Gute Bedingungen für die holzverarbeitende Industrie im Südosten Finnlands

EU-Förderung "hinter dem Rücken Gottes"

Die Förder- und Produktionsbedingungen in den äußersten Randgebieten der EU sind besonders vorteilhaft. Ein Grund dafür, dass beispielsweise in Güssing im österreichischen Burgenland, wenige Kilometer vor der ungarischen Grenze, demnächst die zweite Parkettfabrik errichtet werden soll. Einen ähnlichen Zulauf hat die Region Parikkala zu verzeichnen. Sie liegt in entgegengesetzter Richtung, im strukturschwachen Südosten Finnlands. Auch dort waren es Österreicher, die vor knapp vier Jahren begannen, neben anderen Vorteilen auch die EU-Förderung zu nutzen.

Produzieren dort, wo es die Rohstoffe gibt" - das war die Strategie zweier Parketthersteller aus Österreich, Mafi und Tilo. 1998 machten sie sich auf die Suche nach einem geeigneten Standort. Zunächst wurde Nordrussland ins Visier genommen, der heute russiche Teil Kareliens. Dort gab es die Hölzer, die für die Herstellung von hochwertigen Dreischicht-Parkettböden gebraucht wurden. Neben Fichte und Kiefer zum Beispiel auch die Lärche.

Erste Sondierungen vor Ort brachten jedoch Enttäuschung. Gut war dort nur die Rohstoff-Versorgung. Alle anderen Bedingungen ließen vom Aufbau einer Produktion abraten. Die Suche nach einer Standort-Alternative war aber schon nach kurzer Zeit von Erfolg gekrönt. In der finnischen Gemeinde Parikkala, ganz am östlichen Rand der Europäischen Gemeinschaft und nur 8 km von der finnisch-russischen Grenze entfernt, fanden die Österreicher ideale Bedingungen: Industriegelände zum - für mitteleuropäische Verhältnisse - absoluten Niedrigpreis. Dazu ein Potential an Arbeitskräften, wie es für eine holzverarbeitende Industrie benötigt wird. Und außerdem eine Wirtschaftsförderungsgesellschaft, die sich der Wiederbelebung der Region Parikkala in Südkarelien mit Haut und Haaren verschrieben hat.

Durch die Wirtschaftsrezession in Finnland vor gut zehn Jahren waren viele der früheren Industrien in den Konkurs marschiert. Viele Arbeitsplätze und viel Wirtschaftskraft waren verloren gegangen. Um diese Region wieder zu stärken, waren die regionalen Wirtschaftsförderer zu großer Hilfe für ansiedlungswillige Industrien bereit. Davon profitierten die Investoren aus Österreich. Der Kauf des Industriegeländes (mit Erweiterungsmöglichkeiten) war schnell beschlossen, die Planungen zum Bau der 5.000 Quadratmeter großen Produktionshalle wurden ebenfalls in sensationellem Tempo genehmigt. Und auch bei diesem Bau half die Wirtschaftsförderung. Sie übernahm die Bürgschaft für die Baukosten.

Finanzhilfe gab es auch aus Brüssel. Aus dem "Interreg-Programm" wurde der Aufbau der Produktion - insgesamt eine Investition von über 6 Mio. EUR - mit 1,5 Mio. EUR gefördert. Nach der kurzen Aufbauzeit von nur fünf Monaten konnte "Pariwood" in der neuen Halle und mit einem modernen Maschinenpark, der aus Deutschland, Österreich und der Schweiz geliefert wurde, die Produktion anfahren.

Jukka Huomolin, der finnische Leiter dieses "europäischen" Unternehmens, stellt heute voll Stolz seine Produktpalette vor - und seine ansehnliche Produktionskapazität. Rund 300.000 Quadratmeter bestes Dreischicht-Parkett kann "Pariwood" heute im zweischichtigen Betrieb produzieren. Und dazu gut 900.000 Quadratmeter "Core-Material" - die Mittellagen für Mehrschichtparkett, die an Tilo in Österreich und an weitere Parketthersteller in ganz Europa geliefert werden.

