Die 8 wichtigsten Regeln beim Spachteln

Grundieren und Spachteln sind elementare Arbeitsschritte auf der Baustelle. Immer häufiger kommt es dabei durch mangelnde Erfahrung zu Fehlern in der Anwendung. Dabei nimmt die Art und Beschaffenheit sowie die Vorbereitung der Untergründe entscheidenden Einfluss auf die Qualität des Verbundes aus Grundierung und Spachtelschicht. Thomsit-Experte Wolfram Steinhäuser stellt die acht wichtigsten Regeln für das Spachteln zusammen, gibt Tipps und erläutert sie anhand von Beispielen.

Warum werden zementäre Spachtelmassen eigentlich eingesetzt? Durch eine zementäre Spachtelmasse erzielt man die erforderliche Ebenheit des Untergrundes für die Belagklebung und man gewährleistet eine belastungskonforme Festigkeit nach den Anforderungen der späteren Nutzung. Bei Nassbettklebungen mit Dispersionsklebstoffen ist außerdem die gleichmäßige Saugfähigkeit des Untergrundes ein Grund. Weitere Vorteile der Spachtelmasse: Die Sicherstellung der Anbindung von Oberbelag und Untergrund sowie eine Lastverteilungsschicht bei besonders labilen Untergründen.

1. Regel: Beachten der Verarbeitungsvorschriften

Einer der häufigsten Fehler ist die zu hohe Menge Anmachwasser, das beim Anrühren der Spachtelmasse ohne Messbehälter zugegeben wird. Dieses Ungleichgewicht beeinträchtigt die Haftung der Spachtelmasse an den Untergrund enorm und führt bei Überdosierungen zu erheblichen Ausschwämmungen. Das Abschleifen der weichen, nach oben ausgeschwemmten Bestandteile (Schlemme) dient zwar der Ergebniskosmetik, täuscht jedoch eine Qualität des Bodens vor, der er nicht gerecht wird. Die Belegung solcher Böden ist für jede Art von Belag mit einem gesteigerten Restrisiko behaftet. Ausschließlich der komplette, fachgerechte Austausch "überwässerter" Spachtelschichten kann einen solchen Mangel beseitigen.

Verlegewerkstoff-Hersteller geben für ihre zementären Spachtelmassen klar definierte Anwendungsbereiche vor: Beispielsweise stuhlrollengeeignet ab 2 mm Schichtdicke, gabelstaplerfest, unter Parkett geeignet oder zum Füllen von Löchern und Vertiefungen in Estrichen vorgesehen. Diese Anwendungsprofile gelten unabhängig von der Zusammensetzung der Spachtelmasse. Werden Ausgleichsmassen im Einsatz überfordert, sind in der Regel Rissbildungen und Kohäsionsbrüche innerhalb der Spachtelmasse oder Abrisse vom Untergrund die unvermeidliche Folge.

Eine zementäre Spachtelmasse ist für eine maximale Schichtdicke bis zu 3 mm ausgelobt. Ein Verarbeiter setzt sie zu Renovierungsarbeiten in Schichtdicken zwischen 1 und 5 mm ein. In den Zonen jenseits der 3 mm baut die Spachtelmasse jedoch Spannungen auf, die zu Rissen und sogar zu Abrissen vom Untergrund führen. Die Folge: Die betroffenen Abschnitte müssen erneuert werden.

Schnellhärtende zementäre Renovierungsausgleiche lassen sich sowohl standfest als auch geschmeidig einstellen und eignen sich zum Verfüllen von Löchern und Vertiefungen, zum Spachteln von Treppen und Podesten sowie zum An- und Beispachteln. Wegen ihrer raschen Abbindung werden diese Massen gerne zum vollflächigen Spachteln größerer Flächen besonders in größeren Schichtdicken eingesetzt, obwohl sie dafür ungeeignet sind. Die Schadenssymptome treten verzögert auf. Da diese "Dick-Spachtelungen" hohe Eigenspannungen erzeugen, lösen sie sich häufig erst weit nach der Verlegung des Belages vom Untergrund. Die Folge: Der Belag ist beschädigt und wahrscheinlich unbrauchbar.

2. Regel: Einhalten maximaler Schichtdicken bei kritischen Untergründen

Wie dick dürfen geeignete zementäre Spachtelmassen auf diesen Untergründen maximal eingebaut werden, ohne dass sie Abrisse vom Untergrund nach sich ziehen? Je dicker Spachtelmassen aufgetragen werden, um so höher sind die unvermeindlichen Trocknungsspannungen, die während der Erhärtungsphase entstehen und die normalerweise schadensfrei von ausreichend festen Untergründen aufgenommen werden. Die Antwort auf maximale Schichtdicken von Spachtelmassen liefert erst langjährige Erfahrung im Umgang mit unterschiedlichen Untergründen. Deshalb kommt den Hinweisen und Vorschriften der Spachtelmassen-Hersteller besondere Bedeutung zu.

