3. Gesprächsrunde zwischen Klebstoffindustrie und Handwerk

"Fussboden-Pass" ersetzt "Estrich-Pass"

Mit der dritten "Gesprächsrunde Fußbodentechnik" zwischen Verlegewerkstoffindustrie und Handwerk konnte die Technische Kommission Bauklebstoffe (TKB) erfolgreich an die vergangenen beiden Jahre anknüpfen. Die damals entwickelte Idee eines "Estrich-Passes" als gewerkübergreifende Informationsquelle soll durch den "Fussboden-Pass" ersetzt werden. Auf Basis eines Entwurfes von Dr. Roland Krieger (Uzin) erarbeiteten die Teilnehmer eine neue Fassung. Heiß diskutiert wurden auch die neue europäische Norm für Bodenbelagsklebstoffe prEN 14259, das CE-Zeichen für Estriche und Spachtelmassen und Fugenöffnungen bei Nadelvliesbelägen.

Seit Jahren ist es in der Diskussion - ein Dokument, das übersichtlich, aber rechtlich unverbindlich den Fußbodenaufbau vom Estrich bis zum Oberboden festhält. Ursprünglich hatten Parkett- und Bodenleger nur den Estrichleger in die Informationspflicht nehmen wollen, jetzt - in einer Neufassung - sitzen sie selber mit im Boot. Vorschläge anlässlich der TKB-Gesprächsrunde aus dem Kreise von Industrie, Sachverständigen und Handwerkern könnten in einem 2-Seiten-Papier münden, das nun "Fußboden-Pass" heißt und die Angaben zur Estrichverlegung und Oberbodenverlegung vereint.

Dass die Parkettleger immer noch das Interesse hegen, vom Estrichleger schriftlich präzise Angaben über den Untergrund zu erhalten, lässt sich nicht bestreiten. Da beide aber auf dem gleichen Zettel nun ihre Arbeiten dokumentieren sollen, ist ein Ausgleich hergestellt: Estrichleger müssen nicht mehr befürchten, mit ihren Angaben allein in haftungsrechtliche Konsequenzen zu geraten.

BEB- und Zentralverbands-Geschäftsführer Edgar Leonhardt betrachtet den Fußbodenpass als ein Qualitätssiegel und Marketinginstrument, mit dem Betriebe dem Bauherrn ein Protokoll für seine Akten zur Verfügung stellen. Überwacht werden sollte die komplette Ausfüllung von der Bauleitung, findet der Berufssachverständige Gert F. Hausmann.

Europäische Klebstoffnorm für fünf Bodenbeläge

Bei der europäischen Normenarbeit prallen die unterschiedlichsten nationalen Interessen aufeinander: So wollten die Engländer ursprünglich 50 Belagsgruppen definieren, in der neuen prEN 14259 hat man sich nun auf 5 Bodenbeläge beschränkt: PVC-, Kautschuk-, Polyolefin-, Linoleum- und textile Bodenbeläge. Zu diesen 5 definierten Gruppen werden in der prEN 14259 die Prüfverfahren in Bezug auf Anforderungen an das mechanische und elektrische Verhalten festgelegt. Basis hierfür sind folgende Labortests:

- EN 1372 Klebstoffe - Prüfverfahren für Klebstoffe für Boden- und Wandbeläge - Schälversuch
- EN 1373 Klebstoffe - Prüfverfahren für Klebstoffe für Boden- und Wandbeläge - Scherversuch
- EN 1841 Klebstoffe - Prüfverfahren für Klebstoffe für Boden- und Wandbeläge - Bestimmung der Maßänderung eines Linoleums im Kontakt mit einem Klebstoff
- EN 1903 Klebstoffe - Prüfverfahren von Klebstoffen für Boden- und Wandbeläge - Maßänderung nach beschleunigter Alterung
- EN 13415 Klebstoffe - Prüfverfahren von Klebstoffen für Bodenbeläge - Bestimmung des elektrischen Widerstandes von Klebstofffilmen

Einschlägige Experten sehen Probleme weniger im Klebstoff, als in den Eigenschaften der angebotenen Belagsarten. Dabei müsse man zwischen ökologischen Wünschen und realistischer Einsetzbarkeit unterscheiden. Linoleum beispielsweise könne den Bedarf an PVC-Böden nicht ersetzen, weil es weltweit nicht ausreichend Rohstoffe zu Herstellung solchen Linoleum-Mengen gäbe. Da jedoch die Weichmacher im PVC durchaus eine Belastung darstellten, käme als Alternative der Polyolefinbelag in Betracht. Allerdings nur, wenn sein "Verhalten" von Herstellerseite verbessert werde.

