Vorwerk

Der Teppichboden, der denken kann

Der interaktive Teppichboden kommt: Vorwerk und Halbleiterhersteller Infineon arbeiten gemeinsam am sogenannten Thinking Carpet, einem elektronisch vernetzten High Tech-Teppichboden, der "mitdenkt", sprich selbstständig Funktionen im Bereich der Alarm-, Klima-, Steuerungs-und Wegeleittechnik übernimmt. Dazu werden Mikrochips - zur Zeit noch 3,5 x 3,5 cm groß, bis 2007 sollen sie auf 7 mm verkleinert werden - in die Rückenbeschichtung des Teppichbodens integriert, miteinander vernetzt und von einem Rechner gesteuert. Vorteil: Sie sind nicht nur unsichtbar, sondern können mehrere, auch unterschiedlich sensorische Signale parallel erfassen und auswerten.

Wie das in der Praxis funktionieren könnte, erklären Vorwerk-Geschäftsführer Johannes Schulte, Infineon-Projektleiterin Christel Lauterbach und Vorwerk-Marketingleiter Thomas Weber: Die Mikroprozessoren sind über haarfeine Kupferdrähte miteinander verbunden, einer am Teppichrand ist an den Computer angeschlossen, auf dessen Monitor das gesamte Netzwerk erscheint. Wird ein Modul berührt,leuchtet sein entsprechendes Feld auf dem Monitor auf.

Das heißt konkret: Die Drucksensoren können Alarm auslösen, sobald eine Sicherheitszone betreten wird - etwa bei einem Einbruch in einer Bank. Oder sie melden, wenn ein Patient im Krankenhaus oder ein Bewohner im Altenheim hinfällt und nicht wieder aufsteht. Oder sie aktivieren Licht oder Klimaanlage, sobald jemand einen Raum betritt.

In Verbindung mit bruchsicheren LED-Modulen wird der Bodenbelag zum leuchtenden Richtungsweiser, markiert den Weg zum Notausgang oder führt Besucher zu ihrem Ziel.

Das Besondere ist, dass sich das Netzwerk selbst organisiert, sprich, wenn eine Leitung oder ein Modul ausfallen, erkennt das System den Fehler und umgeht den Defekt. Dadurch kann der Teppichboden beliebig geschnitten, partiell ausgewechselt oder ergänzt werden.

Mit Energie kann er über jeden gängigen Stromanschluss versorgt werden. Damit er ohne sichtbare Naht verlegt und über Bahnen hinweg verbunden werden kann, werden derzeit besonders flache Steckkontakte entwickelt. Die Betriebsspannung liegt bei 12 Volt. Je nach Aufgabenstellung verteilen sich 1 bis 25 Mikrochips auf den Quadratmeter. Mit einem einzigen Rechner lassen sich Räume bis zu 100 qm Größe versorgen. Sicherheit wird dabei groß geschrieben, betonen die Verantwortlichen: Auch bei Beschädigungen des Teppichbodens bestünde keinerlei Verletzungsgefahr, ein intelligentes Sicherheitssystem sorge zusätzlich dafür, dass auch bei Kontakt mit Feuchtigkeit nicht ein Kurzschluss das gesamte System lahm legt. Feuchte Bereiche werden vielmehr automatisch ausgeschaltet und nach dem Trocknen wieder in Betrieb genommen.

Bis der mitdenkende Teppichboden marktreif ist, dauert es nach Schätzungen von Dr. Werner Weber, Leiter des Infineon-Technologielabors noch zwei Jahre. 2007 wird als Markteinführung angepeilt. Erster Kunde wird übrigens Infineon selbst sein: Die ersten Quadratmeter des Teppichbodens werden in der neuen Unternehmenszentrale in München verlegt.


Was ist der Thinking Carpet?

Produkt: Teppichboden mit integriertem elektronischem Netzwerk für Sensorfunktionen; Struktur, Design und Farbgebung des Belages sind frei wählbar.
Rücken: Textilrücken plus speziell entwickeltem Zweitrücken aus Spezialgewebe mit integriertem Netzwerk.
Gesamthöhe: ca. 10 mm, davon ca. 2 mm Modulhöhe (2004), die bis 2007 auf 0,3 mm reduziert werden soll.
Module: Aktuelle Modulgröße 3,5 x 3,5 cm, bis 2007 Siliziumchips im Format 7 mm
Sensorik: im Prototyp Berührung, weiterhin möglich sind Druck, Rauch, Feuer, Luftfeuchtigkeit, Licht, Temperatur, Geräusch etc.
Abtastung: 1 bis 25 Module pro Quadratmeter
Vernetzung: über leitfähige Kupferfasern im textilen Rücken
Spannung: 12 Volt über Netzteil
Steuerung: PC mit spezieller Software
Maximale Netzwerk-Größe: 9.999 Module pro serieller Schnittstelle
Maximale Teppichgröße: abhängig von Moduldichte
Markteinführung: Voraussichtlich 2007
aus BTH Heimtex 12/04 (Sortiment)