Deutsche Teppichindustrie von Januar bis August 2002: Inland katastrophal, Hoffnungsschimmer im Export


Die deutlich spürbare Konsumflaute im Inland macht auch vor der Teppichbodenbranche keinen Halt. "Schlimm genug, dass dieser Abwärtstrend schon seit Jahren andauert, er hat sich in diesem Jahr auch noch verstärkt fortgesetzt", beklagt Hans-Joachim Schilgen, Geschäftsführer des Verbandes der Deutschen Heimtextilienindustrie, betont aber, dass es "kein rein deutsches Problem" sei - "auch ausländische Hersteller mussten ein zweistelliges Minus hinnehmen" und auch "kein rein textiles Problem" - "die anderen Bodenbeläge verzeichnen ebenfalls Umsatzrückgänge".

In Zahlen ausgedrückt heißt das: Die Teppichindustrie verlor in den ersten acht Monaten des Jahres 15,4 % an Umsatz, wobei die Webware (- 22,3 %) noch empfindlicher getroffen wurde als Tuftings (- 14,3 %).

Noch schlechtere Ergebnisse konten durch eine Erholung im Export verhindert werden (+14,7% im Einzelmonatsvergleich), wobei zuletzt in allen Bereichen eine leichte Besserungstendenz festzustellen war.

Am erfolgsversprechendsten entwickelt sich derzeit der englische Markt. "Firmenindividuell sind hier Wachstumsraten im zweistelligen Prozentbereich durchaus realistisch".

Generell war die Situation zur Jahresmitte laut Schilgen noch dramatischer; "tendenziell hat sie sich seitdem leicht verbessert."

Das durchschnittliche Preisniveau entwickelte sich innerhalb der Produktarten konträr: Webware zog per Ende August im Schnitt um 2,2 % an, Tuftings fielen dagegen um - 4,6 %, was jedoch teilweise auf Neukollektionierungen und Erstausstattungen zurückgeführt wird.

Als zunehmend problematisch beurteilt der Verband den Preisverfall im Objektgeschäft sowie Konditionenfragen. "Zentralregulierung und Delcredere erscheinen immer fragwürdiger", gibt Schilgen die aktuelle Haltung der Industrie wieder.

Außerdem kritisiert er das "merkwürdige Geschäftsgebaren von Großkunden": "So sind die Anstrengungen der Industrie vergebens, wenn von Abnehmern neben den schon üppigen Konditionen zusätzlich noch größere Summen für fragwürdige Verkaufsförderung verlangt bzw. einfach abgezogen werden, und dann festzustellen ist, dass nur über den Preis geworben wird und damit Markt und Wertigkeit der Produkte weiter nach unten gezogen werden".

Bedeutende Insolvenzen im laufenden Jahr und das stille Sterben der vielen "Kleinen" erschwerten die Situation zusätzlich. "Da bricht viel Potenzial weg". Anschluss-Insolvenzen drohten. Insgesamt beziffert Schilgen die Zahl der Handelsinsolvenzen im laufenden Jahr auf über 200.

"Dazu kommt, dass die derzeitigen politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen im Inland nicht gerade dazu angetan sind, ein Konsumfeuerwerk zu entzünden."

Allein die Tarifabschlüsse Textil (+3 % im Oktober dieses Jahres sowie weitere 2,7% nächstes Jahr) könne die Textilindustrie nicht vertragen. "Das wird zum Sterben weiterer Unternehmen beitragen", befürchtet der Verband.
aus BTH Heimtex 11/02 (Bodenbeläge)