Problem Lösemittel: Produkte vom Markt nehmen?

Seit 1995 geht der Anteil der Lösemittelkleber an sämtlichen, in der Baubranche eingesetzten Klebern nicht mehr zurück. Das liegt an den Parkettlegern. Dort wird eisern am lösemittelhaltigen Klebstoff festgehalten. Rund 80% Lösemittelkleber, aber nur 12% Dispersionskleber und 8% Reaktionsharzkleber haften unter dem Parkett, das im Jahre 2000 auf den Boden gebracht wurde.

Dieser Zustand besteht bis heute. Das bestätigt die Klebstoffindustrie. Dr. Thomas Brokamp (Bona): "Das Jahr 2000 ist repräsentativ für den deutschen Markt. Seitdem sank der Absatz lösemittelhaltiger Verlegewerkstoffe nie unter 70 %."

Warum tun sich Parkettleger mit alternativen Klebstoffangeboten schwer? Warum setzen sie bei der Verarbeitung ihre Gesundheit auf's Spiel? Bundesinnungsmeister Joachim Barth: "Der Parkettleger ist in der Zwickmühle zwischen Klebern, die draußen auf der Baustelle nicht funktionieren und solchen, die eben stinken. Zwischen 1995 und 2000 sind viele Kollegen wieder zurück zum Lösemittel gekommen. Mit lösemittelhaltigen Klebern kann man relativ sicher sein, dass die technischen Voraussetzungen einzuhalten sind. Und das ist im bitterernsten Wettbewerb ein wichtiger Faktor."

Es geht eben auch um's Geld. "Ein lösemittelfreier Kleber, der an die Eigenschaften des Lösemittelkleber heran reicht, kann nicht billig sein", gesteht Dr. Udo Windhövel vom Hersteller Henkel. Es stellt sich zudem die Frage, ob ein solcher Kleber überhaupt entwickelt werden kann. Rolf Wanke, Leiter der Fachgruppe Holzpflaster im Zentralverband Parkett und Fußbodentechnik: "Der Pulverkleber war unsere Hoffnung. Die hat sich aber nicht erfüllt. Um die offene Zeit dieses Klebers zu verlängern, wird in der Praxis oft ein Schuss zuviel Wasser hinein gegeben."

Das berührt den zweiten, von der Industrie genannten Kritikpunkt: Parkettleger wollen nicht umlernen, heißt es. Neue Kleber nämlich müssten anders verarbeitet werden als Lösemittelkleber. Diejenigen, die den Umgang mit der jungen Klebergeneration beherrschten, hätten durchaus Erfolge.

Dass nicht immer dem Kleber die Verantwortung zugeschoben werden kann, zeigt ein Beispiel aus der Erfahrung des Parkettunternehmers Willi Nürnberger: Gleiches Bauvorhaben, gleicher Estrich, gleicher Kleber - zwei identisch aufgebaute Fertigparkette von Tarkett und Haro. Eines blieb problemlos liegen, das andere entwickelte Hohlstellen. Die Vermutung: "Die äußerlich identischen Fertigparkette reagierten unterschiedlich auf den Kleber. Ein Verhalten, das nicht absehbar war."

Das gewichtigste Argument, rechtzeitig auf lösemittelfreie Kleber umzusteigen, sind künftige gesetzliche Bestimmungen. "Hier kommt etwas auf euch zu", warnt Dr. Roland Krieger von Uzin die Parkettleger. Dabei geht es nicht einmal um den Endverbraucher. "Uns ist kein Fall bekannt, wo später in der Raumluft Stoffe gefunden wurden, die Grenzwerte überstiegen", sagt Dr. Krieger.

Ganz anders sieht es während der Verarbeitung aus. Dort ist der Parkettleger persönlich den süchtig machenden Dämpfen ausgesetzt. Die Prognose: Nicht mehr lange und der Arbeitsschutz wird sich zu Wort melden. Udo Windhövel: "Dann werden alle auf die Parkettleger schießen." Und das kann auch dem Endverbraucher nicht verborgen bleiben. Thomas Brokamp: "Die neuen Häuser sind heute stark abgedichtet. Dadurch wird die Lösemittelbelastung dauerhafter."

Um dem Ruf einer Branche - die mit dem Naturprodukt Holz wirbt - nicht zu schaden, liege es im ureigenen Interesse der Parkettleger, ökologisch und gesundheitlich verträgliche Materialien zu verarbeiten. Aber auch Wettbewerbsgleichheit müsse gewahrt bleiben. Bundesinnungsmeister Joachim Barth hat in dieser Sache einen einfachen Vorschlag für die Klebstoffindustrie: "Meckert nicht mit uns rum, verbietet Lösemittelkleber gesetzlich und nehmt sie vom Markt."
aus Parkett Magazin 05/02 (Bodenbeläge)