GfK-Konsumklima

Stimmung weiter verbessert


Nürnberg - Die Konsumstimmung der Deutschen hat sich im Juni insgesamt weiter verbessert. Das lag in erster Linie an der erneut leicht gestiegenen Neigung der Verbraucher, in nächster Zeit größere Anschaffungen zu tätigen. Der Indikator kletterte zum zweiten Mal in Folge auf ein Rekordhoch. Dagegen bewerten die Deutschen die konjunkturelle Entwicklung sowie die persönliche Einkommensperspektive skeptischer als im Vormonat. Nach revidiert 7,0 Punkten im Juni prognostiziert der Konsumklimaindikator für Juli einen Wert von 7,8 Punkten.

Das Denken deutscher Konsumenten erscheint derzeit zweigeteilt. Während die Anschaffungsneigung sich konstant zu verbessern scheint, sind die Bundesbürger hinsichtlich der Konjunktur- und Einkommensaussichten wieder skeptischer. Auf der einen Seite stimuliert offenbar die bevorstehende Mehrwertsteuererhöhung Anfang kommenden Jahres bei den Verbrauchern das Gefühl, Anschaffungen vorzuziehen. Auf der anderen Seite drohen aufgrund der derzeitigen Diskussionen um die künftige Finanzierung des Gesundheitswesens sowie die Reform des Arbeitsmarktes die Vorschusslorbeeren für die Regierung zunehmend dahin zu welken. Dem konnte auch die Euphorie in Deutschland nach dem Start der Fußball-Weltmeisterschaft kaum etwas entgegensetzen. Darauf deuten jedenfalls die Indikatorwerte für die Konjunktur- und Einkommensstimmung hin. Betrachtet man die Verbraucherstimmung in den alten und neuen Bundesländern getrennt voneinander, zeigen sich derzeit kaum Unterschiede in ihren Einschätzungen gegenüber dem Vormonat.

Etwas anders sieht es aus, wenn man die Ergebnisse der Konsumklimastudie differenziert nach so genannten Lebenswelten untersucht. Hier gibt es hinsichtlich Anschaffungsbereitschaft und Einschätzung von konjunktureller und persönlicher finanzieller Lage zum Teil eindeutige Unterschiede zwischen den gesellschaftlichen Gruppen, die sich nach Lebensphase und wirtschaftlicher Lage unterscheiden.

Nachdem sich in den vergangenen zwei Monaten die Konjunkturerwartungen der Bundesbürger verbessert hatten, sind sie im Juni um 10,5 Punkte gesunken. Damit äußern sich die Verbraucher zu den Aussichten der Konjunktur ähnlich skeptisch wie dies derzeit die Finanzanalysten (ZEW) tun, dagegen aber deutlich negativer als dies die Unternehmer (ifo) tun. Offensichtlich befürchten die Konsumenten zunehmend, dass der derzeitige Konjunkturaufschwung lediglich ein Strohfeuer ist, das bereits im kommenden Jahr wieder mit einem Rückschlag rechnen muss, wenn die dann einsetzenden, zusätzlichen finanziellen Belastungen für die privaten Haushalte wirksam werden. Damit erhöht sich aus der Sicht der Verbraucher auch die Gefahr, dass sich die Lage auf dem Arbeitsmarkt nicht im erhofften Umfang und nachhaltig ändern kann.

Während die gegenüber dem Vormonat gesunkenen Erwartungen an die Konjunktur noch immer deutlich über dem langjährigen Durchschnitt von Null stehen, sank der Indikator, der die Erwartungen an die Entwicklung des persönlichen Einkommens misst, um gut 14 Punkte auf einen Wert von minus 8,9 Punkte. Er liegt damit ähnlich niedrig wie im vergleichbaren Vorjahresmonat. Die hohen Ölpreise, die spürbare Erhöhung der Mehrwertsteuer bei den Konsumgütern, die nicht unter die 7 Prozent-Klausel fallen, sowie die Minderung der Pendlerpauschale zu Beginn des nächsten Jahres dürften die wesentlichen Faktoren sein, die die Verbraucher veranlassen, ihre Einkommensaussichten weniger optimistisch zu beurteilen. Die gegenwärtige Diskussion um die Reform des Gesundheitswesens tut ihr übriges dazu, dass die Verbraucher sich vor weiteren finanziellen Belastungen fürchten müssen. Die Skepsis ist bei westdeutschen stärker ausgeprägt als bei ostdeutschen Verbrauchern. Nach Lebenswelten differenziert äußern sich Angehörige mittlerer sozialer Lebenslage besonders negativ.

