Interview mit Alfred Heinrich von Hinno

"Unser patentiertes Flächenvorhang-System kommt auch bei breitesten Fenstern mit zwei Schienenläufen aus."

Alfred Heinrich ist Gründer und Inhaber der Schweizer Firma Hinno sowie Miterfinder eines patentierten, einklickbaren Vorhanggleiters, der sich inzwischen erfolgreich als Standard-Gardinenzubehör etabliert hat. Jetzt will er mit einem ausgetüftelten Flächenvorhang-System neue Kundengruppen erschließen. BTH Heimtex-Redakteurin Petra Lepp-Arnold sprach mit Heinrich über die Marktchancen der innovativen Neuentwicklung.

BTH Heimtex: Herr Heinrich, Ihre Firma Hinno ist Hersteller von Vorhangzubehör und hat sich mit dem patentierten Clic-Gleiter einen Namen gemacht. Gegenwärtig leidet die Gardinen- und Dekostoff-Branche unter der aktuellen Konsumflaute. Wie weit wirkt sich das auf Sie als Zubehör-Lieferant aus? Sind Sie mit Ihrem Geschäft noch zufrieden?

Alfred Heinrich: Unser Geschäft läuft ausgezeichnet. Allein der September war ein Rekordmonat mit den höchsten Umsätzen seit Bestehen des Unternehmens. Uns geht es sehr gut als kleine Spezialfirma, die effizient geführt ist, profitabel ist und wächst.

Wobei wir natürlich schon spüren, dass viele Kunden massive Einbußen erleiden mussten, teilweise bis zu 50%. Unser Erfolg basiert jedoch darauf, dass wir neue Kunden im Ausland hinzugewonnen haben und neue Segmente erschließen konnten.

Ich bin stolz darauf, dass wir seit vierzehn Jahren jährlich ca. 15% zulegen konnten - mit Ausnahme von 2002. Und das ohne größere Produktneuheiten, nur durch Steigerung der Verkaufszahlen bei guten Kunden und durch die Gewinnung von Neukunden.

BTH Heimtex: Sie sagten eben, dass Sie neue Kunden im Ausland dazu gewonnen haben. Welche Länder sind Ihre Zielmärkte?

Heinrich: Derzeit sind wir vor allem in England und Schweden stark aktiv.

Anfangs haben wir uns massiv auf die Schweiz konzentriert. Inzwischen ist der Markt dort abgedeckt, dort können wir nicht mehr groß expandieren. Auch der deutsche Markt läuft sehr gut. Es gibt fast keinen namhaften Großhändler mehr, der den Clic-Gleiter nicht im Angebot führt.

BTH Heimtex: Wie verteilt sich der Umsatz auf die Märkte?

Heinrich: 40% unseres Umsatzes erzielen wir in der Schweiz, weitere 40% in Deutschland, die restlichen 20% in anderen europäischen Ländern, besonders in Italien und England.

BTH Heimtex: Wie ist der Vertrieb dort organisiert? Ebenfalls über den Großhandel?

Heinrich: Zum Teil wird der Vertrieb über den Großhandel abgewickelt, zum Teil kooperieren wir mit Stoff- und Vorhangschienen-Herstellern. Wir suchen auch im Ausland gute Partner, die unsere Produkte in ihrem Markt angemessen verkaufen können und mit denen wir langfristig gut zusammenarbeiten. Ein Erstauftrag ist nie besonders interessant. Praktisch alle unsere Geschäfte sind Wiederholungsaufträge.

BTH Heimtex: Und das Objektgeschäft - wie läuft das?

Heinrich: Natürlich nicht direkt, sondern über unsere Fachhandelskunden.

Der Clic-Gleiter bringt ja nicht nur für die Hausfrau einen großen Vorteil, sondern auch Zeitersparnis beim Aufhängen von Vorhängen in Hotels, Krankenhäusern und so weiter. Interessant ist das Clic-System auch für Industrieunternehmen. Hier soll speziell bei der Erstmontage von Vorhängen in LKW's und Wohnwagen Zeit gespart werden. Daimler Chrysler zum Beispiel hat genau gestoppt, wie viele Sekunden es dauert, einen Vorhang ohne und mit Clic-Gleitern aufzuhängen. Es hat sich gezeigt, dass es mit Clic deutlich schneller geht, als mit konventionellen Gleitern.

BTH Heimtex: Eine große Konkurrenz für die Gardine ist zur Zeit der innenliegende Sonnenschutz. Rollos, Plissees, Vertikallamellen, Jalousien und Flächenvorhänge werden als Fensterdekoration immer beliebter. Wie ist Ihre Erfahrung?

Heinrich: Ja, dem würde ich zustimmen. Das ist der heutige Trend; wie es in fünf oder zehn Jahren aussieht, wissen wir alle nicht. Der Markt ändert sich, die Produkte haben ihren Lebenszyklus. Im Moment ist ganz klar, dass die klassische Fensterdekoration mit Gardinen rückläufig ist - zumindest in Mitteleuropa.

Dies ist auch ein Grund, warum wir mit einem neuen Produkt auf den Markt kommen. Man muss immer an die Zukunft denken und bewusst mitgestalten.

Wir haben ein innovatives Clic Flächenvorhang-System entwickelt. Der Flächenvorhang ist eines der Segmente im Bereich Fensterdekoration, das relativ stark wächst und daran wollen wir partizipieren.

Bisher beruhen praktisch alle erhältlichen Flächenvorhang-Techniken auf dem Klettband-Prinzip und funktionieren in mehrläufigen Schienen. Das unverrückbare Gesetz lautet: ein Paneelwagen, ein Schienenlauf, zwei Wagen, zwei Schienenläufe und so weiter. Doch diese Anlagen sind sehr aufwändig und teuer.

