Sind Sie ein Orientteppich-Kenner?

Eine kleine Warenkunde

Es ist zwar wichtig, auf die Frage "Sind Sie ein Orientteppich-Kenner" möglichst mit Ja antworten zu können. Doch alles kann man gar nicht wissen. Etliches muss auch der versierte Fachmann nachschlagen, zum Beispiel im Orientteppich-Kompass mit seiner umfangreichen Fachterminologie. Diese Ratespiel dient also allen dazu, sich ständig weiterzubilden. Wohl auch, sich mal ein wenig selbst zu prüfen. Ein Fachwissen ohne Lücken gibt es nun mal nicht. Daher sind diese Fragen und Antworten ein guter und vor allem ein amüsanter Meilenstein. Wie immer versuchen wir ein Mix anzubieten zwischen Zeitgenössischem, Neuem und historischem Teppichwissen. Auch da gibt es hin uns wieder neue Erkenntnisse, die zu berücksichtigen sind. Schließlich ist der Orientteppich ein Produkt das lebt und das zugleich auf eine ungeheuer lange Historie und Tradition verweisen kann. In dieser Hinsicht gibt es weltweit keine annähernd vergleichbare Handarbeit. Eine, die zudem prägend für die jeweilige Einrichtung ist und dort meist sogar die Führung übernimmt.

Heibathlou - häufiges Dessin im Abadeh und Ghaschghai

Das signifikante, geometrisch gestaltete Heibathlou-Dessin, das den Gesamtteppich beinhaltet, wird fälschlicherweise oft Keibathlou genannt. Es hat seinen Ursprung wohl in den Knüpfungen der Ghaschghai-Nomaden Südpersiens, ist aber auch häufig in den Teppichen der Afscharis und manchmal, allerdings stark abgewandelt, auch in denen der benachbarten Luren anzutreffen. Bekannt und verbreitet wurde es jedoch durch die Provenienz Abadeh, von deren drei Basisdessins das Heibathlou um die siebzig Prozent abdeckt. Mit ihm werden Brückenformate, Läufer und Teppiche bis maximal sieben Quadratmeter Größe gestaltet.

Das eigenwillige Heibathlou-Dessin ist sehr einprägsam und hält seit Jahrzehnten stur fest an seinem Stil und seiner althergebrachten Aufteilung: Ein zentrales, meist rhombenförmiges Mittelmedaillon wird grundsätzlich begleitet von vier rosettenartigen Eckmotiven. Dieses Eckmotiv schmückt manchmal auch das Innere des Medaillons. Ebenfalls typisch ist die Gestaltung des Mittelfeldes, das von Haupt-, Neben- und Mitläuferbordüren umrahmt wird. Das Innenfeld wird immer geschmückt von kleinen, oft stark geometrisierten Ornamenten animalischer oder pflanzlicher Herkunft. Vielfach ist zu beobachten, dass die Längssymmetrie mißachtet wird und abgebildete Tiere über die Gesamtlänge des Dessins sämtlich mit den Füßen in eine Richtung weisen, meist zum Knüpfbeginn.

In den siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts wurde das Heibathlou-Dessin auch in Indien kopiert.


Keschan - persische Orientteppichprovenienz

Die Provenienz Keschan, Iran, manchmal auch Kaschan geschrieben, was der englischen Sprachweise entspricht, wird in dieser Ausgabe ausführlich erläutert.


S-Drehung - Spinnrichtung eines Garns

Wird aus einem Faserrohstoff Garn gesponnen, also mehrere Monofile so miteinander verdreht, dass sie einen reißfesten Gesamtfaden bilden, verläuft dessen Spinnrichtung entweder rechts oder links herum. Erfolgt die Drehung so, dass die Drehungslinien auf der Garnoberseite ein S bilden, spricht man fachlich von S-Drehung. Der Ausdruck Rechtsdrall ist ebenfalls gebräuchlich. Die Fachbezeichnung S-Drehung ist im Orientteppichbereich ausschließlich gebräuchlich bei Strukturanalysen von Knüpfteppichen und Flachgeweben.


