Dr. Andreas Rapp berichtet über kuriose Parkettschäden Teil 2

Rätselhafte Schadensfälle

Die Arbeit von Sachverständigen ist oft nicht leicht - nicht nur wegen der naturgemäß komplizierten Sachlage. Gelegentlich treffen die Experten auch auf besondere Ursachen, die den normalen Problemen sehr fern liegen. Auf der Parkett-Messe in Wien berichtete Dr. Andreas Rapp über solche rätselhaften Schadensfälle.

Fall 1 - Lack in Verdacht

Die Dame des Hauses pflegte ihren Parkettboden hingebungsvoll. Trotzdem musste sie in regelmäßigen kurzen Abständen relativ große Mengen von hellen Partikeln zusammenkehren und entsorgen. Offenbar handelte es sich um Ausbrüche aus der Versiegelung des Parkettbodens. Der Vermutung wurde nachgegangen, aber sie ließ sich nicht dingfest machen: Den vermeintlichen Lack-Partikeln hafteten keinerlei Holzfasern an. Sie mussten also weiter untersucht werden, um ihre Herkunft zu klären. Auf ihre chemische Reaktion getestet, zeigten sie "nichts Versiegelungstypisches". Als sie schließlich einer Eiweißprüfung unterzogen wurden, reagierten die rätselhaften Partikeln "von farblos nach Orangerot". Damit war die Antwort gefunden: Bei dem ständigen Staub auf dem Parkettboden handelte es sich um Hautschuppen. Die Dame des Hauses litt unter Schuppenflechte.

Fall 2 - Seitenverleimungsschutz futsch

In einem anderen Fall entging ein Parkettleger "um ein Haar" einer existenzbedrohenden Regressforderung. In einem Haus hatte er massive Nadelholzdielen auf Lagerhölzer genagelt. Nach einiger Zeit zeigten sich Abrissfugen. Der Parkettleger hatte keinerlei Erklärung dafür. Er berief sich auf die von ihm eingesetzte Versiegelung: Wasserlack in Verbindung mit einer entsprechenden Grundierung, die eine Kantenverleimung sicher verhindere. Seine Behauptung, diese Grundierung sei auch tatsächlich zum Einsatz gekommen, musste verifiziert werden. Eine Röntgenanalyse, durchgeführt in einem renommierten Universitätsinstitut, lieferte einen schlimmen Befund: Es war keine Grundierung vorhanden. Der Parkettleger in Nöten beteuerte, dass er die Grundierung mit eigener Hand aufgetragen habe.

Wie ließ sich dem Parkettleger helfen, wie das Gutachten eines Universitätsinstituts aushebeln? Der vom Handwerker beauftragte Sachverständige ließ sich die verwendete Grundierung geben und fertigte drei Muster an: Eines mit der strittigen Grundierung in Verbindung mit dem Wasserlack, eines mit Wasserlack auf Wasserlack ohne Grundierung und eines mit einer anderen Grundierung unter dem Wasserlack. Die weiteren Untersuchungen mit Hilfe von Substanzen, die nur ganz bestimmte Mikrofarbstoffe aufnehmen, führten schnell zum Nachweis, dass tatsächlich grundiert worden war. Der Parkettleger war rehabilitiert.

Zu klären blieb jetzt nur noch, warum die Grundierung im Universitätsinstitut nicht nachgewiesen werden konnte. Der Sachverständige fand auch hier eine Erklärung. Bei dem Wasserlack handelte es sich um einen Polyurethan-Lack mit Weichmacher. Dieser Weichmacher lief über in die Grundierung und hob ihre Wirkung auf. Ein anderes Testverfahren, die sog.Fettanalayse, hätte es von Anfang an gezeigt: Die Untersuchung, deren Ergebnis um ein Haar fatale Folgen gehabt hätte, war nur falsch angesetzt worden.

Fall 3 - Gefahrenquelle Ammoniak

Ein Mosaikparkettboden aus Eiche zeigte dunkle Verfärbungen. Sie traten ein Jahr nach der Verlegung auf und wurden mit jedem Winter stärker. Der Verdacht richtete sich auf Feuchte im Untergrund, bestätigte sich aber nicht. Zunächst führte die Beobachtung in die Irre, dass die Verfärbungen im Bereich von Heizungsrohren besonders auffällig waren: Die Rohre waren außer Betrieb und kamen als Ursache nicht in Betracht. Andererseits schien sich der Verdacht auf Feuchte doch zu bestätigen: Elektrische Messungen sowie Darrproben des Parkettholzes ergaben - über die gesamte Fläche verteilt - unerklärliche Holzfeuchtewerte, die teilweise stark voneinander abwichen.

Im weiteren Verlauf setzte der Sachverständige eine Dräger-Gasspürpumpe ein, um auf möglicherweise aus dem Unterboden freigesetzte basische Gase zu prüfen. Dabei wurde eine hohe Ammonium-Konzentration nachgewiesen. Die 4 bzw. 2 mm dicke PU-Schaum-Unterlage verfügte über eine oberseitige und eine unterseitige Papierkaschierung. Zwischen der unteren Papierkaschierung und dem Zementestrich bzw. der basischen Zementbrühe war es zu einer chemischen Reaktion gekommen, die zu einer sehr hohen Ammonium-Konzentration führte - und die Verfärbungen verursachte.
aus Parkett Magazin 03/06 (Handwerk)