Sind Sie ein Orientteppich-Kenner?

Eine kleine Warenkunde

Es ist zwar wichtig, auf die Frage "Sind Sie ein Orientteppich-Kenner" möglichst mit Ja antworten zu können. Doch alles kann man gar nicht wissen. Etliches muss auch der versierte Fachmann nachschlagen, zum Beispiel im Orientteppich-Kompass mit seiner umfangreichen Fachterminologie. Diese Ratespiel dient also allen dazu, sich ständig weiterzubilden. Wohl auch, sich mal ein wenig selbst zu prüfen. Ein Fachwissen ohne Lücken gibt es nun mal nicht. Daher sind diese Fragen und Antworten ein guter und vor allem ein amüsanter Meilenstein. Wie immer versuchen wir ein Mix anzubieten zwischen Zeitgenössischem, Neuem und historischem Teppichwissen. Auch da gibt es hin uns wieder neue Erkenntnisse, die zu berücksichtigen sind. Schließlich ist der Orientteppich ein Produkt das lebt und das zugleich auf eine ungeheuer lange Historie und Tradition verweisen kann. In dieser Hinsicht gibt es weltweit keine annähernd vergleichbare Handarbeit. Eine, die zudem prägend für die jeweilige Einrichtung ist und dort meist sogar die Führung übernimmt.

Chelsea-Teppich - Antiker Teppich, ausgestellt im Victoria and Albert-Museum in London

Der Chelsea-Teppich ist ein historischer Teppich aus dem 16. Jahrhundert, der Frühzeit der Safawiden. Geknüpft wurde er vermutlich in Herat oder Nord-Indien. Seinen Namen trägt der Teppich, weil er im 19. Jahrhundert im Londoner Stadtteil Chelsea, in einem Antiquitätengeschäft in der King's Road aufgekauft wurde.

Besonders hervorzuheben ist die ausgewogene rot-blau hell-dunkel alternierende In-and-Out-Wolkenbandbordüre. Sein Duktus erinnert an die Medaillon-Uschaks der gleichen Epoche. Der Chelsea-Teppich dient immer wieder als Vorlage und Inspiration für heutige Knüpfungen, die in dieser Art vornehmlich in Täbris entstehen.

Kette und Schuss sind aus Seide der Flor aus Schafwolle mit einer Dichte von ca. 740.000 Kn/qm geknüpft. Der Teppich ist 5,40 m x 3,22 m groß und ist ausgestellt im Victoria und Albert Museum in London/GB.


Alaun - Beizmittel für Naturfarbstoffe

Als Alaun wird das Salz Kalium-Aluminium-Sulfat (Kalialaun) bezeichnet, dass bereist seit dem Altertum bekannt ist.

Die Verwendung ist vielfältig: Alaun wird als Ätzmittel (Alaunstein), blutstillendes Mittel oder zum Klären von Flüssigkeit verwendet. Wichtig in der Färberei ist es als Beizmittel. Hier sorgt das Alaun für eine Fixierung des Farbstoffes an der Wolle.


Yasd - Teppichprovenienz in Südost-Iran

Yasd liegt im Zentral-Iran am Südrand der Dascht-e-Kavir, der Großen Salzwüste und ist die Hauptstadt des gleichnamigen Bezirks. Yasd ist eine der ältesten Städte des Iran und Hauptstadt der gleichnamigen Provinz. Die größtenteils aus Lehmziegeln erbaute Oasenstadt existiert seit dem dritten Jahrtausend vor Christus. Aufgrund ihrer einzigartigen Architektur gehört sie zum Weltkulturerbe. Heute leben hier rund 500.000 Menschen.

Ursprünglich hatten die Yasd-Teppiche ein blaustichiges Dessin, das sich aber mit steigender Produktion allmählich verlor. Durch lebhafte Nachfrage lehnten sich die dortigen Manufakturen mehr und mehr an die Kirman-Muster und -Farben an, so dass sie teilweise nur schwer auseinander zuhalten sind.

Bekannt ist Yasd auch für Teppiche mit imitierten Keschan-Dessins - leider von minderer Qualität. Zur besseren Differenzierung gegenüber dem Original sollten sie immer mit dem Zusatz Yasd-Keschan ausgelobt werden.


Kelim - Flachgewebter, florloser Teppich

In fast allen Ländern, in denen Teppiche geknüpft werden, ist auch der Kelim anzutreffen, ein gewebter Teppich ohne Flor.

Die nur aus Kette und Schuss bestehenden klassischen Kelims werden von Hand gefertigt. Die Musterung entsteht durch das farbige Schussmaterial, das in die Kettfäden gewebt wird. Diese Art der Herstellung hat zur Folge, dass zwischen zwei unterschiedlichen Farbbereichen ein Schlitz im Gewebe zu sehen ist. Daher taucht auch hin und wieder die Bezeichung Schlitzkelim auf.

Der Kelim zeigt auf beiden Seiten das gleiche Bild und ist somit beidseitig nutzbar. Aufgrund seines leichten Gewichts und seiner einfachen Konstruktion kann er zudem vielfältig eingesetzt werden, ob als Teppich, Wandbehang oder Decke.

Andere Flachgewebe, die auch auf andere Weise hergestellt sind, sind beispielsweise Djadjims, Soumakh oder Durries.


Feldermuster - Mittelfeldmusterung mit Gartenmotiven

Teppiche mit Feldermuster, in Persien Ghab-ghabi (Rahmen im Rahmen) genannt, werden im Deutschen auch als Gartenteppiche bezeichnet. Der Grund: Das Muster erinnert an einen üppig bewachsenen Garten mit geometrisch gegliederten, einzeln eingefassten Beeten.

