Textilkonjunktur

Positiver Ausblick

Berlin - Der seit einigen Monaten anhaltende Trend setzt sich fort: Nach einer stürmischen Erholung Anfang 2010 verharrt die Umsatzentwicklung bei Textil und Bekleidung auf dem Niveau vom Ende 2008. Insgesamt gesehen konnte die Krise bei den Umsätzen also noch nicht überwunden werden, und zwar sowohl bei Textil als auch bei Bekleidung, wenn auch die Muster der Entwicklung bei den Umsätzen unterschiedlich verlaufen.

Bekleidung ist im Vergleich zu Textil volatiler und der Auslandsumsatz spielt im Vergleich zu Bekleidung bei Textil derzeit keine tragende Rolle. Vor allem aber verläuft die Konjunktur bei Textil sehr differenziert: Die Vergleiche zum Vorjahreszeitraum sprechen für sich: Meistens verzeichnen die Segmente zweistellige Umsatzzuwächse, bei Vliesstoff sogar +39 Prozent. Allerdings werden dort jeweils die Summen der ersten neun Monate verglichen, was für einen echten Jahresvergleich aufgrund des konjunkturbedingten Auf und Ab relativiert werden muss.

Betrachtet man das saisonbereinigte Umsatzniveau und untersucht den dahinter stehenden Beitrag der einzelnen Segmente hierzu, so bleibt die Kernaussage die gleiche wie beim Vergleich der Vorjahreszeiträume: Die technischen Textilien sind nicht nur sehr gut, nämlich mit Umsatzsteigerungen von bis zu 5 Prozent durch das Jahr 2009 gekommen, sie tragen in entscheidendem Maße die Konjunktur des Jahres 2010. Hier sind wiederum die Vliesstoffe zu nennen, die 2010 per September über 11 Prozent Umsatzzuwachs verzeichnen konnten, seit Anfang 2009 sogar über 20 Prozent. Damit hat zumindest die Vliesstoffindustrie das Vorkrisenniveau weitgehend wieder erreicht. Ähnlich stetig, wenn auch noch nicht wieder auf Vorkrisenniveau, verliefen auch die Entwicklungen anderer großer Teilsegmente wie die Spinnereien und weite Teile der Heimtextilien. Zurzeit unterdurchschnittlich verläuft die Entwicklung der Webereien.

Stimmung und Auftragslage lassen die Aussichten für das letzte Quartal insgesamt positiv erscheinen. Wir gehen weiterhin davon aus, dass 2010 beim Umsatz insgesamt das Vorkrisenniveau nahezu erreicht wird. Eine Eintrübung des positiven Ausblicks resultiert aus der Tatsache, dass insbesondere bei Textil, weniger bei Bekleidung, die Auslandsnachfrage in den vergangenen Monaten kein entscheidender Treiber mehr war. Da auch die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute davon ausgehen, dass die positiven Konjunkturerwartungen auf einer anziehenden Inlandsnachfrage für 2011 beruhen, es also gesamtwirtschaftlich bei dieser Entwicklung bleiben wird, wären die exportabhängigen Segmente in diesem Fall unter Druck; positive Impulse könnten sich hingegen für die Heimtextilindustrie ergeben.

Der Branchenumsatz liegt in den ersten neun Monaten insgesamt um 8,2 Prozent höher als per September 2009, wobei Textil mit +16,9 Prozent mehr Umsatz, Bekleidung hingegen mit -1,9 Prozent weniger Umsatz als im Vorjahreszeitraum verzeichnet. Es ist erkennbar, dass die Krise die Bekleidungsumsätze erst Mitte 2009 mit voller Wucht getroffen hat und die Unterschiede daher auch auf dem gewählten Vergleichszeitraum beruhen. Die Textilindustrie insgesamt stagnierte während der vergangenen Monate. Bei der Bekleidung ergibt sich in den vergangenen Monaten - mit Ausnahme der Arbeits- und Berufskleidung sowie Strumpfwaren und Lederbekleidung - eine eher enttäuschende Umsatzentwicklung, die in auffälligem Gegensatz zur anhaltend guten Stimmung steht. Allerdings ist die Entwicklung bei Bekleidung sehr viel volatiler als bei Textil; die sehr positive Entwicklung im Monat September zeigt dies.

Dem gegenüber sinkt die Beschäftigung: Im Durchschnitt der Monate Januar bis September 2010 hatte die Branche mit insgesamt -6,8 Prozent weniger Beschäftigte im Inland im Vergleich zum Vorjahr (Textil -6,5 Prozent, Bekleidung -7,3 Prozent). Auch wenn die Beschäftigung ein zeitlich nachlaufender Indikator ist, so kann der noch junge Aufschwung den vom Strukturwandel geprägten Rückgang der Beschäftigtenzahlen nicht kompensieren. Für die Branchen insgesamt gehen wir von ca. 123.000 Beschäftigten aus, da die Beschäftigtenzahlen zurzeit steigen. Ohne Kurzarbeit wäre dies sicherlich noch gravierender ausgefallen: Seit dem Höhepunkt der Krise hat sich die Zahl der Kurzarbeiter (bis März 2010, neuere Daten liegen nicht vor) in einer Größenordnung von etwa 10.000 vermindert.

Ein gespaltenes Bild bietet die inländische Produktion: Sie ist im Vergleich der Monate Januar bis September 2010 zum Vorjahreszeitraum bei Textil positiv: (+12,6 Prozent) und bei Bekleidung negativ (-2,4 Prozent). Auch die inländische Produktionsentwicklung beinhaltet insbesondere im Segment der Bekleidung eine starke Strukturkomponente, so dass sie hier nur eingeschränkt Auskunft über die Konjunkturlage geben kann. Die Auftragseingänge sind im Vergleich per September 2010/2009 deutlich höher, wenn auch in den letzten Monaten gebremst: +13,0 Prozent bei Textil und +3,7 Prozent bei Bekleidung. Die monatlichen Vergleichszahlen lauten: +12,1 Prozent bzw. +1,5 Prozent bei Bekleidung.

Die Erzeugerpreise steigen wieder leicht an: Bei Textil +2,2 Prozent und bei Bekleidung +1,2 Prozent im Monat September verglichen mit dem Vorjahresmonat; im Vergleich der ersten neun Monate des Jahres um +0,8 Prozent bei Textil und bei Bekleidung. Der Einzelhandel entwickelt sich insgesamt 2010 für den Bekleidungseinzelhandel positiv (+2,2 Prozent) jedoch unter der Entwicklung im gesamten Einzelhandel (+3,4 Prozent). Der Außenhandel ist im Jahresvergleich der ersten neun Monate bei Textilexporten und -importen positiv (+12,5 Prozent, bzw. +11,4 Prozent). Bei Bekleidung ist dies (noch) nicht der Fall. Die Exporte sinken hier um -0,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, die Importe steigen um +4,3 Prozent. Der Einfuhrüberschuss liegt um 7,4 Prozent höher als im Vorjahreszeitraum.

Die positive Stimmung in der gewerblichen Wirtschaft hält an, insgesamt folgt dem auch unsere Branche, wenn auch etwas knapper als in der gewerblichen Wirtschaft insgesamt. Sowohl Erwartungen als auch Einschätzung der Lage sind bei Textil und Bekleidung seit Monaten stabil und positiv. Dies und die relativ stabilen Auftragseingänge begründen den nach wie vor positiven Konjunkturausblick.
aus Haustex 01/11 (Haustextilien)