Haustex-Unternehmerrunde Bettenmarkt

Heft des Handel(n)s nicht aus der Hand geben

Hannover - Die Situation im Bettenfachhandel ist angespannt, trotz leichter Besserungstendenzen in diesem Jahr: Das Image der Produkte rund ums Bett ist im Vergleich zu anderen Warengruppen nach wie vor verbesserungsfähig, die Ertragslage in Industrie und Handel mit wenigen Ausnahmen schlecht. Und von Dynamik kann in der Branche auch nicht die Rede sein. Was kann also unternommen werden, damit ein Ruck zwar nicht gleich durch Deutschland, aber wenigstens durch die Bettenbranche geht? Haustex lud auf Anregung des Bettenfachhändlers Ralph Prinz Branchenteilnehmer aus Industrie, Handel und Verbänden zu einem Round-Table-Gespräch ein, um miteinander über mögliche Lösungsansätze zu sprechen. Ort der Unternehmerrunde war das Maritim Airport Hotel in Hannover.

In seinem Eingangsstatement beleuchtete Prinz die Ausgangssituation der Branche. Das Durchschnittsalter der Bevölkerung steigt stetig an, das Thema "gesund alt werden" bietet entsprechend interessante und lukrative Perspektiven. Das wird im Bettenhandel inzwischen nicht nur vom hochwertigen Fachhandel so gesehen. Der Hochpreisbereich wird auch von Fachabteilungen der Waren- und Möbelhäuser angegangen, selbst Ikea plant in das laut Prinz "Kompetenzzentrum" des klassischen Fachhandels eindringen. Der Einzelhändler fürchtet, dass dem Fachhandel nach dem unteren und mittleren Preissegment nun auch das Premiumsegment als letzten Zufluchtsort durch andere Vertriebsformen streitig gemacht wird.

Als weiteren Problempunkt benennt Prinz die Nachfolgeregelung im Handel. Viele Häuser schließen aus Desinteresse der folgenden Generation und wegen schlechter Renditen und Zukunftsaussichten. Auch für die Verbände und die Industrie stellt das Wegsterben zahlreicher Verkaufspunkte ein wachsendes Problem dar. Prinz stellte daher den ersten Vorschlag in den Raum, eine neutrale Plattform zu installieren, auf der sich Verkäufer und potenzielle Käufer von Geschäften treffen können.

Zum Problem der Warenfinanzierung im Handel richtet Prinz die Frage an die Industrie nach Depotbeständen im Handel, Flächenbewirtschaftung, EDI und automatischer Nachdisposition. Schließlich das Imageproblem der Matratze, die für ihn mehr ist als lediglich das Praktizieren von Fachchinesisch, Rabatten und durchgestrichenen Preisen gegenüber dem Verbraucher: Der Einzelhändler wünscht sich ganzheitliche Ansätze und Kooperationen mit anderen Branchen wie zum Beispiel Inneneinrichtern, Bädereinrichtern und Innenarchitekten.

Prinz appellierte abschließend: "Der Leidensdruck wird sich in der Zukunft verstärken. Jetzt ist noch die Möglichkeit zu gestalten. Dies sollten wir wahrnehmen, bevor uns das Heft des Handelns aus der Hand genommen wird."

Wie gut kennen sich Industrie und Handel?

Branchenkenner Peter Döhle, der die Runde moderierte, erklärte, dass nach dem Wohnzimmer und der Küche jetzt in der Sympathie der Verbraucher eigentlich mal das Schlafzimmer dran gewesen wäre, doch leider sei es das Bad geworden. Er warf die Frage in die Runde, ob ein Teil der Probleme in der Branche daher rühre, dass die Protagonisten in Industrie und Handel zu wenig voneinander wüssten? Jedenfalls fehle der "Drive" in der Branche, so auch seine Ansicht. Döhle zitierte die Aussage eines Marktteilnehmers der sagte: "Der rote Faden zwischen Industrie und Handel könnte dicker gestrickt werden."

Auch für Carsten Bürgel von Betten Meier in Stadthagen wäre es eine absolute Traumvorstellung, wenn das Schlafzimmer eine Entwicklung nehmen würde wie die Küche. Als Ursache für die nachrangige Rolle des Schlafzimmers sieht er ein Wahrnehmungsproblem der Verbraucher. Sie wüssten durch die vornehmlich beworbenen Billigprodukte gar nicht, was preislich in einem Fachgeschäft möglich ist, wo schnell mehrere tausend Euro ausgegeben werden könnten.