Tschintamani - auch Dreikugelmotiv genannt

Das stark abstrahierte Muster zeigt immer zwei kurze, parallel laufende Wellenlinien, wahrscheinlich Wolkensymbole, über denen drei pyramidenförmig angeordnete Punkte thronen. Daher die Bezeichnung Dreikugelmotiv.

Es taucht schon im 3. Jahrhundert auf sassanidischen Bannern auf, woraus zu schließen ist, dass die Ursprünge des Tschintamani sehr wahrscheinlich noch weiter zurück liegen. Mit ziemlicher Sicherheit stammt es jedoch ursprünglich aus dem innerasiatischen Raum, was dazu führte, in ihm eine chinesische oder zumindest von dort beeinflusste Herkunft zu vermuten. In dieser Annahme wird es heraldisch als Blitz und Donner oder auch als Wolke und Mond interpretiert.
Seine Abstraktion und uralte Geschichte machen es schwer, den Symbol- und Sinngehalt verläßlich zu erfassen, so dass sich die Kunsthistoriker über die Bedeutung uneins sind. Der Kunsthistoriker Wilhelm von Bode sah im Tschintamani eine Abstrahierung des Pantherfells und zwar mit Hinweis auf die turanischen Herrscher der Vorzeit, die diesen Schmuck als Zeichen ihrer Würde trugen. In Innerasien lebt heute noch der Schneeleopard. Von einigen wird das Tschintamini Dschingis Chan (1156-1227) als dessen Tamgha zugeschrieben. Tamghas sind Brandzeichen mit denen die viehzüchtenden Turk- und Mongolenstämme Innerasiens ihren lebenden und toten Besitz brandmarkten. Bekannt ist, dass Timur Lenk (1387-1405), der im Abendland auch Tamerlan genannt wird, das Tschintamani als sein ureigenes Stammeszeichen beanspruchte und mit ihm die Behauptung verband, er sei ein Nachfahr Dschingis Chans und genealogisch der allein berechtigte, dieses Wappen zu führen zu. Als Zeichen seiner Herrschaft ließ Timur sein Tschintamani in allen von ihm eroberten Gebieten als Symbol seiner Macht und Schreckensherrschaft aufpflanzen. Später wurde dieses Muster als Gestaltungselement von den osmanischen Sultanen vereinnahmt. Es findet sich unter anderem auf einem Brokatornat von Sultan Selim I. (1512-1520). Seit dieser Zeit taucht es auch in Teppichen durchgängig bis heute auf.


Kaschghulibaff - zeitgenössische Orientteppichprovenienz aus dem Süd-Iran

Der Provenienzname Kaschghulibaff ist erst neueren Datums und bezeichnet Orientteppiche, die der Tradition der Ghaschghai-Knüpfungen folgen, jedoch im Gesamtbild viele Neuerungen und Weiterentwicklungen zeigen. In Fachkreisen gelten die Kaschghulibaffs gewissermaßen als veredelte Nachfolger der Gabbehs.

Beide Knüpfteppichtypen werden zur Hauptsache vom Gaschghai-Großstamm der Kaschghulis geknüpft. Ihre älteren werden zur Unterscheidung Kaschghuli-Ghaschgai genannt. Die Zusatzsilbe "baff" bedeutet soviel wie Teppichknoten, also frei übersetzt: Kaschghuli-Knüpfung. Die Provenienzbezeichnung ist jedoch mehr als Gattungsname zu verstehen, denn dieser Teppichtyp wird mittlerweile auch von anderen, in der Provinz Fars ansässigen Ethnien geknüpft. Daher auch die allerdings selten auftauchende Bezeichnung Fars(i)baff für diesen Teppichtyp.

Wie der Flor bestehen Kett- und Schussgarne traditionell ebenfalls aus Schafwolle. Dennoch gibt es vereinzelt auch Grundgewebe aus Baumwolle. Geknüpft wird mit dem Türkischen Knoten, auch Gördes, Turkbaff oder Symmetrischer Knoten genannt. Die Knüpfdichten liegen normalerweise zwischen 80.000 und 120.000 Knoten/qm. Hin und wieder tauchen jedoch auch feinere Knüpfungen mit gut 150.000 Knoten/qm im Handel auf. Farben und Dessins verweisen eindeutig auf die Vorläufer, die bereits erwähnten Ghaschghai-Knüpfungen der verschiedenen Gliedstämme.

