Interview mit Justus Schmitz und Bernd Möller

"Wir gehen davon aus, dass sich Air-Stoffe zum Standard entwickeln"

Die Schmitz-Werke setzen bei Drapilux Deko- und Gardinenstoffe auf "intelligente" Fasern. Im dominanten Objekt-Geschäft haben sie damit gute Karten, sowohl bei der raumluftverbessernden Air-Technologie, als auch mit bioaktiven Trevira CS-Stoffen. BTH Heimtex Redakteurin Birgit Genz sprach mit Justus Schmitz und Bernd Möller über technische Aspekte, Wohnlichkeit und die Gesamtentwicklung des Unternehmens.

BTH Heimtex: Sie waren zunächst mit Ihren raumluftverbessernden Air-Stoffen und später mit den antibakteriellen Pendants einer der Vorreiter in Deutschland für die sogenannten intelligenten Stoffe, sprich Stoffe mit Zusatznutzen. Was können Sie für ein Resümée ziehen? Wird dieser Zusatznutzen vom Handel und vom Verbraucher angenommen? Ist es wirklich ein Verkaufsargument?

Justus Schmitz: Die Idee, dass Stoffe mehr bieten können als nur schöne Optik oder dekorativen Effekt ist auf jeden Fall richtig. Das sieht man schon daran, dass wir nicht allein mit dem Produkt geblieben sind und man kann auch verstärkt beobachten, dass der Verbraucher erwartet, dass die Stoffe auch die Raumluft verbessern können.

Sie fragen, was das konkret für uns bedeutet. Wir haben damit unser Profil geschärft und uns als innovatives Unternehmen positionieren können. Zusätzlich zu unserer Stärke bei flammhemmenden Stoffen haben wir unser Angebot an Spezialitäten ausbauen können, die der Kunde zunehmend bei uns erwartet.

Wir glauben, dass sich das Thema massiv durchsetzen wird, es wird allerdings eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen, was unter anderem mit der derzeit schwierigen allgemeinen Lage zusammenhängt. Ich muss zugeben, dass wir kurzfristig einen höheren Umsatzzuwachs aus diesem Bereich erwartet hatten.

BTH Heimtex: Wie stark propagieren Sie das Thema? Welchen Anteil nehmen raumluftverbessernde und bioaktive Stoffe am gesamten Sortiment ein?

Möller: Mit bioaktiven Stoffen sind wir ja erst vor relativ kurzer Zeit gestartet und haben das erste Paket auf den Markt gebracht. Zwar haben wir erste Objekte damit gewonnen, aber Sie müssen rechnen, dass wir in der Regel eine Vorlaufzeit zwischen einem halben und einem Jahr brauchen, bis die ersten Objektaufträge abgeschlossen sind.

Von unseren raumluftverbessernden Drapilux Air-Stoffen haben wir bereits mehrere Hunderttausend Meter in Objekte verschiedenster Art geliefert. Aber offen gesagt sind wir von einer anderen Mengenplanung ausgegangen. Wir haben leider feststellen müssen, dass doch manche Händler zögerlich an das Thema herangehen und unter dieser Verzögerung leiden wir immer noch. Wobei es durchaus aktive und kreative Händler und Raumausstatter gibt, mit denen wir gut zusammen arbeiten. . ..

BTH Heimtex: Warum springt der Handel nur zögerlich auf das Thema an? Sind die Air-Stoffe zu teuer?

Möller: Nein. Der Preis für Air-Stoffe liegt etwa 10% über dem normaler Ware. Wenn wir für ein Hotelzimmer Stoffkosten in Höhe von 400 EUR ansetzen, sind das gerade 40 EUR Mehrpreis. Die kann der Hotelier mit einer Übernachtung amortisieren. Und wenn man davon ausgeht, dass die Ausstattung eines Hotelzimmers insgesamt rund 10.000 EUR kostet, relativieren sich diese 10% Mehrkosten ohnehin.

BTH Heimtex: Die Rechnung kann man auch andersherum aufmachen. Der Hotelier könnte auch auf die teureren Air-Stoffe verzichten und stattdessen Nichtraucher- und Raucherzimmer einrichten....

Möller: Das ist eine Milchmädchen-Rechnung. Bedenken Sie: Allein die Tatsache, dass ich als Hotelier eben nicht zwischen Raucher- und Nichtraucher-Zimmern unterscheiden muss, sondern ein frei verfügbares Kontingent an Zimmern habe, mit denen ich variabel agieren kann, ist doch aussschlaggebend genug.