Tobias Kirchhoff seinerseits sieht weniger ein grundsätzliches Problem zwischen Industrie und Handel als Ursache für die Probleme in der Branche: "Wir kenne uns ganz gut." Was fehle, sei die strikte Orientierung zum Konsumenten. "Statt uns miteinander zu beschäftigen, sollten wir uns auf den Kunden konzentrieren!" Allerdings fragt sich der Unternehmer, ob es dafür nicht schon zu spät sei, denn vor zehn Jahren habe man noch über bessere Budgets verfügt als heute. Bezüglich des Küchenmöbel-Booms führt Kirchhoff diese Entwicklung auch auf die seit Jahren laufenden Kochshows im Fernsehen von Biolek und Co. zurück. Entsprechend müsse man daran denken, was der Konsument im Schlafzimmer tue, nämlich schlafen.

Wo bleibt die Erotik in der Bettenbranche?

Allgemeiner Konsens war, dass das Thema Erotik im Gegensatz zu anderen beworbenen Konsumartikeln in der Bettenbranche ironischerweise so gut wie gar nicht stattfindet. Kay Heintzen vom Bettenhaus Uwe Heintzen in Oldenburg: "Ein Toilettenpapier von der Rolle ist erotischer als eine Matratze, das ist zumindest das, was uns die Werbung verspricht. Wir haben es einfach nicht geschafft, in unsere Branche auch ein wenig diesen erotischen Touch reinzukriegen, die Sinnlichkeit fehlt komplett."

Thomas Ochmann, Betten Heller in Göttingen, wiederum sieht die Lage im Bettenfachhandel nicht grundsätzlich schlechter als im übrigen Einzelhandel: "Ich denke nicht, dass die Bettenbranche im Durchschnitt der letzten zehn Jahre schlechter abgeschnitten hat als der Rest des Einzelhandels." Es gebe allerdings einen Wettbewerb zu Lasten des Fachhandels und zum Vorteil anderer Distributionskanäle. Wobei man beobachten müsse, ob hinsichtlich der Discounter inzwischen die Spitze erreicht worden sei und es vielleicht auch eine Gegenbewegung gibt. "Die Fragestellung muss heute sein, was können wir, die wir hier am Tisch sitzen, eigentlich bewegen?" Dazu zähle nicht die allgemeine Konjunkturstimmung und auch nicht, dass man beschließen könne, eine Gemeinschaftswerbung für Schlafzimmer zu starten. Die Branche sei nun einmal klein strukturiert, es fehle ein Unternehmen wie zum Beispiel Nike in der Sportartikelbranche, das stark genug ist, um den Markt zu beleben. Ochmanns Schlussfolgerung: Es gelte herauszufinden, was der Verbraucher vom Fachhandel erwartet, warum er in ein Fachgeschäft geht und was dort für ihn die entscheidenden Vorteile sind.

Axel Augustin vom VDB ist der Auffassung, dass die von Döhle in die Diskussion gebrachte Gemeinschaftswerbung hierzulande, im Gegensatz zu Ländern wie Belgien oder Spanien mit oligopolistischen Märkten, nicht funktioniere und somit nicht Teil der Lösung sein könne. Je größer die Zahl der Marktteilnehmer ist, desto schwieriger werde es, sie unter einen Hut zu bekommen. Das sei der "Fluch der Vielfalt, die wir hier haben". Die Möbelbranche habe vorgeführt, dass Gemeinschaftswerbung in Deutschland nicht funktioniere.

Gemeinschafts-PR statt Gemeinschaftswerbung

Einen anderen Ansatz hält Kirchhoff für bedenkenswert, den der PR. Er führt das Beispiel England an, wo in regelmäßigen Abständen Umfragen zum Thema Schlafen gemacht werden und diese Ergebnisse dann in der Presse publikumswirksam gestreut werden. Zum Beispiel die Frage, ob eine Ehe besser hält, wenn die Ehepartner getrennt oder gemeinsam nächtigen. Das Ergebnis: Statistisch hält eine Ehe länger, wenn man nach 20 Jahren Ehe getrennte Schlafzimmer hat. Die Reaktion in der Presse sei phänomenal gewesen. Sein Fazit: Es gibt so viele Themen rund um den Schlaf, welche die Presse gerne aufnehme. Sie brechen das Tabuthema schlaf auf.

