Günther Kelm über die Marktsituation Laminatboden Mai/Juni

Zweistellige Rückgänge in allen Handelsstufen


Laminatindustrie

Die deutsche Laminatbodenproduktion war im Mai und auch im Juni,rückläufig, was nicht nur auf den schwierigen Inlandsmarkt zurückzuführen ist. Zu einer Verschärfung des Wettbewerbs tragen auch der Rückgang der Exportlieferungen nach Asien bei sowie Absatzeinbußen in Europa, besonders in Frankreich. Die Absatzsituation in Osteuropa und Nordamerika ist dagegen positiver zu bewerten - wobei auch hier der Preisverfall zunimmt.

Die Maschinenauslastung wird von Insidern auf 55 bis maximal 80 % geschätzt; nur wenige Unternehmen dürften sich dabei im oberen Bereich bewegen.

Die in einigen Unternehmen erfolgten strategischen und personellen Veränderungen lassen aufhorchen, müssen jedoch nicht zwingend mit der veränderten Marktsituation zusammenhängen.

Die Classen-Gruppe hat die Kapazität ihrer Produktionstochter Akzenta Paneele + Profile in Kaisersesch mit der Installation der vierten Kurztaktpresse weiter ausgebaut. Erst im April hatte das Unternehmen sein neues Werk in Baruth bei Berlin in Betrieb genommen, das bei einer Gesamtinvestition von 50 Mio. EUR über eine Kapazität von 25 Mio. qm verfügt.

Die Restrukturierungsmaßnahmen bei Pergo scheinen zu greifen: Im ersten Quartal weisen die Schweden einen kleinen operativen Gewinn von 7 Mio. Skr aus; im Vergleichszeitraum des Vorjahres schlug noch ein Verlust von 54 Mio. Skr zu Buche.

Bedauerlich ist jedoch die Tatsache, dass sich der deutsche Laminatbodenmarkt nun bereits seit mehr als zwei Jahren weitgehend ohne die bekannte Marke Pergo entwickelt.

Deutschland ist immer noch ein interessanter Laminatbodenmarkt - auch für Pergo - vorausgesetzt, man ist in der Lage, sich auf die Wünsche des Konsumenten einzustellen. Das beweisen täglich Mitbewerber, die die fehlende Präsenz von Pergo zu ihrem Erfolg machen.

Mit neuen Klagen geht der Patentstreit in eine weitere Runde. Unilin hat beim Landgericht Düsseldorf Klage gegen insgesamt 10 Mitbewerber eingereicht: Egger, Terhürne und Gründorf, Hamberger, Kronotex, Kronospan, Kaindl, Parador und Tarkett Sommer, wobei zum ersten Mal auch in größerem Umfang Parkett miteinbezogen wird. Die Belgier stützen sich dabei auf ihr neues europäisches Patent EP 1 024 234, das offiziell am 26.Juli vom Münchner Patentamt erteilt wurde. Es umfasst einen größeren Schutzumfang als das alte Patent, weshalb Unilin die Ansicht vertritt, das damit auch Klicksysteme, die bisher patentrechtlich unbedenklich waren, dieses neue Patent verletzen. Mit gleicher Begründung wurde in Großbritannien gegen eine Klage gegen Berry angestrengt.

In New York hat Pergo Klage gegen Armstrong, Mohawk, Shaw und Witex USA erhoben. Insider sind der Meinung, dass die Pergo-Klage als strategisch geschickt zu werten ist, weil die Schweden damit die wichtigsten Konkurrenten in Patentstreitigkeiten bei seinen Kunden Home Depotund Lowe's hineinzieht.

Bei Kronospan werden die Ermittlungen wegen Steuerhinterziehung und Subventionsbetrug fortgesetzt. Die Staatsanwaltschaft Bielefeld hat die Untersuchungen gegen Mitarbeiter von Kronospan in Steinheim-Sandebeck und Lampertswalde ausgeweitet: gegen einen Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwalt, der vorwiegend für Kronospan tätig war, wurde Haftbefehl erlassen.

