Kleiner Fehler - großer Schaden

Linoleum-Verlegung in Vier-Sterne-Hotel ging schief

Fußbodenkonstruktionen zählen zu den komplexesten und hochbelastesten Bauteilen - schon kleine Fehler können hier große Auswirkungen haben. Dabei hat jede Baustelle ihre eigenen Tücken. Oft zeigt sich erst anhand der Ursachenforschung im Schadensfall, worauf ein Fußbodenverleger alles achten muss. FussbodenTechnik deckt in Zusammenarbeit mit namhaften Sachverständigen anhand realer Schadensfälle mögliche Fehlerquellen auf. Diesmal geht es um eine missglückte Linoleumverlegung auf Holzspanplatten.

In einem 4-Sterne-Hotel in Berlin sollte ein Bodenleger statt eines ursprünglich geplanten 22 mm dicken Parketts ein 2,5 mm dickes rotes Linoleum als Bahnenware verlegen. Um die fehlende Höhe des Parketts auszugleichen, klebte der Verleger 19 mm dicke Holzspannplatten auf den darunter liegenden Gussasphalt. Betroffen war der Empfangsbereich im Erdgeschoss, die angrenzende Lounge, die Bar und das Restaurant. Darüber hinaus wurde der rote Linoleumbelag auf nahezu sämtliche Decken, Wände, die Theke und weitere Möblierungen geklebt. Als Verlegeuntergrund der überwiegend senkrechten Flächen dienten Holzwerkstoffplatten, die von einem Tischler vorab angebracht wurden. Fast alle Übergangsbereiche zwischen Fußboden und Wänden sowie der obere Abschluss der Wände wies innenarchitektonisch gewollte Rundungen auf. Für die Verklebung des Linoleums setzte der Verleger einen Dispersionslinoleumklebstoff ein.

Nach einer kurzen Nutzungsaufnahme zeigten sich in vielen Teilflächen des Fußbodens sich abzeichnende Stöße der Holzspanplatten. Im gerundeten Wandbereich entstanden zudem Beulen und Blasen. Die Belagsablösungen wurden vom Bauherrn gerügt und führten zu einer gutachterlichen Überprüfung.

Das Schadensbild
Sich abzeichnende Stöße im Oberbelag

Im Rahmen der Prüfmaßnahmen vor Ort wies der Sachverständige in Bezug auf die Fußbodenflächen auf die Ausführungen der DIN 18365 "Bodenbelagarbeiten" hin. In dieser Norm heißt es, dass eine optische Beurteilung nur aus aufrecht stehender Haltung ohne Gegenlichtbetrachtung und ohne Ausleuchten zu erfolgen hat.

Bei den Wandflächen hängte der Sachverständige die Messlatte für die optische Bewertung wesentlich höher. Grund: Dem Verleger waren die hohen optischen Anforderungen bei der Auftragsvergabe klargemacht worden.

Die Beurteilung der Fußboden- und Wandflächen fand bei gebrauchsüblicher Beleuchtung statt, d.h. überwiegend bei künstlichem Licht durch Decken- und Nischenbeleuchtungen sowie der indirekten Beleuchtung im oberen Abschluss der Decken. Nur in zwei Außenwandbereichen, in denen Fensterflächen bis zum Fußboden ragten, lagen bei der Beurteilung Tageslichtverhältnisse vor.

Die Überprüfung der Fußbodenflächen ergab sich abzeichnende Stöße der Holzspanplatten, die bis zu 1 mm hoch waren. Bei der Belastung des Bodens entstanden zum Teil gegenläufige Bewegungen und deutlich wahrnehmbare Knarrgeräusche. Durch Abklopfen konnten Hohllagen der Holzspanplatten festgestellt werden. In den Randbereichen und angrenzend an die Fußabstreiferanlage im Eingangsbereich sowie am Bodenheizkonvektor im Restaurant waren deutliche Bewegungen der Spanplatten im Belastungsfall zu erkennen.

Im Bereich der vom Bauherrn ausdrücklich gewünschten drei Prüfstellen hat sich nach dem Herausschneiden von Spanplattenteilstücken bestätigt, dass sich die Spanplatten von der Oberfläche des Gussasphalts abgelöst hatten.

In den Prüfbereichen war großflächig nur ein dünn aufgetragenes Parkettklebstoffsystem erkennbar, mit dem die Holzspanplatten auf dem Gussasphaltestrich verklebt worden waren.

Die Prüfmaßnahmen zeigten, dass die Klebung der Holzspanplatten auf dem Gussasphaltestrich ohne Spachtelung durchgeführt wurde. Außerdem wurde als Klebstoffspachtelzahnung etwa "TKB B2" verwandt, die eine nicht ausreichende Klebstoffmenge und Riefenhöhe zur Folge hatte. Die Verlegung der Holzspanplatten erfolgte ohne Nut- und Federverleimung und die Stöße der Spanplatten an der Oberfläche wurden nicht gespachtelt.

