Kongress zur Förderung des ländlichen Teppichs, Khenifra, Marokko

Ist der rote Berber aus der Nische zu führen?

Bei Stichwort Marokkanische Teppich, denkt ein jeder sofort an den bekannten, naturweißen meist dezent gemusterten Berberteppich. Betrachtet man den deutschen Markt ist das auch nicht verwunderlich. Geschätzte 95% aller in Deutschland gehandelten Teppiche aus Marokko, sind solche Stücke. Doch sogar diese leichten Muster verschwinden mehr und mehr. So kommt die Hälfte der Berberteppiche mittlerweile ganz ohne Muster aus und kommen uni naturweiß auf den Markt. Der ursprünglichen, roten Berberteppich ist fast vom Markt verschwunden.

Teppiche aus Marokko sind weiß. Jeder deutsche Verbraucher, der eine Teppichabteilung besucht, muss das zumindest denken. Der Grund liegt auf der Hand. Eben dieser deutsche Verbraucher zieht unauffällige, sich unterordnende Muster vor. Die Einkäufer müssen darauf achten, dass die Ware schnell dreht und verlassen sich auf Bewährtes. Da es erstaunt es nur wenig, dass dem ursprüngliche Berberteppich, der leuchtend rot-orange mit kräftiger Musterung geknüpft wird, nur ein Nischendasein vergönnt ist.

Ein Blick in die Importstatistiken zeigt dann auch die Probleme, die für das Land Marokko aus solchen Trends erwachsen. So gingen die Importe aus Marokko nach Deutschland im letzten Jahr um gute 20 Prozent in Wert und Menge zurück. Zum einen, weil die Teppichabsätze in Deutschland generell zurück gegangen sind, zum anderen, weil Gabbeh und Co. Marktanteile einnehmen.

Diese Importrückgänge treffen die weißen Berber genauso wie die ursprünglichen. Daraus erwächst ein wirtschaftliches Problem: Gerade in den strukturschwächeren Provinzen gibt es wenige Erwerbsalternativen zum Teppichknüpfen und in genau diesen Gebieten werden die traditionellen rot-orangen Berberteppiche geknüpft. Die Produktion der naturweißen Teppiche erfolgt heute fast ausschließlich in den Manufakturen um die Millionenstadt Salé.

Diese Problematik hat auch der marokkanische Staat erkannt. Unter der Schirmherrschaft des Königs wurde ein Programm zur Förderung der Wirtschaft in den weniger erschlossenen Gebieten geschaffen. Ein wichtiger Teil dieses Programms ist die Förderung des ländlichen Teppichs.

Der Teppich spielt eine wichtige Rolle in der lokalen Wirtschaft, der ländlichen Gebiete. Ein Großteil der hier ansässigen Bevölkerung lebt vom Kunsthandwerk und hier besonders von der Teppichproduktion. Daher ist es erklärtes Ziel der Regierung den ländlichen, meist im Hausfleiß hergestellten Teppich wettbewerbfähig zu halten.

Unter dieser Vorgabe wurde ein Kongress ins Leben gerufen, der die Absatz-Probleme des Berberteppichs erörtern sollte.

Der Organisator, La Chambre de lArtisanat de la Province de Khenifra, lud gemeinsam mit dem Governeur der Region Khaddour Chaiouen, Ende Mai Fachleute rund um den marokkanischen Teppich in die Provinzhauptstadt Khenifra am Rande des Mittleren Altasgebirges.

Neben Experten aus dem Land, stellten sich auch die deutschen Importeure Wissenbach, vertreten durch Ulrich Assmann und El Haj Didi, sowie Paulig, vertreten durch Frank Dornacher, den Fragen der zahlreich erschienenen Produzenten und Händler. Mohamad Sairi vom Artisanat leitete die Referate und Diskussionen.

Diesem zweitägigen Kongress wurde von allen Beteiligten ein großes Interesse entgegen gebracht. Fragen der Qualitätssicherung und der Vermarktung im Ausland waren Themenbereiche, die die zahlreich anwesenden Knüpfer und Händler stark interessierten und die auch sehr kontrovers diskutiert wurden.

Ein Kernproblem des Berberteppichs ist sicherlich die große Konkurrenz aus Indien, Nepal und China in Form von anderen, günstigeren Teppichen mit einem für den Endverbraucher ähnlichen Erscheinungsbild. Es ist klar, dass ein Preiskampf gegen diese Ursprungsländer nicht sinnvoll ist. Deutlich wurde auch, dass die marokkanischen Teppichproduzenten auf jeden Fall, den Teppich in seiner Ursprünglichkeit erhalten wollen.

Lösungen für verbesserte Absätze bietet einmal Qualitätssicherung durch Know-How-Transfer. Die Hersteller müssen aber auch die Besonderheiten anderer Märkte in Hinblick auf Größen und Farben in ihrer Produktion beachten, damit sie am internationalen Wettbewerb teilnehmen können.

Einblicke in die Struktur moderner, europäischer Vollsortimenter, die in erster Linie mit genormter Ware handeln, können der Vermarktung des marokkanischen Teppichs auf die Sprünge helfen. Verständnis für die Arbeitsweisen und von den Kunden geforderten Eigenschaften sind entscheidend für den Absatz des ländlichen Teppichs , betonte Ulrich Assmann von Wissenbach in seinem Vortrag.

Zu den entscheidenden Kriterien zur Absatzsteigerung gehören verlässliche Standartgrößen und geringe Schwankungen bei der Dessinierung - alles Eigenschaften die angepasst werden können, ohne die kulturellen Aspekte in den Teppichen zu beeinträchtigen.

In den folgenden Monaten wird sich zeigen, ob Diskussionen fruchtbar waren. Ein Schritt in die Richtung, den ursprünglichen marokkanischen Teppich aus seiner kleinen Nische zu führen wurde gemacht.
aus Heimtex Orient 03/05 (Teppiche)