Teppich-Fachgeschäft Carpetti im Hamburger Stilwerk

Standortvorteil Stilwerk

Ganz bewusst hat sich Carpetti-Inhaber Kerim Kerimi vor einem Jahr für das Hamburger Stilwerk entschieden, als er in den Einzelhandel wechselte und nach einer passenden Dependance für sein Fachgeschäft suchte. Die Vorteile eines Centers weiß er aus vielerlei Hinsicht zu schätzen, es hat sich als idealer Standort für sein modernes, aber traditionell tief verwurzeltes Sortiment herausgestellt.

Erfolg ist in Deutschland machbar. Die Voraussetzungen dafür sind allerdings der richtige Standort, Produkte, mit denen man sich abhebt, und ein hoher Arbeitseinsatz", sagt Kerim Kerimi, Inhaber des Fachgeschäftes Carpetti im Hamburger Stilwerk, und breitet schwungvoll ein Einzelstück zur Ansicht aus. Ein charaktervoller Teppich, zeitgeistig im Design, traditionell in der Herstellung, antik in Bezug auf das verwendete Material.

Schlicht und modern, unkonventionell und authentisch, ehrlich und einzigartig kommt das nur etwa 80 qm große Fachgeschäft auf der ersten Etage des weithin bekannten exklusiven Centers für Einrichtung, Lifestyle und Design daher. Glasfront zum Innenhof, dunkler Holzfußboden, weiß gestrichenes Mauerwerk und einzelne Lichtspots bilden den dezenten Hintergrund für ausgewählte, ausdrucksvolle Stücke.

Kein "Schnickschnack" lenkt ab vom Handelsgut, und schließlich soll der Kunde auch nicht das Gefühl haben, er bezahle die Inneneinrichtung mit, sagt Kerimi. Und auch nicht zu perfekt soll das Geschäft sein. Arbeitsatmosphäre herrscht, dafür sorgen Europaletten, auf denen ungezwungen Teppiche und Kissen lagern, sowie ein Staubsauger, der schon einmal bessere Tage gesehen hat. Den braucht der 36jährige mehrmals am Tag, denn seine Art der Warenpräsentation wirbelt naturgemäß viel Staub auf.

Warenpräsentation wie im türkischen Basar

Er blättert seine Teppiche wie Schmuckstücke in der Mitte seines Geschäftes auf, eine Freifläche ist extra dafür vorgesehen. Jedes Stück einzeln, jedes Stück mit einer besonderen Wertschätzung. "So kommt der einzelne Teppiche viel besser zur Geltung", betont Kerimi. Der Kunde kann es sich derweil auf einem kelimbespannten Hocker mit einem Glas herrlich erfrischendem Pfefferminztee bequem machen und in aller Ruhe aussuchen - eine Zeremonie wie im türkischen Basar.

Der Teppichkauf ist bei Carpetti ein Erlebnis, fast schon ein orientalisches Event, und das inmitten eines Shoppingcenters, das sich dem modernen, designorientierten Einrichtungsbedarf verschrieben hat. Aber gerade der Kontrast zwischen orientalischer Tradition und westlicher Moderne, zwischen Altem und Neuem macht den Reiz aus. Auch der Designtempel Stilwerk spielt damit, der in einem historischen Backsteinbau von 1910, einer alten Mälzerei, beheimatet ist.

Modernes Design und Wollfäden aus antiken Textilien

Das Geschäft ist auf nur zwei Produktgruppen spezialisiert: Das sind zum einen hochwertige Designerstücke von Jan Kath, nach Kerimis Überzeugung sehr zeitgemäße, durch ihre minimalistische Designsprache sehr moderne Teppiche, die durchaus kosmopolitisch in ihrer Ausrichtung sind, dennoch genau den deutschen Geschmack treffen. Und zum zweiten sind das Patchwork-Kelims und Knüpfteppiche aus der Türkei.

Das Besondere daran: Die Patchwork-Kelims werden aus alten und antiken anatolischen Kelims, Satteltaschen, Säcken und Zeltgeweben hergestellt, ebenso die Knüpfteppiche, deren Wollfäden einzeln aus den Flachgeweben herausgelöst wurden. "Die Flachgewebe, die das Material liefern, wurden zwischen 1920 und 1960 für den Eigenbedarf angefertigt. Es wurde damals ausschließlich handkardierte und handversponnene Wolle verwendet, die von Schafrassen stammt, die heute nicht mehr existieren", erklärt der gebürtige Türke.

Die Verwendung von Wollfäden aus alten und antiken Flachgeweben basiert auf einer langen Tradition in der Türkei, insbesondere bei der Restaurierung von wertvollen Stücken oder bei der Kopie seltener, begehrter Artikel. Jetzt ist sein Lieferant einen Schritt weiter gegangen und hat daraus Teppiche in einer modernen Designsprache realisiert. Das Ergebnis: charaktervolle Unikate mit lebendigem, zeitgeistigem Erscheinungsbild. Deren Preis ist keinesfalls exorbitant, zumal Kerimi seinen Kunden in diesem Punkt "immer auch ein bisschen entgegen geht".

Viel stärker schlagen da die Designerteppiche zu Buche, das wertvollste Stück im Sortiment ist 2,75 x 3,65 m groß und kostet 10.000 Euro. Zum Umsatz tragen beide Produktgruppen in etwa gleicher Höhe bei.