Das Einzigartige an unserem neuen System ist, dass wir mit nur zwei Schienenläufen auskommen, indem wir die Paneelwagen schräg stellen: ein Wagen wird in die vordere Schiene, der andere in die hintere Schiene mit Clic-Gleitern eingeklickt. Sie können in eine Doppelschiene so viele Paneele einhängen, wie Sie wollen. Die Aufhängevorrichtungen sind leicht schuppenartig angeordnet und können auf engstem Raum zusammengeschoben werden.

Das Grundprinzip hört sich sehr einfach an, die Einzelteile wie der dünne Aufhängestab oder der filigrane Einsteckhaken sind aber relativ schwierig herzustellen. Um Kopien zu verhindern, haben wir das System außerdem zum Patent angemeldet.

BTH Heimtex: Ist das Clic Flächenvorhang-System eine neue Produktsparte oder eine Ergänzung zum Clic-Gleiter? Werden Sie auch Stoffe dazu anbieten?

Heinrich: Nein, wir sehen es als Fortschreibung der Clic-Idee. Sie brauchen ja den Gleiter, damit das System funktioniert. Zu Ihrer zweiten Frage: Es ist nicht geplant, Flächenvorhang-Stoffe zu verkaufen. Da würden wir mit unseren Kunden konkurrieren. Wir empfehlen dem Fachhandel jedoch, je nach Situation gängige Stoffe fertig konfektioniert auf Lager zu legen.

BTH Heimtex: Kann man das Clic Flächenvorhang-System an allen Vorhangschienen-Typen befestigen?

Heinrich: Ja, unser System passt praktisch in alle Vorhangschienen in Mitteleuropa. Sie müssen nur den entsprechenden Clic-Gleiter dazu wählen. Wir haben fünf verschiedene Größen im Angebot, weil es so viele unterschiedliche Schienenbreiten gibt. Das Material der Schiene spielt keine Rolle - gleich, ob Holz, Kunststoff oder Aluminium - es bedingt lediglich Unterschiede im Gleitverhalten.

Übrigens funktioniert unser Clic-System auch bei Rundstangen mit Innenlauf einwandfrei und interessanterweise bei der alten, meist zweiläufigen Kunststoff-Schiene, die in Deutschland und Österreich noch sehr verbreitet ist.

BTH Heimtex: Dann haben Sie wohl auch den Nachrüstungsmarkt im Visier?

Heinrich: Natürlich. In den meisten Häusern gibt es Vorhangschienen mit zwei Läufen. Man muss kein teures Schienensystem kaufen, sondern kann das Bestehende benutzen. Und: Im Vergleich zu herkömmlichen Flächenvorhang- Techniken ist unser System relativ günstig. Der Verkaufspreis für eine Aufhängevorrichtung liegt etwa zwischen 25 und 30 EUR. Wir haben uns bewusst im mittleren Preissegment angesiedelt, um eine breite Kundengruppe anzusprechen. Das Produkt ist gerade für jüngere Menschen attraktiv, die eine preiswertere Variante suchen.

BTH: Wie sieht das Vermarktungskonzept für den Clic Flächenvorhang aus?

Heinrich: Wir gehen auf Messen, sprechen die Großhändler und Fachhändler an. Da unser Produkt erklärungsbedürftig ist, passt es sehr gut zum Fachhandel. Wir sind sehr handelstreu. Geplant ist außerdem eine PR-Kampagne in Fachzeitschriften sowie Endverbraucherwerbung in Zeitungen und Publikumszeitschriften in der Schweiz.

BTH: Welche Resonanz bekommen Sie von Ihren Kunden auf Ihre Neuentwicklung?

Heinrich: Die großen Anbieter in Deutschland reagieren noch sehr reserviert. Warum? Weil sie ihre eigenen Produkte haben und sich selbst nicht konkurrieren möchten. Ich meine aber, dass unser System die jetzige Flächenvorhang- Technik nicht ablösen, sondern ergänzen wird.

Beim Fachhandel und bei den Endkunden ist die Resonanz sehr gut. Wir haben mehreren Fachhändlern einen Produkt-Test angeboten, bevor wir auf den Markt kamen. Die haben das System mehrfach verkauft und sind sehr zufrieden damit. "Das ist genau das, was wir brauchen", hören wir immer wieder. Zwei große Kaufhausketten in der Schweiz führen unser Clic Flächenvorhang-System bereits im Angebot

Ich hoffe, dass wir über die Nachfrage vom Markt auch den Großhandel erreichen. Wenn er erfährt, dass das Produkt verlangt wird, muss er es eigentlich auch in sein Programm aufnehmen.

BTH Heimtex: Was kommt als nächstes nach dem Clic-Gleiter und dem Clic-Vorhangsystem? Lässt sich die Idee noch weiter ausbauen?

Heinrich: Derzeit sind wir natürlich mit der größten Anstrengung dabei, das Clic Flächenvorhang-System auf den Markt zu bringen. Dass es noch ausgebaut werden kann, war immer klar - bis hin zur Motorisierung. Und im gestalterischen Bereich gibt es noch viele kreative Ansätze, zum Beispiel mit Farben, gebogenen Schienen und Eck-Lösungen.

Zunächst wollen wir in erster Linie das jetzige Sortiment ausgestalten und in unseren wichtigen Märkten Schweiz, Deutschland und dem restlichen Europa mit unseren bestehenden Produkten noch stärker werden.
aus BTH Heimtex 11/03 (Wirtschaft)