Thomas in Diepholz auf Expansionskurs

Für anspruchsvolle Teppiche ein gutes Image geschaffen

Rein rechnerisch von den Umsatzerlösen pro qm würde sich die Teppichabteilung heute nicht mehr rentieren, aber zum einen hängt Cord Thomas an diesem Geschäftsbereich und zum anderen hat sich das Einzelhandelsfachgeschäft Thomas im niedersächsischen Diepholz mit anspruchsvollen abgepassten Teppichen bei den Kunden einen guten Ruf erarbeitet.

Das Komplettangebot mit Teppichen, mit Dekos und Gardinen, mit Tapeten und Farben, mit Sonnenschutz, mit Tisch- und Bettwäsche, mit Badtextilien, mit Wohnaccessoires sowie mit Teppichböden und Hartbelägen macht das Profil des Fachgeschäftes aus, das nicht über den Preis mit den Flächenanbietern und Filialisten zu konkurrieren versucht, sondern eine eigene Handschrift sowie vor allem Beratung und Service pflegt. Würde ein Sortimentsbereich und speziell das Segment der handgeknüpften Teppiche hier fehlen, wäre das Fachgeschäft Thomas einfach nicht mehr der Thomas in Diepholz, erklärt Cord Thomas, der zusammen mit seiner Schwester Anke vor zwölf Jahren nach dem plötzlichen Tod der Eltern die Betriebsführung übernommen hat.

Die Firma Thomas gibt es schon seit über 135 Jahren. Dass es sich um ein altes Familienunternehmen handelt, lässt sich schon aus den beiden nebeneinander liegenden historischen Fachwerkhäusern im Stadtkern von Diepholz erkennen, die im Inneren im Lauf der letzten Jahre zu einem zusammen hängenden Fachgeschäft mit rund 600 qm Verkaufsfläche auf zwei Etagen aus- und umgebaut wurden. Dazu kommen noch einmal 90 qm Lagerfläche außerhalb der beiden Häuser. Ursprünglich war die Firma ein handwerklich ausgerichteter Malerbetrieb. Erst unter Cord Thomas, gelernter Diplom-Ingenieur und vor der Karriere als Einzelhändler als Unternehmensberater tätig, wurde das Schwergewicht der Aktivitäten auf den Einzelhandel verlegt, ohne dass die handwerklichen Service-Leistungen aufgegeben wurden.

Dass bei Thomas ein Unternehmensberater aktiv ist, der nicht nur die buchhalterische Seite, sondern die Firma als komplexe und lebendige Einheit im Auge behält, wird schon aus der Konzeption des Unternehmens deutlich: Flexibilität auf der einen Seite und eine klare Profilierung auf der anderen Seite lauten die beiden Maximen. Als sich zum Beispiel schon vor drei Jahren abzeichnete, dass die Teppiche nicht mehr der große Verkaufsrenner sein würden, nahm Thomas die Dekos und Gardinen in das Sortiment auf. Diese Artikel konnten voll die Umsatzeinbußen aus dem Teppichgeschäft auffangen. "Wir haben bisher in jedem Jahr immer noch ein Umsatzplus geschafft", berichtet Cord Thomas stolz.

Um nicht in der auf etwa 180 qm begrenzten Verkaufsfläche für Teppiche an Lagerware zu ersticken und um nicht in riesigen Teppichstapeln unter zu gehen, übernahm Thomas die Teppichabteilung im Möbelhaus Nehmann im etwa 10 km entfernten Vechta. Dort ist auf rund 700 qm Verkaufsfläche ausreichend Platz für Teppiche und Badausstattungen von Thomas. "Wir können so in unserem Fachgeschäft ständig neue Teppiche zeigen und brauchen bei der starken Kundenfrequenz in dem Möbelhaus keine Angst zu haben, mit Lagerbeständen überfrachtet zu werden", erklärt Cord Thomas. "Ware, die in Diepholz nicht abfließt, kommt in das Möbelhaus und geht dort immer irgendwie weg."

Gerne würde er noch weitere Teppichabteilungen in ein oder zwei Möbelhäusern der Umgebung betreiben, da hier allein schon der rege Publikumsverkehr bei zusätzlich richtiger Sortimentsgestaltung für einen guten Abverkauf sorgt. Auch einen Wohnen + Sparen-Markt der Decor-Union, deren Mitglied die Firma Thomas ist, könnte sich Cord Thomas als weiteres Standbein vorstellen. Im Moment führt er Gespräche mit einem großen Modehaus im Landkreis Vechta, das bereits ein Schuhfachgeschäft als externen Anbieter aufgenommen hat. Auch in diesem Umfeld ist ein Heimtextilien-Fachgeschäft mit einer Teppichabteilung nach seinen Vorstellungen ein durchaus rentables Projekt. Thomas befindet sich ganz im Gegensatz zur Teppich-Branche, die ständig neue Geschäftsschließungen melden muss, auf Expansionskurs.

