Auf wen kann sich der Bauherr verlassen?

Haftung im Beratungsfall: Baustoffhersteller contra Architekt


In der täglichen Baupraxis stellt sich häufig die Frage, ob Baustoffhersteller bei einer Beratung auch einer Haftung unterliegen. In der Regel handelt es sich um Außendienstmitarbeiter oder Anwendungstechniker, die Aufbauempfehlungen und Sanierungsvorschläge erarbeiten. Es ist fraglich, ob diese Tätigkeiten nicht besser durch einen vom Bauherrn beauftragten Architekten oder Fachingenieur erbracht werden sollten. Das OLG Stuttgart hatte kürzlich folgenden Fall zu entscheiden:

Eine Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) wird vertreten durch einen sachkundigen Verwalter, der von Beruf Bauingenieur ist. Die WEG hat beschlossen, die gesamte Tiefgarage mit einer schützenden Beschichtung zu versehen. Aus diesem Grund fragt der Verwalter bei einem Beschichtungshersteller an, welches Material er zur Beschichtung verwenden solle. Der Außendienst des Beschichtungsherstellers fragt den sachkundigen Bauingenieur bei einem Ortstermin, ob die Gefahr der rückseitigen Durchfeuchtung gegeben sei. Der bauseits gestellte Bauingenieur verneint eine solche Gefahr. Daraufhin fertigt der Beschichtungshersteller ein Leistungsverzeichnis und lässt dieses der WEG über den dortigen Verwalter zukommen. Die Gemeinschaft schreibt die Arbeiten mit den Produkten des Baustoffherstellers aus, nach der Bauausführung zeigen sich Jahr später Beulen- und Blasenbildungen in der Beschichtung. Dies ist technisch auf die rückseitige Durchfeuchtung der Betonbodenplatte zurückzuführen. Fraglich ist, ob der Baustoffhersteller für den eingetretenen Schaden haftet.
Zunächst einmal stellt das OLG klar und deutlich heraus, dass man unterscheiden muss zwischen reinen Produktanpreisungen oder aber einem zwischen Eigentümerin und Hersteller zustande gekommenen Beratungsvertrag. Die Beratung im Hinblick auf das Material sowie Erstellung des Leistungsverzeichnisses erfolgte insoweit nicht aus reiner Gefälligkeit, da es sich um Leistungen handelt, die für die Eigentümerin erkennbar von großer Bedeutung waren. Darüber hinaus hatte der Hersteller ein wirtschaftliches Interesse an der Empfehlung und Verwendung seiner Produkte. Erst recht geht die Erstellung des Leistungsverzeichnisses über eine standardisierte Beratung eines Verkäufers weit hinaus. Demgemäß wird das Zustandekommen eines selbständigen Beratungsvertrages vom OLG bejaht.

Fraglich ist aber, ob eine Pflichtverletzung des Beschichtungsherstellers gegeben ist. Eine derartige Pflichtverletzung wird von dem Gericht verneint, da der Mitarbeiter des Beschichtungsherstellers den sachkundigen Bauingenieur gefragt hat, ob mit einer Durchfeuchtung der rückseitigen Beschichtung zu rechnen sei. Dies hatte der sachkundige Vertreter der WEG verneint, so dass der Beschichtungshersteller all seinen vertraglichen Klärungspflichten nachgekommen ist. Aufgrund der baufachkundigen Auskunft des Vertreter der WEG verneint das OLG eine schuldhafte Vertragsverletzung durch den Außendienstmitarbeiter.

Hätte die WEG einen Architekten und/oder Fachingenieur eingeschaltet, so wäre direkt ein Werkvertrag zustande gekommen. Im Rahmen dieses Werkvertrages schuldet der Architekt/Fachingenieur ohne Verschulden den ordnungsgemäßen Erfolg seiner Werkleistungen. Ein Architekt und/oder Fachingenieur hätte sich also auch auf die sachkundige Auskunft des Vertreters der WEG nicht verlassen können, er hätte eigene Überprüfungen an der Betonbodenplatte durchführen müssen. Zur Herbeiführung dieses Erfolges, also Vermeidung der Blasenbildung, hätte ein weiterer Arbeitsgang ausgereicht - nämlich die Aufbringung einer absperrenden Grundierung.

Zusammenfassend bleibt also festzuhalten, dass die (kostenpflichtige) Einschaltung eines Architekten und/oder Fachingenieurs sicherlich für jeden Bauherrn der sicherste Weg zur Haftungsbegrenzung ist. Dennoch kann sich auch die Einschaltung des Baustoffherstellers lohnen, da auch hier eine Haftung in Betracht kommt.
aus FussbodenTechnik 02/11 (Recht)