Zementverbundestriche und kunstharzmodifizierte ZVE in Tiefgaragen

Die "Schwerarbeiter" unter den Estrichen

Zementverbundestriche, kunstharzmodifizierte Zementverbundestriche und Hartstoffestriche werden in vielen Fällen als Nutzestriche im Bereich von Tiefgaragen eingesetzt. Für den Estrich-Fachbetrieb bietet sich hier ein interessantes zusätzliches Betätigungfeld. Aber Vorsicht: Verbundestriche in Tiefgaragen sind ganz besonderen Belastungen ausgesetzt. Berücksichtigt man diese nicht, ist ein Schadensfall vorprogrammiert.

Welche Anforderungen muss ein Estrich erfüllen, der in einer Tiefgarage Belastungen durch Kraftfahrzeuge augesetzt ist? Welche Ausgangstoffe sind erforderlich und was muss man beim Einbau beachten? Was muss man zur Nachbehandlung zur Begehbarkeit und mechanischen Belastbarkeit sowie zur möglichen Oberflächenbearbeitung und Oberflächengestaltung der Estriche wissen?

Mechanische und chemische Beanspruchung

Böden in Tiefgaragen werden durch parkende, rollende und bremsende Autos mechanisch beansprucht. Daneben werden die Fußböden durch von den Autos abtropfendes Wasser und Tausalze sowie durch Öle und Treibstoffe belastet. Beanspruchungen durch Frosteinwirkung sowie Frost-Tausalzbeanspruchungen treten in der Regel in Tiefgaragen, die allseitig nach außen geschützt sind, nicht auf.

Um diesen Beanspruchungen gerecht zu werden, können in Tiefgaragen Zementverbundestriche, kunstharzmodifizierte Zementverbundestriche und Hartstoffestriche auf den vorhandenen Betonuntergrund verlegt werden.

Der Vorteil von Zementverbundestrichen und kunstharzmodifizierten Zementverbundestrichen liegt in der möglichen fugenlosen Verlegung auf einem entsprechend ausgeführten Betonuntergrund. Oberflächenfertig hergestellte Betonböden erfordern hingegen in der Regel eine entsprechende Fugenanordnung und Fugenausbildung. Zementverbundestriche oder kunstharzmodifizierte Zementverbundestriche können allerdings erst zu einem Zeitpunkt verlegt werden, wenn mit keinem oder nur noch geringem Baustellenverkehr zu rechnen ist. Mögliche Schäden durch den Baustellenverkehr sollen so weitestgehend vermieden werden.

Anforderungen an Estriche in Tiefgaragen

Die Anforderungen an Zementverbundestriche, kunstharzmodifizierte Zementverbundestriche und Hartstoffestriche sind geregelt in:

- DIN EN 13813 - Estrichmörtel, Estrichmassen und Estriche; Eigenschaften und Anforderungen
- DIN 18560-1 - Estriche im Bauwesen - Teil 1: Begriffe, Anforderungen, Prüfung und Ausführung
- DIN 18560 Teil 3 - Estriche im Bauwesen; Verbundestriche
- DIN 18560 Teil 7 - Estriche im Bauwesen; Hochbeanspruchte Estriche (Industrieestriche)

Die genannten Normen enthalten allerdings keine speziellen Hinweise bezüglich der Ausführung dieser Estriche im Bereich von Tiefgaragen.

Um den in Tiefgaragen zu erwartenden Beanspruchungen gerecht zu werden, sollten Zementverbundestriche und kunstharzmodifizierte Zementverbundestriche mindestens in der Festigkeitsklasse ZE 40 ausgeführt werden. Bei Zementverbundestrichen empfiehlt sich darüber hinaus das zusätzliche Aufbringen einer Hartkorn- bzw. Hartstoffeinstreuung, um den Widerstand gegen Verschleißbeanspruchungen zu verbessern. Hartstoffestriche werden mit speziellen Hartstoffen hergestellt und weisen daher einen hohen Verschleißwiderstand auf. Bei kunstharzmodifizierten Zementverbundestrichen ist in der Regel bei der Festigkeitsklasse ZE 40 bereits ein relativ hoher Verschleißwiderstand durch den Kunstharzzusatz gegeben.

