Effektiver Feuchteschutz oder Mogelpackung?

Wie dicht sind absperrende Epoxidharz-Grundierungen?

Feuchte aus dem Verlegeuntergrund kann zu teuren Schäden führen: Kunststoffbeläge lösen sich ab und schlagen Beulen und Blasen. Parkett und Laminat quellen und verformen sich. Zum Schutz vor solchen Schäden wird vor der Bodenbelagsverlegung oft eine Sperrgrundierung auf Epoxidharzbasis aufgetragen. Aber helfen diese Produkte wirklich? Wie dicht sind solche Grundierungen? Thomsit-Entwicklungchef Dr. Udo F. Windhövel erklärt, was bei der Produktauswahl zu beachten ist.

Restfeuchte aus schwimmenden Estrichen oder kapillar aufsteigende Feuchtigkeit aus erdreichberührenden Verbundkonstruktionen kann vor allem an dampfdichten und quellempfindlichen Belägen erhebliche Schäden verursachen. Vor diesem Hintergrund bietet die Verlegewerkstoff-Industrie seit einigen Jahren spezielle Sperrgrundierungen an - in der Regel auf Epoxidharzbasis (EP-Systeme) - die vor der Spachtelung und Klebung auf den Untergrund aufgetragen werden. Sie sollen den Belag wirksam vor Feuchteeinwirkungen aus dem Untergrund schützen. Nicht jede dieser Grundierungen ist allerdings in allen Fällen in der Lage, einen effektiven Schutz vor Feuchteeinflüssen aus dem Verlegeuntergrund zu bieten. Wie lässt sich die Wirksamkeit eines Produktes beurteilen? Welche Unterschiede gibt es? Welche Vorteile und Grenzen bieten die unterschiedlichen Systeme?

Was beutet "wasserdampfdicht"?

Eine wirkungsvolle Abdichtung sollte prinzipiell "wasserdampfdicht" sein. Was unter diesem Begriff zu verstehen ist, hängt von der zugrunde gelegten Definition ab. Die Durchlässigkeit von Materialien wird grundsätzlich durch zwei Kenngrößen bestimmt:

- die "Wasserdampf-Diffusionswiderstandszahl" ( -Wert) und
- die "äquivalente Luftschichtdicke" ( Sd-Wert in Metern).

Als generell "wasserdampfdicht" gelten nach DIN 4108 Materialien, die einen Sd-Wert von 1.500 m und mehr aufweisen - deren Sperrwirkung also so gut ist, wie die einer 1.500 m dicken Luftschicht. Wobei der Sd-Wert in direktem Zusammenhang mit dem -Wert steht - Formel: Sd-Wert = -Wert x Material-Schichtdicke in Metern.

Beispiele für solche Materialien bilden Gussasphalt-Estriche , die in Kombination mit großen Schichtstärken einen sehr hohen -Wert bieten, und Metall- Folien, deren extrem hoher -Wert selbst bei geringer Schichtstärke gewährleistet ist. Bei Aluminium reicht beispielsweise bereits eine Schichtstärke von 0,05 Millimetern aus, um als "wasserdampfdicht" im Sinne der Norm zu gelten.

Dünnschichtige EP-Grundierungen wirken lediglich "dampfbremsend"

Epoxidharz-Grundierungen sind demnach nur dann wirklich dampfdicht, wenn sie in zentimeterdicken Schichten aufgetragen werden. In üblichen Auftragsmengen funktionieren sie lediglich als "Dampfbremsen". Hintergrund: EP-Systeme verfügen nur über einen begrenzten -Wert, der typischerweise bei etwa 80.000 bis 100.000 liegt.

Das schlägt sich entsprechend im Sd-Wert nieder: Wird beispielsweise eine lösemittelfreie EP-Grundierung mit einem -Wert von 80.000 in einer Gesamtdicke von rund 0,8 mm zweischichtig auf den Estrich aufgetragen, ergibt sich rechnerisch nach DIN 52615 ein Sd-Wert von lediglich 64 m (80.000 x 0,0008 m). Verglichen mit einem Gussasphaltestrich (Sd-Wert ≥ 1.500 m) erinnert dieser Wert an einen Schweizer Käse.

In der Praxis kann man mit solchen Sperrgrundierungen dennoch positive Effekte erzielen: Die nur 0,8 mm dicke EP-Grundierung lässt immerhin über 50 mal weniger Wasserdampf durch als beispielsweise eine 3 mm dicke zementäre Spachtelmasse - der also allein keine ernstzunehmende Sperrwirkung zugeschrieben werden kann.

