Interview mit Herbert Schmitmeier

"In der Branche muss viel mehr über gemeinsame Chancen nachgedacht werden"

Der Name Intermarket ist in der Branche ein Begriff. Die Frankfurter Agentur, die namhafte Kunden aus dem Bodenbelagsbereich betreut und berät, war auch maßgeblich an der Entwicklung des neuartigen Vermarktungskonzeptes 'Landhaus - Wohlfühlen mit Teppichboden" beteiligt. Wie hat sich das Konzept inzwischen im Markt durchgesetzt? Wo sind die Knackpunkte? Das wollte BTH von Herbert Schmitmeier wissen, dem geschäftsführenden Gesellschafter von Intermarket.

BTH: Vor genau einem Jahr ist unter der Federführung von Intermarket eine Kooperation führender europäischer Bodenbelagsgroßhändler, Möbelhändler, Teppichbodenhersteller und Du Pont als weltweit größter Faserhersteller angetreten, um mit einer neuen Produkt- und Vermarktungsidee dem Teppichboden neue Impulse zu geben. Hat das Konzept die erwarteten Erfolge gebracht?

Herbert Schmitmeier: Wir haben das Konzept zwar im Sommer 2000 vorgestellt, konnten aber mit der eigentlichen Umsetzung erst richtig Ende des Jahres starten, da es bei einem Lieferanten für die Landhaus-Teppichbodenkollektion Verzögerungen gegeben hatte. Und nach gerade einmal sieben Monaten wäre es verfrüht, bereits von Erfolg bzw. Misserfolg zu sprechen. Ende des Jahres sind wir, was eine Bilanzierung betrifft, sicher ein großes Stück weiter.

BTH: Was gestaltet die Umsetzung so langwierig oder schwierig?

Schmitmeier: 'Landhaus" ist nicht nur die Einführung einer neuen Kollektion, sondern die Umsetzung eines ersten kontinentaleuropäischen Vermarktungskonzeptes für Teppichböden. Dabei finden in einer bislang einzigartigen Weise Vernetzungen statt - sowohl zwischen Marketing, Design und Warenwirtschaft, als auch innerhalb der vertikalen Vermarktungskette oder auf horizontaler Unternehmensebene. Dies in der Praxis so umzusetzen, dass es über alle und zwischen allen Stufen bis hin zum Konsumenten greift, ist ein Prozess, der nicht von heute auf morgen vollzogen werden kann.

BTH: Wie sehen das die anderen Beteiligten am Landhaus-Konzept?

Schmitmeier: Ich denke, das ist unterschiedlich: Einige freuen sich über erste Erfolge und sind daher von der Richtigkeit des Konzeptes überzeugt. Andere haben vielleicht schneller mehr erwartet und stehen daher dem Konzept noch skeptisch gegenüber. Keiner kann jedoch ignorieren, dass das Teppichbodengeschäft drastisch von der europaweiten Flaute der Bodenbelagsmärkte betroffen ist. Und kein Konzept der Welt - sei es auch noch so innovativ - könnte vor diesem Hintergrund von heute auf morgen den großen Durchbruch bringen. Was Landhaus betrifft, kann ich nur feststellen, dass die Effizienz zwar noch nicht gut genug ist, aber dennoch ihresgleichen sucht.

BTH: Sie sind also nach wie vor von dem Konzept überzeugt...

Schmitmeier: Ich bin überzeugt, dass Konzepte und deren Durchsetzung mit konzeptfähigen Partnerschaften mit Blick auf Kundenbindung und Kundenorientierung künftig in unserer Branche der einzige noch erfolgreiche Weg sein können. Handwerk und Einzelhandel brauchen unter dem Druck einer lahmenden Konjunktur, der Absatz- und Preisprobleme sowie einem stark veränderten Verbraucherverhalten mehr denn je globalisierte Strategien, aber regionale Anpassungen. Der Euro bedingt einerseits die Bildung neuer Wirtschaftsgebiete und verstärkt anderseits regionale Differenzierungen. Das Handwerk als reiner Dienstleister wird ohne die Unterstützung durch Partner nicht in der Lage sein, diesen Anforderungen gerecht zu werden.

Eine ganz andere Frage wird allerdings sein, wer künftig diese Partner sein werden. Nehmen wir die Malerbranche: da ist der Trend bei Herstellern zu dienstleistungsorientierten, konzeptfähigen (Voll-) Anbietern längst zu erkennen. Und wenn Produkt- und Servicequalität stimmen, wer fragt dann noch nach dem Distributionsweg?

