Die CTA informiert

Geruchsbelästigung oder Gesundheitsgefahren aus geölten Böden?

Mittlerweile wird im Handwerk rund ein Sechstel aller Parkettböden geölt. Grund dafür ist neben der immer beliebter werdenden Optik auch der Wunsch des Endverbrauchers nach einem möglichst wenig gesundheitsbelastenden Boden. In diesem Zusammenhang rät die Chemisch-technische Arbeitsgemeinschaft (CTA) zur Vorsicht. Nicht jedes Parkettöl sei unbedenklich für die Bewohner des Hauses. Der Parkettleger sollte daher genau prüfen, welche Produkte er seinem Kunden empfiehlt. Thomas M. Adam, Sprecher der CTA, gibt im folgenden Beitrag Hinweise, worauf bei der Auswahl und dem Einsatz von Fußbodenölen zu achten ist.

In den letzten zehn Jahren haben sich geölte Holzböden Marktanteile gesichert. Diese werden in der handwerklichen Oberflächenbehandlung bei Neu-verlegung bzw. Renovierung, d.h. Abschliff und erneute Oberflächenbehandlung, auf ca. 15% geschätzt. Die geölte Oberfläche wird zumeist aus ökologischen Gründen, aber auch wegen ihrer besonderen Optik gewählt und einer Beschichtung mit Parkettsiegeln vorgezogen.

Da es heute aber lösemittelfreie bzw. nahezu lösemittelfreie Versiegelungen, sogar in öl-ähnlicher Optik gibt, hat sich auch hier das Angebot um eine Alternative erweitert. Über die Vor- u. Nachteile der Öl-Behandlung gegenüber der Versiegelung oder der Kombination beider Verfahren sollte der gut informierte Fachbetrieb umfassend und objektiv Auskunft geben können. Immerhin gibt es heute pflegeleichte Versiegelungen, die auf Wasserbasis mit einem hervorragenden Umweltprofil aufwarten und somit den hier oder dort empfundenen "Zwang" zu einer umweltfreundlichen Ölbehandlung aufheben. Dies gilt insbesondere, da nicht alles, was sich Öl nennt, von vornherein umweltfreundlich oder unbedenklich ist.
Für Versiegelungen und Öle gilt gleichermaßen:

1. Welches Öl wähle ich aus?
2. Was ist dem Verbraucher und Nutzer des Bodens besonders wichtig?
3. Wie ist in der Praxis die zu behandelnde Oberfläche beschaffen?
4. Welchen Einfluss haben die Verarbeitungsmethode und die Baustellenbedingungen?
5. Bietet der Öl-Hersteller Gewähr für seriöse Information und Kennzeichnung?
6. Wie sind Informationen, Gutachten und Messwerte und Grenzwerte zu bewerten?

Wenn diese Fragen geklärt sind, kann eine Entscheidung getroffen werden. Selbstverständlich wird ein erfahrener Fachbetrieb im Parketthandwerk in der Praxis bereits ein bewährtes Öl bereithalten und vorschlagen. Eventuelle Angebots-Alternativen sollten in ihren Eigenschaften durch den Fachbetrieb erprobt und bestens bekannt sein. So wird verhindert, dass falsche oder problematische Produkte zum Einsatz kommen.

Positiv ist es grundsätzlich, einen Hersteller heranzuziehen, der sowohl über Parkettöle als auch Versiegelungen in allen Kategorien verfügt und somit neutral beraten kann. Dies trifft z.B. auf die Mitgliedsunternehmen der CTA (Chemisch-technische Arbeitsgemeinschaft der Parkettsiegelhersteller) zu, die sich zu einer kompetenten und seriösen Informationspolitik verpflichtet haben.

1. Produktauswahl

Die Einteilung von Ölen durch die Bauberufsgenossenschaft erstreckt sich über nicht weniger als zehn Gruppen von Ö10 bis Ö100.

