Teppichland Berlin

Land des Lächelns lockt kaufkräftige Kunden

Das Teppichland Berlin muss man gesehen und erlebt haben, weiß Rainhard Hainz. Der Weg dahin führte über ein Event, das "Land des Lächelns", das in Zusammenarbeit mit der chinesischen Botschaft ein Kultur- und Festprogramm auf die Beine stellte, über das in Berlin gesprochen wurde. Geladen waren ausgesuchte Kunden, lokale Prominenz und Neu-Berliner, die sich in der Bundeshauptstadt in neuen Konsulaten, Firmenzentralen, Verbänden und Parteien zu einer neuen Gesellschaftsschicht formieren.

"Sind wir überhaupt allen Bürgern bekannt?" Diese Frage stand am Anfang einer Offensive, mit der das seit mehr als 30 Jahren existierende Teppichland Berlin neue Kundenkreise erschließen wollte. Die Antwort war: Nein. Seit Berlin Hauptstadt ist, hat eine neue Gesellschaftsschicht dort Fuß gefasst, die nicht mit traditionellen lokalen Einkaufspfaden vertraut ist. Gerade diese Gesellschaftsschicht aber - bestehend aus Politikern, Lobbyisten, Diplomaten und Unternehmern - ist besonders kaufkräftig. Mit welchen werblichen Mitteln lässt sich eine solche Klientel in ein Orientteppich- und Bodenbelagsgeschäft locken?

"Die elitäre Schicht bedarf einer besonderen Aufmerksamkeit", lautete der Ansatz im Teppichland Berlin. Ziel war es, ein gesellschaftliches Ereignis auf die Beine zu stellen, das ausreichend Substanz bietet, in die Terminkalender der anvisierten Bevölkerungsgruppe aufgenommen zu werden. Unter der Schirmherrschaft der chinesischen Botschaft wurde am 2. März zu einem großen Event ins "Land des Lächelns" gebeten. Teppiche, Show und Speisen - alles drehte sich um das Reich der Mitte.

"Erfreuliche Umsätze in den Folgetagen"

Um es vorweg zu nehmen: Das aufwändige Ereignis war ein voller Erfolg. Organisator Günter Krug wenige Tage später: "Das war an den erfreulichen Umsätzen der Folgetage zu sehen. Es wurde sogar ein Seidenteppich für 50.000 DM verkauft." Wichtiger noch ist dem mittelständischen Unternehmen mit seinen 60 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von rund 20 Mio. DM (2000) aber ein langfristiges Resultat. Krug: "Wir betrachten die Gäste jenes Abends als Multiplikatoren. Die positive Resonanz der Besucher, die zufrieden nach Hause gegangen sind, lässt sich für uns leicht verzehnfachen."

Ein halbes Jahr Vorbereitungszeit

Um in aller Munde zu sein, hatte sich das Teppichland Berlin gewaltig ins Zeug gelegt. Ein halbes Jahr Vorbereitungszeit ging dem Abend voraus. Günter Krug: "Allein mit der chinesischen Küche wurden 30 Gespräche geführt. Der Organisation einer solchen Sache muss sich jemand im Unternehmen persönlich annehmen. Es genügt nicht, nur eine Event-Agentur zu engagieren, denn schließlich sollte mittelständisches Gepräge vermittelt werden." So stellte erst der 14. Entwurf eines Organisationsplanes die Ausrichter zufrieden.

Aufbaufieber

Die heiße Phase begann drei Wochen vor dem 2. März mit der Dekoration von 400 roten China-Lampions in zwei Hallen des insgesamt rund 11.000 qm großen Teppichlandes. Zu diesem Zeitpunkt wurde mit 2.000 Gästen gerechnet - am Ende kamen sogar 2.100. Verschickt hatte das Teppichland 3.500 Einladungen. Golf- und Tennisvereine, Bundestagsabgeordnete, die Ländervertretung, der Verein Berliner Kaufleute und Industrielle waren angesprochen worden, um einen elitären Kreis und echte VIPs zu erreichen, darüber hinaus die Vereinigung der Wirtschaftskonsuln als Zugang zum diplomatischen Corps.

Sponsoren hatte man ins Boot geholt, ein Unterfangen, dass bei dieser Art von gesellschaftlichem Ereignis keiner Bettelei bedurfte. "Unser jährliches Werbebudget ist für Medien interessant", wusste Günter Krug. Da war es selbstverständlich, dass lokale Rundfunk- und Fernsehsender Vor- und Nachberichte von der Veranstaltung brachten. Die Mercedes Benz-Niederlassung Berlin stellte Luxuskarossen zur Verfügung und ermöglichte gleichzeitig Zugang zu ihrer eigenen, gehobenen Kundschaft. Auch eine Reihe von Getränkefirmen war gerne bereit mitzumachen. Krug: "Diese Unternehmen können sich auf solchen Veranstaltungen ihrerseits gut präsentieren, weil dort Entscheider und damit mögliche Interessenten vor Ort sind."

