Gutachter Wilhelm Baumann berichtet über einen Schadensfall in einem Münchener Wohnhaus

"Schwimmendes Parkett auf Fußbodenheizung ist kritisch"

In einem Gutachter-Fall hatte es der Sachverständige Wilhelm Baumann mit einem luxuriösen Wohnhaus in München zu tun. Dessen Bewohnerin klagte trotz Fußbodenheizung über mangelnde Raumwärme. Schon beim Bau des Hauses hatte sie den Planer darauf aufmerksam gemacht, dass sie eine Temperatur über 19 C bevorzuge, die sich seitdem kaum einstellen ließ. Hintergrund des Bauvorhabens: Anders als zunächst geplant, war der Parkettboden trotz Fußbodenheizung nicht verklebt worden. Stattdessen hatten sich die Verantwortlichen bei einer späteren Renovierung für die schwimmende Verlegung eines dreischichtigen Schiffsboden Esche weiß mit einer Gesamtdicke von 13 mm entschieden.

Der ausführende Handwerker, ein Schreiner, hatte den Untergrund nicht gespachtelt, die Ebenheit des Estrichs nicht geprüft und das Esche-Mehrschicht-Parkett auf eine Korkunterlage gelegt. Beim ersten Ortstermin - es herrschten 5 C Außentemperatur - ermittelte der Gutachter eine Oberflächentemperatur am Holz zwischen 27-32 C. Die Fugenbildung war gering, aufgrund der hellen Holzfärbung war aber jedes Fußbodenelement trotz der schmalen Fugen sichtbar.

Ein zweiter Ortstermin fand bei Außentemperaturen von -7 C statt. Bei einer erhöhten Thermostateinstellung der Fußbodenheizung hatten sich die Fugen vergrößert. Nun traten selbst die drei Stäbe auf jedem Fußbodenelement deutlich in Erscheinung. Es war zu konkaven Verformungen gekommen und "über längs" geschnittene Gehrungen der Sockelleisten waren aufgegangen. Die Raumluftfeuchte betrug etwa 35%. Bisher war der Boden zur Reinigung nur gesaugt worden. Würde er aber nebelfeucht gewischt, erkannte der Sachverständige, könnte vergrautes Wasser in die Fugen eindringen und sie noch stärker verdunkeln. Die Optik des hellen Esche-Bodens würde sich weiter verschlechtern.

Das Hauptproblem für die Bewohnerin - die schwache Leistung der Fußbodenheizung - lag in der Korkunterlage begründet. Die Matte hatte den Wärmedurchgang so blockiert. Sowohl unter als auch über dem 2 mm-Korkbelag waren nämlich zwei Luftschichten entstanden.

Bei je etwa 0,5 mm-Dicke der beiden Luftpolster ergab sich rechnerisch ein Wärmedurchlasswiderstand, der sich mit dem Parkett zusammen auf 0,19 qm Kelvin/Watt addierte. Zulässig ist nur ein Wert von 0,15. Fazit des Gutachters: Wäre das Parkett verklebt worden, hätte der Verleger sich die Korkschicht sparen können. Dann hätte der Wärmedurchlasswiderstand des Bodenaufbaus im zulässigen Bereich gelegen.

Ein hinzugezogener Sachverständiger für Heizung, Klima, Sanitär und Lüftung, Klaus Schuler aus Ingolstadt, sagte: "Bereits der Heizungsbauer muss in der Planungsphase über Gestaltung des Oberbodens, Dicke des Belages und den Wert der Wärmeleitfähigkeit Bescheid wissen. Je größer der Lambda-Wert ist, desto mehr muss der Heizungsbauer für Wärmeleistung in der Fußbodenheizung sorgen." Als Grundregel gilt: Auf eine Fußbodenheizung, die für einen Steinfußboden vorgesehen ist, kann später kein Holzbelag gelegt werden. Die Rohrabstände im Heizestrich sind anders gestaltet und eine bloße Erhöhung der Vorlauftemperatur behebt das Problem nicht. In einem solchen Fall würde - wie in München - die Fußbodentemperatur über die ganze Fläche nicht ausgeglichen sein, sondern um einige Grad variieren.

Ist Fußbodenheizung unter Parkettfußboden überhaupt in der Lage, eine Wohnung ausreichend zu erwärmen? Der Sachverständige Wilhelm Baumann rät seinen Kollegen zur Vorsicht: "Wir dürfen uns nicht auf die Aussagen der Industrie verlassen. Genannte Wärmeleitzahlen stimmen nicht immer. Der Parkettleger sollte seinen Auftraggeber darauf hinweisen, dass nur mit vollflächiger Verklebung der nötige Wert erreicht werden kann."
aus Parkett Magazin 05/05 (Handwerk)