Interview mit Karstadt-Zentraleinkäufer Andreas Freitag und Arte Espina-Vertriebsleiter Carsten Gähle

"Themendekorationen steigern den Kaufreiz"


BTH Heimtex: Karstadt löst immer mehr Teppichabteilungen auf. Warum?

Andreas Freitag: Die Ausgaben für Heimtextilien und besonders für Teppiche sind in den letzten Jahren auf dem gesamten Markt deutlich zurück gegangen. Die Kaufzurückhaltung bei Teppichen merken wir natürlich auch bei Karstadt. Bei Neuausrichtung von Filialen werden deshalb die Ansprüche und Erwartungen unserer Kunden analysiert und den betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten gegenüber gestellt und dann entschieden, mit welchen Sortimenten sich eine Filiale in Zukunft positionieren wird.

BTH Heimtex: Gibt es ein Konzept, um dem Abbau entgegen zu wirken?

Freitag: Grundsätzlich werden bestehende Konzepte laufend den Marktveränderungen und den Bedürfnissen unserer Kunden angepasst. Es gibt zwei wichtige Kernpunkte, an denen wir permanent arbeiten: Erstens sind wir dabei, in allen Warengruppen eine automatische Bestellermittung einzuführen, um eine optimale Warenpräsenz in den Filialen zu gewährleisten. Nach Abverkauf eines angelegten Artikels wird bei Erreichen des Bestellpunktes automatisch ein Auftrag ausgelöst und innerhalb eines festgelegten Zeitraumes nachgeliefert. Durch dieses System können wir sofort erkennen, welche Dessins, Farben, Größen usw. im Trend liegen. Zweitens sucht in gesättigten Märkten der Kunde nicht mehr nur Produkte, sondern Ideen und Trends bis hin zum Lebensgefühl. Die Schaffung von Begehrlichkeiten, die Zusammenführung von Ware zu Themen sind wesentliche Erfolgsfaktoren, um verlorenes Terrain zurück zu erobern bzw. neues gewinnen zu können.

BTH Heimtex: Was erwartet ein Teppichkunde überhaupt von Karstadt?

Freitag: Der klassische Warenhauskunde weiß, dass wir nicht mehr alle Wünsche erfüllen können. Er erwartet von uns, dass wir kompetent sind in den Warengruppen, die wir führen. Und, dass er einen Teppich zu einem leistungsfähigen Preis erwerben kann. Deshalb haben wir uns auf die Ursprungsländer Persien und Nepal konzentriert und führen Indien und Pakistan nur noch als Randsortiment.

BTH Heimtex: Gehen Verbraucher zum Teppichkauf überhaupt gezielt in ein Warenhaus? Halten sie sich nicht eher an Händler, die ihnen Billigpreise versprechen?

Carsten Gähle: Diese Art von Werbung geht meiner Meinung nach ins Leere. Diesbezügliche Prospekte sind unübersichtlich, zu voll und nur der Preis fällt ins Auge. Meines Erachtens reagiert der Kunde auf Artikel, die emotional dargestellt werden.

Die reine Preisargumentation ist sowieso der falsche Ansatz. Ist der Preis für einen Artikel deutlich zu niedrig, glaubt der Kunde nicht mehr an die Qualität des Produktes. Bei Teppichen kann er ohnehin nicht wirklich einschätzen, welcher Preis angemessen ist. Die Kunst liegt darin, den Verbraucher durch Themendekoration und richtigen Preisaufbau den Werbepreis "vergessen" zu lassen.

BTH Heimtex: Welche Vertriebsschienen sind überhaupt dazu geeignet, Teppiche zu verkaufen? Müssen nicht auch neue Absatzkanäle erschlossen werden?

Gähle: Die Zukunft liegt bei den Möbelhäusern, aber auch bei Fachmärkten, die über ausreichend Fläche verfügen oder trendige Ware richtig vermarktet darbieten. Den klassischen großen Teppichhäusern fehlt manchmal ein schlüssiges Konzept. Kibek ist die Ausnahme.

BTH Heimtex: Das klassische Teppichhaus gibt es immer weniger. Dort gehen die Verbraucher gezielt hin, wenn sie nach einem Teppich suchen. Aber ist der Bedarf überhaupt das wesentliche Kriterium für den Teppichkauf?

Gähle: Nein, keiner kauft mehr einen Teppich, weil er ihn braucht. Aber: professionell angesprochen, kauft ein Kunde häufig spontan einen Teppich.

Deshalb werden eine fachliche Beratung und eine stilsichere Dekorationen immer entscheidender. Verkäufer müssen geschult, motiviert und gefördert werden. Und den Kunden müssen komplette Konzepte präsentiert werden. Dazu gehören neben attraktiven Displays auch die Sortierung im Stapel und die Herausstellung besonderer Stücke. Diesen Aufgaben muss sich unser Außendienst stellen. Es reicht nicht mehr, nur den Auftragsblock zu zücken.
aus BTH Heimtex 04/03 (Wirtschaft)