Bei einer optischen Beurteilung der mit Linoleum verkleideten Wandflächen, Theken und Podeste waren an den Rundungen deutliche Beulen und Blasen und insgesamt eine wellige Oberfläche festzustellen. Auch in den Wandbereichen waren treppenartige Höhenversätze der Holzwerkstoffplatten in der Linoleumoberfläche bis zu 0,2 mm, in einem Bereich sogar bis zu 0,6mm festzustellen.

Das vorsichtige Anlösen einzelner Linoleumbahnen im Bereich von Beulen und Blasen bestätigte die vollflächige Klebung des Linoleums mit einem Dispersionslinoleumklebstoff in etwa mit einer B2-Zahnung. Allerdings wies der Belag keine bzw. kaum eine Benetzung mit Klebstoff auf. Auch im Bereich von sich abzeichnenden Stößen wurde die Klebung unmittelbar über diese Stöße hinweg durchgeführt. Spachtelmaßnahmen fehlten gänzlich.

Ursache
Ungenügende Arretierung zum Untergrund

Die Überprüfung der Fußbodenflächen ergab, dass die Holzspanplatten nicht ausreichend mit dem Untergrund verklebt wurden. In der Folge entstanden gegenläufige Bewegungen im Bereich der Holzspanplattenstöße und deutliche Hohlleger. Insgesamt wurden die Fußbodenflächen als mangelhaft bewertet und die Werterhaltung auf Dauer gesehen als in erheblichem Ausmaße gefährdet eingestuft.

Unter Berücksichtigung der Ebenheitstoleranzen eines Gussasphaltes ist eine unmittelbare vollflächige Klebung von Holzspanplatten kaum möglich. Wenn man sich die zulässigen Ebenheitstoleranzen der DIN18202 "Toleranzen im Hochbau" z.B. bei einer Messstrecke von 60 cm mit 3 mm vor Augen führt, so dürfte klar sein, dass eine vollsatte Auflage der Holzspanplatten in das Klebebett bzw. auf dem vorhandenen Untergrund, auch wenn eine hohe Klebstoffdurchlaufmenge z.B. mit Klebstoffspachtel Typ "B 3" hergestellt wird, nicht erreichbar ist. Zusätzlich hat die Feuchtigkeit des Dispersionsklebstoffs die Spanplatten belastet.

Ohne saugende Spachtelmassenschicht führte die Feuchtigkeit des Dispersionsklebers zu Formveränderungen der Holzspanplatten und zu großflächigen Ablösungen vom Untergrund. Auch wäre es unabdingbar erforderlich gewesen, die Nut- und Federverbindungen der Holzspanplatten sach- und fachgerecht zu verleimen.

Bei der durchgeführten Verlegung/Klebung der Holzspanplatten auf einem Gussasphaltestrich handelt es sich um eine Sonderkonstruktion, die von keiner Norm erfasst ist.

Beim Linoleumbelag in den Wandbereichen hätte der Verleger an den Stößen der Holzwandbekleidung Nachschleifmaßnahmen veranlassen und sie mit einer Dispersionsspachtelmasse überspachteln müssen. Die Klebung des relativ steifen Linoleums hätte in den Rundungen mit einem haftintensiven Klebstoffsystem erfolgen müssen, um dort aus den Spannungen des Belages resultierende Ablösungen dauerhaft zu vermeiden.

In den Wandbereichen wurden Nachklebemaßnahmen als ausreichende Sanierungsmaßnahmen beschrieben, da die Nutzungs- und Gebrauchstüchtigkeit dort von untergeordneter Bedeutung ist. Eine Neutralisation der abzeichnenden Stöße der Spanplatten, welche im Rahmen der Nutzung nicht belastet werden, hielt man nicht für erforderlich.

Da die Fußbodenflächen jedoch insbesondere aufgrund der Hohlleger und der gegenläufigen Bewegungen und der Beulen und Blasen absolut problematisch im Hinblick auf die Nutzungs- und Gebrauchstüchtigkeit sind, empfahl der Sachverständige eine vollflächige Neuverlegung in diesen Bereichen ab Oberkante Gussasphalt. Dafür schlug er die Aufbringung einer neuen 20 mm dicken Gussasphaltestrichkonstruktion im Verbund zum alten vorhandenen Gussasphaltestrich vor.

Verantwortlichkeit
Verleger sollten sich beraten lassen

Die genannten Fehler bei der Verlegung auf dem Fußboden haben schließlich zu einer Beeinträchtigung der Linoleumoberfläche geführt, die voll und ganz im Verantwortungsbereich des Verlegers lag.

Der Schadensfall verdeutlicht wieder, dass sich Verleger bei Sonderkonstruktionen in ausreichendem Ausmaße z.B. bei Sachverständigen und der Anwendungstechnik der Verlegewerkstoff- und Materiallieferanten hätten beraten lassen müssen. Nur in Verbindung mit einer entsprechenden Aufbauempfehlung und daraus eventuell folgenden Bedenkenanmeldungen ist eine gegen Regressansprüche abgesicherte Bodenbelagverlegung durchführbar.
aus FussbodenTechnik 01/06 (Handwerk)