Aus der Praxis eines Gutachters

Fußbodenheizung zerreißt Parkett

In einer repräsentativen Bungalowanlage im Raum Berlin waren im Mai 2002 zweischichtige Parkettstäbe mit Deckschicht in Almendrillo auf einem flächenbeheizten zementären Estrich verlegt worden. Sechs Monate später traten Schüsselungen, deutliche Fugen und Risse im Parkett auf.

Verlegt wurde das Parkett auf einer Fläche von 120 qm in vier Schlafräumen, einem kleinen Wohnzimmer und dem davor gelegenen Flur. Der Einbau des Estrichs war laut Protokoll sieben Wochen vor der Parkettverlegung abgeschlossen. Ab dem 21. Tag nach Fertigstellung war der Estrich gemäß Maßnahmenprotokoll für Heizestriche fachgerecht auf- und abgeheizt worden. Zwar fehlte die Markierung von Messstellen im Estrich, aber der Verlauf der Heizrohre konnte anhand von Farbfotografien des Architekten nachvollzogen werden. Mit der Vereinbarung, dass Feuchtigkeitsmessungen auf Gefahr und Verantwortung des Architekten durchführt würden, entnahm der Parkettleger Estrichproben bis zur Unterkante des Estrichs sowie aus dem unteren bis mittleren Drittel. Das Ergebnis: Die Estrichkonstruktion war bei Feuchtigkeitsgehalten zwischen 1,4 und 1,6 CM-% ausreichend trocken.

Der Parkettleger grundierte die Estrichoberfläche mit einem Zweikomponentenvorstrich und klebte das 1-Stab-Zweischichtparkett mit einem 2K-Reaktionsharzklebstoff. Almendrillo ist ein südamerikanisches Holz, das auch Cumaru genannt wird. Die unbehandelt gelieferten Parkettstäbe in den Maßen 12 x 80 x 960 mm wurden 3 bis 4 Tage nach der Klebung geschliffen und mit einem nicht näher bezeichneten Öl-Wachs-Material endbehandelt. Nach Beendigung der Parkettarbeiten erhielt der Bauherr eine Reinigungs- und Pflegeanleitung sowie Hinweise auf die Einhaltung günstiger raumklimatischer Bedingungen.

Schüsselungen nach einem halben Jahr

Etwa sechs Monate später, im darauf folgenden Winter, traten Formveränderungen des Parketts auf. Der Bauherr reklamierte konkave Verformungen - sogenannte Schüsselungen. Hinzu kamen deutliche Fugen. Da die beteiligten Parteien keine Einigung erzielten, kam es zu einem gerichtlichen Beweissicherungsverfahren. Im Januar 2003 fanden während einer langanhaltenden Frostperiode die sachverständigen Prüfmaßnahmen statt.

Mit und ohne Gegenlichtbetrachtung war schnell erkennbar, dass die 80 mm breiten 1-Stabelemente im Flur und in den Eingangsbereichen zu den Räumen nahezu vollflächig Schüsselungen aufwiesen. Teilweise standen die Kanten der Parkettelemente bis zu 2 mm, kleinflächig bis 4 mm hoch. Der Sachverständige streifte diese Kanten mit der Rückseite eines Hammers ab und konnte dabei akus-tisch Deckschichtablösungen nachvollziehen. In den Fensterbereichen waren, neben geringfügigen Fugen, nur unbedeutende Schüsselungen zu erkennen.

Fugen bis 2 mm

In den Fluren und Eingangsbereichen der Räume hatten die Fugen eine maximale Breite von 2 mm erreicht - im Durchschnitt lagen sie zwischen 0,5 und 1 mm. Zu den Fenstern hin wurden als üblich zu bezeichnende Fugenbreiten bis 0,5 mm gemessen. Eine Vielzahl der Zweischichtstäbe wies in Längsrichtung Risse auf, teils über kurze Strecken vom Kopfende ausgehend, teils über die gesamte Stablänge.

Zum Zeitpunkt des Gutachter-termins war die relative Luftfeuchtigkeit niedrig - zwischen 27 und 30 %. Da draußen Frost war, arbeitete die Heizung nahezu mit Vollast. Die Raumtemperatur zeigte 23 C. Die Oberflächentemperatur des Parketts war weitaus höher. Dort, wo die Heizungsrohre verliefen, ergaben Messungen 31 C bis 35 C. Ab der Raummitte, zu den Randbereichen und vor den Fenstern wurden nur noch Oberflächentemperaturen zwischen 25 und 26 C gemessen.

Der Sachverständige öffnete das Parkett und stellt fest, dass im Bereich von deutlich hochstehenden Kanten, die überdies akustisch Hohlstellen aufwiesen, bereits Schichtentrennungen in der Weichholzunterschicht (quer angeordnete Lamellen) vorlagen. An der 5 mm dicken Almendrillo-Deckschicht haftete dünn, teilweise grobfaserig, die obere Zone der Weichholzunterschicht.

Untertrocknetes Parkett

Eine Fehlverleimungen der Deckschicht schloss der Sachverständige als Ursache aus. Auch im Hinblick auf die Klebung zum Untergrund hin waren keine negativen Sachverhalte zu erkennen, weder Hohlstellen noch Ablösungen der Unterschicht von der Estrichoberfläche. Da nahezu überall auf der Deckschicht-Rückseite Holzspäne der Unterschicht hafteten, folgerte der Gutachter auf Bruchzonenverlagerungen innerhalb der Weichholzunterschicht.