Beim Überspachteln alter Klebstoffreste mit geeigneten zementären Spachtelmassen sollte die Schichtdicke 5 mm nicht überschreiten, aber mindestens 2 mm betragen. Um die schubfeste Verklebung eines neu zu verlegenden Parkettfußbodens zu gewährleisten, müssen alle Restklebstoffe entfernt werden.

Bei Überspachteln von Trockenestrichen und Spanplatten sollte eine Schichtdicke von 5 mm nicht überschritten werden. Unter PVC/CV-Belägen, Kork, Linoleum und Gummibelägen sollte die Mindestdicke von 2 mm nicht unterschritten werden.

3. Regel: Vorsicht bei oberen Estrichrandzonen

Die Haftung zementärer Spachtelmassen auf labilen Estrichrandzonen, auf harten Schalen bei Calciumsulfat- und Zement-Estrichen sowie auf mangelhaften Estrichrandzonen ist häufig problematisch.

Labile, weiche, wundgelaufene und abgesandete Untergrundoberflächen verhindern eine dauerhafte Verbindung von zementären Spachtelmassen mit dem Untergrund. derartig gezeichnete Untergründe müssen deshalb stets mechanisch durch Abschleifen, Fräsen und Kugelstrahlen vorbehandelt werden. Unausweichlich ist dabei häufig die Kombination mit verfestigenden Grundierungen. Für Bruchzonen unterhalb der vom Parkett- und Bodenleger verarbeiteten Verlegewerkstoffe sollten stets Bedenken angemeldet werden.

Harte Schalen stellen bei Calciumsulfat- und Zementestrichen immer eine Gefahr dar, da sie keine dauerhafte Anbindung der zementären Spachtelmasse gewährleisten. Sowohl diese harten Schalen, als auch die darunter befindlichen weichen und labilen Schichten sind unbedingt mechanisch zu entfernen.

Dies gilt auch für Zementleimschichten auf Zementestrichen und Betonuntergründen. Auch in diesem Fall sollte der Parkett- oder Bodenleger auf potentielle Bruchzonen unter den eingesetzten Verlegewerkstoffen hinweisen. Bei mangelhaften Estrichrandzonen von Calciumsulfatestrichen sind so genannte Sinterschichten abzuschleifen oder abzuschaben. Ausblühungen müssen abgekehrt werden, weiche, mehlige Oberflächen müssen abgeschliffen werden.

4. Regel: Beachten von Trocknungszeiten von Dispersionsvorstrichen sowie Erhärtungsfristen von Reaktionsharzsystemen

Auch hier müssen die Herstellerangaben genau beachtet werden. Auf glatten Oberflächen mit verfestigender sowie absperrender Reaktionsharzsysteme halten ohne besondere Vorkehrungen keine zementären Spachtelmassen. Ausreichendes Abquarzen und geeignete Zwischengrundierungen können eine dauerhafte Anbindung erreichen. Wird auf den Vorstrich des Untergrundes verzichtet, muss mit Folgeschäden gerechnet werden.

5. Regel: Untergrund fachgerecht vorbereiten

Gemäß DIN 18356 "Parkettarbeiten" und DIN 18365 "Bodenbelagsarbeiten" müssen die Untergründe sauber und frei von Trennmitteln sein.

Dazu einige Tipps:

- Um einen sauberen Untergrund zu erhalten, sollte er unbedingt mechanisch geschliffen oder maschinell gebürstet werden. Auf diese Weise lassen sich Verschmutzungen und lose Bestandteile auf der Untergrundoberfläche sicher beseitigen.

- Öle, Fette, Farbverdünnungen, Benzin, Heizöl, Wachs, Lack, Farbreste und Lösemittel reagieren hydrophob, sprich wasserabweisend. Sie wirken als Trennmittel und erlauben keine dauerhafte Anbindung der Spachtelmasse an den Untergrund. Aus diesem Grund sind sie rückstandsfrei zu entfernen. Zu stark verschmutzte Untergründe sollten sogar erneuert werden. Als geeignete Verfahren empfehlen sich Fräsen und Kugelstrahlen. Aber auch Flamm-, Hochdruckwasser- und Dampfstrahlen können gute Ergebnisse liefern.

- Auf Beton und Zementestrich aufgesprühte Nachbehandlungsmittel zur Verminderung der Wasserverdunstung sind durch Abschleifen oder Abfräsen zu beseitigen. Gleiches gilt für Bodenbeschichtungen, die einer dauerhaften Anbindung entgegen stehen oder sich selbst gelöst haben.

- Instabile Spachtelmassen und Restklebstoffe sollten durch Abfräsen oder Abschleifen entfernt werden. Spachtelmassen auf "schwarzen Untergründen" sind durch rotierende Fräsen zu entfernen.

- Magnesiaestriche im Industriebodenbau sind häufig mit einer Imprägnierung versehen, die durch Kugelstrahlen entfernt werden muss.

- Verunreinigte Metalloberflächen müssen per Kunstharzverdünner gereinigt werden. Anschließend sind die Flächen abzuschleifen. Nur die fett- und rostfreie Metallfläche ist fachgerecht bearbeitbar.