In diesem Zusammenhang fordern die Sachverständigen Richard A. Kille und Gert F. Hausmann "mehr Ehrlichkeit" von den Produzenten. Kille: "Wer Polyolefin verkauft, sollte nicht so tun, als ob es ein PVC-Belag ist. Folgekosten bei Schäden sind teurer als Sanierungskosten. Das kann kein Handwerker tragen."

Aber auch bei PVC-Belägen gibt es Irritationen. Gleichnamige Produkte aus unterschiedlichen Herstellungsjahren zeigen nach Erfahrung der Sachvständigen unterschiedliche Eigenschaften. Vermutet wird dahinter eine kostensparende Änderung der Inhaltsstoffe. Dass diese Annahme zutreffen könnte, bekennt ein Industrievertreter: "Bei Kostenreduzierung wird immer an folgenden beiden Schrauben gedreht - 50 % Material und 25 % Personal." In dieser Hinsicht müssen die (Grenz-) Werte der prEN 14259 aber nicht das Maß aller Dinge darstellen. In schriftlicher Vereinbarung können Lieferant und Abnehmer eigene Vorgaben festlegen.

Merkblätter zur Untergrundvorbereitung

Ein eigenes Merkblatt Nr. 6 zur Untergrundvorbereitung hat die TKB entwickelt. Zusammen mit einem existierenden Merkblatt des BEB soll hierin der Stand der Technik festgehalten werden. In dem Entwurf werden für den Handwerker Handlungsanleitungen gegeben. Dabei soll klar gemacht werden, wie und warum einzelne Arbeitsschritte durchzuführen sind.

Neu in dem TKB-Merkblatt Nr. 6 sind Hinweise zu Fußbodenheizung, Restfeuchtigkeiten und die Betonung einer Bodentemperatur von mindestens 15 Grad C, bei deren Unterschreitung eine unerwünschte Taupunktbildung im Untergrund eintreten kann. Zudem enthält das Merkblatt planerische Unterstützung, praktische Anweisungen, Argumentationsunterstützung für den Handwerker gegenüber Kunde und Planer, sowie Hinweise zu Prüfpflichten.

Vorzugsweise empfohlen wird ein Verarbeiten der Materialien bis 65 % relative Luftfeuchte. Freigegeben werden Klebstoffe aber auch bis 75 % rLF. In dieser Frage gibt es Differenzen zwischen Verbänden und einigen Praktikern. Verbände argumentieren für 65 % rLF, weil sie damit ein Argument gegen den Bauherrn in der Hand halten, der für das korrekte Klima am Bau zu sorgen hat. Handwerker, die häufig in einem feuchteren Klima arbeiten (z.B. Köln-Bonner-Raum), halten das für unrealistisch. Sie pochen auf verbriefte Funktion der Verlegewerkstoffe bis 75 % rLF, da sie befürchten, durch die Anmeldung von Bedenken ihre Aufträge verlieren zu können.

CE-Zeichen - Ist Spachtelmasse nun doch kein Estrich?

Bisher ging die Fachwelt davon aus, dass Spachtelmassen - auch solche für Parkett - nach der neuen europäischen Klassifizierung wie ein Estrich behandelt würden und ein CE-Zeichen bekämen. In der Estrichmörtelnorm EN 13318 wird der Estrich zunächst mit den gleichen Eigenschaften beschrieben, die auch eine Spachtelschicht besitzt. Dann aber folgt Punkt 8.4.: Hier wird eine Spachtelschicht nun zusätzlich als "dünne Schicht, die auf einen Estrich aufgebracht wird" bezeichnet. Also gibt es im europäischen Klassifizierungssystem durchaus eine Stelle, an der zwischen Estrich und Spachtelschicht unterschieden wird. Berechtigt das zu der Hoffnung, Spachtelmassen würden am Ende doch nicht der Estrichnorm unterliegen? Deutsche Verlegewerkstoffhersteller waren von der europäischen CE-Klassifizierung aufgeschreckt worden, weil nach ihr das Brandverhalten von Spachtelmassen zu beurteilen ist. Sobald nämlich aus einem Produkt Gase freiwerden können oder mehr als 1 % organische Bestandteile enthalten sind - wie bei Spachtelmassen der Fall - ist keine A1-Brandklassifizierung möglich.