Schmitz: Und gerade in der gehobenen Hotellerie muss ein Hotelier doch eigentlich ein Zimmer, in dem ein ein richtiger Raucher gewohnt hat, einen ganzen Tag lang belüften, bevor er es dem nächsten Gast zumuten kann. Dieser eine Tag fehlt ihm aber - und gerade das Hotelgeschäft ist ein hartes Business.

BTH Heimtex: Gerade deshalb wird dort auch hart gerechnet....

Schmitz: Wir würden uns eigentlich wünschen, dass dort noch viel mehr auf das Geld geschaut wird. Denn: Wenn man Drapilux Air im Hotel einsetzt, hat man die Dispositionsprobleme durch die Trennung zwischen Raucher-und Nichtraucherzimmern nicht mehr, weil die Zimmer am nächsten Morgen nicht nach Rauch riechen. Zudem entfallen zusätzliche Reinigungs- und Wäschekosten, weil es weniger muffig riecht. Ein Hotelier, der rechnen kann, müsste sich allein aus diesen Gründen schnell für Drapilux Air entscheiden.....

Was wir noch vermissen, ist aktives Verkaufen seitens mancher Kunden.

Möller: Einige Kunden von uns waren sehr engagiert, sind mit Flyer-Aktionen oder Direct Mailing auf ihre Kunden zugegangen. Aber das waren leider zu wenig. Wir versuchen jetzt, das Thema zu forcieren, indem wir mit der Dura gemeinsam Objekte bearbeiten. Das lässt sich vielversprechend an, nicht nur im Hotelbereich.

BTH Heimtex: Sind die Air-Stoffe ein reines Objektprodukt oder sehen Sie auch im privaten Wohnbereich Potenzial?

Möller: Aber ja. Wir haben direkte Anfragen von Konsumenten, die sich über das Internet informieren und dann Kontakt zu uns aufnehmen. Das hat sehr zugenommen.

BTH Heimtex: Wir waren vorhin von der Frage abgekommen, welchen Anteil die Air-Stoffe am Sortiment einnehmen....

Möller: Wir haben mittlerweile ein gutes Drittel der Kollektion auf Air-Produkte umgestellt. Unsere letzten Neuentwicklungen waren fast alles Air-Stoffe. Ich denke, das wird eine ähnliche Entwicklung nehmen wie vor Jahren mit Trevira CS-Stoffen, mit denen wir erst ganz bescheiden angefangen haben und die im Laufe der Jahre zum Standard avanciert sind.

BTH Heimtex: Und wenn ein Kunde einen Artikel aus dem übrigen Sortiment in Air-Version verlangt? Ist das möglich oder gibt es eine Einschränkung in irgendeiner Form?

Möller: Über die Standards hinaus können wir etwa 60 % des Gesamtprogramms optional in Air-Version anbieten - ab einer Mindestmenge von 200 Metern. Bei den übrigen Artikeln wie Tafte oder Blackouts ist das nach jetzigem technischen Stand noch nicht möglich, weil beispielsweise Blackouts beschichtet oder beflockt sind. Wir arbeiten aber daran, und sind sicher, dass wir eine Lösung finden werden. Und stark glänzende Stoffe wie Tafte könnten mit Air-Ausrüstung stumpf werden.

BTH Heimtex: Was ist mit transparenten Stoffen? Sind die nicht problematisch?

Schmitz: Sie stellten bisher ein internes technisches Problem dar, das jetzt aber zunehmend gelöst ist. Wobei wir beispielsweise einen Organza nicht in Air-Ausstattung bringen können. Der ist zu fein und zu glatt. Grundsätzlich haben wir die Air-Ausrüstung inzwischen aber gut im Griff, so dass zum Beispiel auch in der Haptik kein Unterschied mehr zu nicht ausgerüsteten Stoffen zu spüren ist.

BTH Heimtex: Sind die bioaktiven Eigenschaften ähnlich limitiert?

