Helmut Becker: Schadensfall aus der Praxis

Falsche Feuchtemessungen führten zu Parkettschäden

"Aus Fehlern anderer lernen" klingt so einfach. Doch wer redet schon gerne über Fehler. Der Sachverständige Helmut Becker zeigt an einem Schadensfall, welche Folgen fehlerhafte Messungen der Unterbodenfeuchte auch für die Arbeit des Parkettlegers haben können. Der Schaden, den der Sachverständige zu begutachten hatte, ereignete sich in einem viergeschossigen Mehrfamilienhaus. Dort waren auf einem schwimmenden Zementestrich zweischichtige Parkettstäbe in den Abmessungen 490 mm x 70 mm (4 mm dicke Doussie-Deckschicht, 6 mm dicker Träger aus Nadelholz) verlegt worden.

Vorgeschichte

Laut Protokoll hatte der Parkettleger je Etage in einer Wohnung den fünf bis sechs Wochen alten Estrich auf Restfeuchte geprüft. Gemäß CM-Messung lagen die Restfeuchten unter 2,0 CM-%, so dass der Estrich als ausreichend trocken galt. Der feste und ebene Untergrund wurde mit einer Kunstharzdispersion grundiert. Die werksseitig endbehandelten Parkettstäbe sind anschließend mit einem Parkettklebstoff (Kunstharzdispersion) vollflächig geklebt worden.

Bereits zwei Tage nach der Verlegung wurden geringe Kantenerhöhungen bzw. so genannte Stippungen im Bereich der Kopfstöße der Parkettstäbe festgestellt. Der Parkettleger meinte dazu, dass sich die Auffälligkeiten innerhalb von acht bis 14 Tagen von selbst erledigt hätten.

Nach zwei Wochen waren die Kantenerhöhungen nicht zurückgegangen. Der Parkettleger beauftragte daraufhin einen vor Ort ansässigen Sachverständigen mit einer gutachterlichen Überprüfung. Bei der umgehend vorgenommene Feuchtemessung innerhalb der Deckschicht zeigte die "Gann-Hydromette" Holzfeuchtegehalte zwischen 10 und 12%. Nach dem Herausstemmen von zwei Parkettstäben in diesem Teilflächenbereich wurden innerhalb der Nadelholzträger Holzfeuchten von 14 bis 15% ermittelt.

Daraufhin wurde in dem Bereich der Estrich aufgenommen und festgestellt, dass auf der Betondecke eine Polyethylenfolie fehlte: Daraus schloss der Gutachter, dass als Ursache der Auffeuchtung des Parketts das Fehlen einer Feuchtesperre anzusehen ist.

Da sich das Architekturbüro mit dieser Aussage nicht einverstanden erklärte, wurde als weiterer Sachverständiger Helmut Becker mit einer erneuten gutachterlichen Prüfung beauftragt.

Feststellungen und Prüfungen vor Ort

Etwa zwei Wochen nach der Verlegung konnte der Sachverständige in sämtlich Wohnzimmern des Mehrfamilienhauses deutliche Kantenstippungen im Bereich der Kopfstöße in Höhen bis teilweise 1,5 mm feststellen, teilweise aber auch im Bereich der Längsstöße.

"Abklopfversuche" im Bereich der hoch stehenden Kanten wiesen auf erste Ablösungen des Parketts vom Untergrund hin, teilweise auch auf Ablösungen oder Anlösungen der Deckschicht im Bereich der hoch stehenden Kanten. Im Anschluss wurden mehrfach, repräsentativ im Gebäude verteilt, Holzfeuchteprüfungen mit elektronischen Messgeräten durchgeführt. Ermittelt wurden erhöhte Holzfeuchtegehalte zwischen 11,5% und 14,5% bei relativer Luftfeuchte von 37 bis 45%. In drei Wohnzimmern wurden zudem jeweils ein bis zwei Parkettstäbe aufgenommen. Unmittelbar nach dem Aufnehmen an der Unterseite der Stäbe vorgenommene Holzfeuchtemessungen ergaben Werte zwischen 14 und 17%. Außerdem wurden an diesen Stellen Proben aus dem oberen und unteren Teil des Estrichs und den Normvorgaben entsprechend aus den unteren zwei Dritteln des Estrichs und zusätzlich eine Probe aus der oberen Betonzone (ca. 30 bis 40 mm tief) entnommen.

Bei der Probenentnahme wurde festgestellt, dass der 50 bis 60 mm dicke Estrich auf Hartschaum, abgedeckt mit einer Polyethylenfolie, eingebaut worden war. Die Hartschaumdämmung selbst war unmittelbar auf der Betondecke verlegt, und zwar ohne Feuchtesperre gegen aufsteigende/nachstoßende Feuchte aus den Betonkonstruktionen.

Ursache der Parkettschäden

In seinem Gutachten hat der Sachverständige zunächst darauf hingewiesen, dass gemäß dem Stand der Technik bei "jungen" Betondecken Vorkehrungen gegen das Nachstoßen/Aufsteigen von Feuchte zu treffen sind. Solche nachstoßende/aufsteigende Feuchte "schießt" jedoch nicht kurzfristig nach Verlegung in den oberhalb der Betondecke liegenden Fußbodenaufbau, sondern braucht dazu eine bestimmte Zeit. Daher führt nachstoßende/aufsteigende Feuchtigkeit aus der Betonkonstruktion üblicherweise erst nach der ersten Heizperiode zu Schäden. Damit scheidet die fehlende PE-Folie als Ursache der eindeutig feuchtigkeitsbedingten Formveränderungen aus. Die Formveränderungen sind somit ausschließlich auf die hohe Restfeuchtigkeit des Zementestrichs zurückzuführen, der zum Zeitpunkt der Parkettverlegung nicht ausreichend trocken und damit nicht belegereif war. Keinen Zusammenhang sah der Sachverständige mit der zwangsläufig erfolgten kurzfristigen Anfeuchtung des Parketts durch den Dispersionsklebstoff. Diesen Parkettschaden hat der Auftragnehmer für Parkettarbeiten somit alleine zu vertreten, da er seinen Prüfungspflichten nach DIN 18356 "Parkettarbeiten", Prüfung der Feuchte des Untergrundes, nicht sach- und fachgerecht nachgekommen ist. Entsprechend den Vorgaben der DIN 18356 "Parkettarbeiten" sowie der dem Stand der Technik entsprechenden "Arbeitsanweisung für CM-Feuchtigkeitsmessungen" ist bei der Verlegung von Parkett "die Durchschnittsprobe des Estrichs aus dem unteren bis mittleren Bereich" zu entnehmen. In diesem Schadensfall hatte der Parkettleger im oberen Drittel gemessen und zudem nur an einer einzigen Stelle im Gebäude.


Der Sachverständige
Helmut Becker ist öbv. Sachverständiger für das Estrich- und Parkettlegerhandwerk sowie für das Bodenlegergewerbe.

IFF-Fußboden-Gutachter
Helmut Becker
Professor-Lübeck-Straße 8
36077 Hünfeld
Tel.: 06652/2309
Fax: 06652/748778
www.gutachter-becker.de
aus Parkett Magazin 04/05 (Handwerk)