Ziegler-Teppiche - Fachinformationen

Ziegler, oder was man dafür hält ...

Ziegler-Teppiche aktueller Produktion sind derzeit die Favoriten von Handel und Verbraucher. Kaum ein Anbieter kommt ohne ein ansprechendes Ziegler-Sortiment aus - floral gemusterte Orientteppiche mit matten, zarten Farbtönen, die exakt den Zeitgeschmack treffen. Fast unüberschaubar ist dabei die Variation der Teppiche, die als Zieger angeboten werden. Allen gemein ist die blasse Farbgebung und die Dessinierung. Damit hören die Gemeinsamkeiten aber auch schon auf. Diese Fachinformationen sollen helfen die verschiedenen Qualitäten richtig einschätzen zu können.

Ziegler-Nachknüpfungen - oder was man dafür hält - kommen mittlerweile nicht nur aus Afghanistan, sondern ebenso aus Indien (Indo-Ziegler, Indo-Uschak, Abb. Werth-Index, S. 83), Ägypten (Abb. Werth-Index, S. 57), die auch als Cairin, der alttürkische Name für Kairo, im Handel auftauchen und der Türkei, wo man Uschaks (Abb. Werth-Index, S. 143) produziert ebenfalls in diesen matten Pastelltönen. Der zeitgenössische Uschak hat jedoch nicht das geringste mit der renommierten Antikprovenienz gemein. Er ist gewissermaßen ein "Derivat" des Smyrna-Teppichs aus der selben Epoche des ausgehenden 19. bis Anfang 20. Jahrhundert. Die Cairin-Ägypter sind teilweise derart blass, dass die Muster kaum noch zu erkennen sind. Ausserdem knüpft man Ziegler-Verwandtes in Isfahan und auch wieder in Mahal.

Einige Importeure bringen laufend Neuentwicklungen, die zwar als Ziegler ausgelobt werden, aber mit dem herkömmlichen Dessin nur noch den Pastellton und das Beschränken auf maximal vier Farbtöne gemein haben. Oft sind sie auch nur zweifarbig.

Qualitäten

Glücklicherweise werden die Ziegler-Nachfolger überwiegend in weitaus besseren Qualitäten und strammeren Knüpfdichten geliefert, als die antiken Vorläufer sie einst anfangs boten.

Die afghanischen Knüpferinnen, die den unterschiedlichsten Volksgemeinschaften angehören, verwenden sowohl den Persischen (Senneh-, Farsibaff), als auch den Türkischen Knoten (Gördes-, Turkbaff), wobei die geschichteten Knüpfungen gegenüber den teilgeschichteten deutlich überwiegen. Ungeschichtete Knüpfungen kommen nur vereinzelt vor. Der Unterschied zwischen Basisqualität und herausragender Knüpfung ist auf den Fotos der Teppichrückseiten zu erkennen.

Noch ausschlaggebender als die Knüpfdichte ist die Wollqualität, ein Gütemerkmal, das selbst gut trainierte Einkäufer schwer fällt zu beurteilen. Hier hilft letztlich nur die Zusicherung des Lieferanten. Unterqualitäten, die teilweise schon für EUR 80,00/qm zu haben sind, werden hauptsächlich mit Garnen aus pakistanischen Wollsorten geknüpft. Sie stauben, fühlen sich rauh an, und der Flor ist meist stumpf. Die beste Wolle liefern immer noch die einheimischen, im Sommer auf den teils alpinen Hochweiden grasenden, afghanischen Fettschwanzschafrassen. Diese strapazierfähigen Wollsorten mit dem ihnen innewohnenden Sprung wird ein mehr oder minder großer Anteil Importwolle beigemischt.