Dr. Martin Süß als erfahrener Verbandsgeschäftsführer des Bettenrings sieht die Problemlage recht nüchtern. Das ganze Thema sei eigentlich wesentlich kleinteiliger und weniger visionär als es sich die Teilnehmer wünschten. Es gebe leider keine Patentrezepte. Allerdings würde die Demografie, also die Bevölkerungsentwicklung, für den Bettenhandel arbeiten und nicht gegen ihn, spielt er auf die bereits erwähnte Alterung der Bevölkerung an. Von daher sei es eigentlich "ein genialer Zeitpunkt, um vor Ort Stories und Aktivitäten zu starten." Süß nennt als Beispiel die Schlafschule. Aber diese Arbeit vor Ort sei echte Kärrnerarbeit.

Grundsätzlich optimistischer bewertet die Lage Dr. Frank Bierbaum von Irisette. Er fragte, warum sich die Branche so klein mache, warum man von kostspieligen Mediakampagnen vor der Tagesschau träume. Man müsse die Lage auch mal positiv sehen: "Wir leben in einer wahnsinnig stabilen Branche, die stürzt auch nicht wirklich ab." Auch für ihn ist der Dreh- und Angelpunkt aller Maßnahmen der POS "und alles drumherum". Den zu professionalisieren sei keine Schwäche, sondern der Weg in die Zukunft, eine Markenbildung auf Handels- wie auf Industrieseite.

Bierbaum setzt dabei auf eine enge Zusammenarbeit mit dem Einzelhandel: "Partnerschaft heißt gemeinsam ringen um beste Lösungen, unter völliger Beachtung, dass man gemeinsame Interessen hat, nämlich den gemeinsamen Erfolg beim Endverbraucher, aber dass man in dem Kampf um Wertschöpfung unterschiedliche Interessen hat. Das ist doch völlig in Ordnung!"

Spagat zwischen modischen Artikeln und Großteilen

Erfolg ist das Stichwort für Ochmann. Wie genau erzielt man Erfolg, wie kann man dabei möglichst auf den Erfahrungswerten erfolgreicher Einzelhändler oder der Industrie aufbauen? Hinter dieser Frage steht der Wunsch eines vielfach geforderten Unternehmers, erfolgreiche Module oder Rezepte (Best Practice) übernehmen zu können, um mehr Zeit für das eigentliche Geschäft zu haben. Als ein Problem schildert er zum Beispiel die Heterogenität seines Sortiments, das ganz unterschiedliche Vorgehens- und Denkungsweisen erfordert: einerseits das modische Bettwäsche- und Frottierwarensortiment und andererseits das weniger charismatische Großteilgeschäft.

Bierbaum kann dem Fachhändler da wenig Hoffnung machen und stimmt mit der bereits zitierten Meinung von Süß überein, dass es für einen Einzelhändler kein Patentrezept gebe, sondern extrem unterschiedliche Wege zum Glück. Hans-Jörg Koch von Garant-Möbel schlägt wahrscheinlich nicht ganz uneigennützig vor, die Kooperation mit einem leistungsfähigen Verband einzugehen. Als branchenfremde positive Beispiele nannte er Red Zack, Masters oder Intersport. Mit solch einem seiner Meinung nach zugfähigen Label über der Eingangstür und nicht zuletzt durch eine Bündelung von Aufträgen komme man als Geschäftsinhaber raus aus dem Klein-Klein des Alltagsgeschäftes.

Das sieht Bürgel etwas anders. Für ihn ist das Kernproblem des Fachhandels, die Frequenz im Geschäft zu erhöhen, zumindest könne er in seinem Geschäft erheblich mehr Kunden abwickeln. "Das Problem ist, den Kunden überhaupt erst einmal ins Haus zu kriegen. Ihn dann richtig zu beraten und ihm die richtigen Produkte anzubieten, haben der Großteil der Händler und der Industrie durchaus im Griff." Ob man aber mehr Kunden dadurch ins Geschäft holt, indem man den Namen eines Verbandes an der Ladenfront anbringt, wage er zu bezweifeln.