Die an die Estriche zu stellenden Festigkeitsanforderungen sind vor dem Einbau der Estriche durch Eignungsprüfungen nachzuweisen. Nach DIN EN 13813 ist ein entsprechender Konformitätsnachweis erforderlich.

Die Estriche müssen eine ausreichende Rutschsicherheit gewährleisten. In BGR 181 - Merkblatt für Fußböden in Arbeitsräumen und Arbeitsbereichen mit Rutschgefahr - ist dies geregelt: Für Fußböden in Garagen (Hoch- und Tiefgaragen) wird als Richtwert die Bewertungsgruppe der Rutschgefahr R 10, bei Witterungseinfluss oder im Freien R 10 bzw. R 11 genannt (vgl. dazu FussbodenTechnik, Ausgabe 5/2003).

Zementmörtel können im Hinblick auf das Brandverhalten in Zukunft nur dann der Klasse A1 (neue Bezeichnung A1fl) zugeordnet werden, wenn der Massenanteil an organischen Bestandteilen höchstens 1 % beträgt. Für kunstharzmodifizierte Zementestriche kann in Zukunft je nach Höhe des Kunstharzzusatzes ein Nachweis des Brandverhaltens erforderlich sein.

Ausgangsstoffe der Estriche

Für die Herstellung des Estrichs wird Zement nach DIN EN 197-1 (Zement - Teil 1: Zusammensetzung, Anforderungen und Konformitätskriterien von Normalzement) eingesetzt. Die Auswahl richtet sich nach den zu erwartenden Beanspruchungen, so dass nicht alle Zemente für die Verlegung eines Estrichs in einer Tiefgarage geeignet sind.

Zementverbundestriche und kunstharzmodifizierte Zementverbundestriche werden mit Zuschlägen nach DIN 4226-1 (Gesteinskörnungen für Beton und Mörtel - Teil 1: Normale und schwere Gesteinskörnungen) gemischt. Die Größe des Korns richtet sich nach der Dicke des Estrichs. Bei Estrichdicken bis ca. 20 mm werden in der Regel Zuschläge mit 4 mm bzw. 5 mm (Splitt), bei größeren Estrichdicken mit 8 mm "Größtkorn" eingesetzt. Für Hartstoffestriche sind Hartstoffe nach DIN 1100 (Hartstoffe für zementgebundene Hartstoffestriche) zu verwenden.

Bei Zementverbundestrichen werden üblicherweise Zusatzmittel mit verflüssigender Wirkung eingesetzt, die zum Teil auch die Festigkeitseigenschaften des Estrichs verbessern. Bei Hartstoffestrichen werden in der Regel keine Zusatzmittel verwendet. Kunstharzmodifizierte Zementverbundestriche werden unter Zugabe geeigneter Kunstharzdispersionen gemischt. Bei diesen Kunstharzdispersionen handelt es sich um wässrige Systeme mit einem Feststoffgehalt von etwa 50 Masse-%. Die Zugabemenge liegt in der Regel zwischen etwa 5 % bis 15% bzw. 20 %, bezogen auf das Zementgewicht.

Durch die Zugabe von Kunstharzdispersionen werden in der Regel die Verarbeitbarkeit, die Haftung am Untergrund, die Zugfestigkeit, die Verformbarkeit, das Wasserrückhaltevermögen und die Dichtigkeit des Estrichs verbessert.

