Roundtable mit der Führungsmannschaft von Rasch

"Wir wollen den Tapetenmarkt nicht nur abschöpfen, wir wollen ihn auch gestalten"

Auch die Tapetenbranche bleibt nicht ungeschoren von Konjunkturflaute und Konsumboykott in Deutschland, auch wenn sie durch ihre Exportstärke mehr im Ausland kompensieren kann als andere Marktsegmente. Wie steht die Tapete aktuell im Markt da? Ist sie überhaupt noch ein Produkt für den Groß- und Fachhandel? Und wie wirken sich die Pleiten im Handel auf die Tapetenindustrie aus? Und nicht zuletzt - was kommt an Neuheiten aus dem Hause Rasch? Darüber diskutierten Claudia und Michael Steinert mit Gerrit Rasch, Geschäftsführer Günther Dammler, Verkaufsleiter Michael Wohlfromm, Design-Direktor Bernhard Holzapfel, Marketingleiterin Elke Pfeiffer und Designer Michael Hennecke.

BTH: Tapeten sind zum Trendprodukt avanciert. Wohn- und Frauenzeitschriften beschäftigen sich wieder damit, sie tauchen in Schaufensterdekorationen, Anzeigen und Szenekneipen auf. Ist das ein Signal für ein Comeback auf breiter Linie?

Günther Dammler: "Sie haben Recht: Man findet Tapeten heute in Bereichen, wo man sie früher nicht gesehen hat. Meine Tochter hat mich auch in Szene-Lokale geführt und mir dort Tapeten gezeigt - allerdings nicht über die ganzen Wände hinweg, sondern nur als Akzent. Und: es waren immer original alte Tapeten. Ich war erstaunt, woher die ganzen alten Muster kommen."

BTH: Es gibt in Köln und Berlin ja bereits Läden, die sich auf Originaltapeten von früher spezialisiert haben und ganze Restbestände aufkaufen.

Gerrit Rasch: "Ich glaube aber nicht, dass das eine generelle Trendwende signalisiert. Man sollte das nicht überbewerten."

Michael Wohlfromm: "Das finde ich einen wichtigen Hinweis. Ich glaube auch nicht, dass man breites Interesse für das Produkt Tapete schafft, wenn alte Tapeten irgendwo für Dekorationszwecke herhalten. Ich denke sogar, dass man das Ganze im Design nicht überziehen darf. Das entspricht zumindest nicht unserer Vorstellung von der Tapetenwelt. Mir wäre angst und bange, wenn jetzt plötzlich der 70er Jahre-Look für kurze Zeit modern werden würde, weil wir mit solchen exzessiven Designs langfristig wieder viele Verbraucher verschrecken würden.

Vielmehr sind wir überzeugt, dass unsere neuen Kollektionen wie die Ambiente Vlieskarte die Wünsche des Konsumenten treffen. Sie sind richtungsweisend und innovativ und dabei gleichzeitig verständlich.

Ich habe ein Problem, wenn Design zum Selbstzweck wird. Was wollen Sie mit einem Stuhl, der zwar schön anzusehen ist, auf dem Sie aber nicht vernünftig sitzen können? Der taugt für mich nichts. Genauso ist es bei der Tapete. Es ist gut, dass sie wieder mehr in den Blickpunkt rückt, das darf aber keinen abschreckenden Effekt haben."

Bernhard Holzapfel: "Es geht ja nicht darum, einfach alt zu kopieren. Man braucht ein gewisses Gespür von der Zeit - Trends, Mode, Gesellschaftsströmungen, die muss man übersetzen und mit einfließen lassen."

BTH: "Leicht verständlich" heißt mehr oder weniger für den Massengeschmack tauglich. Aber damit treffen Sie nur Ihre gewohnten Kunden, die ohnehin tapetentreu sind. Sie müssen doch überlegen, wie Sie neue Zielgruppen gewinnen können.

Wohlfromm: "Ja, daran arbeiten wir auch intensiv, werden Ihnen in dieser Richtung noch Neuentwicklungen zeigen. Wir gehen in beide Richtungen - man kann ja das eine tun, ohne das andere zu lassen."

Dammler: "Entscheidend ist aber doch, dass die Verbraucher an Dekoration wieder mehr Interesse haben und dann muss man ihnen das geben, was ihrem persönlichen Geschmack entspricht."

