Die Existenzgründung in Handwerksberufen soll erleichtert werden

Das Ende des Meisterbriefes?


Die Existenzgründung in Handwerksberufen soll erleichtert werden. Das ist erklärtes Ziel der Bundesregierung im Kampf gegen die Jobflaute. Arbeitslose - so hat es die Hartz-Kommission mit ihren Ich-AG's vorgeschlagen - brauchen keine Meisterprüfung mehr abzulegen, wenn sie sich selbständig machen wollen.

Einigen - wie dem Bundesverband der unabhängigen Handwerker (BUH) - geht das nicht weit genug. Sie fordern eine völlige Abschaffung des Meisterzwanges. Andere - wie der Zentralverband des Deutschen Handwerks - befürchten durch eine Aushöhlung des Meisterbriefes" den Verzicht auf jegliche Ausbildungs- und Qualifikationsanreize" (ZDH- Präsident Dieter Philipp).

Ausnahmeregelungen gab es schon immer. Sie sind in der Handwerksordnung § 8 aufgeführt und wurden in den sogenannten Leipziger Beschlüssen aus dem Jahr 2000 präzisiert. Höheres Alter ist ein Grund, von der Meisterprüfung abzusehen und auch Arbeitslosigkeit ist hier bedingt schon aufgeführt. Junge Gesellen, die nach Ausscheiden des Meisters einen Betrieb übernehmen wollen, erhalten auch eine Ausnahmebewilligung, müssen den Meisterkurs bislang allerdings nachholen.

Schlupflöcher auf dem Weg in die Selbständigkeit sind zudem die Reisegewerbekarte, die Anmeldung einer Hausmeistertätigkeit und nachgewiesene Belastung durch reiche Kinderschar oder kranke Angehörige.

Bundesinnungsmeister Joachim Barth, Zentralverband Parkett und Fußbodentechnik, erläutert seinen Standpunkt zu dem sensiblen Thema:

1. Aus Sicht des Parkettlegerhandwerks

"Die Handwerksordnung (HWO) unterscheidet zwischen der Anlage A (darin sind alle Vollhandwerke enthalten, z.B. das der Parkettleger)) und der Anlage B (darin sind alle handwerksähnlichen Gewerbe enthalten, z.B. das der Bodenleger).

Im Zuge der letzten Novellierung der HWO wurde der Klammerzusatz bei den Bodenlegern gestrichen, wodurch sich juristisch die Berechtigung zur Verlegung von Fertigparkett durch die Bodenleger ableiten ließ. Durch die einseitige Verwandtschaftserklärung zum Tischlerhandwerk und den Klammerwegfall bei den Bodenlegern wurde rund 59.000 Betrieben (ca. 44.000 Tischlerbetrieben und ca. 15.000 Bodenlegern) die Berechtigung zur Verlegung von Fertigparkett ermöglicht - für die Tischler sogar die Ausübung des Parkettlegerhandwerks in vollem Umfang.

Vor diesem Hintergrund kann der geplante Wegfall der gesetzlich vorgeschriebenen Ablegung der Meisterprüfung als Hauptvoraussetzung für die Eintragung in die Handwerksrolle A die Parkettleger kaum noch schrecken."

2. Aus Sicht des Gesamthandwerks

"Der Gesetzgeber möchte mit seinem Vorhaben den Forderungen aus europäischen Nachbarländern zuvorkommen. Schon jetzt hat jeder Antragsteller aus dem EU-Ausland juristisch Erfolg, wenn er von einer Handwerkskammer mit Hinweis auf den fehlenden Meistertitel nicht eingetragen werden sollte und deswegen vor dem Verwaltungsgericht klagt.

Billigkonkurrenz haben wir seit eh und je - verstärkt seit dem hohen Marktanteil von Parkett. Sie ist im Zusammenhang mit dem Wegfall des Meistertitels als gesetzliche Voraussetzung für die Eintragung in der Handwerksrolle kein Thema. Mangelnde Fähigkeiten und sinkende Qualität der Arbeit sind Folgen, mit denen zu rechnen ist - ebenso eine Aufweichung der Ausbildungsregularien. Hier zieht das Eine das Andere zwangsläufig nach sich.

Für die Handwerksverbände sehe ich keine negativen Folgen. Bereits heute können alle interessierten Quereinsteiger Innungsmitglied werden und viele sind es auch. Der Wegfall des Meisterbriefes als gesetzliche Voraussetzung für die Eintragung in die Handwerksrolle kann sogar eine riesige Chance für das Handwerk sein, wenngleich ich verstehe, dass speziell Handwerkskammern möglicherweise um ihre Existenz fürchten.

Bleibt nach Gesetzesänderungen der Erwerb des Meistertitels auf freiwilliger Basis bestehen und wird er entsprechend geschützt, bietet er eine klare Abgrenzung und Qualitätssicherung zu jenen, die sich dem Erwerb fundierten Wissens und Könnens und der abschließenden Meisterprüfung entziehen. Dazu allerdings müssen Meisterkurse noch besser und weiter ausgebaut werden. Wer sich im Handwerk ohne den Meistertitel selbständig machen möchte, schadet sich dann selbst. Ihm fehlt das entscheidende Rüstzeug für eine erfolgreiche Zukunft. Diese Erkenntnis sollte sich durchsetzen."
aus Parkett Magazin 06/02 (Handwerk)