Anforderungen an den Untergrund

Der Untergrund für die Verlegung der Estriche muss den statischen und konstruktiven Anforderungen entsprechen und mindestens aus Beton der Festigkeitsklasse B 25 (C 20/25 nach DIN EN 206-1 Beton Teil 1: Festlegung, Eigenschaften, Herstellung und Konformität) hergestellt werden. Dieser Beton ist für Zementverbundestriche der Festigkeitsklasse ZE 40 in der Regel ausreichend. Bei höheren Festigkeitsklassen des Zementestrichs sollte Beton der Festigkeitsklasse B 35 (C 30/37 nach DIN EN 206-1) verwendet werden. Der Beton sollte nach Möglichkeit ohne Dichtungsmittel hergestellt werden. Nachbehandlungsmittel sollten nach Möglichkeit nicht auf den Beton aufgebracht werden bzw. müssen gegebenenfalls entfernt werden.

Die Betonoberfläche muss eine raue und griffige Struktur aufweisen, möglichst frei von Rissen und losen Bestandteilen und Verschmutzungen sein. Ist dies nicht der Fall, muss die Betonoberfläche vorbehandelt werden. Dies wird der Regelfall sein, da jeder Beton eine Zementhaut oder Anreicherungen von Feinstteilen aufweist. Zum Entfernen von Zementstein und Feinmörtel wird die Betonoberfläche üblicherweise im Blastrac-Verfahren kugelgestrahlt. Gegebenenfalls ist auch Fräsen erforderlich. Nach dem Fräsen kann zusätzlich eine Behandlung mit Kugelstahlen oder Hochdruckwasserstahlen erforderlich sein. Staubschichten sind durch Absaugen mit einem Industriestaubsauger zu entfernen. Die Oberflächenzugfestigkeit des Betons sollte nach entsprechender Vorbehandlung der Betonoberfläche im Mittel mindestens 1,5 N/mm2 betragen. Diesen Wert nennt das Hinweisblatt "Haftzugfestigkeit von Fußböden; Allgemeines, Prüfung, Einflüsse" vom Bundesverband Estrich und Belag.

Ein gegebenenfalls erforderliches Gefälle muss bereits im Betonuntergrund hergestellt werden. Die Ebenheit des Beton muss DIN 18202 (Toleranzen im Hochbau; Bauwerke), Tabelle 3, Zeile 2, entsprechen.

Soweit möglich, sollte der Betonuntergrund fugenlos hergestellt werden. Wenn Fugen erforderlich sein sollten, müssen sie gerade, fluchtend und vollkantig sein. Vollkantig heisst, daß die Fugenkanten nicht ausgebrochen sein sollen.

Die zum Schutz gegen Tausalze erforderliche Betonüberdeckung der Bewehrung muss im Betonuntergrund eingeplant und ausgeführt werden. Die Estriche können diese Schutzfunktion nicht übernehmen.

Einbau und Nachbehandlung der Estriche

Vor dem Einbau des Estrichs ist der vorbehandelte Betonuntergrund in der Regel vorzunässen. Bei kunstharzmodifizierten Zementverbundestrichen sind gegebenenfalls anderslautende Vorgaben des Produktherstellers zu beachten. Unmittelbar vor dem Estricheinbau wird eine auf den Estrich abgestimmte geeignete Haftbrücke auf den Betonuntergrund aufgebracht. Kunstharzmodifizierte Zementverbundestriche werden in der Regel in Verbindung mit einer auf die Haftbrücke abgestimmten Grundierung verlegt, die vor Aufbringen der Haftbrücke auf den Beton aufgetragen wird.

Die Estriche werden üblicherweise in Estrichpumpen oder Zwangsmischern gemischt. Sie werden an der Einbaustelle verteilt, mit der Latte abgezogen, in der Regel maschinell mit Glättern verdichtet und mit Flügelglättern geglättet.

Die Dicke des Estrichs liegt bei kunstharzmodifizierten Zementverbundestrichen in der Regel zwischen etwa 12 - 20 mm. Zementverbundestriche können auch in größeren Dicken ausgeführt werden. Größere Estrichdicken sind allerdings unzweckmäßig, da hierdurch insbesondere die Gefahr von Rissbildungen im Estrich zunimmt. Bei Hartstoffestrichen sollte die Dicke mindestens etwa das Dreifache des Größtkorns des Hartstoffes betragen. Diese Forderung gilt im übrigen grundsätzlich auch für die anderen Estriche.

