Kommentar von Heiko Höhmann

Hochkonjunktur für Kooperation(en)


Ein Markt, der nicht mehr hergibt als der Endverbraucher vertragen kann, führt zwangsläufig dazu, dass man sich rechtzeitig auf diese aktuellen Marktgegebenheiten einstellen sollte. Gerade der Markt in unserer Branche hat in den letzten Jahren starke Einbußen erlebt - vor allen Dingen aber einen Preiskampf, der zum Teil völlig unnötig war und ist.

Wenn sich aber ein Markt nur noch schwer berechen- und steuerbar darstellt, dann gibt es nur eine einzige Strategie: Man muss sich ihm anpassen. Das bedeutet unter anderem, dass sich die wesentlichen Marktteilnehmer viel stärker miteinander austauschen und verbinden. Denn letztlich geht es um die gesamte Branche und deren Produkte.

Gerade die marktführenden Kooperationen könnten sich Gedanken darüber machen, ob sie nicht auf und in verschiedenen Gebieten und Bereichen kooperieren sollten, um eine Kosten- und Know-how-Führerschaft in unserer Branche zum Vorteil der den Kooperationen angehörenden Unternehmen zu realisieren.

Dies bedeutet beileibe nicht, dass die Kooperationen ihre Eigenständigkeit aufgeben; jedoch ist es schwer einzusehen und auch kaum nachvollziehbar, dass alle das Gleiche wollen, jeder einen anderen Weg beschreitet - bis hierher könnte man ja noch folgen -, aber jeder für die Erreichung der Ziele die Eigenständigkeit dadurch zum Ausdruck bringt, dass er alles selber kann und auch macht.

Ich denke, dass es an der Zeit ist, einmal darüber nachzudenken, auf welchen Gebieten Kooperationen miteinander kooperieren können, um zumindest hier eine Hochkonjunktur zum Wohle der Gesellschafter und Mitglieder zu realisieren.

Nur ein Beispiel von vielen ist die EDV-Systematik: Innerhalb der Kooperationen gibt es die verschiedensten Versionen. Und wenn man es selber nicht schafft, werden bestimmte Bereiche outgesourct. Nehmen wir hier nur einmal die Zentralregulierung mit Delcredere-Übernahme, die zweifelsfrei einen ökonomischen Vorteil sowohl für die Lieferanten als auch für die Mitglieder der Kooperationen hat. Aktuelles IT-technisches Know-how ist erforderlich, um hier eine Kosten- und Marktführerschaft zu erreichen, die wir mit der FHG beanspruchen. Outsourcen bedeutet nicht immer, den günstigsten Preis zu erreichen, sondern man hat eine schwierige Thematik, die sehr investiv ist, auf Dritte verlagert.

Unter dem Aspekt der Langfristigkeit und der Höhe der von Dritten angebotenen Zentralregulierung, der damit verbundenen Kosten und des daraus resultierenden geringen Erkenntnisstandes anhand von Statistiken, die wiederum zu einem unternehmenssteuernden Instrumentarium werden können, sollte man schon bedenken, ob dies nicht ein Feld ist, in dem man gemeinsam enorme Kosten einsparen kann; dies hätte auch eine positive Rückwirkung auf die Lieferanten; sie müssten nicht noch selbst einen gewissen Prozentsatz für die Zentralregulierung und das Delkredere zahlen, wie von manchen gewünscht.

Sehen wir uns des weiteren die EDV-Systematiken in unserer Branche an: Die meisten "basteln" alleine und bringen sich dabei zum Teil unkontrollierbare, einseitige Abhängigkeit; so entstehen hohe Kosten - nicht nur als Erstinvestmen, sondern auch bei den laufenden Aufwendungen, die dann möglicherweise sogar zu "Nachlassforderungen" bei der Industrie führen, die mit dieser ganzen Sache gar nichts zu tun hat.

Dabei gibt es ein Unternehmen, dass in diesem Bereich Kompetenz und über Jahrzehnte gewachsenes Know-How vorweisen kann: die GSE in Karlsruhe unter der Leitung von Rudolf Schweigert, die namhafte Unternehmen dieser Branche bedient.

All diese Dinge sollten wettbewerbsmäßig entzerrt werden. Warum bündelt man nicht dort Gemeinsamkeiten, wo es Sinn macht, ohne die Eigenständigkeit und Individualität der einzelnen Kooperationen auch nur annähernd in Frage zu stellen ?

