Fahrgassen in Hochregallagern: Welche Ebenheitstoleranzen gelten?

Wie wichtig ist die DIN 15185?

Der Bau von schmalen Fahrgassen in Hochregallagern bildet eine ebenso aktuelle wie tückische Nische im Industriebodenbau. Dafür sorgt unter anderem die DIN 15185, die nicht von Baufachleuten, sondern von Maschinenbauern formuliert wurde. Sie stellt Ebenheits-Anforderungen, die sich in der Praxis kaum gewährleisten lassen. Prof. Dipl.-Ing. Joachim Foth, Sachverständiger für Estriche, Asphalt- und Betontechnologie, weist nach, dass diese hohen Anforderungen ungerechtfertigt sind und die Staplerbeschaffenheit ebenfalls eine wichtige Rolle spielt.

Staplerhersteller und Bauherrn bestehen bei der Ausführung von Fahrgassen in Hochregallagern in der Regel auf Erfüllung der DIN 15185 - in der festen Überzeugung, dass sich nur so ein funktionierender Staplerbetrieb gewährleisten lässt. Diese Norm wurde vom Normausschuss Maschinenbau im DIN herausgegeben und betrifft Lagersysteme mit leitliniengeführten Flurförderfahrzeugen. In Teil 1 sind Anforderungen an die Regale, die Leitlinienführung, die Übergabevorrichtungen, das Lager-Vorfeld sowie an die Ebenflächigkeit des Fahrbodens definiert. Sie sind im Bauwesen allerdings weitgehend unbekannt - zumal die Herstellung von Fahrgassen für Boden- und Estrichleger keine alltägliche Aufgabenstellung darstellt.

Dabei ist die Begrenzung der Toleranzen für die Ebenflächigkeit von Böden in der DIN 15185 weitaus enger gefasst als in der DIN 18201 "Toleranzen im Bauwesen" bzw. der DIN 18202 "Toleranzen im Hochbau". Diese Normen stammen aus der Feder von Baufachleuten und sind auf die eingesetzten Baustoffe und den Ausbildungsstand im Bauhandwerk zugeschnitten. Sie einzuhalten, kann dementsprechend auch vom Industriebodenbauer verlangt und erwartet werden. Die Anforderungen der DIN 15185 an die Bodenebenheit lassen sich hingegen nur mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand umsetzen - wenn überhaupt.

Für den Estrichleger dürfte es schließlich eine nahezu unlösbare Aufgabe bedeuten, Toleranzen zu gewährleisten, die nur 50 % (66 %) der Ebenheitstoleranzen nach DIN 18202, Tabelle 3, Zeile 3 (4) aufweisen dürfen. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob die Ebenheit der Bodenoberfläche das einzige Kriterium ist, um die Funktionstüchtigkeit von schmalen Fahrgassen in Hochregallagern sicherzustellen - ob also nicht auch noch andere Faktoren wie beispielsweise die Eigenschaften der Staplerfahrzeuge Einfluss auf die Funktionstüchtigkeit des Lagerbetriebs haben.

Welche Faktoren beeinflussen die Funktionstüchtigkeit des Lagerbetriebs?

Als zentrales Element moderner Logistik-Systeme erfordert die Konzeption von Hochregallagern eine feine Abstimmung zwischen Kunden, Lagerbetrieb und Transportmittel-Park. Sie bieten bei einem vergleichsweise geringen Bedarf an Grundfläche ausgedehnte Lagermöglichkeiten und müssen gleichzeitig einen schnellen Umschlag des Lagergutes gestatten - also effektive Ein- und Ausstapel-Vorgänge ohne Rangieren des auf schmalen Wegen mit hohen Geschwindigkeiten laufenden Staplers. Es gibt Hochregallager mit bis zu 45 m Höhe, bei denen an Schienen gebundene, oben und unten geführte Regal-Bediengeräte eingesetzt werden. Bis 14 m Höhe werden flurgebundene Staplerfahrzeuge eingesetzt.

Solche flurgebundenen Hochregalstapler bewegen sich zwangsgeführt mit Rädern auf mindestens 1,80 m breiten Gängen. Dabei lassen sich durch die spezielle Konstruktion des Staplers negative Einflüsse auf das Fahrverhalten nicht ausschließen: Bei den sehr schlanken Transportgeräten mit etwa 1,3 m Spurweite der Lasträder können angesichts von Lasthöhen bis 14 m Instabilitäten auftreten. Hinzu kommen kritische Kräfte aus der Kopflastigkeit bei gehobener Last - insbesondere in Verbindung mit Ungleichgewichten beim Betrieb der Schwenkgabel oder beim Beschleunigen und Bremsen. Aber auch Unebenheiten in der Fahrspur tragen zur Lauf-Unruhe bei - von Verunreinigungen an Rädern und Boden bis zu bauseitigen Toleranzüberschreitungen abgesehen.

Die Ebenflächigkeit des Fahrbodens gilt immer noch als ausschließlicher Wertmaßstab für einen einwandfreien Staplerbetrieb in Hochregallagern. Geräte- oder betriebsbedingte Einflüsse bleiben hingegen unbeachtet - zumal man davon ausgeht, das Fahrverhalten von Staplern messtechnisch nicht bestimmen zu können.

Wie lassen sich gerätebedingte Funktionseinschränkungen ermitteln?

