Internationale, in Deutschland wenig bekannte wissenschaftliche Untersuchungen belegen

Daunen- und Federbetten sind weder Allergieauslöser noch -verstärker

HERFORD - "Kein Zugang für Milben. - Federbetten helfen gegen Asthma." So lauteten die Überschriften eines kurzen Textes von Autor Frank Erdnüss, zu lesen im Wissenschaftsteil der Süddeutschen Zeitung im März dieses Jahres.

Der Artikel bezog sich auf eine Studie australischer Wissenschaftler, welche die Schlafgewohnheiten von mehr als 850 Kindern mit einer Neigung zu allergischem Asthma vom ersten Lebensmonat an beobachtet haben (angegebene Quelle: Epidemiology, Bd. 14, S. 37, 2003). Danach sollen Federbetten für Asthmakranke besser geeignet sein als synthetisch gefüllte Bettwaren, weil sie nachweislich weniger Hausstaubmilben enthalten. Als wahrscheinliche Ursache dafür wurden die Bezugsstoffe genannt, die dichter gewebt sind als die von Synthetikbetten und auf diese Weise als mechanische Barriere gegen eindringende Hausstaubmilben wirken.

Diese Ergebnisse müssen verblüffen, denn die Verbraucher haben in den letzten Jahren beim Kauf von Bettwaren verstärkt zu synthetisch gefüllten Bettwaren gegriffen, auch wegen der bis heute von zahlreichen Medizinern propagierten Annahme, dass Synthetikbetten eine geringere Allergenbelastung aufweisen als Daunen- und Federbetten. Ein Grund für die HAUSTEX-Redaktion, intensiver zu recherchieren, ohne dabei die Synthetik- oder die Daunen-Brille aufzusetzen, was angesichts der schwierigen Marktsituation im gesamten Bettwarenbereich sowieso purer Energieverschwendung gleichkommt. Lediglich von einer konzertierten Aktion mit der Kernaussage "Gute Qualität zu ehrlichen Preisen" würden mittelfristig beide Füll-Fraktionen sowie Handel und Verbraucher gleichermaßen profitieren. - Aber das ist ein anderes Thema und wird mit Blick auf die divergierenden Einzelinteressen wohl auch in Zukunft ein frommer Wunsch bleiben!

Die von Frank Erdnüss zusammengefasste Studie war jedenfalls trotz ausgiebiger (Internet-)Recherche nicht zu bekommen, weshalb sich unsere Leser an dieser Stelle auf die journalistische Seriosität der Süddeutschen Zeitung verlassen müssen. Stattdessen ist der Verfasser bei seiner multimedialen Suche nach vermeintlichen Zusammenhängen zwischen dem Gebrauch von Bettwaren mit Daunen- oder Federfüllung und dem Auftreten von allergischen Reaktionen bzw. Atemwegserkrankungen auf eine ganze Reihe aktueller internationaler Untersuchungen gestoßen, die eines klar belegen: Die obsolete Empfehlung an Allergiker, Synthetik-Bettwaren zu verwenden, entbehrt jeder wissenschaftlichen Grundlage, zumal Daunen- und Federbetten in Verbindung mit allergischen Reaktionen sogar einen schützenden Effekt haben können.

Zunahme von allergischen Erkrankungen

Allergische Erkrankungen wie Asthma, Heuschnupfen und Neurodermitis haben in den letzten Jahrzehnten weltweit stark zugenommen; und es gibt diverse Theorien, welche die Zunahme von Asthma und Allergien sowie die erhöhte Sensibilisierung der Bevölkerung für diese Erkrankungen aus unterschiedlichen Blickwinkeln erklären. Vor allem die Industrienationen verzeichnen zwar eine abnehmende Luftbelastung durch industrielle Abgase, aber parallel dazu eine immense Zunahme der Luftverschmutzung durch Autoabgase.

Auch die Ernährung hat sich grundlegend geändert. Exotische Nahrungsmittel ergänzen ganz selbstverständlich den täglichen Speiseplan, und der Konsum von fertig zubereiteten Lebensmitteln nimmt zu. Die Belastung der Nahrungskette durch Antibiotika und Spritzmittel zur Bekämpfung von Erkrankungen, Schädlingen und Unkraut gilt inzwischen als normal. Außerdem wurde der Immunstatus der Bevölkerung durch gezielte Impfprogramme verändert.

Das Wohnumfeld unterliegt ebenfalls einem massiven Wandel. Das gesteigerte Energiebewusstsein sorgt zwar für bessere Isolierungen, unterbindet jedoch weitestgehend den Austausch zwischen Außen- und Innenluft. Das Resultat besteht in einem feucht-warmen Wohnklima, das wiederum das Wachstum von Hausstaubmilben begünstigt. Die stellen im Wohnbereich neben Schimmelpilzen und Haustieren die für Allergiker relevanteste Allergenquelle dar. Die Milben ernähren sich von menschlichen Hautschuppen, Pilzen, Bakterien und anderem organischen Material, wobei nicht die Milben selbst, sondern deren Kot Allergie auslösend wirkt. Insgesamt existieren sieben verschiedene Milbenallergene, die sich in der Regel nur in der aufgewirbelten Raumluft nachweisen lassen. Die größten Ansammlungen von Milbenallergenen befinden sich in Teppichen, Polstermöbeln, Bettwaren und hier besonders in Matratzen. Der Zusammenhang zwischen dem Auslösen von Asthmasymptomen und dem Vorhandensein von Hausstaubmilben ist unstrittig. Kleinste Mengen der Milbenallergene reichen bereits aus, um bei sensibilisierten Personen die Asthmasymptomatik in Gang zu setzen. Im Gegensatz dazu hat sich herausgestellt, dass das in Federn enthaltene Keratin als Allergen eine zu vernachlässigende Rolle spielt.

