Ein Beitrag des Parkettsiegel-Herstellers Berger-Seidle, Grünstadt

Riechende Parkettböden - Neues Urteil verschärft das Problem

Nachhaltiger Lösemittelgeruch durch versiegeltes Parkett ist nicht erst seit gestiegenem Gesundheitsbewusstsein und organisiertem Verbraucherschutz ein heikles Thema. Welche technischen und unternehmenspolitischen Lösungsansätze gibt es für den Parkettleger, um dem erhöhten juristischen Risiko zu begegnen?

1. Die aktuelle Ausgangssituation

Mit dem Urteil "3 U 66/02" des Oberlandesgerichts Köln wird der Druck auf lösemittelbasierte Siegel und der Zwang zum Einsatz von Wassersiegeln oder hoch festkörperhaltiger Parkettöle weiter zunehmen.

Hier hatte das Gericht festgestellt, dass starker Lösemittelgeruch auch dann ein Werkmangel darstelle, wenn damit keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen einhergingen und die Schadstoffbelastungskennzahlen nicht überschritten würden. Den Hausbesitzern wurden 1.800 EUR Nutzungsentschädigung und Kostenersatz für die Neuversiegelung zugesprochen.

Im Prinzip hat die Branche den Umschwung auf umweltschonendere Alternativprodukte längst freiwillig und umfassend vollzogen. So werden heute mehr als 80% der Oberflächen in der handwerklichen Verarbeitung vor Ort mit Wassersiegeln und Parkett-Ölen behandelt. Seit 1993 ist die Verwendung gering lösemittelhaltiger Siegel auch durch die Gisbau in der TRGS 617 verbindlich vorgeschrieben, wobei allerdings technisch bedingte Ausnahmen zugelassen sind. Seither entspricht es dem Stand der Technik und den gesetzlichen Vorgaben, nur noch diese Alternativen zu verwenden. Strafbar macht sich, wer sich nicht daran hält.

Deshalb gehen wir nachfolgend davon aus, dass es sich bei der Verwendung von lösemittelhaltigen Produkten nur um Fälle handelt, die grundsätzlich ausgenommen bzw. aus technischen Gründen mit Wassersiegeln nicht optimal oder risikofrei versiegelt werden können.

2. Um welche lösemittelhaltigen Produkte geht es?

Besonders betroffen sind die ÖL-KH und Urethanalkyd-Siegel sowie die Polyurethan Siegel, da diese sowohl in größeren Mengen aufgetragen werden als auch langsamer trocknen und dadurch über größere Fugen in den Untergrund versickern und dort Lösemittel an den Untergrund abgeben und verzögert aushärten.

Dies führt bei ungünstigen Bedingungen zu monatelanger Verdunstung des Lösemittels in die Raumluft.

3. Was ist ein "monatelanger starker Lösemittelgeruch"?

An dieser Frage dürften sich die Geister scheiden und man darf auf die weitere Rechtsprechung gespannt sein. Im Zweifel wird es aber so sein, dass die persönliche Beurteilung des Nutzers von Bedeutung ist. Was dem einen " stinkt", ist für den anderen noch akzeptabel.

Eine objektive Methode als Grundlage für die Definition eines Schwellenwertes ist derzeit nicht bekannt. Daher hilft nur eine konsequente Vermeidungsstrategie.

Das heißt:
a) Wassersiegel wo möglich und
b) Reduktion der Risiken bei technisch gebotenem Einsatz von lösemittelbasierten Produkten.

4. Wie lässt sich das Geruchproblem weitgehend vermeiden?

Der oben genannte Fall wurde durch Lösemittel verursacht. Wenngleich die führenden Hersteller von Parkettsiegeln heute die mildesten Lösemittel-Varianten verwenden, ist eine Rest-Geruchsbelastung nicht auszuschließen. Die "offene Tür" oder das "Scheunentor", durch welche Siegel in höherer Menge in den Unterboden gelangt, ist eine zum Teil erhebliche Fugenbildung vor allem bei Altböden und zu renovierendem Parkett.

Die erste Sorge muss deshalb dem wirkungsvollen Verschluss der Fugen gelten. Das kann durch Holzkittbindemittel-Verspachtelung wie z.B. Pafuki, gezieltem Ausspritzen größerer Einzel-Fugen mit Pafudima oder bei einem massiven Fugenbild durch flächendeckendes Abspachteln mit Aqua Seal PAK-Stop System erfolgen. In eine völlig geschlossene Oberfläche kann die Versiegelung nicht "versickern" und damit entfällt dieses Risiko.

Auch der breiten Randfuge oder Dehnungsfuge ist Aufmerksamkeit zu widmen. Hier muss dauerelastisch gefüllt werden oder im Randbereich zuerst die Sockelleiste angebracht, abgedichtet (Pafudima) und dann erst versiegelt werden.

Generell muss auf eine gründliche Verspachtelung und richtige Mischung der Holzkittlösung geachtet werden. Denn auch die Summe kleinerer "Absacker" bei einem neuen Boden mit normalen Fugen ist nicht zu unterschätzen.

Hier geschieht im kleineren Umfang das gleiche wie oben beschrieben: Siegel versickert und dunstet länger aus. Außerdem ergeben sich Oberflächenstörungen entlang der Fuge. Diese können z.B. mit dem LT Thix-Primer nachgespachtelt werden.