Zulieferindustrie

Die Auftragslage bei den Dekorpapierherstellern wird als zufriedenstellend bezeichnet, obwohl die geplanten Preiserhöhungen nur schwierig durchzusetzen sind. Es bleibt abzuwarten, ob die zufriedenstellende Beschäftigungslage auch mittelfristig anhält oder wieder mit Produktionsanpassungen zu rechnen ist.
Der Dekordrucker und Finishfolienhersteller Unidur - Nachfolgeunternehmen der schwedischen Perstorp Surface Materials, die 2000 am Formica verkauft wurden - wird nach erfolglosen Verkaufsverhandlungen das Werk in Bürstadt zum 31. August stilllegen.

Man sei zu der Entscheidung gezwungen worden, da sich der Wettbewerb bei Oberflächenmaterialien erheblich verstärkt habe, und der Bereich Dekordruck unter geringerem Auftragsvolumen von Pergo litt, dessen exklusive Liefervereinbarung Ende 2001 ausgelaufen war und nicht durch andere Abnehmer kompensiert werden konnte. Ein Teil der in Bürstadt vorhandenen Produktion soll durch die Werke in Großbritanien und Brasilien übernommen werden.

Laminat Großhandel

Noch im April erholte sich der Bodenbelags-Absatz im Großhandel leicht, im Mai war es mit der bescheidenen Verbesserung schon wieder vorbei. Stattdessen mussten zum Teil erhebliche Umsatzeinbußen hingenommen werden: Bis zu - 20 % bei textilien Belägen, zwischen - 10 und 15 % bei Laminatbelägen. Auch der Juni schloss mit negativem Ergebnis, wenn auch nicht in geringerem Umfang.

Rettberg und Dresing haben im Mai begonnen, Niederlassungen zu schließen. Dresing hat allerdings zugleich nach der Wümeg-Pleite eine Filiale in Nürnberg eröffnet. Orth hat von der insolventen Mühl-Gruppe deren Standorte Münster und Neuwied übernommen.

Laminat in Fachmärkten und DIY

Auch Baumärkte und Fachmärkte mussten in Mai und Juni bei Laminat zweistellige Umsatzeinbußen hinnehmen. Die Preise bewegen sich auf einem niedrigen Niveau und sind für leimfrei verlegbare Böden bereits auf den Level der konventionell mit Leim zu verlegenden Billigprodukte abgesackt:
Praktiker: Laminatboden, 8 mm Träger Spezial-Spanplatte zur Verleimung: 4,59 EUR
Obi: Laminatboden, HDF-Träger, leimlose Verlegung: 5,75 EUR
Hagebau: Laminatboden, HDF-Träger, leimlose Verlegung mit Trittschalldämmung: 9,95 EUR

Der Holzhandel beklagt besonders die Verschärfung des Wettbewerbs durch die Baumärkte. Dadurch, dass Hersteller sich aufgrund von Absatzschwierigkeiten neue Vertriebskanäle erschließen und damit die Absatzwege des Holzhandels beeinflussen, sieht dieser sich gezwungen, sich in neuen Tätigkeitsfeldern zu engagieren.

Außerdem hat der Gesamtverband des Holzhandels inzwischen Grundlinien für eine Markenpolitik festgelegt,mit ein Anforderungsprofil für Handelsmarken erarbeitet werden soll.

Laminat im Handwerk

Beim Handwerk hat sich die Auftragslage nach der leichten Verbesserung im März und April im Mai und Juni erheblich verschlechtert. Laminatboden wird zwar im Vergleich mit textilen Bodenbelägen mehr verarbeitet, kann jedoch nicht den erforderlichen Ausgleich schaffen.

Die Auslastung des Handwerks wird von der geringen Neubautätigkeit und dem schwachen Objektgeschäft immer stärker belastet. Außerdem hat sich die Kaufzurückhaltung der Konsumenten auch auf den Ersatzbedarf von Bodenbelägen ausgewirkt.
aus BTH Heimtex 07/02 (Bodenbeläge)