Qualität wird ganz groß geschrieben in dieser Fußboden-Produktion in Südkarelien. Das beginnt schon bei der Rohstoff-Beschaffung in Finnland und im benachbarten Russland. "Wir kaufen alle Hölzer nur nass und trocknen sie dann selbst nach unseren Wünschen", erläutert Betriebsleiter Jukka Huomolin die "Hausregeln" von Pariwood. Das hochwertige Rohmaterial wächst hier wirklich vor der Haustür. In der direkten Nachbarschaft gibt es zahlreiche Sägewerke. Und was in diesem Teil Finnlands nicht zu bekommen ist, bezieht man aus Russland. "Wir haben schnell einen Kreis von Lieferanten gefunden, der unsere Vorstellungen von Holzqualität erfüllt", erläutert Jukka Huomolin.

Intensive Schulung aller Mitarbeiter war nötig, um die selbst gesetzten Qualitätsstandards zu erreichen. Denn trotz aller Automatisierung beim Zuschnitt, Verleimen und Pressen bleibt die Herstellung von Parkettböden immer noch vom Können der Mitarbeiter abhängig. Nur das geschulte Auge, nur das richtige Gefühl für das Holz, sorgen dafür, dass ein Holzboden auch wirklich so schön wird, wie es sich der Endverbraucher wünscht. Und so sieht man bei einem Rundgang durch die moderne Produktion die meisten Menschen auch dort, wo es um die Sortierung und die Kontrolle von Oberflächen und Qualität geht.

Um gleich vom Start weg produktiv sein zu können, wurden die Dreischicht-Parkettdielen in der Startphase zunächst als Halbfabrikate hergestellt. Das heißt: die Parkett-Elemente wurden in Finnland bis zum Feinschliff der Nutzschicht vorgefertigt, auf großen Paletten dann nach Österreich transportiert und dort mit Nut/Feder und der Oberflächenbehandlung versehen.

Mit dem Jahresbeginn 2002 sind neue Maschinen in Parikkala einsatzbereit. Jetzt können die Parkettelemente bereits hier präzisions-gefräst und mit der heute gefragten Öl-Wachs-Oberfläche versehen werden. Seither gehen fertig verpackte Dreischicht-Parkettböden von Südkarelien aus auf die Märkte Mitteleuropas, direkt zu den Abnehmern in Deutschland, Österreich oder in der Schweiz.

Die räumliche Entfernung zwischen Südkarelien und Nordwest-Österreich ist für die Planung und Logistik heute absolut kein Problem. Mit einem webgestützten Programm können von der Tilo-Hauptverwaltung in Lohnsburg/Österreich aus alle Maschinen und alle Produktionsabläufe in Parikkala kontrolliert und gesteuert werden. Rund um die Uhr - und in Echtzeit! Sogar eine Fernwartung von Teilen der Produktionsanlage ist über diese moderne Kommunikationstechnik möglich. Auch der lange Weg von Finnland bis auf die Märkte in Mitteleuropa ist finanziell keine Hürde, denn inzwischen werden ja Fertigprodukte transportiert. Insgesamt bringen der Standort, eine schlanke Verwaltung, ein moderner Maschinenpark und hohe Effizienz in der Produktion so viele Kostenvorteile, dass sie die Entscheidung zur Produktion in Finnland heute voll bestätigen. Und auch der Region bringt die Ansiedlung Vorteile; sobald die Produktion ausgeweitet wird, sollen zu den heute 31 Mitarbeitern weitere sechs eingestellt werden.

Inzwischen haben sich auch andere Unternehmen in der Region angesiedelt. Gleich in der Nachbarschaft ist ein Dämmstoff-Werk entstanden, das aus Flachs hochwertige Dämmbahnen für gesundheitsbewusste Bauherrn in ganz Europa und für die Fertighausindustrie in Finnland, Schweden und Mitteleuropa produziert. Das ist ein Gemeinschaftsunternehmen mit niederländischem und finnischem Kapital, das ebenfalls die Unterstützung der regionalen Wirtschaftsförderung genutzt hat.

Ferner ist ein Unternehmen aus Brandenburg gerade dabei, die guten Möglichkeiten der Rohstoff-Versorgung, des Arbeitskräfte-Potentials und der Wirtschaftsförderung zu nutzen: Es betreibt den Aufbau einer Produktion von Spezial-Sperrholz in Parikkala, am äußersten Rande der EU, "hinter dem Rücken Gottes", wie die Menschen hier über ihre entlegene Region sagen.

Weitere Informationen:
Wirtschaftsförderung Region Parikkala, Aune Ritola-Grahn (spricht deutsch),
Tel. +358-56861266,
Fax: +358-56861290.
aus Parkett Magazin 03/02 (Bodenbeläge)