BTH: Natürlich brauchen Sie auch Bread-and-butter-Produkte, um Ihre Maschinen auszulasten. Dennoch stirbt Ihnen Ihre alte Kundschaft irgendwann weg und Sie müssen sich rechtzeitig neue Zielgruppen erschließen. Und haben Sie nicht als einer der führenden Tapetenhersteller in Deutschland eine Verpflichtung für den Markt und das Produkt voraus zu denken?

Wohlfromm: "Gerade das hat Rasch immer getan. Wir haben nie nur Bread-and-butter-Produkte oder Maschinenfutter gemacht. Wir haben Kollektionen wie Zeitwände oder Bauhaus gebracht, bei denen sicher nicht dahinter stand, die Maschinenkapazitäten auszulasten."

Dammler: "Stimmt, wir haben immer getestet, was man machen kann. Ob sich das, was schön ist, nachher in Zahlen umsetzen kann, steht auf einem anderen Blatt."

BTH: Dieses Jahr war für die ganze Einrichtungsbranche katastrophal. Wie weit sind Tapeten von dem Konsumboykott betroffen?

Dammler: "Der deutsche Markt hat sich nicht positiv entwickelt. Wir haben einen weiteren Mengenrückgang, den wir in den letzten Jahren wertmäßig noch ausgleichen konnten; dieses Jahr ist uns das nicht gelungen. Wobei die Umsatzeinbußen im Inland tendenziell mehr die Massenprodukte betreffen wie Papier und Preiswertartikel. Wir haben fast das Gefühl, dass der Konsument - wenn er denn kauft - etwas sucht, was länger hält und dann auch bereit ist, etwas mehr auszugeben.

Das Umfeld ist auch nicht so, dass wir kurzfristig an eine Besserung des Konsumverhaltens glauben. Das trifft übrigens mehr oder minder auch auf die anderen westeuropäischen Länder zu, wenn es dort auch nicht ganz so schlimm ist wie in Deutschland."

BTH: Aber Osteuropa läuft noch?

Dammler: "Ja, Osteuropa ist ein Markt , der sich positiv darstellt. Das sind einfach klassische Länder, wo noch in jedem Raum eine Tapete zu finden ist. Tapeten haben dort eindeutig eine höhere Wertigkeit als bei uns."

BTH: Wie groß ist der Markt?

Rasch: "Ich würde sagen, dass nur in Russland über 160 Mio. Rollen verbraucht werden."

Dammler: "Das Volumen des osteuropäischen Marktes ist schwer zu fassen. Es gibt keine Marktzahlen und es gibt auch keine Importstatistik. Der größte Teil des Marktes wird von den russischen Fabriken mit Papiertapeten abgedeckt und diese Mengen sind völlig unbekannt. Viele unserer Kunden handeln mit diesen Produkten auch gar nicht, so dass wir auch von dorther keine Informationen haben.

BTH: Es heißt, dass die russischen Tapetenfabriken technisch und in den Kapazitäten enorm aufgerüstet haben und von der Qualität her allmählich mit den Westeuropäern mithalten können..

Dammler: "Es gibt sicher welche, die über die entsprechenden technischen Kapazitäten verfügen, weil die deutsche und europäische Maschinenindustrie dort in der Regel das Beste hin verkauft hat, was sie zu bieten hatte - aber das muss man ja auch umsetzen können. Sie brauchen das richtige Material, Personal und Sie brauchen auch das Know-How, das zu machen, was der Konsument will."

Rasch: "Die ukrainische Tapetenindustrie ist eigentlich viel reger als die russische. Bei dem Zerfall der Sowjetunion ist der größte Teil der Tapetenindustrie nicht in Russland geblieben, sondern in Weißrussland und der Ukraine. Und die ukrainischen Tapetenhersteller waren auch so geschickt und haben ziemlich genau das nachgemacht, was die Westeuropäier erfolgreich verkauft haben."

BTH: Dann dürfte es doch nur noch eine Frage der Zeit sein, bis die Ukrainer und die Russen ihre Fühler gen Westeuropa ausstrecken und versuchen, dort mit Billigprodukten Fuß zu fassen. Der ukrainische Tapetenhersteller Reco hat ja auf der Heimtextil 2002 schon mal das Terrain sondiert.