Diese Assoziation scheint zulässig: Weite Teile Persiens und viele andere Regionen des Mittleren und Nahen Ostens sind wüsten- oder steppenartige Trockengebiete, in denen vielfach so genannter Irrigations-Gartenbau betrieben wird. Dabei wird Wasser durch kleine Bewässerungskanäle zu den Beeten geführt. Das Feldermuster gibt dieses Bewässerungssystem stark vereinfacht wieder.

Aufgrund der Trockenheit in diesen Regionen stellen zudem blühende und grünende Gärten eine Besonderheit dar. Dementsprechend geht das Feldermuster wohl auf den Wunsch zurück, sich ein wenig Garten und damit ein kleines Paradies ins Haus zu holen. Im Koran kommt der Begriff Garten als irdisches Gegenstück zum Paradies - übrigens ein Wort altpersischen Ursprungs - sehr häufig vor.

Das Feldermuster wird häufig in den Provenienzen Bachtiar, Ghoum, Moudh oder in Kaschmir-Seidenteppichen verwendet, seltener auch beim Täbriz, Mesched und Sarough. Die einzelnen Kassetten zeigen zwar meist unterschiedliche Motive, folgen jedoch einer streng symmetrischen Anordnung, oft in quadratischer, manchmal in rechteckiger oder rhombischer Form.

Die Ursprünge des Feldermusters reichen bis weit in die Antike zurück. Bereits der Pazyryk-Teppich wurde schon mit quadratischen Feldern gestaltet. Im Palast Taq-i-Kirra am Königssitz Ketesiphon im heutigen Nordirak lag einst ein Gartenteppich in den gewaltigen Abmessungen von 150 x 30 Metern. Das mit Preziosen besetzte und von Edelmetallen durchwirkte Prachtstück, das wahrscheinlich ein Wirkteppich gewesen ist und in den Wirren der Geschichte verloren ging, nennt der Volksmund zu Ehren des prunkliebenden Sassanidenkönigs Chosrau II. (590 bis 628 n. Chr.) noch heute "Frühling von Chosrau". Im Museum für Islamische Kunst in Berlin befindet sich ein berühmter Gartenteppich aus dem 18. Jahrhundert, der die Beete aus der Vogelperspektive zeigt. In seinen Bewässerungsgräben ist das lebenspendende Wasser mit blauen Wellen dargestellt, in dem sogar Fische schwimmen.


Ariana - Historischer Name Afghanistans

Vorläufer des heutigen Afghanistans ist das antike "Aryanam Xsaora". Der östliche Teil gehörte später zum Perserreich. Nach dem Fall der Sassaniden (651 n. Chr.) und der Invasion der muslimischen Araber dominierten bis zum Mittelalter persische Lokaldynastien, die dem muslimischen Kalifat unterstanden.

Der Paschtune Ahmad Schah Durrani begründete im Jahr 1747 ein selbständiges Königreich im Osten Persiens, im Gebiet Khorasan Wa Mawar al-Nahr. Damit gilt er allgemein als Begründer Afghanistans. Sein Reich zerbrach jedoch schon bald wieder an inneren Streitigkeiten und Einmischungen von außen. Wenig später geriet das Land in den Einflussbereich der expandierenden Briten.

Sie führten den Begriff Afghanland ein, der später von der Bevölkerung übernommen wurde. Der heutige Name Afghanistan bedeutet wörtlich Land der Afghanen und entstand Anfang des 19. Jahrhunderts. 1801 wurde er im Anglo-Persischen Friedensvertrag zum ersten Mal erwähnt.


Dabaghi - Persisch für Gerberwolle

Gerberwolle ist im Gegensatz zur Schurwolle von toten Tieren gewonnen. Es ist Wolle von minderer Qualität, da sie weniger elastisch, also spröder ist. Für die Herstellung von Orientteppichen ist sie vollkommen ungeeignet. Wie der Name sagt, wird sie beim der Lederherstellung von der Haut gekalkt, geschoren oder im Schlachthaus von der Haut geschabt. Andere deutsche Bezeichnungen für Gerberwolle sind Sterblings-, Haut- oder Kalkwolle.


Dugh - Erfrischendes Getränk im Orient

Ein erfrischendes Joghurtgetränk in traditioneller, orientalischer Zubereitung wird in Persien als Dugh, in Jordanien und im Libanon als Laban, in Indien als Lassi sowie in der Türkei als Ayran bezeichnet.

Die Rezeptur ist variabel: Wasser und Joghurt im Verhältnis 1:1 (oder 2:1) sowie etwas Salz gehören zur Grundrezeptur. Die süße Version enthält Zucker und Safran, Fruchtsaft oder pürierte Früchte (zum Beispiel Mango-Lassi). Namkeen-Lassi dagegen ist gewürzt und stärker gesalzen. Wegen des höheren Fettgehalts eignet sich hervorragend griechischer oder türkischer Joghurt für die Zubereitung, da Fett der Hauptaromaträger ist. Joghurtgetränke sind auch ideal beim Verzehr von scharf gewürzten Speisen: sie "kühlen".


Krabbenmuster - Musterdetail, das an eine Krabbe erinnert

Das Krabbenmuster ist ein beliebtes Motiv in den Bordüren traditioneller kaukasischer Knüpfteppiche. Es erinnert an die Silhouette einer Krabbe. Wahrscheinlicher ist es jedoch, dass seine Ausgangsbasis eine Blüte war.
aus Heimtex Orient 02/06 (Teppiche)