Kleiner Fehler - großer Schaden

Untertrocknetes Parkett zerreißt den Estrich

Fußbodenkonstruktionen zählen zu den komplexesten und hochbelastetsten Bauteilen - schon kleine Fehler können hier große Auswirkungen haben. Dabei hat jede Baustelle ihre eigenen Tücken. Oft zeigt sich erst anhand der Ursachenforschung im Schadensfall, worauf ein Fußbodenverleger alles achten muss. FussbodenTechnik deckt in Zusammenarbeit mit namhaften Sachverständigen anhand realer Schadensfälle mögliche Fehlerquellen auf. Diesmal geht es um einen Schaden, bei dem der Handwerker einen Parkettbelag vor der Verlegung nicht ausreichend geprüft hat.

Im kombinierten Wohn- und Esszimmer eines Einfamilienhauses sollte auf einer Gesamtfläche von etwa 50 qm ein Bodenbelag aus Eiche-Massivparkettstäben verlegt werden - sogenanntes "Dünnparkett" aus 250 mm langen, 50 mm breiten und 10 mm dicken Stäben. Als Untergrund diente ein rund drei Jahre alter, schwimmender Estrich auf Zementbasis, auf dem zuvor ein schwimmend verlegter Laminatbelag gelegen hatte.

Der Parkettleger prüfte nach Entfernen des Altbelags pflichtgemäß den Untergrund und stellte als Ergebnis eine ebene Estrichkonstruktion mit ausreichender Oberflächenfestigkeit fest - gemäß Gitterritzprüfung. Darüber hinaus wurde ein Feuchtegehalt von 1,6 CM-% ermittelt und der Estrich dementsprechend als belegereif erklärt.

Das daraufhin bestellte Parkett kam in Folie verpackt in den beheizten Bau, wo es nach drei- bis viertägiger Lagerung mit einem "wasserarmen" Kunstharzdispersionsklebstoff vollflächig geklebt wurde. Nach zehntägiger Liegezeit erfolgte der Oberflächenschliff und schließlich die Versiegelung mit einem wasserbasierenden System in dreimaligem Auftrag. Rund 8 Tage später wurde der Raum wieder eingeräumt und bezogen, wobei der Bauherr bis zu diesem Zeitpunkt noch keinen Anlass für eine Reklamation gefunden hatte.

Das Schadensbild: Deutliche Parkettaufwölbung in der Raummitte

Nach drei Monaten nahm der Bauherr plötzlich laute Knackgeräusche wahr, die exakt von der Mitte des rechtwinkligen Wohn-/Esszimmers ausgingen. Weitere 8 bis 10 Tage später zeigte sich dort ebenso plötzlich eine deutliche satteldachförmige Aufwölbung des Belags: Die Parkettstäbe hatten sich auf etwa
1 m Breite vom Untergrund abgelöst und hochgestellt.

Der Bauherr reklamierte, worauf eine gemeinschaftliche Besichtigung der Fläche mit dem Parkettleger und dem Parkettlieferanten erfolgte. Dabei ließ sich jedoch keine Erklärung für den zweifelsohne entstandenen Quelldruck in der Fußbodenkonstruktion finden. Der gemessene Holzfeuchtegehalt von etwa 10 % wurde als durchaus üblich bewertet. Nun sollte ein Sachverständiger den Fall klären.

Unter der Aufwölbung fand sich ein klaffender Riss im Estrich

Als der Gutachter eintraf, waren die aufgewölbten Parkettstäbe in der Raummitte des etwa 5,50 m breiten und 9 m langen Wohnzimmers aufgrund der Stolpergefahr bereits auf einer Breite von rund 60 cm entfernt worden. Bei näherer Prüfung zeigten sich auch in den angrenzenden Bereichen Ablösungen des Parketts vom Untergrund - bis in eine Entfernung von etwa 60 bis 70 cm von der bereits aufgenommenen Teilfläche. Hier waren akustisch deutlich Hohlstellen bzw. Hohllieger wahrnehmbar.

Darüber hinaus wies die Estrichkonstruktion in der Raummitte einen durchgehenden, etwa 3 bis 4 mm breiten Riss auf, wobei unter Belastung allerdings keine gegenläufigen Bewegungen der Estrichscheibe festzustellen waren. Die Gitterritzprüfung ergab eine extrem harte, ausreichend feste Estrichoberfläche, von der das Parkett in Form eines glatten Adhäsionsbruchs einschließlich Klebesystem abgeschert war. Nur vereinzelt ließen sich am Untergrund anhaftende Klebstoffreste finden.