Schlafschule als Frequenzbringer

Als eine weitere Möglichkeit, Frequenz in den Geschäften zu schaffen, erwähnt Heintzen spezielle Veranstaltungen vor Ort. Sein Unternehmen praktiziert das schon seit mehreren Jahren mit Themen rund um Gesundheit und Schlaf. Dadurch erreiche man auch Personen, die ohne diesen Anlass eher nicht in das Geschäft kommen würden, ist seine Erfahrung. Hier sieht Heintzen eine gute Möglichkeit der Zusammenarbeit mit der Industrie, zum Beispiel, dass die Firmen einen Pool von Referenten durch die Lande schicken, welche die Einzelhändler dann buchen können. Als sehr hilfreich würde er in diesem Zusammenhang eine Auflistung aller Promotion- und Vortragsevents der Industrie ansehen, die im Laufe eines Jahres veranstaltet werden, so dass der Händler bei seinen Lieferanten vorstellig werden kann. Koch nannte als erfolgreiches Beispiel aus der Küchenbranche Kochabende mit Fernsehköchen.

Solche hochkarätigen Ereignisse dürften der eher klein- bis mittelständisch strukturierten Industrie im Bettensegment eher schwer fallen. Daher kam Michael Mosch von Estella Ateliers noch einmal auf das Thema Erotik zu sprechen, allerdings eher im übertragenen Sinne. Für ihn fehle im Einzelhandel oftmals der Pepp, die Aufmachung der Ware sei zu wenig "sexy". Als negatives Beispiel nannte er Kataloge, die er, was den Bereich Bettwaren und Matratzen angeht, nur aus rein professionellem Interesse betrachte, weil er optisch so langweilig daherkomme. Etwas mehr Pepp könnte Mosch sich daher schon vorstellen. Auch die Sortimente in den Geschäften könnten erotischer aufgemacht werden. Im übrigen plädierte er dafür, das Probeliegen auf einer Matratze etwas diskreter und dafür exklusiver zu gestalten.

Sein Industrie-Kollege Kirchhoff sieht in der Kleinteiligkeit der Branche keinen Nachteil. Dadurch seien die Unternehmen auch flexibel. Was im Norden gekauft werde, sei nicht unbedingt auch im Süden gefragt. Da es nicht das einheitlich beste Bett für ganz Deutschland gebe, so Kirchhoff, werde der Markt nicht von Fachmarktketten überrollt, zumindest was Bettwaren angehe. Die Produktgruppe der Bettwaren ordnet er genau zwischen textilem und "möbeligem" Sortiment ein, zwischen Design und Funktion, zwischen Bettwäsche und Matratze. Allen drei Gruppen gemein sei eben der Schlaf und der habe ohne Zweifel etwas mit Erotik zu tun. Das müsse man intelligent in einer Gemeinschaftsaufklärungs-Kampagne transportieren, im Gegensatz zu einer seiner Ansicht nach illusorischen Gemeinschafts-Werbung. Sein Appell: "Als kleinteilige Branche müssen wir nicht auch kleinteilig denken!"

Verbände: Top-Strategie für Top-Häuser

Außerdem warf Kirchhoff die rhetorische Frage auf, warum zahlreiche Geschäfte so erfolgreich im Markt agierten. Sie seien in allen Regionen zu finden, in allen Verbänden, aber was sie einige, sei eine ausgezeichnete Premium-Strategie. Daher Kirchhoffs Plädoyer für mehr Premium im Markt. Seine Anregung an die Verbände: Für deren Top-Häuser eine eigene Premium-Strategie zu entwickeln.

Döhle erwähnte als ein Problem in der Branche die zersplitterte Verbandsstruktur seitens der Industrie, die eine Diskussion über eine öffentlichkeitsstarke Gemeinschaftsaufklärung zumindest nicht erleichtere. Diese Befürchtung konnte Kirchhoff entkräften. Nach seiner Erfahrung wird es umso schwerer, etwas zu initiieren, je mehr Parteien involviert sind: "Je mehr ins Boot kommen, um so mehr können widersprechen." Günstiger ist es aus seiner Sicht, einen "Nukleus" aus einigen wenigen Initiatoren zu bilden, die die Sache ins Rollen bringen. "Die Sache lebt vom Going." Allmählich dann alle ins Boot zu holen, hält Kirchhoff jedoch für nicht undenkbar.

