Schaffung des richtigen Arbeitsambiente, ergonomische und kommunikative Architektur des Arbeitsplatzes, Familienservice, Fitness in der Firma, Flexibilisierung von Arbeitszeit, Mitarbeiter-Gesundheitsförderung, kurz gefasst eben die Entwicklung innovativer Konzepte zur Gewinnung und Bindung qualifizierter Mitarbeiter, die Produktivität am Arbeitsplatz zu fördern, ist eines der wichtigsten Zukunftsthemen.

Trend-Nr. 10: Wertewandel beim Qualitätsbegriff
Qualität als Alternative zum scheinbar übermächtigen Trend hin zum Billigkonsum, wird zukünftig eine noch wichtigere Rolle spielen. Hinter dem Begriff Qualität verbirgt sich jedoch etwas anderes als früher. Im Zentrum steht nicht mehr nur die Produktqualität. Das ist die Voraussetzung für den Zugang zum Markt. Qualität bedeutet immer mehr Gemeinschaft. Der Wert eines Produktes oder einer Dienstleistung entsteht zukünftig immer mehr erst im Zusammenspiel mit anderen Konsumenten.

Der Verbraucher hat in der Zwischenzeit gelernt, dass z. B. der höchste Preis nicht unbedingt die beste Qualität bedeutet. Stiftung Warentest führt es jede Woche vor, dass auch preiswertere No-Name Artikel qualitativ bessere Resultate im Vergleichstest erzielen als die teureren, vermeintlich hochwertigeren Markenprodukte. Die ehemals enge Bindung zwischen Preis und Qualität als Orientierungshilfe ist daher nicht mehr gültig. Es entscheidet immer mehr die gefühlte Qualität. Der Wert einer Ware und dessen Qualität werden über das persönliche Werteempfinden beurteilt. Was persönlich wertvoll erscheint, rechtfertigt dann auch höhere Preise. Das Versprechen einer guten Qualität reicht nicht mehr aus.

Zukünftig entsteht (gefühlte) Qualität deshalb immer mehr in der Gemeinschaft als Resultat eines gruppendynamischen Prozesses mit anderen Beziehern, Anwendern oder Verbrauchern. Mit Blick auf die Holzbranche finden sich solche Gemeinschaften z. B. in Kooperationen aber auch in Leit- oder Stützpunkthändlersystemen von Herstellern. In solchen Gemeinschaften entsteht ein Qualitätsbegriff, der zu einem großen Teil durch den Erfahrungsaustausch geprägt wird. Ob nun als Händler oder Verarbeiter, jeder Konsument sucht neben seinem eigenen, persönlichen Werteempfinden auch Bestätigung und Orientierung in der Gruppe. Wird von Kooperationspartnern bestätigt, dass ein Lieferant, bzw. die Produkte dieses Lieferanten reklamationsfrei und problemlos mit einer attraktiven Marge vermarktet oder verbraucht werden können, so hat dies eine deutlich größere Wirkung als jene Nachricht über ein anderes Medium wie z. B. ein Werbeprospekt, eine Kundenzeitung o. ä. mitgeteilt zu bekommen. Gerade auf unübersichtlichen Märkten wird eine Empfehlung, der man vertrauen kann, wichtiger als Informationen über einschlägige Werbung.
aus BTH Heimtex 07/05 (Holz)