Rasch: "Ich glaube nicht, dass uns aus der Richtung ernsthafte Gefahr droht. Ich habe auch immer gedacht, dass das, was in der Textilindustrie passiert ist, eigentlich auch bei uns kommen müsste. Ich spreche von der Produktionsverlagerung ins Ausland. Aber die Tapetenproduktion ist nicht so lohnintensiv wie Textil. Im Textilbereich war es auch so, dass Konfektion besonders lohnintensiv und als erste abgewandert ist und dann im Gefolge die Webereien und Spinnereien.

Dann dürfen Sie nicht unterschätzen, wie aufwendig und kompliziert die Logistik bei Tapeten ist.

Latent mag die Gefahr da sein, dass die Osteuropäer Zugang zu Westeuropa suchen, aber die größere Gefahr ist eigentlich , dass sie uns aus ihren Ländern verdrängen, weil sie näher am Markt sind. Das wäre ein logische Entwicklung. Es hat immer Märkte gegeben, aus denen wir wieder rausgeflogen sind."

BTH: Da haben Sie zumindest in Russland mit Ihrem Joint-Venture vorgesorgt.

Rasch: "Das ist nur eine kleine Beteiligung."

BTH: Aber es sicher besser, ein Standbein vor Ort zu haben.

Rasch: "Das können wir noch nicht so richtig abschätzen. Theoretisch ist es gut, aber die praktischen Schwierigkeiten sind auch nicht ohne."

BTH: Das ist Ihr einziges externes Engagement. Andere Tapetenhersteller Ihrer Größenordnung sind akquisitionsfreudiger. Warum kaufen Sie nicht mehr zu?

Rasch: Ganz einfach - die eine Seite ist, dass wir eine Personengesellschaft sind, die mit dem Kapital der Familie arbeitet. Wir haben unser Unternehmen über viele Jahre hinweg aufgebaut. Die andere ist, dass wir die Tapetenproduktion für eine sehr persönliche Angelegenheit halten und glauben, dass es schwierig ist, mehrere Tapetenhersteller unter einer einheitlichen Führung dazu zu bringen, kreativ und erfolgreich zu arbeiten. Es gibt verschiedene Beispiele dafür, dass das nicht funktioniert. Denken Sie nur an Balamundi, damals eine große Organisation mit vielen Bodenbelagswerken und Tapetenfabriken. Da waren erstklassige Unternehmen dabei, die aber mehr gegeneinander als gegen die Konkurrenz arbeiteten. Und was blieb schließlich davon übrig? Eine oder vielleicht zwei Firmen.

Dammler: Größe allein ist kein Garant für Erfolg. Ich glaube, dass die Tapetenfabriken am erfolgreichsten sind, bei denen der Inhaber - oder derjenige, der die Verantwortung hat - etwas vom Produkt, von der Technik und vom Markt versteht. Und wenn ich mich so in der Branche umschaue, sind das auch genau die Unternehmen, die erfolgreich sind.

BTH: In Deutschland setzt sich die Konzentration in der Tapetenindustrie fort. Mit Mohr hat gerade wieder ein gestandener deutscher Tapetenhersteller Insolvenzantrag gestellt. Wie weit wird das noch gehen?

Dammler: Heute gibt es noch 17 Tapetenhersteller in Deutschland - Mohr eingeschlossen - es waren mal 33, also fast doppelt so viele. Die Konzentration im Handel schreitet ebenfalls weiter voran.

Ich kann mir vorstellen, dass auch die Konzentration auf Herstellerseite noch nicht abgeschlossen ist. Bleibt abzuwarten, mit welcher Geschwindigkeit diese Entwicklung weitergeht. Das wird der Markt bestimmen.

BTH: Läuft es langfristig auf eine Struktur wie in anderen Branchen hinaus mit kleinen Spezialisten einerseits und großen Massenanbietern andererseits?

Dammler: "Ich kann mir vorstellen, dass es in diese Richtung geht. Aber nochmal: Der Markt bestimmt, was auf beiden Seiten übrig bleibt."

BTH: Der Kampf wird natürlich härter, weil immer mehr Kapazitäten aufgebaut werden.

Dammler: "Schon, wobei es ja auch um qualitatives Wachstum geht. Allerdings sieht das jeder für sich individuell anders, jeder schätzt seine Position auch unterschiedlich ein. Aber so ganz klein ist der Markt ja nun auch nicht."

Wohlfromm: "Wenn der Verbrauch zurückgeht, müssen sich alle anstrengen, die Einbußen durch bessere Produkte auszugleichen. Eine sinnvolle Gemeinschaftsakion im Interesse der gesamten Branche ist auch die GHF-Aktion Tapeten & Friends, die über alle Handels- und Handwerksstufen geht. Sie setzt allerdings eine gewisse Bereitschaft zum Verzicht voraus.

