5. Europäisches Bettenforum Bed + More

Aus dem Blickwinkel der Senioren-Kunden


Dr. Hanne Meyer-Hentschel gilt mit ihrem Consulting-Unternehmen in Saarbrücken als eine Begründerin des Senioren-Marketings. Sie erklärte, warum dieses Thema sich vom Nischenthema zum Mainstream entwickeln wird. Aktuell seien mehr als 20 Millionen Deutsche oder 24 Prozent 60 Jahre und älter. Bis 2030 werde der Anteil auf 26 Millionen oder 34 Prozent anwachsen. Die ältere Generation verfügt insgesamt über ein hohes Vermögen, hat eine hohe Kaufkraft und reagiert beim Konsum weniger preissensibel. Meyer-Hentschel postuliert daher den Abschied vom Jugendwahn und sagt einen dramatischen Wandel in der sozialen Optik in der Gesellschaft voraus.

Entsprechend müssten sich Handel und Industrie auf diese wachsende Zielgruppe und deren altersbedingten Veränderungen einstellen. Beispiel Matratze, da stellen sich für Senioren Fragen, die dem Handel so nicht unbedingt bewusst sind. Kaufe ich nur eine Matratze oder ein komplettes Bett? Wie schwer darf die Matratze sein, damit ich sie noch bewegen kann? Soll meine Matratze ausschließlich aus Naturmaterialien sein? Möchte ich eine Winter- und eine Sommerseite? Kann ich meinen alten Lattenrost weiter verwenden? Wie entsorgt man die alte Matratze und wer kümmert sich darum? Ihr Unternehmen hat den so genannten Age-Explorer entwickelt, eine Art Weltraumanzug, der den körperlichen Zustand eines älteren Menschen simuliert. Er ist unter anderem mit Gewichten versehen, um das Gehen zu erschweren. Ein Helm schränkt den Gesichtskreis ein und ahmt die schlechtere Sichtweise im Alter nach. Jüngere Menschen können den Anzug überziehen und sich so besser in die Lage von Senioren versetzen. BMW zum Beispiel nutzt diesen Age-Explorer und lässt alle seine Neuentwicklung auf Alterstauglichkeit testen.

Wer diese Erfahrung gemacht hat, dürfte künftig mehre Verständnis für die Bedürfnisse älterer Menschen haben. Dazu gehören unter anderem Höflichkeit und Respekt gegenüber den kleineren oder größeren Handicaps. Für den Handel nennt Meyer-Hentschel das Universal Shopping, weil es sich zwar auf die Bedürfnisse älterer Kunden einstellt, aber auch jüngere davon profitieren: besser lesbare Preisschilder zum Beispiel oder Kassenautomaten, in die man Kleingeld ungezählt einwerfen kann und den Restbetrag zurück erhält. Lästiges Suchen und Anzählen entfällt dadurch. Wer sich auf die Bedürfnisse der 55-plus-Kunden einstellt, erschließt sich eine interessante Zielgruppe. Denn für sie sind nach einer Umfrage Beratung und Service wichtiger als der Preis.
aus Haustex 08/06 (Handel)