Klaus Neudecker von Rummel Matratzen berichtete darauf von dem noch recht jungen Matratzenverband als Beispiel einer erfolgreichen Initiative. Der aus der früheren Gütegemeinschaft entstandene Verband sei von einigen marktstarken Unternehmen ins Leben gerufen worden, die vorangegangen seien und die anderen dann von ihrer Idee begeistert hätten. Innerhalb kürzester Zeit habe man dann schon wichtige Entscheidungen getroffen. Dazu gehöre der neue Marktplatz auf der Kölner Möbelmesse, und die Einigkeit in punkto Gewährleistung. In beiden Punkten seien sich alle einig gewesen, hob Neudecker hervor. Das sei dadurch erreicht worden, dass am Tisch Personen mit echter Entscheidungskompetenz gesessen hätten, für ihn ein ganz wichtiger Punkt.

Bessere Aufgabenteilung zwischen Industrie und Handel

Sechs Punkte machte Ochmann als Erfolgsfaktoren für einen guten Einzelhändler aus, und kam damit wieder auf das oftmals harte Tagesgeschäft zu sprechen. Dabei stellte er die Frage in den Raum, wer für diese Punkte zuständig und letztlich kompetent sei, der Einzelhändler selbst oder seine Lieferanten aus der Industrie: Ladengestaltung, Werbung/Marketing, Sortimentsauswahl/NOS, betriebswirtschaftliche Unternehmensführung, Mitarbeiter/Schulung, Service/Dienstleistungen. Ochmann schwebt eine Kombination aus eigenen und fremden Entscheidungen vor, um daraus das Beste für ein Geschäft zu subsummieren. Am liebsten wäre ihm nach eigenem Bekunden, wenn der Lieferant erzählt, wie er durch bestimmte Umbaumaßnahmen den Umsatz um beispielsweise zehn Prozent steigern könnte. "Stattdessen fängt jeder beim Umbau wieder von vorne an. Aber kann ich es mir leisten, mich beim Umbau um den Ladenbau zu kümmern? Nein, ich habe etwas ganz anderes zu tun. Ich muss verkaufen und meine Kunden pflegen!"

Dr. Süß konterte, dass letztlich immer der Einzelhändler entscheiden müsse, wenn auch unter gelegentlicher Hilfe der Industrie. Das, was Ochmann vorschwebe, sei eher eine Art Franchise-Konzept, bei welchem dem Einzelhändler strikte Vorgaben gemacht würden. Was man machen könne, sei beraten, aber nicht sagen, was zu tun sei. "Es ist nicht die Aufgabe der Industrie, Holzteile zu verkaufen."

In die gleiche Kerbe schlug Neudecker, der postulierte, dass es die zentrale Aufgabe des Unternehmers sei, Enscheidungen zu treffen. "Dass Hilfe geboten werden muss, sehe ich auch so; dass Sie kompetente Berater benötigen. Aber es wird letztlich immer Ihre Entscheidung sein."

Mosch nannte ein wichtiges Argument gegen die Standardisierung von Erfolg versprechenden Konzepten, das Problem der Austauschbarkeit. Dann könne man sich als Händler nicht mehr gegenüber Wettbewerbern abheben, die Kompetenz gehe verloren. Im Übrigen hänge eine Entscheidung vom Standort ab. Auf dem Land würden schließlich andere Ansprüche gestellt als in einer Großstadt wie Hamburg. Wenn man die Lieferanten mit ins unternehmerische Boot ziehen wolle, so Mosch zu Ochmann, dann finanziell. "Als Hauptlieferant kann man auch ein bisschen investieren."

Das wollte Industrie-Kollege Neudecker so dann doch nicht stehen lassen. Eine Hand wasche zwar die andere, jederzeit gerne. Wenn es um die sinnvolle Gestaltung einer Verkaufsfläche gehe, müsse man überlegen, was man dazugeben könne. Aber Geld sei da eher das Banalste. Er denkt da eher an verbesserte Konditionen bei Werbemitteln oder im Einkauf, die durch einen Multiplikatoreffekt ermöglicht werden. Neudecker wüscht sich in diesem Zusammenhang vom Handel eine ausgeprägtere Beständigkeit gegenüber der Industrie. Rummel bekenne sich seinerseits zum Fachhandel und erhoffe sich das entsprechend auch von seinen Einzelhandelspartnern.