Untersuchung der Stäbe ergab Differenzen in Breite und Feuchtegehalt

Die übrige Parkettfläche war immer noch fest und ohne Hohllieger mit dem Untergrund verbunden. Bei Gegenlichtbetrachtung fiel lediglich herausgequollener Fugenkitt in den Längsstoßbereichen auf. In diesen fest liegenden Bereichen wurden mehrere Holzfeuchtemessungen durchgeführt - mit dem elektronischen Feuchtigkeitsmessgerät Gann Hydromette - die einen üblichen Holzfeuchtegehalt zwischen 9,5 und 10,5% ergaben. Die Messungen erfolgten unter günstigen raumklimatischen Bedingungen bei einer mittleren Raumlufttemperatur von 20,5 C und einer mittleren relativen Luftfeuchtigkeit von 58 %.

Der Sachverständige nahm außerdem eine Breitenmessung an den Parkettstäben vor - in Form einer sogenannten "10-Stab-Messung" - und stellte dabei fest, dass die laut Herstellerangaben 50 mm breiten Parkettstäbe im Mittel jeweils rund 0,3 bis 0,4 mm über der Nennbreite lagen. Die gleichen Messungen wurden anschließend an einem Restbestand noch unverlegter, luftdicht mit Folie verpackter Parkettstäbe wiederholt. Diese wiesen eine "Anlieferungsbreite" von durchschnittlich 49,88 mm auf. Der Holzfeuchtegehalt lag hier zwischen 5,0 und 5,4 %.

Daraufhin entnahm der Gutachter drei Parkettproben aus der verlegten Fläche und unterzog sie zusätzlich einer gravimetrischen Feuchtigkeitsbestimmung (Darr-Prüfung), die wiederum einen üblichen Holzfeuchtegehalt zwischen 8,9 und 9,4 Gewichts-% ergab. Bei den noch unverlegten Stäben wurde in der Darr-Prüfung ein Holzfeuchtegehalt zwischen 5,5 und 6,1 Gewichts-% ermittelt - und damit die bereits bei der elektrischen Holzfeuchtemessung festgestellte Differenz bestätigt. Der Estrich erwies sich hingegen mit einem Feuchtegehalt von 2,7 Gewichts-% auch bei der Darr-Probe als belegreif.

Die Ursache: Das Parkett war zu stark untertrocknet

Die Parkettstäbe waren demnach deutlich untertrocknet angeliefert worden - was schließlich auch zu den entstandenen Schäden geführt hat. Ein Holzfeuchtegehalt von lediglich 5 bis 6 % liegt weit unter dem in der Parkettnorm DIN 280 beschriebenen Durchschnittswert von 9 %. Aufgrund der vollständigen Ummantelung mit Verpackungsfolie konnte sich an diesem Zustand auch während der mehrtägigen Lagerung der Stäbe in den zu verlegenden Räumen nichts ändern - sie wiesen also auch zum Zeitpunkt der Verlegung noch einen viel zu niedrigen Holzfeuchtegehalt auf.

Nach der Verlegung hat dann im Holz eine kontinuierliche Feuchtigkeitszunahme stattgefunden - zunächst geringfügig in Verbindung mit dem Wasser aus dem Klebstoff und schließlich langfristig in Form einer Anpassung der Holzfeuchte an die durchaus günstigen raumklimatischen Bedingungen. Im Zuge dieser Feuchtigkeitsaufnahme bis zu dem an der verlegten Fläche gemessenen Feuchtegehalt von 9 % kam es parallel zu einer Volumenvergrößerung der Parkettstäbe. Und diese hat schließlich zu einem erheblichen Quelldruck geführt.

Der Quelldruck war so groß, dass angesichts der offenbar ausgezeichnet funktionierenden Klebung und der sehr guten Oberflächenfestigkeit des Estrichs durch Spannungsanhäufungen schließlich der Estrich selbst gerissen ist - wobei sich erst im nachhinein das Parkett abgelöst hat. Auch nach Aussage des Bauherrn kam erst der Knall und dann die Aufwölbung.

