Kleiner Fehler - großer Schaden

Wenn ein Gussasphaltestrich "bleibende Eindrücke" hinterlässt

Fußbodenkonstruktionen zählen zu den komplexesten und hochbelastesten Bauteilen - schon kleine Fehler können hier große Auswirkungen haben. Dabei hat jede Baustelle ihre eigenen Tücken. Oft zeigt sich erst anhand der Ursachenforschung im Schadensfall, worauf ein Fußbodenverleger alles achten muss. FussbodenTechnik deckt in Zusammenarbeit mit namhaften Sachverständigen anhand realer Schadensfälle mögliche Fehlerquellen auf. Diesmal geht es um die Folgen von Punktbelastungen auf einem Gussasphaltestrich.

Bei Sanierungmsaßnahmen in einem Bürogebäude in Mitteldeutschland ließ der Bauherr die Fußbodenkonstruktion erneuern. Aus Zeitgründen entschied man sich für einen schwimmend verlegten Gussasphaltestrich. Der Einbau dieses Estrichtyps hat den Vorteil, dass keine zusätzliche Feuchtigkeit in das Objekt eingetragen wird und der Gussasphaltestrich nach der Abkühlung sofort belegreif ist.

Bei der Befragung des Bauherrn stellte sich heraus, dass er keine weiteren Angaben zum Aufbau der schwimmenden Fußbodenkonstruktion machen konnte. Nach der Nutzungsaufnahme der verschiedenen Büroräume wurden teilweise Aktenschränke auf der Fußbodenkonstruktion abgestellt. Bereits nach kurzer Nutzungsdauer stellte der Bauherr Verformungen des Bodens fest. Dabei handelte es sich um muldenartige Vertiefungen und Absenkungen im Randbereich unter den Schrankfüßen.

Schadensbild - Möbelfüße führen zu bis 4 cm tiefen Eindrücken

Bei der Begehung konnte sich der Sachverständige von folgendem Schadensbild überzeugen: Die Füße der Büroschränke hatten sich an der vorderen Front der Schränke 2,5 bis 3 cm tief in den tragenden Untergrund eingedrückt und tiefe Mulden erzeugt. An der Rückseite der Schränke und damit unmittelbar vor der Wand waren muldenartige Vertiefungen bzw. Eindrücke der Füße bis 4 cm in die Fußbodenkonstruktion messbar. In zwei weiteren Räumen, in denen Büroschränke ohne Füße und stattdessen mit flacher Unterseite vollständig auf die Fußbodenkonstruktion aufgestellt waren, wies der Untergrund keinerlei Verformungen oder Deformationen auf.

Der Sachverständige richtete Prüfstellen ein, um dem Aufbau der Fußbodenkonstruktion auf den Grund zu gehen und Materialproben aus dem Gussasphaltestrich zu entnehmen. Diese Überprüfung ergab, dass unterhalb des textilen Bodenbelages ein Gussasphaltestrich in einer Dicke von 38 bis 40 mm vorlag.

Unter dem Gussasphaltestrich befanden sich verschiedene Konstruktionsschichten in unterschiedlichen Dicken: In einem Raum fand man lediglich eine Mineralwolledämmschicht, in einem anderen gab es eine zusätzliche Trockenschüttung. In weiteren Raum stieß man auf eine Holzfaserleichtbauplatte.

Zur Bestimmung der Härteklasse des Gussasphaltestrichs wurden zwei Proben nach DIN 18560 Teil 2 bzw. DIN 1996 Teil 13 überprüft. Dazu wurde der Gussasphaltestrich mit einem Stempel der Grundrissfläche von 100 mm2 über fünf Stunden bei 22 C und über zwei Stunden bei 40 C mit einer Kraft von 525 N belastet und die Stempeleindringtiefe geprüft.