Hierbei gilt: Je niedriger die Eingruppierung, um so geringer die Geruchsbelastung oder Gesundheitsbeeinträchtigung. Da es Produkte auf dem Markt gibt, die nicht präzise gekennzeichnet sind und somit ihre Eingruppierung in dieses einfache System nicht vorliegt, kann die Auswahl eines solchen Produktes bereits der Kardinalfehler sein. Da helfen auch Sonnenblumen-Motive und die Nennung von Naturrohstoffen wie z.B. Citrus-Terpene nicht weiter. Die Kategorie bleibt verschleiert oder unklar, auf Risiko des Verwenders.

Auch Begriffe wie "Bio-Öl" oder ähnliches sind keine Garantie für ein nicht gesundheitsbelastendes Produkt. Es ist ein Trugschluss zu glauben, dass natürliche Bestandteile einer Rezeptur gesund und industriell bearbeitete oder synthetische Komponenten ungesund seien. Vielmehr können gerade Orangen-Terpene oder Citrus-Terpene extrem lange und intensiv die Raumluft belasten und Allergien und andere Beschwerden hervorrufen. Sie stehen heute unter dem Verdacht, krebserregend zu sein, obwohl sie sich auf dem "buntnatürlichen" Etikett als eine Art "Gesundheitsgarantie" empfehlen. Die einfache Regel lautet: Je weniger flüchtige Bestandteile vorhanden sind, um so weniger kommt es zur Belastung der Raumluft. Und dieser Gedanke liegt auch der Giscode-Einteilung zugrunde.

Es sind besonders die modernen Öle vom erfahrenen Parkettsiegelhersteller, die besonders emissionsarm und damit umweltfreundlich sind, obwohl sie eben nicht als radikal "öko-alternativ" daherkommen. Und ein kompetenter Hersteller verwendet für moderne Öle prinzipiell natürliche Bestandteile wie Naturharze, Leinöl, Holzöl, Kopale, Schellack oder Sanderack schon wegen der starken ökologischen Positionierung der Öltechnik. Die wachshaltigen Produkte sind oft auf natürlichen Pflanzenwachsen wie z.B. Carnaubawachs, Jojoba aufgebaut. Lösemittelhaltige Produkte verwenden meist aromatenfreie und milde Testbenzine oder Isoparaffine. Neben der grundsätzlichen Verwendung natürlicher Rohstoffe scheut man sich zu recht nicht, diese Naturbasis der Rezeptur verantwortungsvoll mit einigen synthetischen Additiven oder bearbeiteten Komponenten zu veredeln. Dies führt zu leistungsfähigen und umweltbewussten Produkten, die man guten Gewissens empfehlen kann.

2. Was ist dem Endkunden besonders wichtig?

Diese Frage gilt es im Gespräch mit dem Kunden abzuklären. Möchte er ein pflegeleichtes Produkt mit geringst möglicher Belastung, so kann er ein wasserbasiertes, anfeuerndes und mattes Siegel wählen. Besteht er auf Öl, mag er sich eventuell mit einem wasserbasierten Öl-System anfreunden.

Bevorzugt er jedoch die mager füllenden und wenig beschichtenden, typischen geölten Flächen in traditioneller Optik und ist er mit dem erhöhten Pflegeaufwand einverstanden, so sollte ihm ein möglichst modernes und emissionsarmes Öl empfohlen werden, das dem Stand der heutigen Technik entspricht. Leider gibt es heute immer noch und fälschlicherweise die hartnäckige Meinung, dass nur ein Produkt mit ausschließlich natürlichen Rohstoffen unschädlich sei. Hier sind dann offene Informationen und Überzeugungskraft im Kundengespräch gefragt. Sollte der Kunde aber dennoch auf einem spezifischen Bio-Produkt mit Orangen-Terpenen bestehen, und der Verarbeiter ist bereit, ein solches Produkt überhaupt zu verarbeiten, so ist zu raten, im Hinblick auf die gesundheitlichen Risiken Bedenken schriftlich geltend zu machen oder den Auftrag abzulehnen.