Im Gegensatz zu den Konjunktur- und Einkommenserwartungen legte der Indikator Anschaffungsneigung im Juni um weitere 4,4 Punkte zu und stieg auf einen Wert von 54,2 Punkten. Dies ist erneut der höchste Wert, der seit 1980, dem Jahr, in dem die GfK die monatlichen Erhebungen zum Konsumklima startete, gemessen wurde. Gegenüber dem vergleichbaren Vorjahreswert steigerte sich der Indikatorwert um 80 Punkte. Offensichtlich halten immer mehr Bundesbürger es zum jetzigen Zeitpunkt für ratsam, größere Anschaffungen zu tätigen. 30 bis 50 Prozent der Deutschen haben laut Studien gesagt, dass mit dem Gedanken gespielt wird, noch vor der Einführung der Mehrwertsteuererhöhung größere Ausgaben zu tätigen. Auf der Wunschliste stehen Reparaturen, Möbel und Haushaltsgeräte sowie Unterhaltungselektronik ganz oben.

Die Konsumenten wollen derzeit offensichtlich ohnehin vorgesehene hohe Anschaffungen noch in diesem Jahr tätigen. In welchem Umfang sich die Anschaffungsneigung und der Wunsch, der zukünftigen Mehrwertsteuererhöhung ein Schnippchen zu schlagen, auch in tatsächliche Kaufakten niederschlägt, ist angesichts der skeptischen Beurteilung der persönlichen Einkommensaussichten allerdings ungewiss. Die Verbraucher im Osten wie im Westen Deutschlands äußern sich ähnlich positiv. Allerdings unterscheiden sich die Angehörigen unterschiedlicher Lebenswelten. Es sind vor allem die Angehörigen der gehobenen sozialen Schichten sowie Personen im Ruhestand, die äußern, in den nächsten Monaten größere Anschaffungen zu tätigen.

Auch im Juni ist es die Anschaffungsneigung, die zu einem Anstieg des Konsumklimaindikators führt. Nach revidiert 7,0 Punkten im Juni prognostiziert der Indikator für Juli einen Wert von 7,8 Punkten. Angesichts der uneinheitlichen Entwicklung der Indikatoren der Verbraucherstimmung ist nach wie vor unsicher, ob es sich beim gegenwärtigen Anstieg des Konsumklimas um Zeichen einer nachhaltigen Trendwende handelt. Die gesunkenen Indikatorwerte für Konjunktur- und Einkommenserwartung lassen einen neuerlichen Rückgang in den kommenden Monaten befürchten. Damit sich das Konsumklima kräftig und auch stabil nach oben entwickelt, muss deshalb insbesondere die Diskrepanz zwischen der eher eingetrübten Einkommenserwartung und der dynamischen Anschaffungsneigung überwunden werden. Solange die Verbraucher ihre finanziellen Zukunftsaussichten skeptisch beurteilen, steht ihre derzeit ohne Zweifel sehr positive Neigung, Anschaffungen zu tätigen, auf tönernen Füßen. Insbesondere fehlen in diesem Zusammenhang klare Signale seitens des Arbeitsmarkts. Erst wenn die Verbraucher das Gefühl erhalten, dass ihre Arbeitsplätze nicht bedroht beziehungsweise das Angebot offener Arbeitsstellen steigt, könnte dies zu einer Trendwende auch beim Konsum führen.
aus Haustex 08/06 (Handel)