Haustex-Herausgeber Michael Steinert kam dann noch einmal auf die ins Spiel gebrachte, Branchen übergreifende Verbraucheraufklärung zurück und warf die Frage auf, wie sie am besten transportiert werden könne. Schließlich gebe es bereits den Bettenpressedienst des VDB, den man unter Umständen als Plattform nutzen und ausbauen könne. Döhle gab jedoch zu bedenken, dass heute ganz andere publizistische Kaliber aufgefahren werden müssten, um bei den Verbrauchern eine Wirkung zu erzielen, da deren Medien-Konsumgewohnheiten sich stark verändert hätten: mehr Gewicht auf Bilder und Schlagworte, weniger Gewicht auf getragene, ausführliche Informationen. Daraufhin stellte Augustin die Frage, ob die Fachgeschäfte überhaupt diese Art von Kunden habe. Bürgel warnte jedoch eindringlich davor, Kunden in Klischees zu pressen. Nach seiner Erfahrung sei es schwierig bis unmöglich, Kunden auch nur irgendwie einordnen zu wollen.

Verbände als Konkurrenten für die Industrie?

Bierbaum lag es am Herzen, auf die Rolle der Verbände zu sprechen zu kommen. Für ihn wäre es schön, wenn die Interessenkonstellation in der Verbandslandschaft etwas eindeutiger wäre. Es sei leider nicht immer klar, ob ein Verband ein guter Kunde oder ein Wettbewerber sei. Stichwort Eigenmarken. Das sei oftmals ein schmaler Grat. Dabei wandte er prinzipiell nichts gegen Eigenmarken ein, äußerte jedoch den Wunsch, dass Industriemarken gleich behandelt würden. Es könne nicht richtig sein, dass bei der Eigenmarke gebündelt würde und für die Marke bleibe ein fragmentiertes "jeder ein bisschen für sich". Schließlich initiiere häufig die Industrie die Aktionen, von denen der Handel dann profitiere. Bierbaum stellte auch gleich klar, dass sein Unternehmen kein Interesse habe, eigene Geschäfte zu betreiben. Jede Seite habe seinen Anteil an der Wertschöpfungskette. "Unser Job sind 50 Prozent und die übrigen 50 Prozent hat der Handel."

Dem widersprach Kirchhoff vehement. Er wandte sich gegen das Frontendenken und plädierte dafür, die Branche als vertikalisiertes Unternehmen zu sehen. "Was fehlt in der Branche sind funktionierende, sauber positionierte Konzepte, dann entfällt der Streit zwischen Marke und Eigenmarke." Er knüpfte außerdem an seinen Ratschlag an die Verbände an, spezielle Konzepte für die Premium-Häuser zu entwickeln und unterstrich, dass es für 200 Mitglieder kein einheitliches Konzept geben könne. Stattdessen sollte es einen modularen Aufbau geben, in welchen auch die Lieferanten eingebunden seien. Kirchhoff: "Erfolg misst sich für die Verbände an dem prozentualen Anteil der Eigenmarke, die bei den Mitgliedern platziert wurde. Im Vordergrund sollte aber der Erfolg des einzelnen Mitgliedes stehen."

Kollege Mosch zeigte allerdings ein gewisses Verständnis für die Verbandsmarken. Sie seien eine Reaktion auf den zunehmenden Spagat der Industrie zwischen Großfläche und Fachhandel, so dass mit den Marken nicht mehr die nötigen Renditen erzielt werden können.

Ein verwandtes Thema ist das der Flächenkonzepte. Dr. Süß beobachtet zum Beispiel, dass die Flächen nicht gepflegt werden. Der Fachhandel müsse seiner Auffassung nach einen längeren Atem zeigen und die Ware nicht schon nach einem halben Jahr wieder rauswerfen. So komme es dann, wie jüngst in einem Kaufhaus beobachtet, dass in einem Möbel von Centa Star Ware von Billerbeck zu finden ist.

Diese Erfahrung kann Dr. Bierbaum nicht bestätigen. Die Bereitschaft zur engeren Zusammenarbeit auf einer Fläche sei in den letzten ein, zwei Jahren gestiegen. Auf der Großfläche erhalte das Unternehmen monatlich detaillierte Informationen über die Abverkäufe. Die Bereitschaft, solche Informationen zu liefern, sei im Fachhandel anfangs weniger ausgeprägt gewesen. Seit dem vergangenen Jahr mit einem modifizierten Konzept sei die Akzeptanz aber auch dort gestiegen. "Da hat sich was bewegt."