Für Allergiker empfiehlt sich zur Risikominimierung ein Parkettsiegel nach Giscode W1, W2 oder W3, da dieses pflegeleicht und lösemittelfrei/bzw. lösemittelarm ist, ferner nicht die z.B. in manchen Laubhölzern wie Fichte und Kiefer vorhandenen natürlichen Pinene aktiviert. Diese Pinene riechen zwar gut und natürlich, können jedoch zusätzlich die Raumluft belasten.

3. Die Beschaffenheit der geschliffenen Oberfläche

Natürlich ist es von Bedeutung, wie das Fugenbild besonders eines älteren Holzbodens aussieht. Sind die Fugen breit und aufnahmefähig, so wird unter Umständen ein Vielfaches des ursprünglich vorgesehenen Materials in den Boden und den Raum eingebracht. Wenn das Material dann höhere Lösemittelanteile und problematischere Stoffe beinhaltet, erhöht sich das Problempotenzial drastisch. Zudem können "versickerte" Lösemittel in den Untergrund penetrieren und zu einer recht nachhaltigen Geruchsbelästigung führen. Dies ist durch ausreichende Fugenabdichtung und durch die Verwendung fast lösemittelfreier Öle vermeidbar.

4. Verarbeitung und Baustellenbedingungen

Hier gilt es die Verarbeitungsanleitungen der Hersteller sorgfältig zu beachten. Ein zu spachtelndes Produkt darf z.B. nicht gerollt werden. Auch auf die ausreichende Zwischentrocknung und die gute Lüftung der Räume ist zu achten. Die zumeist oxidativ, d.h. mit Luftsauerstoff trocknenden Öle bedürfen einer guten Lüftung und Versorgung mit Sauerstoff. Bevor die nächste Schicht aufgetragen wird, muss die vorhergehende trocken sein.

Leider hat man es in der Praxis auch immer wieder mit Gerüchen und Raumluftbestandteilen zu tun, die nachweislich nicht aus der Parkettbeschichtung stammen und gleichwohl dem Parkettverleger angelastet werden. Andere Immissionsquellen, wie verwendete Baustoffe aller Art, Tapeten, Farben, Fensterkunststoffe und Materialien aus der Unterkonstruktion können hierfür verantwortlich sein. Ob es sich beim jeweiligen Geruch um eine dauerhafte Erscheinung handelt und ob der Geruchsmix gar gesundheitliche Risiken birgt, ist hierbei längst nicht sicher, aber im Einzelfall auch nicht auszuschließen.

5. Herstellerinformation und Kennzeichnung

Keineswegs selbstverständlich ist eine aussagekräftige Information über Produkte und Systeme. Ein seriöser Hersteller wird aber hierfür in ausreichender Weise sorgen und eine Einstufung in den Giscode vornehmen und diese auf dem Etikett und in den Merkblättern aufführen. Für kritische Verbraucher halten einige Hersteller auch Prüfzeugnisse neutraler Prüfinstitute bereit, die das angebotene Öl nach bestimmten Prüfkriterien prüfen und bewerten. Im Zweifel sollte man sich direkt an den Hersteller wenden und um nähere Klärung anstehender Fragen bitten.

6. Informationen, Gutachten, Messungen und Grenzwerte

Zu guter Letzt sollte immer auch die Relativität vieler Aussagen und Informationen im Hinterkopf behalten werden. Wie oben gezeigt ist die pure Natürlichkeit eines Rohstoffes keine Gesundheitsgarantie, sondern es gibt naturbelassene Stoffe, die vor allem in höheren Konzen-trationen über längere Zeiträume schädlich sein können (Beispiel: Orangen -u. Citrus-Terpene).