Dabei ließe sich durchaus ein Vorschlag für ein entsprechendes Verfahren finden - in Form einer digitalen, dreidimensionalen Stapler-Funktionsprüfung unter Betriebsbedingungen: Dabei werden die drei Koordinaten der Staplerbewegung während des Fahrbetriebs digital in Echtzeit gemessen und anschließend in einem CAD-System dargestellt. Dazu bedarf es allerdings eines versierten Vermessungs-Fachmannes mit entsprechender Geräte-Ausstattung. Die ausgedruckten Messergebnisse können dann ausgewertet und in eine Form gebracht werden, die eine zuverlässige Bewertung von Stapler und Fahrgasse zulässt.

Mit dieser Methode liegen bereits Erfahrungen aus etwa 6.000 Messungen auf rund 2.000 Laufmetern Schmalgängen vor. Dabei wurde zunächst die Oberflächenebenheit der Fahrspuren gemäß DIN 15185 gemessen - allerdings nicht nach konventionellem Nivellement mit Messband und Latte, sondern mit einem digitalen Abtaster. Hierbei handelt es sich um ein fahrbares Messgerät, das die Langwelligkeit des Bodens im Fahrspurbereich und die Höhenunterschiede der beiden Fahrspuren gleichzeitig ermittelt. Das Verfahren gestaltet sich weitaus kostengünstiger und liefert engmaschige Informationen im Zentimeter-Abstand. Anschließend wurden die Gassen mit belasteten Staplern in maximaler Geschwindigkeit befahren und dabei digital die Auslenkungen des oberen Teils des Hubgerüstes erfasst - der sogenannten Mastspitze.

Negativeinflüsse durch Bodenunebenheiten geringer als erwartet

Dabei zeigte sich, dass der Einfluss der Bodenunebenheiten auf die seitlichen Ausschläge der Mastspitze weitaus geringer ausfiel als bislang vermutet. Das belegt eine durchaus repräsentative Beispielmessung in einem Hochregallager mit 21 Fahrgassen. Die Ebenheit des Fußbodens in den Fahrgassen entsprach hier weitgehend DIN 18202, Tabelle 3, Zeile 4 - wobei die Toleranzen mit einer Häufigkeit von 1 % überschritten wurden. Die Toleranzen nach DIN 15185 wurden hingegen mit einer Häufigkeit von 6 % bis 72 % überschritten - im Mittel also mit einer Häufigkeit von 28 %.

Trotzdem waren bei den Messungen lediglich in folgendem Umfang Ausschläge der Mastspitze festzustellen:

- 50 mm nur bei maximal 9 % aller Messungen,
- 60 mm nur bei maximal 3 % aller Messungen,
- 70 mm nur bei 20 von 6.000 Messungen (ca. 0,30 %),
- 70 mm nur bei 3 von 6.000 Messungen (ca. 0,05 %),
- 100 mm bei keiner Messung.

Das bedeutet: Obwohl die Toleranzen der DIN 15185 mit einer Häufigkeit bis zu 72 % überschritten wurde, ist die Funktion des Staplerbetriebs nicht in Frage gestellt. Sie ist nämlich erfahrungsgemäß solange einwandfrei vorhanden, wie das Spiel des Hubgerüstes samt Ladung ausreichend kleiner ist als der Freiraum zwischen Außenkante Fördergerät und Regalböden, aus denen die Paletten meist rund 10 cm in die Regalgassen hineinreichen.
Ebenheits-Anforderungen der Maschinenbauer ungerechtfertigt

Die hohen Anforderungen der DIN 15185 an die Ebenflächigkeit der Fahrgassen sind demnach nicht gerechtfertigt. Es reicht hingegen völlig aus, spurunabhängig eine Fahrgassen-Ebenheit nach Zeile 4 der DIN 18202 zu fordern und auszuführen - die sich auch eher und sicherer gewährleisten lässt. Bezieht man die Grundflächen und Vorfelder der Hochregale mit ein, steht auch einem späteren Umstellen der Regale nichts im Wege.

Als zuverlässigen Maßstab für die Funktionsfähigkeit eines Hochregallagers mit Schmalgassen bietet die Mastauslenkung nach Häufigkeit und Amplitude eine gute Bewertungsmethode. Das vorgeschlagene Schwankungs-Messverfahren liefert dazu objektive Messwerte, mit denen sich alle Einflüsse auf das Fahrverhalten und deren Auswirkungen erfassen lassen. Wobei allerdings eine absolute Laufruhe zwar wünschenswert, jedoch prinzipiell als unerreichbar anzusehen ist. Dennoch lassen sich unangenehme oder gar gesundheitsgefährdende Einflüsse aus unruhigem Lauf nachweisen und durch entsprechende Gegenmaßnahmen reduzieren.

Die beiden vorgestellten Verfahren - digitale Erfassung des Fluroberflächenprofils und dynamische Schwankungsmessung - erlauben eine schnelle und zuverlässige Bewertung der Beschaffenheit und Betriebsbedingungen eines Hochregallagers. Zumal hier nicht nur ein einziges Qualitätskriterium herangezogen wird, wie bei der bisher üblichen Nachprüfung der Oberflächenebenheit in den Fahrspuren nach DIN 15185 - deren Aussagekraft zudem in Frage gestellt werden muss.

Zutreffender sind die Messergebnisse bei einer scharfen Funktionsprüfung des Staplers mit Last bei höchstmöglicher Geschwindigkeit, einschließlich Diagonalfahrt, Anfahren und Bremsen. Ihre Auswertung gibt dem Nutzer Auskunft über die tatsächlichen Möglichkeiten und Grenzen seines Lagerbetriebs, auf die er wiederum seine Planungen einstellen kann.
aus FussbodenTechnik 03/03 (Bodenbeläge)