Möller: Da sind die Voraussetzungen anders. Das Air-Thema ist eine spezielle Ausrüstung, während die bioaktiven Eigenschaften im Trevira CS-Garn eingebaut sind. Nun nutzen wir natürlich fast das gesamte Garnspektrum von Trevira, aber es gibt bislang nur wenige Standard-Garntypen, die in bioaktiver Version angeboten werden. Wir haben uns deshalb zunächst auf das konzentriert, was bei uns mengenmäßig am besten einzuordnen ist. Sicher wird sich das Thema Bioaktiv auch noch ausweiten, aber aller Voraussicht nach nie das Volumen wie die Air-Stoffe einnehmen.

Schmitz: Unser Problem ist, diese Zusatznutzen zunächst einmal zu der Zielgruppe zu transportieren und ihr zu verdeutlichen, dass Stoffe diese Wirkungen haben können. Deshalb müssen wir viel Aufklärungsarbeit leisten.

BTH Heimtex: Ist denn diese Nische so groß, dass sich der ganze Aufwand lohnt?

Möller: Wir reden allein über bundesweit 2.200 Krankenhäuser. Das ist schon ein interessantes Segment.

Schmitz: Außerdem ist der Aufwand nicht so groß, wie Sie vielleicht denken. Wir waren ja schon vorher in diesem Marktsegment aktiv und wissen deshalb, was dort verlangt wird.

BTH Heimtex: Funktion und Ästhetik - das ist eine Gratwanderung, die nicht ganz einfach ist. Wie halten Sie die Balance?

Schmitz: Man muss doch nur den Blickwinkel ändern: Es sind nach wie vor schöne, dekorative Stoffe, die gleichzeitig eine Funktion haben. Wobei der Kaufimpuls natürlich von der Optik ausgeht. Zuerst muss ein Stoff gefallen. Das ist auch unser Ausgangspunkt. Schließlich sind wir kein klassischer Hersteller von technischen Textilien.

BTH Heimtex: Inzwischen haben Sie etliche Mitbewerber mit ähnlichen Produkten. Wo differenzieren Sie sich und wo sehen Sie Ihre speziellen Stärken?

Schmitz: Es gibt zwei verschiedene Wirkstoffe, die einen Raum von Schadstoffen und Gerüchen befreien. Der Wettbewerb arbeitet größtenteils mit Titandioxid. Das ist eine weit verbreitete Substanz, die zum Beispiel als Weißmacher eingesetzt wird. Dieses Titandioxid hat die Eigenschaft, bei UV-Licht-Bestrahlung Sauerstoff abzuspalten, der dann praktisch den unangenehmen Geruch entfernt. Negativ aus unserer Sicht ist zum einen, dass es eben beispielsweise nachts keine UV-Strahlen gibt und ein abends verrauchter Raum deshalb morgens noch riecht, zum anderen wirkt Titandioxid zwar gut bei Formaldehyd, aber weniger gut bei Acetaldehyd, einem Bestandteil der Essigsäure, die wiederum einen Teil des Rauchgeruchts ausmacht.

Die Wirkweise von drapilux air ist im Gegensatz zur Wirkweise von Titandioxid bei Dekostoffen von unabhängigen wissenschaftlichen Instituten wie das Institut für Umwelt und Gesundheit (IUG), Institut für Umweltschutz und Agrikulturchemie (IUA), Institut für ganzheitliche Medizin und Energetik und vom TÜV Rheinland geprüft und zertifiziert worden.

Wir können also ruhigen Gewissens behaupten, dass drapilux air sowohl bei Tag als auch bei Nacht Schadstoffe wie Formaldehyd, Ammoniak und Essigsäure in einer Katalyse-Reaktion abbaut.

Generell sollte bei Stoffen mit funktionalem Zusatznut-zen die Verbraucher Wert auf Prüfplaketten von unabhängigen Instituten legen, die den wissenschaftlichen Nachweis der Wirkungen bestätigen.

Wir haben uns daher für diese Alternative entschieden. Eckardt übrigens auch, wobei wir Exklusivität für den Einsatz bei Trevira CS haben.

Auch in technischer Sicht ist die Wirkung unterschiedlich. Das haben Untersuchungen des Instituts für für Umweltschutz und Agrikulturchemie ergeben. Danach greift Titandioxid Polyesterfasern bei UV-Licht an. Dabei wird es eigentlich als Mattierungsmittel bei den normalerweise etwas gläsern wirkenden Polyesterfasern eingesetzt, aber es zersetzt sie auf lange Sicht. Das wissen wir auch nur, weil wir Stoffe für Markisen und Gartenmöbel machen und dort mit diesem Problem konfrontiert worden sind. Wir mussten spezielle Fasermodifikationen einsetzen, um die geforderten Lichtechtheiten zu erreichen.