Werden Produzenten dieses "Problem" umgehen können, indem sie ihre Spachtelmassen nun nicht mit einem CE-Zeichen versehen müssen? Und was passiert, wenn ein Hersteller das CE-Zeichen ablehnt? Dr. Krieger (Uzin): "Da passiert gar nichts. Wir haben ein juristisches Expose eingeholt. Aber der Wettbewerb wird dafür sorgen, dass jeder ein CE-Zeichen nutzt. Wir von Uzin haben uns damit abgefunden, auch die Brandklasse zu klassifizieren."

Tatsächlich hat das CE-Zeichen mit der Qualität eines Produktes so gut wie nichts zu tun. Es bestätigt nur, dass das gehandelte Produkt der Norm entspricht, ist aber nicht Bestandteil des Bauproduktengesetzes. Werner Schnell: "Die Norm schreibt vor, dass man sein Produkt nach außen deklariert und dafür haftet." Selbst die Klassifizierungsangaben F oder NPD (no performance determined) - beide beinhalten die Nichtprüfung - wären bereits eine solche Deklarierung. Weil es aber in Sachen Brandverhalten noch keine einheitlichen europäischen Prüfrichtlinien gibt, liegt die Umsetzung der Brandverhaltens-Norm ohnehin auf Eis.

Nadelvlies: Im Nahtbereich ausreichend Klebstoff auftragen

In werksinternen Untersuchungen ist Techniker Jürgen Gehring vom Klebstoffhersteller Bostik Findley der Fugenbildung bei Nadelvliesbelägen auf den Grund gegangen. Im Labor ließ sich jedoch nicht nachstellen, aus welchen Gründen genau Fugenöffnungen entstehen.

Vier verschiedene Nadelvliesproben mit den Maßen 600 x 400 mm wurden mittels der B2-Zahnung und jeweils einem hart und einem weich eingestellten EC1-Klebstoff auf eine Faserzementplatte geklebt. Über einen Beobachtungzeitraum von 5 Tagen gab es zunächst keine Auffälligkeiten. Nach 72 Stunden Lagerung bei 85% rLF und anschließend schlagartiger Verringerung der relativen Luftfeuchte trat eine Fugenbildung auf. An welchem Punkt die Feuchtigkeit aber ihren entscheidenden Einfluss bewirkt, ließ sich nicht errechnen. Als Fazit gilt: Feuchtigkeit spielt beim Arbeiten von Nadelvlies eine Rolle, denn der Belag "kriecht" teilweise über den Klebstoff. Richtwerte dafür gibt es aber nicht. Fugentoleranzen liegen beim Einsatz von weichen Klebstoffen im Bereich der Erlaubten. Auch ein harter Klebstoff kann Fugen nicht verhindern. Wer beim Verlegen von Nadelvlies ordentlich arbeitet und in den Nahtbereichen ausreichend Klebstoff aufträgt, ist normalerweise auf der sicheren Seite.

Europäische Norm für Parkettklebstoffe schränkt DIN 281 ein

Die prEN 14293 Parkettklebstoffe wird zukünftig die DIN 281 ersetzen. Grundsätzlich wird in der europäischen Normung nun unterschieden zwischen Klebstoffen, die bei der Herstellung und die bei der Verlegung von Parkett angewendet werden.

Die deutsche DIN 281 war eine Norm, in der auch empirische, visuell prüfbare Faktoren eine Rolle spielten. Das haben die übrigen Europäer in der Arbeitsgruppe WG 4 (Working Group 4) abgelehnt. Nach ihrem Anspruch sollen nur Eigenschaften geprüft werden, die sich in einer Maßzahl darstellen lassen.

Auch deutsche Vertreter halten einige Aspekte der alten DIN 281 für überflüssig - etwa die Bestimmung der Verformbarkeit von Klebstoffen (neu "Gleitung" genannt). Dr. Krieger (Uzin): "So wie die DIN die Verformbarkeit gemessen hat, fiel alles in die Fehlertoleranz und wurde somit zum irrelevanten Wert. Verformung ist abhängig von der Dicke der Klebstoffschicht. Je dichter der Klebstoff verpresst ist, desto geringer ist eine Verformung möglich und im Ergebnis wird eher die Verformung der Prüfmaschine gemessen."