Für gravimetrische Feuchtigkeitsbestimmungen (Darr-Prüfungen) wurden Proben aus der Parkett-Deckschicht und Unterschicht, aber auch aus der Estrichkonstruktion entnommen. Die Almendrillo-Deckschicht aus Flur- und Eingangsbereichen zeigte sich deutlich untertrocknet, bei Feuchtigkeitsgehalten zwischen 4,9 und 5,7 Gew.-%. Die Unterschicht - zwischen 5,0 und 5,2 Gew.-% - war ebenfalls untertrocknet. Die Estrichkonstruktion dagegen wurde bei einem Feuchtigkeitsgehalt von 2,1 Gew.-% als ausreichend trocken festgestellt.

Proben von den Außenwandbereichen ergaben innerhalb der Deckschicht Holzfeuchten zwischen 6,6 und 7 Gew.-% und in der Unterschicht Gehalte zwischen 5,5 und 6,5 Gew.-%. Der Estrich war auch hier bei 2,6 Gew.-% ausreichend trocken.

Fazit des Sachverständigen: Eine trockene Estrichkonstruktion und ein deutlich untertrocknetes Parkett.

Ursache: Die Heizung wars

An der Beschaffenheit des verlegten Mehrschichtparketts lag es nicht. Es hatte nur einen "Fehler": Es war nicht hitzebeständig! In der Folge war es zu extremen Schüsselungen und Brüchen in der Unterschicht gekommen. Fugenbildung und hoch stehende Längskanten des Parketts kamen hinzu.

Zwei Schadensursachen: Erstens der erhöhte Betrieb des Fußbodenheizungssystems. Insbesondere da, wo Heizrohre dicht nebeneinander verlegt worden waren, waren zu hohe Oberflächentemperaturen aufgetreten. Die daraus resultierende Hitzebelastung des Holzes war Hauptgrund für die Verformungen.

Ein Übriges taten ungünstige Luftfeuchtigkeitsgehalte von unter 30 %, ebenfalls hervorgerufen durch zu hohe Oberflächentemperaturen. Sie hatten zur Rücktrocknung des hygroskopischen Werkstoffes Holz und damit weiter zu Deckschichtablösungen bzw. Bruchzonenverlagerungen beigetragen.

Wer trug die Verantwortung?

In aller Deutlichkeit wies das Gutachten darauf hin, dass bei einer flächenbeheizten Estrichkonstruktion und verlegtem Parkett oder Holzfußboden die Oberflächentemperaturen 27 bis 28 C langfristig nicht überschreiten dürfen.

Allerdings gibt es unterschiedliche Aussagen: Das Zentralblatt des Deutschen Baugewerbes nennt maximale Oberflächentemperaturen von 28 C und der Informationsdienst "Holz" Temperaturen von 25 C. Mehrschichtparketthersteller schreiben 27 C vor.

Für die Oberfläche des Estrichs wird in der DIN-EN 1264 "Fußboden-Heizung System und Komponenten" Teil 2 ein maximaler Wert von 29 C festgelegt. Wird ein Parkett unmittelbar an seiner Unterseite mit dieser Wärme belastet, entstehen an seiner Oberseite - je nach Dicke des Parketts - Temperaturen zwischen 27 und 28 C. Das sollte ein Parkett unter der Voraussetzung günstiger raumklimatischer Bedingungen schadensfrei überstehen.

Die Schuld für den Parkettschaden sah der Sachverständige beim Bauherrn, bzw. bei dem Planer oder Auftragnehmer der Heizungsarbeiten. Er empfahl dem Gericht eine Überprüfung der Heizungsanlage durch einen für dieses Gewerk zuständigen Sachverständigen. Der könne klären, ob die zu hohen Oberflächentemperaturen in einem Systemfehler des Fußbodenheizungssystems (falsch eingestellter "Max-Begrenzer") oder aufgrund manueller "Verstellungen" durch den Bauherrn entstanden seien.

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Kommentar: "Was ist, wenn die Räume nicht warm werden ?"

Anmerkung: Dieser Schadensfall und die Schlussfolgerungen des Sachverständigen zeigen, dass das Thema "Fußbodenheizung und Holzfußböden" an Brisanz nichts eingebüßt hat. Die direkten Abhängigkeiten von Wärmebedarfsberechnung, Wärmeleistung der Heizflächen und ihrer Oberflächentemperatur werden häufig ignoriert, selbst in den meisten Fachbeiträgen einfach "vergessen". Was ist denn, wenn die "Bude" nicht warm wird? Regelung hoch, Vorlauftemperatur anheben! Oder frieren, weil die Merkblätter das so wollen? Hier besteht Aufklärungsbedarf für die Parkettleger: Damit sie die teils "fahrlässigen Planungen" erkennen und dem Bauherrn, Architekten und Heizungsbauer "um die Ohren hauen" können. Bedenkenanmeldung allein bewegt hier nämlich nichts. Noch mal ganz deutlich: Bei solchen Schadensfällen trifft am wenigsten den Parkettleger die Schuld. Ob er trotzdem für den Schaden aufkommen muss, wird von Dritten entschieden. Dass er aber möglicherweise den Auftrag nicht hätte annehmen sollen, weil die erforderlichen baulichen Voraussetzungen nicht gegeben waren, das hat ihm keiner gesagt, das konnte er vermutlich nicht einmal ahnen. Aber es wird Zeit, hier Planungssicherheit zu schaffen. Sich dieser Problematik zum Wohle des Handwerks und des Produktes Parkett anzunehmen, wäre eine interessante Aufgabe für eine Arbeitsgruppe. Damit es keine Missverständnisse gibt: Holzfußböden und Fußbodenheizung schließen sich nicht aus - es sind jedoch einige wenige, dafür wichtige Parameter zu beachten.

Peter Mau
aus Parkett Magazin 01/04 (Bodenbeläge)