Kleiner Fehler - großer Schaden

Teppichverfärbungen durch unsachgemäße Reinigungsmaßnahmen

Fußbodenkonstruktionen zählen zu den komplexesten und hochbelastesten Bauteilen - schon kleine Fehler können hier große Auswirkungen haben. Dabei hat jede Baustelle ihre eigenen Tücken. Oft zeigt sich erst anhand der Ursachenforschung im Schadensfall, worauf ein Fußbodenverleger alles achten muss. FussbodenTechnik deckt in Zusammenarbeit mit namhaften Sachverständigen anhand realer Schadensfälle mögliche Fehlerquellen auf. Diesmal geht es um einen durch saure Reinigungsmittel verfärbten Veloursteppichboden.

In einem mehrgeschossigen Bürogebäude sind im Spätherbst 2004 auf der Oberfläche einer Doppelbodenkonstruktion 50 x 50 cm große getuftete selbstliegende Veloursteppichbodenfliesen mit einem Rücken aus Bitumen-Schwerbeschichtung verlegt worden. Vor der Verlegung der Teppichfliesen ist die Oberfläche der Calciumsulfatträgerplatten des Doppelbodens vollflächig mit einer rutschhemmenden Fixierung im Rollverfahren vorbehandelt worden.

Nach der Verlegung der Teppichfliesen wurde die Ausführung mangelfrei abgenommen und das Gebäude in Nutzung genommen. Durch den Bauherrn wurde ein gewerbliches Reinigungsunternehmen mit der Unterhaltsreinigung in Form eines regelmäßigen Bürstensaugens der Teppichfläche beauftragt. Dieses Unternehmen sollte bei Bedarf auch kleinflächige Fleckentfernungsmaßnahmen (Detachur) übernehmen.

Aufgrund des zunehmenden Verschmutzungsgrades - insbesondere in den Laufstraßen und durch Verfleckungen von verschütteten Flüssigkeiten - wurde das Reinigungsunternehmen bereits im April 2005 und im Dezember 2005 beauftragt, eine vollflächige Grundreinigung des Teppichbodens durchzuführen. Laut Protokoll erfolgten diese Grundreinigungen in Form einer Nassreinigung (sowohl Sprühextrahieren als auch Shampoonieren) mit nicht näher genannten Reinigungsmitteln. In einigen Teilflächen mit extremen Verfleckungen wurde zusätzlich eine Fleckenentfernung durchgeführt.

Da nach Beendigung der letzten Grundreinigung großflächige Verfleckungen mit wolkenartigen Umrissen sowie eine streifenförmige Lilaverfärbung der nahezu einfarbigen hellgrauen Teppichbodenqualität festgestellt wurden, rügte der Betreiber die Grundreinigungsmaßnahmen und auch die verlegte Teppichbodenqualität. Der Sachverständige Helmut Becker wurde mit der Überprüfung des Schadensfalles beauftragt.

Schadensbild - Teppich lila/rötlich verfärbt

Zum Zeitpunkt des Gutachtertermins war die Teppichbodenfläche im Erdgeschoss vollständig genutzt, d.h. großflächig mit Schreibtischen und Einrichtungsgegenständen sowie mobilen Trennwänden unterteilt. Das1. Obergeschoss war jedoch vollständig ausgeräumt, da die Büroeinrichtung ausgetauscht werden sollte.

Die visuelle Überprüfung ergab groß- und kleinflächige Lila-Verfärbungen der Teppichfliesen - jeweils in unterschiedlicher Intensität. Hinzu kamen großformatige Fleckenbildungen über zwei bis drei Teppichfliesen hinweg. Auffällig war, das die Verfärbungen selbst bei kleinflächigem Auftreten kantenübergreifend vorlagen, d.h. nicht jeweils an den Plattenkanten endeten. Darüber hinaus lagen die Lilaverfärbungen nicht nur in den Lichteinfallsbereichen vor, sondern waren über die gesamte Grundrissfläche verteilt. Das Gebäude wies einen automatisch funktionierenden Sonnenschutz im Bereich der großflächigen Fenster auf.

Neben den Lilaverfärbungen zeigte der Teppichboden mehrere kleinflächige Aufhellungen und eine regelrechte Aufrauung des Teppichbodens. In diesen Bereichen war eine partielle Fleckentfernung durchgeführt bzw. versucht worden. Teilweise waren in diesen Bereichen noch bräunliche Kaffeeflecken erkennbar.