Auch, wenn das "Kriechen" eines Klebstoffes also kaum zu messen ist, Parkettleger sind dennoch am Grad der Verformbarkeit interessiert. Hintergrund ist das Verlegen größerer Flächen ohne Dehnfugen. Wilhelm Nürnberger: "Wie plastisch der Kleber sich verhält, ist eine wichtige Größe für das Funktionieren eines Parkettfußbodens. Eine solche Angabe sollte nicht auf die ersten Tage beschränkt bleiben, sondern auf eine Dauer mehrerer Jahre. Durch hohe Luftfeuchte können irgendwann Einflüsse auf Kleber, Estrich und Parkett einwirken und ein Parkett, das lange gut gelegen hat, kommt plötzlich hoch."

Ebenfalls nicht übernommen in die europäische Norm wurde die Forderung der Alkalibeständigkeit. Zwar können alkalische Einflüsse aus einem feuchten Estrich kommen - in der DIN 281 wurden Klebstoffe darauf geprüft, ob sie sich unter gesättigter Calciumhydroxidlösung auflösen - aber Schäden aus der "Verseifung" von Klebstoffen sind deshalb zweitrangig, weil alkalisch belastetes Parkett längst Räucherung zeigt, bevor der Klebstoff verseift.

Geblieben ist der Wert für die Zugscherfestigkeit. Nach 3 Tagen soll der Klebstoff 3,0 N/qmm, nach 28 Tagen, teils unter Wärmeeinfluss von 40 Grad C, 3,5 N/qmm erreichen. Als eine optionale Messmethode für Parkett wurde in die prEN 14293 die Haftzugprüfung eingeführt. Hierbei wird Parkett auf eine genormte Betonplatte geklebt und dann hochgezogen.

Laut Dr. Krieger (Uzin) wird der Haftzugwert für Parkettklebstoffe "eigentlich nicht gebraucht". Üblich ist diese Messung vielmehr im Bereich der Fliesenkleber. Ideengeber war das stark im Fliesenbereich tätige italienische Unternehmen Mapei.

Nicht prüfbar nach der neuen prEN 14293 wären hochelastische Klebstoffe für Parkett, die dem Holz jede Freiheit lassen. Um sie dennoch in die Norm einzubinden, steht derzeit eine Prüfmethode für weichelastische 1K-RH-Klebstoffe in der Diskussion. Die Eckwerte: 1 mm/600 qmm Klebstoffauftrag und > 2mm Gleitung und > 0,5 N/qmm Zugscherfestigkeit. Für Klebstoffe, die über 2 mm Gleitung aufweisen, sollen nur 0,5 N/qmm gelten. Noch nicht entschieden ist, ob man diese Regel auf 1K-Klebstoffe beschränken oder alle weichelastischen Kleber einbeziehen will.

Die Gesprächsteilnehmer aus Handwerk und Industrie

- Joachim Barth, Zentralverband Parkett- und Fußbodentechnik (ZVP) sowie Bundesinnungsmeister im BIV Parkettlegerhandwerk und Bodenlegergewerbe, Berlin
- Jürgen Gehring, Bostik Findley, Borgholzhausen
- Gert F. Hausmann, stellvertetender Bundesinnungsmeister und Berufssachverständiger, Wendelstein
- Michael Illing, Forbo, Erfurt
- Kurt Keller, Keller & Sohn, Würzburg
- Richard A. Kille, IFR Sachverständigenbürogesellschaft für Fußbodentechnik und Raumausstattung, Köln
- Dr. Roland Krieger, Uzin, Ulm
- Edgar Leonhardt, Bundesverband Estrich und Belag (BEB), Troisdorf und Zentralverband Parkett und Fußbodentechnik, Berlin
- Willi Nürnberger, Parkett Nürnberger, Bonn
- Dr. Rüdiger Oberste-Padtberg, Ardex, Witten
- Erwin Prinz, Hofmann Fußboden, Neustraubling
- Hans-Joachim Scheewe, Berufssachverständiger, Bietigheim-Bissingen
- Heinz Schmitt, Leo Schmitt Fußbodenbau, Hesselbach
- Werner Schnell, Institut für Baustoffprüfung und Fußbodenforschung (IBF), Troisdorf
- Rolf Wanke, Parkett Wanke, Denkingen
aus FussbodenTechnik 04/03 (Bodenbeläge)