Das Stilwerk ist auch eine Touristenattraktion

Mit seinem Randsortiment Kissen bietet er zudem Artikel für den kleineren Geldbeutel. Bei 30 Euro pro Stück hat auch schon einmal ein Student zugegriffen. Insgesamt ist die Klientel sehr unterschiedlich, das Gros liegt bei den über 40-Jährigen aus gehobenen Einkommensschichten.

Das Einzugsgebiet konzentriert sich auf Hamburg und Umgebung, hinzu kommen - bemerkenswert - viele Touristen. Das ist der Lage zu verdanken, so Kerimi, denn das Stilwerk ist auch eine Touristenattraktion. Für ihn einer von vielen Pluspunkten, die das 1996 eröffnete Center am legendären Fischmarkt bietet.

Auf einer Verkaufsfläche von insgesamt 11.000 qm, verteilt auf 7 Etagen, präsentieren sich hier 28 Geschäfte unter einem Dach. Das umfassende Verkaufsangebot lockt zum wetterunabhängigen Bummeln in hochwertiger Architektur. Das Serviceangebot umfasst auf das Haus zugeschnittene Gastronomie, einen Kinderhort und ständige Events interner Mieter und externer Veranstalter.

Seit dem 7. Juli 2005 gehört das Teppich-Fachgeschäft Carpetti zum Stilwerk dazu.Ganz bewusst hat sich Kerimi für diesen Standort entschieden, zuvor auch verschiedene Innenstadtlagen in Erwägung gezogen, die aber einerseits nicht zu bezahlen seien und andererseits nicht in so komprimierter Form potentielle Kunden bieten würden. "Endverbraucher, die hierher kommen, haben nur ihre Einrichtung im Kopf und wollen ganz gezielt etwas dafür kaufen", erklärt er.

Zusätzlich wirkt sich positiv aus, dass sich die Große Elbestraße, an der das Stilwerk liegt, in den letzten Jahren insgesamt zu einer Möbel- und Designmeile entwickelt hat. Aber: "Nur weil sich das Geschäft im Stilwerk befindet, lassen sich nicht überhöhte Preise realisieren - dieses Vorurteil stimmt nicht, und es wäre auch nicht meine Art", sagt der 36jährige.

Carpetti ist Insider-Tipp einer Publikumszeitschrift

Doch nicht nur Endverbraucher finden hierher. Auch kreative Köpfe der Medienstadt Hamburg steuern gezielt das Elbufer in Altona an, wenn sie nach neuen Ideen zum Thema Inneneinrichtung oder Produkte für Inszenierungen suchen. So hat kürzlich eine Redakteurin der Publikumszeitschrift Schöner Wohnen das Carpetti "entdeckt" und gleich als Insider-Tipp in ihr Heft gebracht - kostenlos für Kerimi. Kurz darauf waren zwei Carpetti-Teppiche in einer Story der Zeitschrift Living at Home abgebildet.

"Wichtig ist, von vielen gesehen zu werden und bekannt zu sein. Der Name Stilwerk bringt gleich einen gewissen Bekanntheitsgrad mit sich, aber man sollte sich nicht allein darauf verlassen", meint der sympathische Werbe-Stratege, der nicht alle seine Tricks verraten möchte. Dennoch: Eine gute Möglichkeit sei beispielsweise, Flyer in Golf-Clubs auszulegen.

Zum Konzept des Stilwerks gehören gemeinsame Werbemaßnahmen. Kerimi zeigt sich davon beeindruckt: Allein die Presseberichte aller vier Stilwerke von einem Monat, neben Hamburg gibt es noch Häuser in Berlin, Düsseldorf und Stuttgart, würden mehr als einen großen Ordner füllen. 10 % der "normal hohen" Mieten gehen in gemeinsame Werbeaktivitäten, darunter das Stilwerk-Magazin, das unter anderem in Hotels der Stadt ausliegt.

Das Teppichverkaufen im Basar gelernt

Kerimis Arbeitseinsatz ist mit 70 bis 80 Stunden pro Woche überdurchschnittlich, die Öffnungszeiten in der Woche und die sonntäglichen Schautage bewältigt er alleine, ohne Mitarbeiter und ohne Lamento. Für ihn ist es selbstverständlich, stets im Geschäft persönlich präsent zu sein. Kurzfristige "Flauten" überbrückt er, indem er im hinteren, etwas abgetrennten Teil seiner Räumlichkeiten beschädigte Stücke repariert, die Maße eines Patchwork-Teppichs verändert oder mit Hilfe einer fast schon antiken, aber voll funktionstüchtigen Nähmaschine Kissen näht. Ein Unikum ist dieser Mann, wie seine Teppiche, und ein Mittler zwischen zwei Welten. Seine Mutter ist Hamburgerin, sein Vater hat früher einmal in der Hansestadt im Teppichhandel gearbeitet, heute ist er Teppichhändler in der Türkei. Kerimi, geboren in Istanbul, hat das Teppichverkaufen im Basar gelernt. Seit 2001 ist er wieder in der Elbmetropole, war zunächst als Importeur türkischer Teppiche tätig. Als er im Großhandel keine Perspektive mehr sah, entschloss er sich, in den Einzelhandel zu wechseln - mit Kreativität und Erfolg.

Kürzlich habe ein Kunde zu Kerimi gesagt, bei ihm würde die Ware, der Preis und die Atmosphäre stimmen - gibt es ein schöneres Kompliment für ein Teppichfachgeschäft?
aus Heimtex Orient 04/06 (Handel)