Blicken wir einmal über den Zaun: In anderen Branchen ist diese Erkenntnis längst gereift und umgesetzt worden - nämlich dass nur durch strategische Allianzen in fein und sensibel abgesteckten Segmenten Vorteile für alle Beteiligten realisiert werden können. Dies vor allem vor dem Hintergrund, dass unsere Branche volkswirtschaftlich eins der kleinsten Marktsegmente sind. Gerade dies zwingt uns aus meiner Sicht, viel gemeinschaftlicher zu handeln.

Ich bin kein Utopist; ich weiß, dass dieses Ansinnen nicht nur auf Zustimmung stoßen wird; aber es geht hier nicht allein um Köpfe. In erster Linie geht es um sachliche und ökonomische, erfolgversprechende Antworten auf den Markt von heute und vor allen Dingen von morgen und übermorgen. Das persönliche Ego muss zurücktreten - zum Vorteil unserer Kooperationsmitglieder, denen gegenüber wir eine hohe Verantwortung haben.

Ich erlaube mir auch - trotz harrscher Kritik - die Bemerkung, dass wir nicht für alles und jenes einen ZGV benötigen, denn wir brauchen keine "Nachmacher", sondern "Vormacher" und "Vorreiter" - und daher sollten sich diejenigen an einen runden Tisch setzen, die weit nach vorne denken und handeln wollen. Hierzu lade ich herzlich alle Interessierten gerne ein!

Und zum Schluss noch eines: "Die hochgepriesene ETG mit ihrer grafisch und farblich anachronistischen Werbung" - insbesondere was das Teppichsiegel angeht - "sollte auch mit dem Geld, was die Industrie hier hineinsteckt, m.E. effizienter wirtschaften."

Wenn wir uns unsere Branche ansehen, haben auch diese Werbeaktivitäten offensichtlich nicht zur Konjunkturbelebung geführt. Daher sollte man auch überlegen, ob diese Art der Werbung noch den Endverbraucher anspricht.

Hier wird stets etwas ganz Großartiges zelebriert; nicht nur, dass man plötzlich ausgeladen wird - warum auch immer -, sondern wir alle bezahlen diese Beträge, denn sie sind fester Kalkulationsbestandteil der Industrie und finden ihren Niederschlag in deren Preisen. Wenn dem so ist, sollte man doch auch einmal Dritte zu Wort kommen lassen, um konstruktiv und kritisch über die derzeitige ETG-Werbung und das ETG-Teppichboden-Siegel nachzudenken.

Dieses Produkt wird nur im eigenen Kreis diskutiert und verabschiedet, aber nicht in einem Kreis, dem wir das Produkt mit einer Wertigkeitsaussage verkaufen wollen. Im übrigen ist die Farbe Rot eine negative Signalfarbe; hierüber gibt es auch bei den Farbpsychologen keinerlei Meinungsunterschiede.

Die Damenwelt als Topentscheider für Teppichboden - ich spreche nicht vom Objektgeschäft - kann mit den vielen technischen Daten des ETG-Siegels kaum etwas anfangen. Also muss der Verkäufer derartig geschult werden, dass er mit umfangreichen, sicherlich positiven Argumenten versucht, die Ware nicht "an den Mann", sondern "an die Dame zu bringen", die er auch noch von der hohen Qualität überzeugen kann.

Überhaupt interessieren sich 90 % der Endverbraucher beim Teppichbodenkauf gar nicht für diese vielen Symbole und Zeichen. Für sie ist die Optik das entscheidende Kriterium - in Verbindung mit dem Preis.

Was kann daraus geschlossen werden? Wir sollten ernsthaft darüber nachdenken, ob weiterhin die immer gleichen Personen am gleichen Ort über das gleiche Zeichen Entscheidungen fällen, ohne den Kreis derjenigen einzubeziehen, der echte positive Alternativen entwickelt hat und den Endverbraucher zu Wort kommen lässt. Ich zumindest kenne kein empirisches Ergebnis über dieses Teppichsiegel beim Endverbraucher.

Die Zeit des Über- und Nachdenkens scheint mir gekommen zu sein, um unserer Branche wieder den Wertigkeitsstatus zu geben, der zu dem Begriff gehört, der zunehmend von den Baumärkten so formuliert wird, unter anderem von dem Aufsichtsratsvorsitzenden Manfred Maus: "Es ist unsere Aufgabe, dafür zu sorgen, dass sich unsere Kunden bei uns und vor allen Dingen zu Hause wohlfühlen!"
aus BTH Heimtex 01/02 (Handel)