Die Möglichkeit, Ware auf mehrere Standorte zu verteilen, schützt nicht nur vor zu großen Lagerüberhängen, sondern erlaubt auch einen flexiblen Personaleinsatz. Neben vier festen Mitarbeitern im handwerklichen Bereich und etlichen freien Handwerkern, mit denen Thomas beiderseitig kooperiert, sind im Stammhaus in Diepholz Cord und Anke Thomas sowie eine Fachkraft für Gardine und Deko und darüber hinaus im Möbelhaus in Vechta zwei Beschäftigte im Verkauf tätig. Alle sind je nach Kundenfrequenz bei den kurzen räumlichen Entfernungen variabel einsetzbar. Ähnlich flexibel ist auch das gesamte Geschäft in Diepholz gestaltet. Durch das Vitra-Ladenbau-Stecksystem lässt sich das Geschäft innerhalb eines Tages völlig neu gestalten. Deshalb gibt es auch nur begrenzt festgelegte Verkaufsflächen für die einzelnen Sortimentsbereiche. Die Schwerpunkte und Größenordnungen werden je nach Jahreszeit und Einkaufsaktivitäten der Kunden flexibel fest gelegt.

Die Teppichabteilung findet sich gleich auf beiden Etagen des Stammhauses in Diepholz. Im Obergeschoss wurde eine separate Fläche für südpersische Nomaden-Teppiche vom Consulat des Teppichs und von Zollanvari eingerichtet. Dieser Bereich ist auch das Lieblingskind von Cord Thomas, der auch seinen Schreibtisch und damit die gesamte Administration der Firma direkt an dieses Sortiment angegliedert hat. Zum Consulat des Teppichs kam Thomas über die Vetega Gilde International, als er deren Aufnahmekriterien in der Umsatzgröße erfüllen konnte.

Mit der hochwertigen Nomadenware aus dem Iran hat Thomas heute eine weitgehende Alleinstellung in seinem Einzugsgebiet, die ihm auch wesentlich mit zu dem Ruf des hochwertigen Teppichspezialisten verholfen hat. In diesem Sortimentssegment lässt es sich nach seinen Worten auch noch mit vernünftigen Verdienstspannen arbeiten.

Die südpersischen Nomadenteppiche liegen auch noch rein rechnerisch von den Umsatzergebnissen im Verhältnis zur Verkaufsfläche im Limit. Insgesamt erzielt Thomas heute noch im Stammhaus etwa 20 Prozent bis 25 Prozent des Umsatzes mit Teppichen, benötigt für deren Präsentation aber fast ein Drittel der Verkaufsfläche. Der klassische Orient-Sektor vor allem mit persischer und indischer Ware, die Thomas zum Teil über die Decor-Union und zum Teil durch Einkäufe bei einigen wenigen ausgesuchten Importeuren aus Hamburg bezieht, müsste betriebswirtschaftlich eigentlich ebenso aufgegeben werden wie der Nepal-Bereich, der modisch immer schneller variiert, aber von der Menge im Verkauf immer noch eine der tragenden Säulen bildet.

Speziell im Bereich der modern gestalteten Teppiche verzichtet Thomas mittlerweile weitgehend auf Angaben über Herstellungsländer und Fertigungstechniken, wobei auch die Hersteller selbst, wie zum Beispiel bei Thomas in Diepholz Jan Kath oder Talis, das Ursprungsland längst nicht mehr besonders heraus stellen. Da sind JAB-Teppiche neben Nepal-Ware oder Mustern von Handwebern oder Handtuft-Teppiche aus Wolle zu finden. Teppiche aus Leder, forciert von Frauen- und Wohnzeitschriften, sind der neueste Schrei, auch wenn ihre Gebrauchseigenschaften und Pflegemöglichkeiten nicht klar definiert sind. Die Verbraucher, so Cord Thomas, kaufen, was ihnen optisch gefällt. Vor ein paar Jahren noch konnte alles zumindest über den Preis losgeschlagen werden, heute muss der Teppich durch sein Aussehen überzeugen. Der Preis ist dann zwar nicht nebensächlich, aber doch nur sekundär.
aus Heimtex Orient 01/03 (Handel)