Gründe für ein Flächenkonzept

VDB-Geschäftsführer Augustin nannte zwei Gründe als Motivation für einen Einzelhändler, sich ein Flächenkonzept zuzulegen. Zum einen können so Versorgungslücken vermieden werden, so dass allein dadurch mehr Umsatz generiert werden kann. Der zweite Grund sind Informationen des Lieferanten über die optimale Warenbestückung der Fläche aufgrund seines breiten Zahlenwerks. Das konnte Bierbaum nur unterstreichen. Nach seinen Informationen ist er bereits 14 Tage nach Auslieferung der neuen Kollektion in der Lage, Auskunft über Renner und Penner geben zu können.

Diese Informationen dienen dann dazu, das Feintuning der Ware auf den Flächen vorzunehmen. Und mit einem weiteren Argument pro Fläche wartete Bierbaum auf. Normalerweise werde viel Aufwand auf beiden Seiten betrieben, um neue Ware zu kaufen beziehungsweise zu verkaufen, mit entsprechenden Kosten. Flächenkonzepte vereinfachen diesen Prozess und sparen entsprechend Geld.

Preisstrategien für die Steuererhöhung

Schließlich brachte Döhle noch das Thema Mehrwertsteuererhöhung auf den Tisch und fragte, wie die Industrie damit umgehe. Bei Irisette, so Bierbaum, beachte man die Eckpreislagen der gängigsten Artikel, welche die Verbraucher verinnerlicht hätten. Dort könne man die um drei Punkte erhöhte Mehrwertsteuer nicht weitergeben. Vielmehr hat das Unternehmen dort den EK gesenkt, so dass die Preislagen unverändert bleiben. Um den Umsatzverlust zumindest zum Teil wieder reinzuholen, werden die Verkaufspreise bei den Übergrößen, die nicht so stark im Fokus stehen, entsprechend überdurchschnittlich stark angehoben. Statt Preissprüngen von fünf Euro arbeite man nun mit 10-Euro-Schritten. Außerdem werde die neue Preisstruktur schon zum 1. August durchgeführt, so dass zum Stichtag 1. Januar 2007 die Preise stabil bleiben.

Kirchhoff ist überzeugt, dass es irgendwann auch der Bettenindustrie möglich sein werde, über die Eckpreislagen zu springen. Er führte als Beispiel aus einer anderen Branche das populäre Maxi-Menü von McDonalds an, das auch über die magische Preisgrenze von 5 Euro gehoben werden konnte. Im Übrigen, so Kirchhoff, stimme der Vergleich mit der Umstellung auf den Euro nicht, die eigentlich nur eine rein rechnerische, preisneutrale Währungsumstellung war. Denn im aktuellen Fall dürfe sich der VK ja durchaus ändern, er müsse es ja sogar. Preispolitisch wird das Unternehmen Kirchhoff wie Bierbaum vorgehen und die Umstellung ebenfalls zum 1. August vornehmen. Einwurf Koch: Die Möbelproduzenten hätten die Preiserhöhungen schon zum 1. Januar 2006 vorgenommen.

Dr. Süß lobte ergänzend, dass für seinen Verband die abgeschlossene Preisrunde sicherlich eine der anstrengendsten, aber auch der präzisesten seit Jahren gewesen sei. Man sei in der Zusammenarbeit mit der Industrie ein Stück vorangekommen.

Mosch berichtete dann noch von den eigenen Erfahrungen in einem Schlaflabor und der klinisch-sterilen Umgebung. Warum, so seine Frage, werde so ein Labor nicht mit einer tollen Matratze, einer tollen Decke und einem tollen Bezug ausgestattet? Das Labor habe nach Aussage des Leiters offensichtlich kein Interesse daran, schließlich kämen die Leute auch so. Mosch regte deshalb an, dass Betten-Fachgeschäfte vor Ort als Sponsoren auftreten und gleichzeitig Werbung in eigener Sache machen.