Um die Lilaverfärbung des Teppichs zu analysieren, führte der Sachverständige Reinigungsversuche mit unterschiedlichen Grundreinigungsmitteln und Entfärbungsmitteln durch. Mit keinem der Mittel wurde ein Farbumschlag von grau zu rötlich/lila erzielt. Mikroskopische Betrachtungen des Flors zeigten, dass die beschriebene Lilaverfärbung überwiegend nur im oberen Drittel der Polschicht festzustellen war.

Um der Ursache des Farbumschlags und der großflächigen Verfärbung der Teppichbodennutzschicht auf den Grund zu gehen, entnahm Becker Fliesen mit Verfärbungen und Fliesen im Originalzustand. Zusätzlich wurden dem Sachverständigen unverlegte Teppichbodenfliesen für Prüfmaßnahmen zur Verfügung gestellt. Der Sachverständige erhielt vom Bauherrn Sicherheitsdatenblätter der im Rahmen der Reinigungsmaßnahmen (Sprühextraktion und Shampoonieren) eingesetzten Reinigungsmittel und Fleckentfernungsmittel. Diese waren ausdrücklich für textile Bodenbeläge freigegeben.

Ein externes Prüfinstitut untersuchte die Fliesen-Proben, die den Urzustand aufwiesen, auf die Grundanforderungen derDIN-EN 1307 bezüglich Farbechtheit unter Einwirkung von Licht und Reibung (nass und trocken). Mit Werten von > 5 und Reibung von > 3 (nass) bzw. > 3 bis 4 (trocken) wurde die Lichtechtheit mit großem Sicherheitsspielraum eingehalten. Zusätzlich wurden in Anlehnung an die beschriebene Prüfung der Farbechtheit die im Bauvorhaben eingesetzten Reinigungsmittel verwendet und hierbei auch keine Veränderung der Farbstellung des Belages festgestellt.

Durchgeführt wurden auch Verfleckungsversuche mit den eingesetzten Reinigungsmitteln und mit sauren und alkalischen Grundreinigungsmitteln sowie mit chlorhaltigen und wasserstoffperoxydhaltigen Reinigungsmitteln in den von den Herstellern empfohlenen Konzentrationen. Zu diesem Zweck wurden Baumwollgewebe mit der Reinigungsmittellösung bzw. dem Oxidationsmittel getränkt und auf den Belag aufgelegt und zwei Stunden mit 5 kg belastet.

In einer zweiten Versuchsreihe erfolgte die beschriebene Belastung nicht, sondern es wurde die konzentrierte Lösung der eingesetzten Reinigungsmittel direkt auf die Oberfläche des Bodenbelages getropft.

Die durchgeführten Prüfungen ergaben, dass es bei dem Einsatz eines schwach sauren Reinigungsmittels zu einem rötlichen/lilafarbenen Farbumschlag kommt, der an Intensität z.B. bei längerer Einwirkzeit und Druckbeanspruchung zunahm. Der Gutachter kam somit zum Schluss, dass es durch saure Reinigungsmittel zu einer rötlichen bzw. lilafarbigen Verfärbung der Nutzschicht des Teppichbodens kam.

Ursache - Saures Reinigungsmittel schuld

Die zur Verfügung gestellten Proben der angeblich benutzten Grundreinigungsmittel können die Verfärbungen im Bauvorhaben nicht verursacht haben. Es muss deshalb davon ausgegangen werden, dass das Reinigungspersonal bei der Grundreinigung andere Reinigungsmittel - insbesondere nicht geeignete saure Reinigungsmittel - verwendet hat. Die Qualität des Teppichbodens konnte nicht beanstandet werden. Er entsprach im Hinblick auf die Farbechtheit den normativen Anforderungen.

Die Lilaverfärbungen der Teppichfliesen stellen eine optische Beeinträchtigung dar, die nachträglich nicht neutralisiert werden konnte. Becker empfahl den beteiligten Parteien, unter Berücksichtigung der etwa zweijährigen Nutzung eine Wertminderung zu vereinbaren.

Verantwortlichkeit - Reinigungsunternehmen haftet

Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen und der Ergebnisse des Prüflabors, dass der Farbumschlag der Teppichbodenqualität durch Einsatz von sauren Reinigungsmitteln von Seiten des Reinigungspersonals verursacht worden ist, hat der Auftragnehmer der Unterhalts- und Grundreinigungsmaßnahmen den Schaden zu vertreten.

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Der Autor

Helmut Becker ist öbv. Sachverständiger für das Estrich- und Parkettlegerhandwerk sowie für das Bodenlegergewerbe.

IFF-Fußboden-Gutachter Helmut Becker
Professor-Lübeck-Straße 8
36088 Hünfeld
Tel.: 06652/2309
Fax: 06652/748 778
Internet: www.gutachter-becker.de
aus FussbodenTechnik 05/06 (Handwerk)