Landhaus ist ein sehr gutes Beispiel für die Leistungsfähigkeit von Allianzen. Ein solch professioneller Marktauftritt hätte doch die Möglichkeiten eines jeden einzelnen Unternehmens weit überschritten. Über solche gemeinsame Chancen muss in unserer Branche noch weitaus intensiver nachgedacht werden.

BTH: Also müssen wir aus Mitbewerbern Partner machen?

Schmitmeier: Der Markt lebt von der Spannung durch Wettbewerb. Dennoch sind Partnerschaften durchaus sinnvoll. Durch die Nutzung einer gemeinsamen Warenwirtschaft und der Verteilung von Lagerpositionen ist beispielsweise allen Landhaus-Partnern Sortimentstiefe und die kurzfristige Verfügbarkeit der Ware innerhalb von 24 Stunden garantiert - ohne, dass dabei zusätzliche Logistik- und Kapitalbindungskosten anfallen. Das macht ökonomisch Sinn und stärkt die Schlagkraft jedes einzelnen Unternehmens.

BTH: Vor einem Jahr sprachen Sie von europaweit 6.000 konzeptfähigen Partnern. Bestätigen Sie diese Zahl heute noch?

Schmitmeier: Wir sind immer von einer Selektion ausgegangen, die sich an der Konzeptfähigkeit der Unternehmen orientiert hat. Derzeit arbeiten im deutsprachigen Raum mehr als 4.000 Raumausstatter, Bodenleger, Maler und Fachgeschäfte mit der Landhauskollektion. Davon einige sehr erfolgreich, weil sie neben der Konzeptfähigkeit auch Konzeptverantwortung leben. Ich schätze, dass die Zahl derer, die von den 4.000 letztlich Erfolg damit haben werden, am Ende bei 2.000 bis maximal 3.000 liegen wird.

BTH: Wo sehen Sie bei den Partnern Defizite bei der Umsetzung des Konzeptes?

Schmitmeier: Eine solche Vernetzung setzt Kommunikationsfähigkeit voraus, das heißt, dass sich Partner schnell austauschen und auf Information zugreifen können. Und was diesen Punkt betrifft, haben einige der ausgewählten Partner den Kommunikationsanspruch des Konzeptes zum Teil konterkariert. Jeder redet zwar von Internet und E-mail, aber die wenigstens nutzen bislang diese Möglichkeiten. Das hat die Konzeptdurchsetzung zeitlich enorm gebremst. Eine Erfahrung, die wir leider in der Praxis machen mussten. Es gibt noch viel zu tun, gerade den zeitsparenden Effekt deutlich zu machen und damit einen weiteren Wettbewerbsvorteil zu nutzen.

BTH: Hängt der Erfolg von Landhaus nicht auch von den Themen ab, die vielleicht nicht unbedingt die Zielgruppen aller Partner treffen?

Schmitmeier: Ein gutes Beispiel, dass unsere Konzeptthemen stimmen, ist für mich - neben einer Reihe von Fachgeschäften - das Raumzentrum Hieronimi mit einem nicht gerade als "günstig" bezeichnenden Standort, was die Kaufkraft betrifft. Zentrales Thema bei der Standorteröffnung Wittlich war, aktuelle Wohn- und Lifestyletrends bedienen und mit Themenwelten eine breite Zielgruppe ansprechen zu können. Unsere Themenwelten finden sie dort 1:1 umgesetzt. Die Kollektion ist dabei eines der Instrumente. Das ist der richtige Ansatz. Eine Kollektion kann niemals ein Konzept ersetzen. Ebenso wenig kann ein Konzept alleine kein Rezept für Erfolg sein. Das Humankapital der Handelspartner entscheidet letztendlich über den Erfolg von Produkt und Konzept.

BTH: Was würden Sie heute anders machen?

Schmitmeier: Inhaltlich nichts. Allerdings würde ich bei der Auswahl der konzeptfähigen Partner deren Profildaten noch weniger als bisher dem Zufall überlassen. Strategische Allianzen im Segment Wohnen sind hervorragend dazu geeignet, die Positionierung von Teppichboden werthaltig zu unterstützen.

Diese Vorgehensweise einer qualitativen Vernetzung trifft übrigens genauso für andere Bodenbelagsarten zu und gilt nicht nur für den Wohnbereich, sondern auch das Objektgeschäft. Hier arbeiten wir an einem Konzept für 2002 mit selektierten Partnern. Diese neue Gruppe soll bis Ende Oktober stehen.
aus BTH Heimtex 07/01 (Bodenbeläge)