The Design Department BV

Insolvenzen in der europäischen Tapetenindustrie: Ratinger, Essef, E & S Home of Color


Die Konzentration in der europäischen Tapetenindustrie setzt sich fort: gleich drei namhafte Unternehmen in Deutschland, Frankreich und den Niederlanden sind in den letzten Monaten zahlungsunfähig geworden.

So gibt es in Deutschland seit dem Frühjahr einen Tapetenhersteller weniger: Die Ratinger Tapetenfabrik hat bereits am 1. April am Landgericht Düsseldorf Insolvenzantrag gestellt. Inzwischen ist der Betrieb geschlossen, das Anlagevermögen verkauft.

Für die Gläubiger wird es aller Voraussicht nach nur eine geringe Quote geben. Im Büro des Insolvenzverwalters, Rechtsanwalt Georg Kreplin in Düsseldorf, rechnet man damit, dass das Verfahren noch bis mindestens Mitte nächsten Jahres läuft.

In Frankreich hat der frühere Marktführer Essef Décors Mureaux, Société Francaise des Papiers Peints, die Flügel gestreckt: Das an der Pariser Börse notierte Unternehmen meldete am 1. Juli 2004 Insolvenz an. Nach den französischen Usancen bestellte die Handelskammer von Senlis einen Insolvenzverwalter, der Essef bis zum 1. Januar 2005 "dans le cadre d'une période d'observation" stellt, sprich führt Innerhalb dieser "Beobachtungsphase" wird nun nach einer internen (französischen?) Lösung gesucht. Als erste Konsequenz wurden massiv Stellen abgebaut:

Mitte September wurde angekündigt, dass von 224 Mitarbeitern insgesamt 158 eingespart werden müssten, 71 wurden sofort entlassen, ein Sozialplan erstellt.

Essef hat eine lange Leidensgeschichte hinter sich. Der einstige Branchenprimus wurde nicht allein Opfer der Konsumzurückhaltung und der zunehmenden Konkurrenz durch die Farbenindustrie.

Unter der Führung des ehemaligen Hauptaktionärs Jean Zerapha sei das Unternehmen mit einer Eigenkapitalquote von zeitweise 60% "stark wie ein Stier" gewesen, erinnern sich Branchenbeobachter. Mit seinem Schwiegersohn Marc Bougeard sei dann der Niedergang an die Spitze gekommen.... Es wird kolportiert, dass Bougeard sogar einmal von einer französischen Zeitung nahegelegt wurde, er solle mehr arbeiten und weniger Golf spielen... auf jeden Fall halbierte sich der Umsatz von 1995 bis 2003 von 43 auf 21 Mio. EUR.

Entsprechend verlor die Aktie der Société Francaise de Papiers Peints massiv an Wert. Allein seit Ende 2003 hat sie 60% in der Notierung verloren und bewegt sich im 52-Wochen-Vergleich (2,70 zu 13,60 EUR) derzeit am unteren Rand.

Ob und wie es bei Essef weitergeht, ist zur Zeit noch völlig unklar. Man kann sicher sein, dass das Unternehmen auch von Wettbewerbern einer genauen Prüfung unterzogen wird, denn es könnte den Zugang zum französischen Markt öffnen: Trotz der Schwäche in den letzten Jahren ist Essef in Frankreich immer noch ein guter Name und mit 75,7% Umsatzanteil auch eine starke Marke im Nachbarland.

Um den niederländischen Tapetenproduzenten E&S Home of Colour war vor einiger Zeit schon einmal die Gerüchteküche hochgekocht, damals konnte man sich aber offenbar noch einmal fangen.

Am 23. Juni war endgültig Schluss: Zu diesem Termin meldeten die Niederländer Insolvenz an, stellten die Produktion ein und entließen rund 50 Mitarbeiter. Den Vertrieb der Produktlinien Esta for Kids, Esta Home, Origin und Sanders & Sanders übernahm im Juli das Nachfolge-Unternehmen The Design Department mit Sitz in Amersfoort. Geschäftsführer J.W.H. Eijffinger unterrichtete die Kunden, dass in Deutschland die bisher bei Rasch Textil (Esta for Kids, Esta Home) und Heinetex (teilweise Origin) erhältlichen Kollektionen weiterhin dort bestellt werden könnten.

Auf Anfrage von BTH Heimtex teilte er mit, dass die Produktion jetzt zu 100% bei verschiedenen europäischen Herstellern liege - "das ist in der Tat die größte Veränderung: Wir sind Editeure geworden". Der internationale Vertrieb - 70% Export, der deutsche Anteil wird nicht beziffert - und die Entwicklung sind bei The Design Department in den Niederlanden angesiedelt, drei Mitarbeiter des alten E&S-Designstudios wurden übernommen.

Ein Teil der Origin-Karten - Pi, Sense of time, La ligne naturelle - sowie die Sanders & Sanders-Kollektionen werden direkt von Design Department vertrieben. Hier gab es im Sommer Lieferschwierigkeiten und in einem Brief an den Handel bat Eijffinger noch um Geduld.

Jetzt im Oktober betont er: "Inzwischen haben wir die Logistik im Griff. Der größte Teil unserer Kollektionen ist innerhalb 24 Stunden lieferbar".

Als positives Signal will er auch die Annäherung an die Tapete auf der Heimtextil verstanden wissen: The Design Department wird in Frankfurt nicht in Halle 3 ausstellen, sondern bei den übrigen Tapetenunternehmen in der Halle 5.
aus BTH Heimtex 10/04 (Wirtschaft)