Eine Woche vor dem Event bezog der Reichtumsbuddha als Deko seinen Sitz im Teppichland. Dann kamen 1.800 Stühle. Am 1. März erreichte das Aufbaufieber seinen Höhepunkt. 50 Stehtische und 110 Bierzeltgarnituren wurden angeliefert, 10 Marktstände errichtet, einer davon für den obligatorischen Genuss der Pekingente. 60 Konfektionsstände und 2.000 Kleiderbügel sollten die Garderobe der Gäste aufnehmen. Toilettenwagen durften nicht fehlen, Installationen, Licht und Technik mussten überprüft und Rauchverbotsschilder durch das Hauspersonal angebracht werden. Zudem wurde noch eine Pressekonferenz veranstaltet. Günter Krug: "Kleinigkeiten am Rande können zu Hauptproblemen werden, wenn etwa zwei Schlauchanschlüsse nicht zusammenpassen. Um Reibungsverluste zu vermeiden, muss man vorher die Schnittpunkte der Organisation erkennen."

Begrüßungsmarathon

Der Einlass mit Vorprogramm begann um 18.30 Uhr. Junge Chinesinnen, Hostessen sowie Teppichland-Unternehmer Reinhard Hainz und Ingo C.F. Beetz, Präsident der Wirtschaftskonsuln, standen für den Begrüßungsmarathon bereit.

Im Hintergrund wurden 1.000 Flaschen entkorkt, aufgeteilt in Sekt, Rotwein, Weißwein und chinesischen Pflaumenwein. Alternativ gab es Bier, Softgetränke und Kaffee aus Espressomaschinen. 2.000 Frühlingsrollen, 2.000 Portionen Ananas-Fisch, 1.000 Portionen Lammspieß und 500 Portionen Tofu in Form von Fingerfood wirkten als Appetitanreger. Um das Hauptbüffet zu genießen, musste man sich bis 21.30 Uhr gedulden.

Die Zeit wurde nicht langweilig. In der Teppichhalle hatten Vertreter chinesischer Kultur und Fertigkeiten Aufstellung genommen. Akupunktur, Akupressur, Kalligraphie, Tuschmalerei, Teezeremonie und Tai Chi waren zu bestaunen. Fernöstliche Musikerinnen gaben Kostproben traditioneller Musik. Ein chinesischer Bücherladen lockte, dazu ein kleiner Lebensmittelmarkt, ein Stand mit Geschenkartikeln und der Duft von Baosi-Dampfnudeln mit ihrem süßen Inhalt.

Atemberaubender Showteil

Nach einer Gesangseinlage der Schöneberger Sängerknaben begann in der Teppichbodenhalle 2 das Hauptprogramm mit einer kurzen Ansprache von Reinhard Hainz. "In China ist eine Wirtschaftskrise ausgebrochen. Es sind alle hier", witzelte der Unternehmer und betonte noch einmal den Anlass für dieses Event: "Wir sind keine Massenvermarkter. Deshalb reicht es nicht, nur bekannt zu sein. Das Teppichland muss man gesehen und erlebt haben." Sun Rongming, erster Gesandter der chinesischen Botschaft: "Wir unterstützen das Teppichland, weil solche Anlässe die Möglichkeit bieten sich kennenzulernen. Wirtschaftlicher und kultureller Austausch sind wichtig für gute politische Beziehungen."

Der anschließende Showteil begeisterte die Zuschauer. Chinesischer Volkstanz, Musikdarbietungen, vor allem aber die atemberaubenden Kung-Fu-Elemente von vier Shaolin-Mönchen und die gummihafte Biegsamkeit der Nationalzirkus-Akrobatin Davaana Jargal nötigten Respekt und rauschenden Beifall ab.

Vorbei am rot abgehängten Teppichrollenlager ging es schließlich in das Büffet-Zelt. Während die Ersten in der Büffet-Schlange standen, hatte die Organisation 15 Minuten Zeit angesetzt, alle Zuschauerstuhlreihen vor der Hauptbühne mit 70 Bierzelttischen und weißen Tischdecken in einen Speiseraum zu verwandeln.

Fazit: Event-Budget ist gut angelegt worden

Mitternacht war offizielles Ende der Veranstaltung. Mit einer roten Rose wurde jeder Besucher verabschiedet. Das Fazit: Vertreter und Exzellenzen von 70 Botschaften hatten teilgenommen, Hartwig Mehdorn, Vorstand der Deutschen Bahn und Mercedes-Chef Walter Müller waren unter viel Lokalprominenz gesichtet worden.

Das Event-Budget von 250.000 DM mit einem zusätzlichen Werbeetat von 100.000 DM ist nach Auffassung des Teppichlandes Berlin gut angelegt worden.

Schon gab es Anfragen von Botschaften aus Lateinamerika und Asien, diesen Abend mit einem anderen Kulturschwerpunkt zu wiederholen. Ein Gast aus der diplomatischen Szene: "Die ganze Veranstaltung war hervorragend organisiert. Wenn man weiß, was sonst hier in den Hallen liegt, kann man ermessen, welche Arbeit dahinter steckt. Und alle Mitarbeiter blieben bis zum Schluss nett und freundlich."
aus BTH Heimtex 04/01 (Handel)