Zum Schluss der Runde galt es dann, die erarbeiteten Aufgaben für Industrie und Handel noch einmal kurz zusammenzufassen:
- Statt den Fokus auf das Bett und das Thema Liegen/Problemlösung zu legen, sollte die Branche mehr Gewicht auf den Schlaf als Verkaufsargument legen, mit den Stichworten Gesundheit und Wellness.
- Das Schlafzimmer als Thema sollte eine gewisse Erotisierung erfahren, aus der Anonymität herausgeholt und von der Funktion als Trockenraum für Wäsche befreit werden.
- Dazu sollte ein Fundus an schlagkräftigen Slogans zusammengetragen werden, mit denen der Fachhandel arbeiten kann.
- Die Industrie soll der Haustex Informationen zu Terminen über geplante Promotion- beziehungsweise Handelsmarketing-Aktionen für den Handel zur Verfügung stellen, die dann im Voraus veröffentlicht werden. Das Ziel: Der Handel kann seine Hauptlieferanten gezielt ansprechen bei der Planung seiner eigenen Aktionen im Geschäft.
- Ähnliches soll zum Thema Verkäufer-Schulungen geschehen.
- Jeder Einzelhändler sollte in gewissen Zeitabständen eine Kundenbefragung durchführen.
- Ergänzend sollte er sein Haus hinsichtlich der Erfolg versprechenden Premium-Strategie einmal auf den Prüfstand stellen und analysieren, was für ihn die Premium-Produkte sind und wie er damit umgeht.
- Um die Premium-Ausrichtung konsequent durchzuziehen, sollten die Mitarbeiter gründlich geschult werden.
- Die Industrie sollte sich einmal Gedanken machen über NOS-Programme für den Handel, zum Beispiel für Spannlaken.
- Des weiteren wurde vorgeschlagen, einen so genannten Best-Practice-Wettbewerb zu initiieren, bei dem die besten Ideen aus dem Handel prämiiert werden und als gutes Beispiel für den übrigen Handel dienen.
- Es sollte sich ein Kern von Initiatoren finden, die eine PR-Plattform für intelligente Gemeinschaftsinformation ins Leben rufen.

Abschließend dankten Haustex-Herausgeber Michael Steinert und Peter Döhle den Teilnehmern und stellten fest, dass man zumindest ein kleines Stück in der Diskussion vorangekommen sei. "Jetzt gilt es, die Punkte mit Leben zu erfüllen."

----

Fünf vermeintliche Gründe, ins Schlafzimmer zu investieren

Michael Mosch, Geschäftsführer der Estella Ateliers, hat im Laufe seiner Berufslaufbahn ein paar scherzhafte Thesen aufgestellt, wann es sich wirklich lohnt, in das private Schlafzimmer zu investieren, beziehungsweise, warum es Produkte fürs Schlafzimmer heute in der Gunst des Kunden so schwer haben. In der Unternehmerrunde erklärte Mosch seinen Branchenkollegen diese Theorie:

"Überlegen Sie bitte einmal, wann Sie bei Ihren besten Freunden das letzte Mal in deren Schlafzimmer waren. Es gibt nur einen wahren Anlass, alle Räume zu besichtigen: Sie sind umgezogen in die neue Wohnung oder das neue Haus und präsentieren bei der Gelegenheit alle Räumlichkeiten, so auch dann das Schlafzimmer. Mitunter schmeißen die dann noch Omas gehäkelte Tagesdecke über das ganze Werk, damit es auch noch schöner aussieht.

Es gibt einen zweiten Grund. Früher gab es den Hausarzt der, wenn Sie krank darniederlagen und den Weg nicht mehr rechtzeitig zu ihm geschafft haben, sie an Ihrem Bett besuchte. Aber spielt denn da noch die Bettausstattung oder das Schlafzimmer eine Rolle?

Der dritte Grund: Der Landarzt hat es nicht mehr rechtzeitig geschafft, die Einsegnungstruppe holt Sie jetzt da raus. Was kümmert Sie da noch ihr Schlafzimmer?

Durch Wäschetrockner wird auch die Bettwäsche im Garten nicht mehr vor der Nachbarin präsentiert. Auch der hat uns die Show gestohlen! Damit verlässt das Produkt überhaupt nicht mehr den heimischen Kreis. Früher hat die Nachbarin festgestellt, die Luise nebenan hat neue Bettwäsche. Männe, du musst los, Samstag kaufen wir auch welche.

Wintertags haben Sie eine Party oder eine Fete mit mehr Gästen, als die Garderobe aufnehmen kann. Dann landet der Mantel oder die Jacke schon mal im Schlafzimmer auf dem Bett. Wenn Sie die dann wiederkriegen, wird sie entweder in den Flur gereicht oder Sie sind nicht mehr im Stande zu registrieren, was um Sie herum geschieht. Sagen Sie mir darum bitte einen weiteren Grund, wo heute der Schlafraum besichtigt wird."
aus Haustex 08/06 (Handel)