Besondere Vorsicht ist dort angebracht, wo zu horrenden Preisen "technische Naturprodukte" angeboten werden und dessen natürliche Bestandteile offensiv als besonders unbedenklich herausgestellt werden. Zusätzlich sollte man sich auch über die Mitwirkung und den Anteil der Natur in Form des verwendeten Holzes im Klaren sein. Denn dieses gibt alleine durch den Schleifvorgang und bei bestimmten Laubhölzern bereits Bestandteile an die Luft ab, die bei der Genauigkeit der heutigen Mess- und Analysetechnik zu auffälligen Werten führen. Diese Pinene, delta-3-Carene und auch natürliche Aldehyde sind zwar in der Regel für jeden verträglich, beängstigen aber allein schon durch ihre Namen den Laien.

Abgesehen von Allergien, die bekanntermaßen durch alle Stoffe - ob natürlich oder synthetisch - ausgelöst werden können, macht es auch keinen Sinn, auf kleinste Mengen von Stoffen in der Raumluft ablehnend oder ängstlich zu reagieren. Hier sorgen die zuständigen staatlichen Instanzen mit der Festlegung von Grenzwerten bereits seit Jahrzehnten für eine entsprechende Bewertung von Schadstoffen zum Schutz des Verbrauchers.

Gleichzeitig muss eine verantwortungsvolle Produktkonzeption bereits im Ansatz so angelegt sein, Problemstoffe wie Lösemittel u.ä. zu vermeiden bzw. auf ein Minimum zu reduzieren.

Beispiel: Terpene in der Raumluft

Nach heutigem Stand der Technik ist der Einsatz dieses problematischen Stoffes weder sinnvoll noch erforderlich. Die Entscheider sollten auf Terpen freie Produkte bestehen.

Beispiel: Aldehyde in der Raumluft

Viele Öle enthalten ungesättigte Fettsäuren. Bei der oxidativen Trocknung solcher Öle können sich als Resultat einer Nebenreaktion (Fettsäurespaltung) niedrigkettige Aldehyde bilden, deren Geruch bereits in kleineren Konzentrationen deutlich wahrnehmbar ist. Die Fettsäurespaltung tritt in erster Linie bei Sauerstoffmangel auf und kann durch ausreichende Sauerstoffzufuhr (gute Lüftung) weitgehend unterdrückt werden.

Die sog. LCI-Werte (Lowest Concentration of Interest), unterhalb derer auch bei Dauerbelastung mit keinen gesundheitlichen Beschwerden gerechnet werden muss (ausgenommen man hätte eine Allergie gegen diese Stoffgruppe), liegen für diese Aldehyde bei 640g/cbm. Diese Werte werden bei sachgemäßer Anwendung von Fußbodenölen bei weitem nicht erreicht. Somit muss gemäß der Definition des Grenzwertes mit einer gesundheitlichen Gefährdung nach heutigem Kenntnisstand trotz Geruchswahrnehmung nicht gerechnet werden.

Fazit:

Bei Beachtung einfacher Regeln, wie hier dargestellt, ist es möglich, geölte Oberflächen mit einem minimalen Risiko an Geruchsbelästigung auszuführen. Was darüber hinaus die gesundheitlichen Risiken betrifft, bietet die strikte Auswahl lösemittelfreier Öle ein Höchstmaß an Sicherheit. Hierbei sollte man sich schlicht an der einfachen Giscode-Einteilung der Öle orientieren und Produkte ohne Giscode-Einordnung mangels Klarheit vermeiden.

Zudem sollte sich der Parkettleger bei besonders empfindlichen Menschen oder Allergikern auch nicht scheuen, statt Parkettöl vorzugsweise ein wasserbasiertes, lösemittelfreies Parkettsiegel in einer dem Öl angenäherten Optik zu empfehlen. Ob man dies als weitere Öl-Alternative oder als Ausnahme zur Regel verstehen mag, ist nicht so entscheidend. Wichtig ist die Zufriedenheit der Kunden und die adäquate Oberflächenbehandlung des schönen und wertvollen Bodenbelags Parkett.
aus Parkett Magazin 06/05 (Handwerk)