Vorurteile gegenüber Daunen und Federn absolut unberechtigt

Außer einer umfangreichen Literaturliste liegt der HAUSTEX-Redaktion ein kleines Kompendium vor, in welchem die Fragestellungen, methodischen Schritte und Resultate verschiedener einschlägiger Untersuchungen zu dem von Frank Erdnüss angerissenen Themenkomplex zusammengefasst wurden. Eine dieser Studien soll an dieser Stelle näher vorgestellt werden:

"Feather bedding and house dust mite sensitization and airway disease in childhood" lautet der Original-Titel einer von mehreren Autoren verfassten Forschungsarbeit, die im Juni 2002 veröffentlicht wurde (Fachjournal J. Clin Epidemiol 2002 June; 55(6): 556-562). Der Untersuchungsgegenstand der Arbeit bestand darin, zu ermitteln, ob die Verwendung von Bettwaren mit Daunen- oder Federfüllung mit einer geringeren Sensibilisierung gegenüber Hausstaubmilben-Allergenen und/oder reduzierten Atemwegssymptomen bzw. einer verbesserten Lungenfunktion bei gegenüber Hausstaubmilben sensibilisierten Kindern verbunden ist.

Insgesamt 498 Kinder der Jahrgänge 1988/89, die 1997 im Norden Tasmaniens, dem kleinsten australischen Insel- und Bundesstaat lebten, nahmen an der Studie teil. Dabei waren 84 Prozent der ermittelten Daten verwertbar. Bei den Kindern wurde die Lungenfunktion überprüft, und sie mussten sich Prick-Tests (Haut-Ritz-Tests) zur Bestimmung einer möglichen Sensibilisierung gegenüber Hausstaub- und Mehlmilben, Katzen, Hunden, Schimmelpilzen, Gräsern, Kuhmilch, Eiern und Erdnüssen unterziehen. Parallel dazu wurden die Eltern der Kinder per Fragebogen nach Asthma, Giemen (typisches Atemgeräusch bei allergischem Asthma) sowie häuslichen Umweltbedingungen wie der Ausstattung der Kinderbetten und dem Tabakkonsum im Haushalt befragt. Die methodisch aufwändige Studie genießt in Expertenkreisen einen hohen Stellenwert, weil sie eine Vielzahl von Parametern aufgreift und statistisch exakt erfasst.
Die Autoren erforschten zunächst die Verbindung zwischen der Sensibilisierung gegenüber Hausstaubmilben und den verschiedenen Atemwegssymptomen, um diejenigen Symptome herauszufiltern, die eine Sensibilisierung am besten widerspiegeln. Ein krankhaftes, den Sprachfluss hemmendes Atemgeräusch sowie eine Zunahme dieses Atemgeräusches innerhalb der letzten zwölf Monate galten als sichere Indizien für eine Sensibilisierung gegenüber Hausstaubmilben. Außerdem wurde die Nutzung von Federbetten automatisch mit einer bereits vorhandenen Sensibilisierung gegenüber Hausstaubmilben verknüpft, so dass die Wahrscheinlichkeit gering war, durch den Gebrauch eines Federbettes eine im Vorfeld nicht erkennbare Sensibilisierung gegenüber Hausstaubmilben zu erleiden.

Auf jeden Fall zeigten diejenigen Kinder, die unter einem Federbett schliefen, geringere Sensibilisierungsreaktionen als ihre Altersgenossen, die ein Synthetikbett oder eine Wolldecke nutzten. Auch die zuvor ermittelten Atemwegssymptome fielen bei den Nutzern eines Federbettes schwächer aus als bei den anderen Kindern. Darüber hinaus benötigten diejenigen Kinder, die Federbetten verwendeten, weniger Medikamente zur Bekämpfung asthmatischer Entzündungen des Bronchialsystems. Als Resümee bleibt festzuhalten: Die beschriebene Studie hat gezeigt, dass Kinder, die Federbetten nutzen, nur mit geringer Wahrscheinlichkeit gegenüber Hausstaubmilben sensibilisiert und mit ebenso geringer Wahrscheinlichkeit von schweren Asthmasymptomen betroffen sein werden. Deshalb stützen die Autoren die bereits in etlichen anderen Arbeiten geäußerte Vermutung, dass Bettwaren mit Daunen- und Federfüllung sogar einen schützenden Effekt gegenüber allergischen Erkrankungen und Asthma aufweisen. Die Wissenschaftler forderten jedoch - wie inzwischen geschehen - zusätzliche Untersuchungen zur Absicherung ihrer Vermutung.

Zweifelsfrei festzuhalten bleibt, dass (ärztliche) Empfehlungen, Allergiker sollten besser Synthetik-Bettwaren verwenden, jeder wissenschaftlichen Grundlage entbehren. Dies gilt um so mehr, als weitere Studien eindeutig beweisen, dass sich Daunen- und Federbetten auch in puncto Waschbarkeit und Tierallergen-Befall mit Synthetikbetten mehr als messen können. Selbstverständlich haben beide Produktgruppen, ungeachtet ihrer besonderen Stärken und Schwächen, ihre Marktberechtigung; und aus diesem Grund sollten Industrie und Handel in Zukunft gemeinsam für hochwertige Bettwaren werben und nicht nach jeweils eigenem Gusto gegen Synthetik- oder Daunen- und Federbetten polemisieren.
aus Haustex 06/03 (Haustextilien)