Aus der Praxis wissen wir, dass oft zu schnelles Arbeiten oder eine zu trockene Mischung des Holzkittbindemittels ursächlich sind. Die Fuge wird dann weder ausreichend gefüllt und geschlossen, noch haftet die zu magere Mischung (zu viel Holzmehl zu wenig Bindemittel) richtig in der Fuge. Beim letzten Schliff wird das Material herausgerissen und hinterlässt viele kleine Fugenlöcher.

Mit der sorgfältigen Beachtung dieser Problematik kann das monatelange starke Ausdünsten des Unterbodens vermieden werden.

5. Kurzfristige Geruchsbelästigung muss in Kauf genommen werden

Mit seiner Nennung "monatelanger" Geruchsbelastung gibt das Kölner Urteil keine genaue zeitliche Schwelle an. Man kann aber davon ausgehen, dass kurzfristige Geruchsbeeinträchtigung nicht als Werkmangel in diesem Sinne zu verstehen ist. Denn einige Tage oder Wochen kann es je nach unterschiedlichen Holz- und Bodenarten durchaus zu Lösemittel- und Eigengeruch kommen. Der Verbraucher ist das seit jeher gewohnt. Weil dieser Geruch stetig abnimmt, lässt sich ihm ein Abwarten verständlich machen.

6. Eigengeruch von Siegeln

Bei sehr empfindlichen Nutzern könnte der Eigengeruch von Versiegelungsprodukten im Rahmen der neuen Rechtsprechung zum Problem werden. Mit Lösemitteln hat dies weniger zu tun.

Oxidativ trocknende Siegelsysteme basieren auf Bindemittel wie Sojaöl, Leinöl, Holzöl etc., die letztlich aus der Natur stammen. Diese Stoffe haben einen Eigengeruch und können diesen Geruch durchaus auf längere Zeit abgeben.

Die Gefahr einer Geruchsbelästigung durch oxidativ trocknende Systeme wird aber auch vom Verarbeiter beeinflusst. Gerade wenn die einzelnen Schichten nicht komplett ausgetrocknet sind und die benötigte Menge Sauerstoff vor dem Aufbringen der nächsten Schicht nicht ausreichend zur Verfügung stand, wird das Risiko erhöht.

Aus diesem Grunde sollten die Herstellerangaben zu Trocken- bzw. Wartezeiten immer genau beachtet werden: Erst weiterversiegeln, wenn die vorherige Schicht richtig trocken ist!

7. Alternativen mit Kunden besprechen und ggf. freistellen lassen

Wie auch immer die technischen Gegebenheiten und Interessenlage des Kunden aussehen, führt der Auftragnehmer am besten vorher ein offenes und klärendes Gespräch herbei.

Hierin kann dem Kunden das Geruchsthema erklärt werden und aus welchen techn. Risiken heraus der Einsatz eines lösemittelbasierten Siegel angezeigt ist.

Hier muss man sich je nach Risikolage ggf. auch vom Geruchsrisiko freistellen lassen. Bzw. umgekehrt der Kunde wünscht z.B. ausdrücklich den Einsatz eines Wassersiegelsystems und muß dann auf das technische Risiko hingewiesen werden.

8. Priorität auf Wassersiegel

Mit Wassersiegel ist man geruchlich auf der sicheren Seite. Wo immer möglich, sollten diese Systeme eingesetzt werden.

Allerdings wird bei vielen Endverbrauchern die anfeuernde Optik von Öl-KH und Urethanalkyd-Produkten klar bevorzugt. Ein solcher Kunde müsste bei entsprechender Risikoreduzierung zur Inkaufnahme einer gewissen Geruchsbelästigung bereit sein. Der Verarbeiter kann auch entsprechende lösemittelbasierte Siegel / Grundierungen mit wasserbasierten Deck-Siegeln kombinieren und damit einen technischen wie geruchlichen Kompromiss erzielen.
Für Produkte von Berger-Seidle gilt: Die technischen Eigenschaften von lösemittelbasierten Polyurethan-Siegeln (Uno) werden heute durch Aqua Seal 2K PU fast vollständig erreicht.

Das heißt: Man kann sofort und ohne nicht vertretbare Produktnachteile auf Wasser umstellen.

9. Parkett-Öl ist nicht immer lösemittelarm

Sollte aus Gründen der Lösemittelarmut Parkettöl gewählt werden, ist Vorsicht angebracht. Denn es gibt Öle ohne Lösemittelanteil und solche mit 70 % Lösemittelanteil.

Hier hilft nur die Befragung des Herstellers. Das Berger-Seidle "Classic-Öl High Solid" verfügt über 100 % Festkörper und entlässt keine Emissionen.

10. Problem unter Kontrolle

Mit einer konsequenten Produktpolitik auf Wasserbasis, alternativen Öl-Systemen mit 100% Festkörper sowie einer sorgfältigen Vorbereitung des Untergrundes beim Einsatz von lösemittelbasierten Siegelprodukten dürfte das Geruchsproblem unter Kontrolle sein.

Im Zweifel sollte der Verarbeiter auf eine Freistellung betreffender Risiken abzielen und ein offenes und klärendes Gespräch mit dem Endverbraucher voranstellen.

Der weitere Verlauf der Praxis und Rechtsprechung wird zeigen, wohin genau die Reise geht.
aus Parkett Magazin 04/03 (Bodenbeläge)