Kaschghulibaffs werden allerdings auch von anderen Ghaschgai-Stämmen als den Kaschghulis geknüpft, werden aber grundsätzlich unter der genannten Bezeichnung oder als Risbaff, frei übersetzt "Feinknüpfung", gehandelt. Diese, gewissermaßen klassifizierende Bezeichnung, ist ein deutlicher Hinweis auf den Vorläufer, den erheblich gröberen Gabbeh, der durch den Kaschghulibaff ein gewisses Trading-up erfährt. Die kaum zu unterscheidenden, artverwandten Knüpfungen der Luren werden Lori- oder Luribaff genannt.


Barbierstangen - europäisierte Bezeichnung für ein bestimmtes Orientmusterdetail

Das Brabierstangenmuster ist ein beliebtes Orientteppichmotiv, das überwiegend in kaukasischen Knüpfungen vorkommt, beispielsweise in der Provenienz Gendje, vornehmlich des 19. Jhd. Es besteht aus parallel verlaufenden, mehrfarbigen Diagonalstreifen, die grundsätzlich von oben recht nach unten links verlaufen und das gesamte Mittelfeld ausfüllen. Man trifft es aber auch an in heutigen Provenienzen Süd-Aserbeidjans, wie beispielsweise im Meschghin und Ardebil, sowie in kurdischen Knüpfungen und in solchen des Farsgebietes, wo es zuweilen die Bordüren ziert.

Wir haben es hier mit einer der seltsamsten, aber auch einleuchtendsten Muster-Bezeichnungen zu tun. Der Name hat überhaupt nichts mit den ursprünglichen, heute unbekannten Symbolgehalten zu tun. Er geht vielmehr zurück auf die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhundert verstärkt einsetzende Handelstätigkeit und den damit einher gehenden sprachlichen Einfluß Westeuropas. Als nämlich englische Einkäufer dieses stilistisch klar und einfach gegliederte Innenfeldmuster zu sehen bekamen, erinnerte sie das Motiv diagonal und parallel nebeneinander gesetzter, schmaler Streifen sofort an das im heimatlichen England übliche Zunftzeichen der dortigen Barbiere. Sie nannten es fortan barberhinge-design, zu Deutsch: Barbierstangenmuster. Dort hängt noch heute vor vielen Frisiersalons ein rechteckiges Schild mit eben solchen Diagonalstreifen. Der Moderne folgend, wird es heutzutage allerdings oft durch einen und rotierenden Stab ersetzt. Als die Einkäufer ständig anmerkten, dass in ihrer Heimat ein ähnliches Motiv von den britischen Barbieren geführt wird, übernahmen die Basaris im Orient diese Bezeichnung zur Mustererläuterung, so dass sich dafür schon bald die Bezeichnung barberhinges einbürgerte - und bis heute so blieb.

Die Bedeutung und Herkunft dieses Musters ist bisher nicht bekannt. Verschiedene Deutungsversuche wurden versucht. Sie sind aber teilweise so abenteuerlich, dass sie ihrer Verbreitung im Wege stehen.


Orient - anderer Ausdruck für Morgenland

Orient ist die allgemein übliche Bezeichnung für das Morgenland. Die aus abendländischer Sicht östliche Hemisphäre umfasst den halben Erdkreis und reicht vom Bosporus, Syrien, Jordanien, Israel und die Arabische Halbinsel, den Irak, Iran, Pakistan und die westlichen Teile Innerasien (Vorderer Orient), nach Indien, Ceylon, Bangladesh, Burma und Indonesien (Mittlerer Orient) bis zum Japanischen Meer, schließt also Malaysia, Thailand, Vietnam, die Philippinen, China, Korea, die Mongolei und Japan mit ein (Hinterer Orient). In Europa verbindet sich mit dem Begriff Orient auch die Bezeichnung für einen riesigen Kulturkreis unterschiedlichster Prägungen im Osten. Der Nahe Osten und seine Kulturen schien den Römern der Antike so bedeutsam, dass sie die Maxime aufstellten: ex sole oriente evenit lux oder kurz ex oriente lux, aus dem Orient kommt das Licht.