- Nach jeder mechanischen Untergrundvorbereitung sind Industrie-Staubsauger einzusetzen, um eventuelle Reststäube zu entfernen.

6. Regel: Nachbehandlung von frisch gespachtelten Flächen

Frisch gespachtelte Flächen sind grundsätzlich vor Zugluft, direkter Sonneneinstrahlung und somit vor frühzeitigem Feuchtigkeitsentzug zu schützen. Nur auf diese Weise lässt sich der auch bei zementären Spachtelmassen unvermeidlich auftretende Schwindprozess verringern. Bei fehlender Nachbehandlung kommt es zum raschen Austrocknen und damit zu starkem Schwindbestreben gepaart mit hohen Zugspannungen in der Spachtelmasse, wodurch Risse entstehen. Intensive Sonneneinstrahlung, beispielsweise nahe großen Fensterflächen und intensive Zugluft können das Schwindverhalten derart ungünstig beeinflussen, dass Abrisse der Ausgleichsmasse vom Untergrund die Folge sind. Tipp: Maßnahmen zur Sicherung frisch gespachtelter Flächen sollte der Parkett- und Bodenleger auf keinen Fall unterschätzen.

7. Regel: Bewegungs- und Randfugen nicht überspachteln

Bewegungs- und Randfugen dürfen grundsätzlich nicht überspachtelt werden. Schein- und Arbeitsfugen sind vor dem Überspachteln fachgerecht kraftschlüssig zu schließen. Auf keinen Fall dürfen sie mit elastischen Massen oder Spachtelmassen geschlossen oder gar ohne Vorbehandlung überspachtelt werden. Die Reaktionsharze in Schein- oder Arbeitsfugen müssen ausreichend abgequarzt oder grundiert werden.

Bleiben diese Grundsätze unberücksichtigt, sind Ablösungen im Fugenbereich und damit verbundene Ablösungen des Oberbelages unausweichlich. Bedingt durch die mechanische Beanspruchung infolge der Belagnutzung - walkende Beanspruchung genannt - entstehen Verformungen und nachfolgend Aufwölbungen entlang der Fuge. Diese nennt man dann "Wurmfalten" oder "Wurmbildung".

Diese Schäden können sehr teuer werden und gehen häufig zulasten der Bodenleger. Daher sollte sich das Fachunternehmen vor Beginn der Spachtel- und Verlegearbeiten genau darüber informieren, welche Fugenarten im Untergrund vorhanden sind. Ansprechpartner ist der Planer, der verpflichtet ist, einen Fugenplan zu erstellen. Aus diesem Plan ist die Lage und die Art der Fuge eindeutig zu entnehmen. Dem Ausführenden ist der Fugenplan als Bestandteil der Leistungsbeschreibung zu übergeben. Das gilt besonders für Heizestriche.

8. Regel: Aufsteigende Feuchtigkeit aus dem Untergrund vermeiden

Rund 50 Prozent aller Fußbodenschäden basieren auf Feuchtigkeit. Das geht aus verschiedenen Bauschadenssammlungen hervor. Aufsteigende Feuchtigkeit diffundiert relativ ungehindert durch Spachtelmassen und Klebstoffe. Verklebte Bodenbeläge lassen die aus dem Untergrund aufsteigende Feuchte nur in begrenztem Umfang entweichen, diffuisionsdichte Beläge gar nicht mehr. Dann kommt es zum Stau unter dem Belag. Grundsätzlich ist zu beachten, dass Spachtelmassen für den trockenen Innenbereich feuchtigkeitsempfindlich sind. Bei permanenter Durchfeuchtung werden die Spachtelmassen weich, verlieren an Festigkeit und lösen sich durch geringste mechanische Belastung vom Untergrund ab.

Wird dagegen ein geklebtes Parkett nachträglich mit Feuchtigkeit beaufschlagt, entsteht eine enorme Schubspannung. Diese Schubspannungen müssen von der Spachtelmasse aufgenommen und auf den Untergrund übertragen werden. Überschreiten sie einen bestimmten Wert, reisst entweder die Ausgleichsmasse vom Untergrund ab, oder es treten innerhalb der Spachtelmassen Kohäsionsbrüche auf.

Zusammenfassung: Vorbereitung des Untergrundes unerlässlich

Grundsätzlich steht und fällt die Belagsverlegung mit der Vorbereitung des Untergrundes und den dabei verwendeten Grundierungen und Spachtelmassen. Bereits eine umsichtige Prüfung des Untergrundes beugt möglichen Schadensereignissen vor. Erst die richtige Auswahl, vor allem aber die bestimmungsgemäße Handhabung und Verarbeitung, garantieren eine intakte Fußbodenkonstruktion.

Werden Grundierungen oder Spachtelmassen bis an die Grenzen "ausgereizt", treten in den meisten Fällen teure Schäden auf. Diese Schäden entstehen häufig, wenn der teure Oberbelag bereits aufgeklebt ist und der Boden bereits genutzt wird.
aus FussbodenTechnik 04/03 (Bodenbeläge)