Joan-Antoni Salmurri-Trinxet, Europäische Kommission

EU-Osterweiterung bietet Chancen

Die bevorstehende Erweiterung der Europäischen Union um zehn Staaten ist ohne Beispiel, stellt hohe Anforderungen an die Integrationsfähigkeit und wird einschneidende Folgen haben - auch für die Parkettwirtschaft, wie Joan-Antoni Salmurri-Trinxet beim Europäischen Parkett Kongress in Prag darlegte. Der Referent ist bei der Europäischen Kommission im Bereich der holzbasierten Industrien tätig.

Bisher erstreckte sich die Erweiterung auf westeuropäische Staaten, diesmal sind es Staaten, die sich im Wandlungsprozess vom zentralistischen Wirtschaftssystem zur freien Marktwirtschaft befinden", umriss Joan-Antoni Salmurri-Trinxet die Ausgangssituation. Er erwartet indes "keine dramatischen Veränderungen". Die Wirtschaft in den westeuropäischen Ländern werde ihre Denkweisen und Blickrichtungen zwar neu ausrichten müssen, gewinne aber mit 75 Mio. neuen Verbrauchern einen "langfristigen Vorteil".

In den Beitrittsländern besteht ein enormer Investitionsbedarf. Von den geschätzten 10 Mrd. EUR und 300.000 neuen Arbeitsplätzen als Folge der Osterweiterung wird ein Drittel Deutschland zugute kommen, meinte Salmurri-Trinxet aufgrund der Annahme, dass es vor allem zwischen Mitteleuropa und dem Osten zu einem intensiven Austausch von Waren und Dienstleistungen kommen werde. Er räumt jedoch ein, dass es auch die Erwartung sinkender Investitionen in den osteuropäischen Ländern nach dem EU-Beitritt gebe. Westliche Unternehmen befänden sich derzeit in Wartestellung; es herrscht Unsicherheit.

Die wirtschaftliche Integration verlangt nach kluger Politik - beispielsweise im Hinblick auf gefürchtete Migrationsbewegungen. Wenn sich in den Beitrittsländern die Hoffnung auf Anhebung des Lebensstandards erfüllt, werde man die Menschen in ihren Heimatländern halten können. Den Zustrom aus Osteuropa vor allem nach Österreich und Deutschland, wo bereits 850.000 Bürger osteuropäischer Staaten leben, werde man steuern können, dass "keine wesentlichen negativen Auswirkungen zu erwarten sind." Salmurri-Trinxet sieht die Chance, den wachsenden älteren Bevölkerungsanteil in vielen westlichen EU-Ländern auszugleichen.

Besonders betroffen durch die EU-Erweiterung ist die Holzwirtschaft: "Es kommen Länder hinzu, in denen die Holzwirtschaft auf Rang 2 liegt, also von erheblicher Bedeutung für die gesamte Volkswirtschaft ist. Als Folgen des EU-Beitritts sind in diesen Ländern beträchtliche Preiserhöhungen bei Rund- und Schnittholz zu erwarten", sagt Salmurri-Trinxet. Als bislang unkalkulierbare Einflussfaktoren nennt er die künftige Entwicklung im Tarifwesen, die Auswirkungen der erforderlichen Produktstandardisierungen und die gesamtwirtschaftlichen Folgen hoher öffentlicher Investitionen auf die Stabilitätsrate (Inflation).

Innereuropäische Probleme, betont der Mann aus Brüssel, können "durch eine geschickte Politik regional gesteuert werden". Nicht ausdrücklich genannt wurde Österreich, dafür das Beispiel südeuropäischer Staaten, die auch "staatliche Subventionen für neue Kapazitäten in unterentwickelten Regionen" bereit stellen. "Förderung verlangt sensibles Vorgehen. Die Konkurrenzsituation wird sich in den kommenden Jahren zweifellos verschärfen. Aber sie darf nicht zerstörerisch werden".

Zusätzliche Kapazitäten sollten mit Blick auf die wachsende Zahl von Verbrauchern in der EU und die Weiterentwicklung der regionalen Märkte nicht grundsätzlich abgelehnt werden. Dass der EU-Raum seine Möglichkeiten nutze und zur Stärke ausbaue, hält Salmurri-Trinxet aus einem weiteren Grunde für geboten: "Konkurrenz innerhalb des europäischen Wirtschaftsraums darf nicht den Blick dafür verstellen, dass die eigentliche Konkurrenz für den europäischen Raum aus Südostasien kommt".
aus Parkett Magazin 04/03 (Bodenbeläge)