Betonuntergründe in Tiefgaragen sollten in aller Regel fugenlos ausgeführt werden. Auch die Estriche werden fugenlos auf den Betonuntergrund verlegt. Sofern Bauwerksfugen oder Bewegungsfugen im Betonuntergrund vorhanden sind, müssen diese an gleicher Stelle im Estrich übernommen werden. Randfugen sind in der Regel nicht erforderlich, wenn die aufgehenden Bauteile fest mit dem Betonuntergrund verbunden sind.

Die Estriche müssen nach dem Einbau ausreichend lange nachbehandelt werden, entweder durch Abdeckungen mit Folie oder durch Aufsprühen eines Nachbehandlungsmittels. Bei Nachbehandlungsmitteln handelt es sich um so genannte "Curing-Mittel", die auf den frischen Estrich aufgesprüht werden oder
auch beim letzten Glättvorgang als so genannte "Sofortimprägnierung" in die Estrichoberfläche eigearbeitet werden. Hierdurch soll die zu schnelle Austrocknung der Estriche verhindert werden. Kunstharzmodifizierte Zementverbundestrichen sollten entsprechend den Empfehlungen der Produkthersteller nachbehandelt werden.

Für die Verlegung der Estriche muss eine Temperatur des Betonuntergrundes und der Estriche von mindestens 5C sichergestellt sein. Bezüglich der erforderlichen Lufttemperaturen sollten bei kunstharzmodifizierten Zementverbundestrichen darüber hinaus die Vorgaben der Produkthersteller beachtet und eingehalten werden. Außerdem sind die Estriche nach dem Einbringen ausreichend lange vor Zugluft und sonstigen schädlichen Einflüssen zu schützen.

Begehbarkeit und mechanische Belastbarkeit der Estriche

Zementverbundestriche und Hartstoffestriche sollten nicht vor Ablauf von 3 Tagen nach der Verlegung begangen und nicht vor Ablauf von 7 Tagen höher belastet werden. Bei kunststoffmodifizierten Zementverbundestrichen werden von den Produktherstellern auch davon abweichende Angaben gemacht, die eine frühzeitigere Begehbarkeit und mechanische Belastbarkeit zulassen. Die normgemäße Festigkeit der Estriche ist allerdings erst im Alter von 28 Tagen gegeben.

Oberflächenbearbeitung und -gestaltung der Estriche

Die Oberfläche von Zementverbundestrichen und kunstharzmodifizierten Zementverbundestrichen kann gegebenenfalls mit einer geeigneten Imprägnierung versehen werden, um den Verschleißwiderstand und den Widerstand gegen Tausalze, Öle und Kraftstoffe zu erhöhen. Außerdem wird die Reinigungsfähigkeit des Bodens verbessert.

Daneben besteht auch die Möglichkeit, die Estriche durch Zugabe von Farbpigmenten einzufärben, wobei allerdings Farbschattierungen in der Oberfläche herstellungsbedingt in der Regel kaum zu vermeiden sind.

Fazit: Erfahrung eines Fachunternehmen Voraussetzung

Die Ausführung von Zementverbundestrichen, kunstharzmodifizierten Zementverbundestrichen und Hartstoffestrichen in Tiefgaragen setzt besondere Erfahrungen hinsichtlich der besonderen Anforderungen in Tiefgaragen voraus. Das betrifft ebenso die Eignung und Verarbeitung der Estriche. Die Arbeiten sollten daher nur von auf diesem Gebiet erfahrenen Fachbetrieben ausgeführt werden, die ihre Produkte entsprechend prüfen und überwachen.


Der Autor: Dipl.-Ing. Egbert Müller ist stellvertretender Leiter des Institut für Baustoffprüfung und Fußbodenforschung in Troisdorf. Er ist öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für das Estrichlegerhandwerk.
aus FussbodenTechnik 02/04 (Bodenbeläge)