BTH: War denn früher alles besser, als es das Gesamtumsatzrabatt-Kartell noch gab?

Rasch: Nein, das kann man so nicht sagen, das waren ganz andere Zeiten. Außerdem hat es zum Schluss auch nicht mehr funktioniert.

BTH: A.S. Création verkündet in jedem Geschäftsbericht sein Ziel, mittelfristig der profitabelste Tapetenhersteller Europas zu werden. Was ist die Vision von Rasch?

Dammler: Dem Ziel von A.S. Création können wir uns grundsätzlich nur anschließen. Wir wollen nicht der Mengenfürst sein und uns nur auf das Volumen konzentrieren, wir müssen vielmehr einen Produktmix haben, mit dem wir in allen Vertriebskanälen vertreten sind und jedem, der Tapeten verkauft, das Richtige bieten können.

Wir nehmen auch für uns in Anspruch, das wir die Tapete ständig weiterentwickeln. Wir wollen keiner sein, der den Markt nur abschöpft, wir wollen ihn auch gestalten.

Wohlfromm: Wenn Sie an Tapeten denken, soll Ihnen vorrangig Rasch einfallen - daran arbeiten wir. Wir tun etwas für den Handel, wir tun etwas für die Marktpflege, wir haben bewusst preisgepflegte Kollektionen im Markt, damit unsere Kunden an der Tapete verdinen. Wir haben außerdem intensive Anstrengungen unternommen, um unsere Marke entsprechend darzustellen - Beispiel neue Einleger - und wir haben maßgeblich eine Sortimentstrennung im Markt vorgenommen.

Also stellt sich gar nicht die Frage, was wir tun wollen, wir haben in den letzten Jahren eine Menge getan. Rasch ist heute sauber, was den Discountbereich angeht - das ist eine Leistung. Selbstverständlich müssen auch die Discounter mit Tapeten bedient werden, aber es kommt ja darauf an, welche Produkte dort vermarktet und wie die ausgelobt werden.

BTH: Das heißt, Sie fahren eine segmentierte Vertriebsstrategie mit völlig getrennten Sortimenten?

Wohlfromm: Nicht ganz. Wir unterscheiden zwischen Baumärkten und Discountern. Der Baumarkt ist ein wichtiger Absatzmittler, bei dessen Preisgefüge die qualifizierten Vertriebsformen durchaus mithalten können. Im Discountbereich wird dagegen mit Preisabschlägen gearbeitet, die dem Markt wehtun. Und da hat Rasch reagiert und deutliche Akzente gesetzt, indem wir auch Sortimente freigestellt haben und mit neutralen Artikeln arbeiten.

Klar gesagt: Wir machen nicht alles mit. Wenn wir weiterhin Spaß an der Tapete und der Vermarktung von Tapeten haben wollen, müssen wir dafür sorgen, dass auch unsere Kunden Freude daran haben. Das funktioniert nicht, wenn wir alles machen. Die Zielsetzung, in allem der Größte sein zu wollen, muss zwangsläufig dazu führen, dass man auch mal von seiner Linie abweicht. Das ist nicht unsere Welt.

Wir wissen, was wir unseren Kunden geben müssen, damit die Spaß an der Tapete haben. Die von Rasch mitgetragene GHF-Aktion Tapeten & friends ist dabei ein Ansatz, unsere neue Frühjahrsaktion Rush by Rasch ein anderer.

BTH: Wie sind die einzelnen Vertriebsschienen aktuell bei Ihnen gewichtet?

Dammler: Etwas mehr als die Hälfte entfällt auf den klassischen Handel, also Großhandel und Fachhandel. Wobei die Grenzen zwischen den einzelnen Vertriebsformen zum Teil fließend sind.

BTH: Immer weniger Großhändler führen noch Tapeten und immer wieder heißt es, langfristig sei die Tapete kein Produkt mehr für den Großhandel. Werden wir in ein paar Jahren tatsächlich Tapeten nur noch im Baumarkt finden?

Dammler: Das glaube ich nicht. Die Anteile der verschiedenen Vertriebsschienen werden sich nicht mehr groß verändern. Die Hauptverschiebung zu den Großvertriebsformen hat bereits in den letzten Jahren stattgefunden.