Der Kurzname Orient ist also abgeleitet aus dem Lateinischen oriens so und bedeutet schlicht "(Land der) aufgehenden Sonne" (aus abendländischer Sicht), oder mit einer anderen deutschen Bezeichnung - Morgenland. Begriffe für diese Hemisphäre lauten in den Sprachen Griechisch: anatolia, ein Name, den die Türken für Kleinasien (Anadolu) übernommen haben, Italienisch: levante, Arabisch: maschriq, Türkisch: schark und Persisch: maschreg-samin.


Allover - Dessinrapport ohne Medaillon

Allover ist ein aus dem Englischen übernommener, inzwischen auch im Deutschen weitverbreiteter Fachbegriff für eine spezielle Musterkonzeption. Sie wird gebildet aus einem endlosen, durchgehend gemusterten Rapport ohne Medaillon oder eine auf andere Weise betonte Mitte. Dennoch kann eine Vierersymmetrie zugrunde liegen. Da allover-gemusterte Desisins durch die fehlende Betonung des Teppichzentrums gerade in möblierten Räumen dekorativ universell einsetzbar sind, und man keine Rücksicht auf ein Mittelmedaillon nehmen muss, sind sie bei vielen Verbrauchern besonders beliebt.


Berber - Knüpfteppich und Volk aus Nordafrika

Diese Teppichgruppe wird zwar Berber genannt. Sie geht jedoch ethnisch nur zu einem geringen Teil auf die in Nordafrika ansässige Völkergruppe der Berber zurück, denn die Knüpfer sind zum Großteil arabischstämmig. Der Name "Berberteppich" ist eine Marketingidee, die wohl auf den Deutschen Importeur Franz Oehler zurückgeht, der seinerzeit die Produktion dieser naturwollfarbenen Teppiche in Algerien startete und sie dann später nach Marokko verlagerte. Der Bergriff Berber(teppich) hat sich durchgesetzt, so dass er im Laufe der Zeit zum bekanntesten Importteppich wurde.

Die Berbervölker sind nachweislich schon seit weit über viertausend Jahren in Nordafrika ansässig. Einige Ethnologen gehen sogar so weit, sie zu den direkten Nachfahren der erstmals in Südwest-Frankreich nachgewiesenen Cro-Magnon-Menschen des Neopaläolithikums zu rechnen. Obwohl die Berberstämme nie eine politische Einheit bildeten, ist es dennoch erstaunlich, dass die Teppichknüpfkunst ihres gesamten Siedlungsraumes von Tunesien bis zum Atlantik ein recht verwandtes Bild bietet. Von den farbigen Knüpfungen kommen zwar nur wenige auf dem deutschen Markt, werden aber in den Ursprungsländern Marokko und Tunesien gern von den Touristen gekauft.

Die sparsam gemusterten, uniflächigen und in hellen Wolltönen gehaltenen Berberteppiche wurden von den Knüpfungen Nepals und später auch den iranischen und indischen Gabbehs allmählich "an die Wand gedrückt". Auch in diesen Provenienzen werden seit Jahren naturwollfarbene Stücke geknüpft, die dem Berber in Farbe und Duktus recht ähnlich sind. In Marokko ist man jedoch sehr darauf bedacht, verlorene Marktanteile wieder zurückzugewinnen, will es aber nicht mehr zur Massenproduktionen kommen lassen. Seit kurzen befindet sich der Berberteppich in seinem Hauptabsatzmarkt Deutschland wieder im Aufwind. Da Marokkko EU-asoziiert ist, sind seine Teppichexporte von Importzöllen befreit. Bis Ende der sechziger Jahre exportierte auch Algerien große Mengen Knüpfteppiche. Diese Produktion ist jedoch vollständig zum Erliegen gekommen.

Außer in Großmanufakturen werden von Marokko auch regierungsseitig Anstrengungen zur Wiederbelebung der Knüpfkunst unternommen. Beispielsweise startete der österreichische Teppichenthusiast, Wilfried Stanzer, mit staatlicher Unterstützung in Amassine, einem Dorf im Hohen Atlas, ein mit Aufmerksamkeit verfolgtes Knüpfprojekt. Gemessen am Gesamtknüpfaufkommen ist dieser Anteil zwar verschwindend gering, aber die derzeit noch lokal begrenzte Initiative stärkt diese uralte Volkskunst. Geknüpft wird im Hausfleiß, in Klein-Ateliers und in Großmanufakturen, die sich überwiegend in Ait Quaouzquite, Fez, Rabat, Marmoucha und Marrakesch befinden.