Wie funktionieren "Dampfbremsen" auf EP-Basis?

Der vergleichsweise niedrige Sd-Wert einer "dampfbremsenden" EP-Grundierung kann sogar als wirksamer Schutz vor Schäden durch Feuchte aus dem Untergrund funktionieren - solange der verlegte Belag keine wesentlich höhere Sperrwirkung aufweist als die Grundierung selbst. Dann sorgt die "Dampfbremse" dafür, dass der Wasserdampf nicht schneller auf den Belag einströmt, als er durch den Belag hindurch diffundieren kann. Die gefürchteten Beulen und Blasen in elastischen Belägen werden auf diese Weise vermieden. Eine Auffeuchtung von Holzwerkstoffen findet nicht statt.
Bei "dampfdichten" Bodenbelägen stößt die Schutzwirkung von Sperrgrundierungen auf EP-Basis hingegen an Ihre Grenzen. Doch auch hier gibt es Unterschiede: Ein dicker Gummibelag ist aufgrund seines vergleichsweise hohen Sd-Wertes auf jeden Fall kritischer zu bewerten als dünne Polyolefin- oder PVC-Beläge mit deutlich niedrigeren Sd-Werten. Ein dünner CV-Belag in der Küche erfordert weniger Sperrmaßnahmen als ein dicker, homogener PVC-Objektbelag. Grundsätzlich gilt: Je höher der Sd-Wert des Oberbelags, um so anspruchsvoller sollte die Absperrung ausfallen. Beläge mit hohem Sd-Wert erfordern also auch Absperrungen mit entsprechend hohem Sd-Wert.

Welche Alternativen stehen zur Auswahl?

Neben den etablierten lösemittel- und wasserfreien EP-Grundierungen werden auch preisgünstige Alternativen in Form wasserhaltig formulierter EP-Systeme angeboten sowie wasserhaltige Produkte auf chlorchemischer Basis. Hinzu kommen spezielle Folien, die als besondere Problemlösung gegen Feuchtigkeit ausgelobt werden. Wie sind diese Alternativen unter Funktions- und Nutzenaspekten zu bewerten? Chlorhaltige Latexsysteme funktionieren nach unseren Erfahrungen tadellos. Der bei der Aushärtung entstehende, teflonartige Film zeigt selbst in dünner Schicht eine sehr gute Sperrwirkung - sie ist typisch für chlorchemische Polymere. Auch hier muss allerdings wie bei Epoxidharzen zweimal grundiert und der noch nasse zweite Auftrag zur besseren Anbindung der nachfolgenden Spachtelmasse abgesandet werden. Preislich bewegen sich "Chlorlatex-Dampfbremsen" auf einem vergleichbar hohen Niveau wie die bewährten EP-Systeme.

Vorsicht bei wässrigen EP-Systemen

Deutlich preisgünstiger als die "reinen", lösemittel- und wasserfreien EP-Produkte sind die jüngeren, wasserhaltigen und wasserverdünnbaren Epoxid-Grundierungen. Sie sollen nach Herstelleraussagen dennoch eine vergleichbare Sperrwirkung bieten - blieben den entsprechenden Nachweis in unseren Laborprüfungen allerdings schuldig. Wir fanden nur bestätigt, was schon die Physik lehrt: Der entscheidende Sd-Wert lässt sich bei gleichem -Wert nur über die Werkstoffdicke erhöhen. Und die sinkt natürlich mit der Verdünnung.

Hier liegt der entscheidende Knackpunkt wässriger EP-Grundierung: Wir führen den Preisvorteil auf eine bis zu 75-prozentige Verdünnung mit Wasser zurück. Bei zu großer Verdünnung muss jedoch die Sicherheit auf der Strecke bleiben. Denn nach den physikalischen Gesetzmäßigkeiten kann der verbleibende "Wirkstoffanteil" von 25 % prinzipiell auch nur eine etwa 25-prozentige Sperrwirkung entfalten.

Wir bezeichnen wasserverdünnte EP-Dampfbremsen, die als gleichwertige Alternative zu lösemittel- und wasserfreien EP-Sperrgrundierungen angeboten werden, daher als "Mogelpackung" und raten zu sorgsamem Umgang mit entsprechenden Produkten.
aus FussbodenTechnik 02/03 (Bodenbeläge)