BTH Heimtex: Jetzt werben Sie so viel für Ihren Wirkstoff - wirkt er auch dauerhaft? Übersteht er auch 100 Wäschen und mehr?

Schmitz: Das haben wir sehr genau testen lassen. Für unseren Wirkstoff gibt es eine Art Indikationslösung, die die Konzentration anzeigt. Damit haben wir festgestellt, dass sich die Substanz tatsächlich in beschränktem Maß auswäscht - aber sie funktioniert noch. Es kann höchstens sein, dass sich die Reaktionszeit leicht verlängert. Aber direkt gefragt: Was glauben Sie, wie oft eine Fensterdekoration im Hotel gewaschen wird?

BTH Heimtex: Themenwechsel - weg von der Nische intelligente Stoffe, hin zum Gesamtunternehmen Drapilux. Sie sagten vorhin, Sie hätten sich umsatzmäßig von der neuen Schiene mehr versprochen. Wie hat sich denn der Umsatz 2004 überhaupt entwickelt?

Schmitz: Offen gesagt sind wir unzufrieden. Wir haben es gerne, wenn Pläne aufgehen, wir hatten einen sehr mutigen Plan für dieses Jahr und den werden wir nicht erfüllen. Wir werden 2004 als Konzern 3 bis 3,5% an Umsatz verlieren, was allerdings damit zusammen hängt, dass wir Pippig & Reichel nicht mehr ausweisen. Das ausgeklammert kommen wir bei den Schmitz-Werken aktuell, also Ende November, auf ein Plus von 3,1%, das sich vielleicht noch auf 2,8% reduziert. Darin sind Markilux-Markisen und Swela-Freiluftstoffe eingeschlossen. Bei Drapilux können wir ein Pari im Inland vorweisen, was angesichts des rückläufigen Marktes fast schon als Erfolg zu werten ist und ein schönes Plus im Export.

BTH Heimtex: Können Sie das "schöne Plus" auch konkretisieren?

Möller: Es gibt einzelne Märkte, die herausragen, Österreich mit +4 bis 5%.

Schmitz: Alles in allem dürfte bei Dekostoffen ein Plus von 2,9% aufgelaufen sein, dass sich zum Jahresende vielleicht auf +2,6% oder +2,7% relativiert. Auf jeden Fall bleibt ein Plus. Also sind wir insgesamt vielleicht doch nicht so unzufrieden mit dem Jahr....

BTH Heimtex: Resultiert der Zuwachs im Dekobereich aus den Air-Stoffen?

Möller: Auch. Wobei wir die Air-Stoffe als Langfristkonzept sehen, das erst in der Zukunft richtig greift.

BTH Heimtex: Welches Potenzial trauen Sie den raumluftverbessernden und bioaktiven Stoffen im Heimtextilienbereich denn zu?

Möller: Wir gehen davon aus, dass sich zumindest das Air-Thema zum Standard entwickelt und mittelfristig der überwiegende Teil der Stoffe mit Air-Ausrüstung geliefert wird.

BTH Heimtex: Sie kritisierten vorhin die Zögerlichkeit des Handel bei den Themen Air und Bioaktiv. Sie sind aber auch beratungsintensiv. Führen Sie Ihre Kunden richtig ein? Unterstützen Sie sie?

Möller: Schon. Von unseren 19 Außendienstmitarbeiter sind 6 ausgewiesene Objektspezialisten. Selbstverständlich gibt es auch umfassendes Informationsmaterial. Wir können den Kunden jedes Zertifikat beibringen und unterstützen ihn nicht nur in Musterfragen.

BTH Heimtex: Abgesehen von den neuen intelligenten Stoffen - welche Produkttypen laufen derzeit gut,welche sind weniger gefragt?

Möller: Vor dem Hintergrund einer konsequenten Kollektionsbereinigung einmal im Jahr haben wir keine echten "Penner" im Sortiment. Grundsätzlichhaben sich aber Buntgewebe positiver entwickelt; Druckstoffe mussten ein zweistelliges Minus hinnehmen.

Wir werden übrigens künftig den Transferdruck selber machen und daraus schöne buntgewebte Stoffe zum Beispiel für Kettdruck entwickeln. Damit dürften wir dann Alleinstellung im Markt haben.