Bei der Prüftemperatur von 22 C wurden Stempeleindringtiefen von 0,3 bzw. 0,6 mm und bei der Prüftemperatur von 40 C von jeweils 2,6 mm ermittelt. Damit entsprach der Gussasphaltestrich nach DIN 18560 Teil 1 Tabelle 5 der ausgeschriebenen Härteklasse "GE 10". Nach der neuen Normung würde man "ASIC 10" sagen. "AS" für Asphalt Screed und "IC" ist die Härteklasse des Gussasphaltestrichs, die an Würfeln (der Test heißt Intention Cubes) ermittelt wird.

Ursache - Hohe Punktbelastung überforderte Estrich

Zunächst wurde über die Bestimmung der Härteklasse nachgewiesen, dass der Gussasphaltestrich mit der Härteklasse "GE 10" bzw. "ASIC 10" für die Verlegung als schwimmender Estrich in einem beheizten Gebäude geeignet war. Grundsätzlich ist ein Gussasphaltestrich relativ unempfindlich gegen Schlagund Stoßeinwirkung und er weist ein hohes Maß an innerer Dämpfung auf. Im vorliegenden Fall war jedoch eine hohe Punktbelastung des Gussasphaltestrichs über die kleinen Schrankfüße in Verbindung mit einer sehr weichen unterseitigen Dämmschicht festzustellen. Auf diese Weise wurde der Estrich hinsichtlich der Tragfähigkeit erheblich überlastet.

Bei einem Gussasphaltestrich handelt es sich quasi um eine "erstarrte Flüssigkeit", in der die Kornzuschläge, Füller und Sandmehle im Bindemittel Bitumen "schwimmen". Das heißt, das Korngerüst ist nur wenig in der Lage, eine Lastverteilung/einen Lastabtrag im Estrich zu bewirken wie man es vom mineralischen Estrich kennt. Dem Gussasphaltestrich ist es somit nur sehr bedingt möglich, Dauerdruckbeanspruchungen aufzunehmen.

In Abhängigkeit des Konstruktionsaufbaus und der verwendeten Dämmschicht können hier etwa Punktlasten von 0,1 bis 1 N/mm2 angesetzt werden. Bei vier Schrankfüßen mit einer Grundrissfläche von jeweils 30 x 30 mm und einem Gussasphaltestrich auf Mineralwolle-Dämmschicht mit niedriger dynamischer Steifigkeit war die Dauerbelastungsgrenze des Gussasphaltestrichs bei einem Gesamtgewicht von 40 kg bereits erreicht. Höhere Lasten bzw. ungleichmäßige Lastverteilungen im Schrank selbst führen somit zwangsläufig zu Dauerdruckbeanspruchungen, die der Gussasphaltestrich nicht mehr aufnehmen kann. Im Rahmen der thermoplastischen Eigenschaften des Gussasphaltestrichs baut dieser die Spannungen über Materialumlagerungen, sprich Verformungen ab. "Bleibende Eindrücke" im Gussasphaltestrich sind die Folge.

Verantwortlichkeit - Falsche Planung der Fußbodenkonstruktion

Die extremen Verformungen im Gussasphaltestrich wurden durch eine falsche Planung der Fußbodenkonstruktion verursacht. Bei der Planung des Gebäudeteils Fußboden ist nicht nur die Definition und der Ausgleich verschiedener Konstruktionshöhen sowie die Bauzeit zu berücksichtigen. Zusätzlich muss die anstehende Belastung der Fußbodenkonstruktion bewertet werden. Liegt bereits ein Gussasphaltestrich in einem Objekt vor und sollen hier Einrichtungsgegenstände mit höheren Punktlasten aufgestellt werden, so ist es erforderlich, über entsprechende Lastverteilungsplatten diese Punktlasten so weit wie erforderlich zu minimieren. Da der Planer dies unterlassen hat, ist der Schaden von ihm zu tragen.

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Der Autor:

Dipl.-Ing. Ralf Gagewi ist öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Industriefußböden und Partner im IFF-Gutachter-Team Becker-Gagewi in Gappenach.

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aus FussbodenTechnik 02/06 (Handwerk)