Bei den preiswerteren Qualitäten ist die Schur oft leider ein wenig kurz geraten, worunter die Lebensdauer des Teppichs leiden wird. Zu Anfang gingen die höherwertigen Qualitäten, deren Schur bis zu dreimal so hoch ist wie die der Unterqualitäten, ausschließlich in die USA. Neuerdings ist auch der europäische Interessent bereit, für diese exakteren, akkurat gemusterten und damit auch schöner und klarer im Dessin ausfallenderen Ziegler entsprechend mehr Geld auszugeben.

Preisspiegel

Die gröberen Knüpfungen der afghanischen Tschubi-Qualitäten beginnen bei ca. 140.000 Kn/qm. Die Quadratmeterpreise dafür liegen im Großhandel zwischen EUR 110/qm bis EUR 130/qm. Die nächst höhere Qualität bewegt sich um 180.000 Kn/qm aufwärts. Die Schur ist zwar auch hier relativ niedrig. Die Haltbarkeit wird jedoch gewährleistet durch die höhere Fadendichte im Flor. Der Preis dieser Mittelqualitäten liegt bei ca. EUR 150/qm bis EUR 180/qm. Die oberen Qualitäten beginnen bei etwa 220.000 Kn/qm und gehen rauf bis an 300.000 Kn/qm. Die Preise hierfür bewegen sich um EUR 240/qm bis EUR 280/qm. Für besonders herausragende Stücke werden auch schon mal EUR 300/qm aufgerufen.

Neo-Uschaks, die stilistisch mit in diese Rubrik gehören, kosten um EUR 230/qm bis EUR 300 /qm, Billigknüpfungen dieser Provenienz sind hingegen für EUR 100,-/qm zu haben. Die Cairin aus Ägypten liegen bei EUR 240/qm bis EUR 280/qm, werden bei der derzeitig äusserst schwierigen Marktlage auch schon mal für unter EUR 200/qm dem Einzelhandel angeboten. Pastellfarbene Indo-Uschaks erreichen Quadratmeterpreise zwischen EUR 150/qm und EUR 170/qm. Alle hier erfassten Notierungen sind ausschließlich als Richtpreise ausschließlich Mehrwertsteuer zu verstehen. Ausserdem wird für besonders elegant ausfallende Stücke unter Umständen deutlich mehr verlangt.

Wenn die Farbtöne dieser Neuen dennoch zu akzentuiert ausfallen, kann der gewünschte, farbgedämpfte Antiktouch immer noch im Nachhinein mittels einer farbnivellierenden Spezialwäsche, meist als Antikwäsche bezeichnet, erreicht werden.

Bisweilen werden Dessins und Farben allerdings derart frei interpretiert, dass eine Verwandtschaft zum klassischen Alt-Ziegler kaum herzustellen ist. Dennoch werden sie als Ziegler angeboten, denn es gibt keine Norm, die den Begriff Ziegler eingrenzt oder gar definiert.

Kabul - Karatchi - Hamburg

Nach der Entmachtung der Taliban haben sich die Flüchtlingsläger in Nord-Pakistan mehr und mehr geleert, so dass etwa 70 bis 80 Prozent der aktuellen Produktion wieder in Afghanistan, von den Heimkehrern geknüpft werden. Die Produktionsstätten dafür befinden sich jetzt überwiegend im Raum Kabul. Diese Region gilt derzeit als die einzig wirklich befriedete in Afghanistan.

Da der Weg von Kabul über Russland wegen der vielen Unruheherde zu riskant ist, was übrigens auch für die Routen nach Persien, also nach Westen gilt, wird nach wie vor im Transit über Pakistan ausgeliefert. Wegen der besseren Wassermöglichkeiten - bekanntermaßen leidet Afghanistan seit drei Jahren unter einer nicht enden wollenden Dürre - werden die Teppiche hauptsächlich in Pakistan gewaschen und dort auch versandfertig gemacht. Im Verschiffungshafen Karatchi an Bord genommen, werden die meisten Ballen im Seehafen Hamburg angelandet und hier in der Speicherstadt eingelagert.
aus Heimtex Orient 02/04 (Teppiche)