BTH Heimtex: Und wie verteilt sich der Umsatz auf die einzelnen Produktgruppen?

Möller: Unis kommen auf mehr als 40%, Buntgewebe machen fast den gesamten Rest aus. Den Druckstoffanteil haben wir in der letzten Zeit aufgrund der mangelnden Nachfrage weniger gepflegt. Was uns nicht davon abhält, uns künftig weiter mit Flächendruck zu beschäftigen. Aber mehr Freude finden wir zur Zeit an buntgewebten Stoffen und werden sie auch in die Drucktechnik mit integrieren.

BTH Heimtex: Sie sind stark im Objekt. Inzwischen steigen immer mehr Anbieter darauf ein und versuchen so, die Einbußen im Handelsgeschäft zu kompensieren. Wie reagieren Sie darauf?

Schmitz: Uns unterscheidet von den anderen, dass wir ein richtiger Objektspezialist sind. Wir haben eigentlich nur Stoffe für den Objektbereich, während die anderen eine Objektkollektion im Rahmen ihres Gesamtsortiments auflegen. Wir wissen genau, was die Kunden in den Hotels, den Kliniken, den Altenheimen oder auch im Büro wollen.

Und: Wir haben eine Mission. Wir stehen für das wohnliche Objekt. Wir wollen, dass sich unsere Kunden mit Drapilux-Stoffen auch wohlfühlen.

BTH Heimtex: Rechnet es sich als Textilindustrieller überhaupt noch, in Deutschland zu produzieren? Kann man wettbewerbsfähig sein und bleiben?

Schmitz: Schon. Bei uns stimmen nicht nur die Produkte, wir haben uns auch sehr auf Aufträge spezialisiert, wo es auf kurze Reaktionszeiten, schnelle Lieferung, spezifisches Know-How oder intime Marktkenntnisse ankommt. Damit glauben wir auch auf Dauer, noch Chancen zu haben. Allerdings muss sich auch etwas an den politischen Verhältnissen ändern. Die sogenannten Nebenkosten müssen sinken. Die reinen Lohnkosten sind gar nicht unbedingt das Problem im internationalen Vergleich, aber die Gesamtkosten für eine Arbeitsstunde sind viel zu hoch.

BTH Heimtex: Mit dem Problem kämpfen auch andere Branchen. Was sind die hausgemachten Probleme in der Gardinen- und Dekoindustrie?

Schmitz: Wir sind eine sehr kompetitive Branche mit kleinen Betriebseinheiten, die kaum in der Lage sind, den großen Heimmarkt in der EU abzudecken und wir leisten uns bei unseren relativ kleinen Umsätzen breite Kollektionen. Das führt dazu, dass wir teuer sind. Das Problem wird sich allerdings im Laufe der Zeit etwas geben....

BTH Heimtex: Wie meinen Sie das? Dass sich das Geschäft auf wenige große Unternehmen konzentrieren wird?

Schmitz: Nein, gar nicht mal. Es wird immer auch kleine Anbieter geben. Ich glaube aber, dass neben der Industrie künftig große Importeure an Bedeutung gewinnen werden.

BTH Heimtex: Und wie wird sich die Handelslandschaft entwicklen?

Schmitz: Was uns Sorgen macht ist, dass Raumausstatter und Fachhandel im Grunde zu schlecht verdienen...

Möller: ....und das bei hohem Einsatz.

Schmitz: Das ist nicht gut für die Branche und daraus sind letztlich auch die ganzen Nachfolgeprobleme entstanden. Wenn vernünftig Geld verdient würde, wäre das kein Thema.

Deshalb werden Raumausstatter und Fachhandel langfristig nur überleben, wenn sie ihre Leistung mehr in den Vordergrund stellen und zu einem angemessenen Preis verkaufen. Dann kommt es auch nicht mehr darauf an, wie billig ein Stoff ist.

BTH Heimtex: Das Jahr 2005 steht vor der Tür. Welche Erwartungen hegen Sie?

Schmitz: Es ist zur Zeit nicht leicht, eine Prognose abzugeben. Einiges sehe ich heute weniger pessimistisch als noch vor einigen Wochen, etwa die Ölpreis-Entwicklung. Meine große Sorge war, dass uns eine dritte Ölkrise ins Haus steht, die sich ähnlich negativ auf die Konjunktur auswirken würden wie die beiden ersten Ölkrisen.

