Problematisches Urteil

Köln - Schon wieder hat der Bundesgerichtshof ein aus Branchensicht problematisches Urteil (VIII ZR 337/09) zur Wertersatzpflicht bei Widerruf eines Fernabsatzvertrags gefällt.

Während vor kurzem der BGH das Öffnen einer Kosmetiktube und die Entnahme einer geringen Menge Creme - als adäquat zum Testen der Kosmetika im Ladenlokal - beurteilte und damit trotz entgegenstehender AGB des Handels die wertersatzfreie Rücksendung bejahte, hatte er sich nun mit einem Wasserbett zu beschäftigen. Dieses war per Versand geliefert, vom Kunden montiert und zu Testzwecken mit Wasser befüllt worden. Nach fristgerechtem Widerspruch gemäß Fernabsatzrecht wurde das Teil zurückgeschickt. Die Forderung des Händlers an den Besteller, Wertersatz in Höhe von rund 80 Prozent zu leisten, da ein einmal gefülltes Wasserbett nicht mehr verkäuflich sei, lehnte der BGH ab.

Begründung: Trotz des vom BGH zugestandenen möglichen Wertverlusts gebe die EU-Richtlinie zum Fernabsatzrecht dem Verbraucher die Möglichkeit, die Ware zu prüfen und so zu testen, wie dies auch im Geschäft (Probeliegen) möglich gewesen wäre. Dies beinhalte auch die Ingebrauchnahme, selbst wenn sie zu einer Wertminderung der Ware führe.

Für einen denkbaren Streitfall beim Modekauf lässt dieses Urteil keinen positiven Ausgang für den Verkäufer vermuten. Sollte ein Ende Dezember bestelltes Cocktailkleid oder ein Smoking nach Sylvester wieder zurückgeschickt werden, müsste es wohl schon deutliche Gebrauchsspuren aufweisen, um ein Nutzungsendgelt erstreiten zu können. Sollte auch künftig diese strenge Rechtsprechung trotz der politischen Bemühungen des Versandhandels Bestand haben, könnte das Versand- und Online-Geschäft erhebliche wirtschaftliche Einbußen erleiden.

Hinweis: Einen gewissen Schutz vor notorischen "Widerrufern" schafft nur eine entsprechende Sperrliste. Schließlich ist es rechtlich jederzeit möglich, eine Bestellung ohne Angabe von Gründen abzulehnen. Datenschutzrechtlich unzulässig ist es wahrscheinlich, solche Sperrlisten mit Kollegen auszutauschen.
aus Haustex 01/11 (Recht)