Alle Qualitäten haben eine metrische Grundlage, deren Zahlen für die Anzahl der Knoten auf einer Länge von zehn Zentimetern in Kett- und in Schußrichtung stehen. Um die Knotendichten zu errechnen, werden Kette und Schuss miteinander multipliziert und mal hundert auf den Quadratmeter hochgerechnet. Beispiel: Kette/15 x Schuss/15 = 225 Knoten/qdm x 100 = 22.5000 Knoten/qm. 15/15-simple ist die häufigste Qualität, 25/25 als feinste entsprechend selten:

Qualität ca. Knotenanzahl/qm
15/15=22.500
16/16=25.600
18/18= 32.400
20/20=40.000
25/25=62.500

Die französischen Knotenbezeichnungen double und simple bedeuten nichts weiter, als dass der jeweilige Knüpffaden einfach oder doppelt gelegt wird. Es gibt sogar triple-Garne, allerdings selten. Außerdem kann ein Knüpffaden aus zwei verzwirnten Garnen bestehen. Dieses Knüpfgarn wird torsadé genannt und ergibt einen körnigen Floreffekt. Der große Vorteil, dieses Garns liegt darin, dass es weniger verfilzt. Aus allem ergeben sich folgende Qualitätsvarianten:

s / simple:
Knoten mit einem einfachen Wollfaden, der 2 Florspitzen (Polenden) ergibt,

d / double:
Knoten mit doppelt gelegtem Wollfaden, so dass 4 Florspitzen gebildet werden,

dd / demi double:
geknüpft wird in zwei verschiedenen Einstellungen: Eine Reihe mit einfachen, die nächste Reihe mit doppelt gelegtem Knüpffaden, dann wieder eine einfache usw. oder abwechseln nebeneinander ein einfacher und ein doppelt gelegter Knüpffaden. Dieses Verfahren ist allerdings selten. Die Florspitzen sind hier also alternierend zwei- oder vierendig.

t / torsadé
Das Knüpfgarn ist aus 2 Garnen gezwirnt.

Die früher des öfteren anzutreffenden Nomaden und Bauernknüpfungen und Webarbeiten wie die so genannten Hambal, mit den Provenienzbezeichnungen Ait Ouzguit, Chichauoua, Haouz, Marmouscha, Glauoua, Zemour usw., um hier nur die geläufigsten zu benennen, sind inzwischen so gut wie vom Markt verschwunden, haben aber viele Freunde in Sammlerkreisen. Vereinzelt werden sie noch auf den Souks, die arab. Bezeichnung für Bazar, gehandelt. Im Import- und Großhandelsbereich spielen sie allerdings keine Rolle mehr. Diese, von der Landbevölkerung in Heimarbeit und Nebenerwerb geknüpften Teppiche weichen in Farbgebung und Mustern von der Großproduktion erheblich ab. Die mit flächigen, oft leuchtenden Rot und Gelbtönen gestalteten werden allgemein als Königsberber oder Berber-Royal bezeichnet, gelangen jedoch nur selten in deutsche Läden und Fachabteilungen.

In der Fachwelt wurde lange und ausgiebig diskutiert, ob die Knüpfungen Marokkos, Algeriens und Tunesiens überhaupt der Gruppe der Orientteppiche zuzuordnen seien. Schließlich bedeutet Orient Morgenland, also Osten. Hier haben wir es hingegen mit den Mahgrebstaaten (Arab. Westland) zu tun, die südlich von Europa liegen. Da die Teppichmuster und die Handwerkstechniken jedoch eindeutig orientalisch geprägt sind und unter islamischem Einfluß der ab dem 7. Jahrhundert westwärts drängenden Araber entstanden, reihte man die Berberteppiche schließlich mit unter die Orientteppiche ein.
aus Heimtex Orient 04/04 (Teppiche)