Aber in Dollar gerechnet hat der Ölpreis etwas nachgegeben, und weil der Dollar im Vergleich zum Euro auch noch gefallen ist, haben wir einen doppelten Effekt. Wenn das in diese Richtung weiter geht, ist der Druck hoffentlich raus.

Sorgen bereitet uns, dass sich durch den Dollarkurs der Importdruck in die EU verstärkt. Wobei wir als Spezialist vielleicht weniger gefährdet sind als andere.

BTH Heimtex: Und über das Jahr 2005 hinaus weiter in die Zukunft geblickt? Was erhoffen, was erwarten Sie von Ihrem Unternehmen?

Schmitz: Wir wollen ganz klar unsere starke Stellung im Objektgeschäft in Europa ausbauen. Ich glaube, dass wir da auch ganz gute Karten haben. Genauso wollen wir bei Markilux und Swela weitere Marktanteile hinzugewinnen.

Mittelfristig sehe ich die Schmitz-Werke mit einer Fülle neuer Produkte - in allen Bereichen. Technisch sind wir dazu absolut in der Lage; wir können beispielsweise als einziger in Europa hochlichtechte Markisenstoffe aus Polyester oder diese Transolairstoffe mit Durchblick herstellen. Wir sind nicht nur bei Gardinen und Dekos ein technisch innovatives Unternehmen, sondern in allen Bereichen. Und ich bin stolz darauf, dass unsere Mitarbeiter so viele Ideen dazu beisteuern.

BTH Heimtex: Wie weit ist denn die technische Weiterentwicklung von Stoffen ausgereizt? Welche Innovationen könnte es noch geben?

Schmitz: Lassen Sie mich mal träumen - zum Beispiel von phototrophen Fasern, die je nach Beleuchtungszustand die Farbe verändern...oder von Fasern, die sich bei Kälte stärker aufbauschen und damit besser thermisch isolieren... und in dieser Richtung fällt mir noch viel mehr ein....


Schmitz-Werke - das Unternehmen

Schmitz-Werke GmbH & Co. KG
Hasestraße 87
48282 Emsdetten
Tel.: +49 -(0) 2572 - 9270
Fax: +49-(0) 2572- 927483
www.schmitz-werke.com
info@schmitz-werke.com

Eigentumsverhältnisse: 16 Gesellschafter
Geschäftsführender Gesellschafter: Justus Schmitz

Umsatz:
2003: 112 Mio EUR (inkl. Pippig & Reichel)
2004: 107 Mio EUR

Mitarbeiter: 750 in der Gruppe, davon 680 im Stammwerk in Emsdetten

Tochtergesellschaften: Vertriebsgesellschaften in China, Frankreich, Grossbritannien, Italien, den Benelux-Staaten, Dänemark, Australien, Schweiz, Österreich
Vertretungen im Ausland: Griechenland, Zypern, Spanien, Portugal, Finnland, Russland, Ukraine, Singapur
Exportanteil: 35 %

Sortiment: Dekos und Gardinen, Möbelstoffe, Freilufttextilien, Fertigmarkisen

Geschäftsbereiche:
- Drapilux:( Dekostoffe, Gardinen, Möbelstoffe für Wohnen und Objekt)
- Markilux: Sonnenschutzlösungen für Fenster, Terrasse und Wintergarten
- Swela: Freilufttextilien

Kundenstruktur:
62 % klassischer Einzelhandel
33 % Raumausstatter und kleines Objekt
5 % reine Objekteure
Vertriebgewichtung:
Drapilux: 3700 Kunden
Markilux: 2500 Kunden
Swela: 2000 Kunden
Sortimentsausrichtung: zeitgemäße Stoffe für den klassisch-gehobenen Wohnbereich mit innovativem Anspruch
Einsatzbereiche: Objekt 60 %, Privat 40 %, davon 45 % im Coupon

Lieferzeit:
- im Coupon innerhalb von 24 Std.
- kleinere Objekte bis 500 m innerhalb von 24 Std.
- Stückgefärbt innerhalb von 10 Arbeitstagen
- Sonderanfertigungen 4-5 Wochen

Spezialitäten:
- Air-Stoffe zur Raumluftverbesserung
- Bioaktiv-Stoffe zum Abbau von Bakterien
- Breiteste Objekt-Kollektion im EU-Markt
aus BTH Heimtex 12/04 (Wirtschaft)