BTH: Schon, aber die Baumarkt-Szene verändert sich. Einige praktizieren Trading-up und konkurrieren dabei mit dem klassischen Handel.

Dammler: Ja, es stimmt, dass sich bei Baumärkten zwei Strömungen bemerkbar machen - zum einen mehr discountorientiert, zum anderen mit mehr Ambiente und einem größeren Anteil dekorativer Sortimente, zum Teil Riesenhäuser, die die Tapete in Kombination mit anderen Wohnartikeln zeigen. Ich kann mir aber auch vorstellen, dass es in Zukunft Baumärkte gibt, die überhaupt keine Tapete mehr führen. Sicher ist, dass wir uns mitten in einem Prozess befinden, der noch lange nicht zu Ende ist. Uns stellt sich dann die Frage, wie wir diese neuen Strukturen einschätzen.

BTH: Nach der FHG-Pleite zieht die Bodenbelagsindustrie die Schrauben gegenüber dem Großhandel an. Konditionen werden zurückgedreht, Valuten gekürzt. Gerade herrscht große Aufregung über einen entsprechenden Brief von Armstrong-DLW, die ohne Vorwarnung kurzfristig massive Konditionsänderungen angekündigt haben. Muss der Großhandel auch mit solchen Maßnahmen seitens der Tapetenindustrie rechnen?

Dammler: Wir ziehen nicht die Schrauben gegenüber unseren Kunden an. Die FHG ist eine Sache für sich. Ich denke, dass man Verbünde in Zukunft kritischer sieht und sich genau überlegt, wie man sie behandeln muss. Wir wollen aber nicht unsere Kunden für die FHG-Pleite bestrafen. Wir werden es honorieren, wenn jemand sich für Rasch engagiert.

BTH: Aber ganz unberührt kann Sie der Vorgang auch nicht lassen. Die Kreditversicherer kürzen ihre Kreditlimits beim Großhandel, das betrifft Sie doch mit.

Dammler: Natürlich reagieren wir auch, wenn einer nicht mehr kreditversichert wird. Aber Sie müssen eins sehen: Wir haben bei Tapeten andere Konditionen, als man bei Bodenbelägen antrifft. Da soll es ja zum Teil Valuten bis zu einem Jahr geben, das ist weit weg von dem, was bei Tapeten denkbar ist. Solche Risiken werden heute nicht mehr versichert. Das Problem wird sich verschärfen, da die Kreditversicherer und Banken die Bau- und Einrichtungsbranche und alles, was im entferntesten damit zusammenhängt, heute ganz anders beurteilen als noch vor einem Jahr. Das stellt auch uns vor die Frage, ob und wie uns ein Kunde Sicherheit gibt und die Voraussetzungen schafft, dass wir mit ihm in der Form weiter arbeiten können, wie wir es gerne möchten, aber auch uns gegenüber verantworten können.

Wohlfromm: Wenn ich Kranke sammle, werde ich irgendwann auch krank. Deshalb müssen wir natürlich schon sehen, wer zu uns passt und wo wir unter Umständen auf einen Kunden verzichten.

Wir müssen immer hinterfragen, ob auch derjenige unsere Leistung und unsere Konditionen erhält, der für uns die Leistung erbringt? Oder wird das irgendwo abgeschöpft? So denken und handeln wir auch, was unsere Vertriebspolitik angeht: Unsere Leistung bekommt der, der seinerseits die Leistung für uns erbringt.

BTH: Dieses Thema wird uns sicher noch 2003 begleiten und macht den Start ins neue Jahr nicht einfacher. Wie lautet Ihre Prognose für das nächste Jahr?

Dammler: Da können wir gleich die Glaskugel auf den Tisch legen. Wir glauben nicht an einen plötzlichen Tapeten-Boom. Am liebsten wäre mir, die leicht rückläufige Tendenz der letzten Jahre käme zum Stillstand, aber das ist wenig wahrscheinlich. In der Menge ist kein Zuwachs zu erwarten. Wenn es anders kommt, wäre es sehr schön, aber davon können wir realistisch nicht ausgehen. Wir gehen dennoch optimistisch ins Jahr.

BTH: Ist das nur Zweckoptimismus?

Dammler: Nein, überhaupt nicht. Wir wissen, dass der Markt nicht leicht wird und wir uns tüchtig anstrengen müssen, um das zu bekommen, was wir gerne haben möchten, aber wir gehen aufrecht ins Jahr 2003.
aus BTH Heimtex 12/02 (Wirtschaft)