Feuchtigkeit aus dem Untergrund oder eine nicht sach- und fachgerechte Klebung sowie ungünstige raumklimatische Bedingungen oder zusätzliche Feuchtigkeitsbelastungen von oben scheiden hingegen als Schadensursache aus.

Es fällt in diesem Fall schwer, die Verantwortung für den entstandenen Schaden einzig und alleine dem Parkettleger zuzusprechen - dennoch hat er im Rahmen seiner Prüfungspflicht auch das Material zu prüfen und hätte dabei die niedrige Anlieferungsfeuchte feststellen müssen. Der Kommentar zur VOB/C ATV DIN 18356 "Parkettarbeiten" enthält in diesem Zusammenhang ganz klare Aussagen: Demnach muss hat der Auftragnehmer "stichprobenweise zu prüfen, ob das Parkett bei der Anlieferung an der Verwendungsstelle (Verwendungsstelle kann Lager oder Baustelle sein) im Hinblick auf die Holzfeuchte normgerecht ist". Stellt der Parkettleger dabei einen abweichenden Holzfeuchtegehalt fest, darf er in keinem Fall mit der Verlegung beginnen - sondern muss das Material beim Lieferanten rügen, der es dann zurückzunehmen hat.

Man sollte in solchen Fällen auch nicht versuchen, das Parkett irgendwie auf eine normgerechte Holzfeuchte zu bringen - beispielsweise durch Auspacken und Lagern in feuchten oder trockenen Räumen. Denn DIN 18356 verlangt eindeutig, dass das Parkett bereits mit einem zulässigen Feuchtigkeitsgehalt angeliefert werden muss - also nach DIN 280 Teil 1 und Teil 2 mit einem mittleren Feuchtegehalt von 9 %. Die Norm räumt zwar eine Toleranz von 2 % ein - diese bezieht jedoch lediglich auf sogenannte "Ausreißer": Nur einzelne Stäbe dürfen also einen abweichenden Holzfeuchtegehalt aufweisen - die Mehrzahl der Parketthölzer muss den Normanforderungen entsprechen.

Die Schuldfrage: Parketthersteller trägt Mitverantwortung für den Schaden

Im Gutachten zu diesem Fall hat der Sachverständige daher einerseits auch eindeutig festgestellt, dass der Parkettleger seine Material-Prüfungspflicht vernachlässigt hat, indem er eine elektrische Holzfeuchtemessung am angelieferten Parkett unterließ.

Ebenso deutlich wird allerdings auch auf DIN 18356 verwiesen, die unter Punkt 3.2.1.2 klar fordert, dass das angelieferte Parkett den in der DIN 280 genannten zulässigen Feuchtigkeitsgehalt aufzuweisen hat. Diese Normanforderung lässt sich nämlich auch so interpretieren, dass der Parkettleger grundsätzlich davon ausgehen kann, dass das angelieferte Parkett durchgehend eine normative Feuchte aufweist - unter Berücksichtigung des neuesten Standes der industriellen Parkettproduktion, insbesondere der künstlichen Trocknung mit elektronisch gesteuerten Anlagen und einer in der Regel funktionierenden Endkontrolle.

Vor diesem Hintergrund kann man dem Parkettherstellers eine erhebliche Mitverantwortung an dem entstandenen Schaden zusprechen, weil er kein den geltenden Normen und Richtlinien entsprechendes Produkt geliefert hat. Das ist jedoch kein grundsätzlicher Freibrief für eine Vernachlässigung der Prüfungspflicht am angelieferten Produkt.

Im vorliegenden Fall lagen jedoch irreparable Fußbodenschäden vor, die eine vollflächige Neuverlegung des Parketts sowie eine fachgerechte Risssanierung erforderlich machten. Darüber hinaus war der Parkettleger ein erfahrener Meister seines Fachs mit hervorragende Kenntnissen bezüglich der DIN 18355. Er besaß lediglich nicht die einschlägigen Kommentare, in denen die Prüfpflichten näher erläutert werden. So lässt sich sicher eine gewisse Fahrlässigkeit einräumen, denn die Prüfpflichten sollten jedem Fachhandwerker bekannt sein - ein Alleinverschulden jedoch nicht.

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Helmut Becker ist öbv. Sachverständiger für das Estrich- und Parkettlegerhandwerk sowie für das Bodenlegergewerbe.

IFF-Fußboden-Gutachter
Helmut Becker
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aus FussbodenTechnik 06/02 (Handwerk)